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Russischer Burgerkrieg

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Der Russische Burgerkrieg ( russisch Гражданская война в России / Graschdanskaja wojna w Rossii ) wurde zwischen den kommunistischen Bolschewiki (den ?Roten“ beziehungsweise der von Leo Trotzki gegrundeten Roten Armee ) einerseits und einer heterogenen Gruppe aus Konservativen, Demokraten, gemaßigten Sozialisten, Nationalisten und der Weißen Armee andererseits ausgetragen. Beide Gruppen bekampften zudem die Anarchisten der Machnowtschina und die Grune Armee . Der genaue Zeitpunkt seines Beginns ist unter Historikern umstritten; er wird entweder auf die Oktoberrevolution im November 1917 oder aber auf das Fruhjahr 1918 gelegt.

Der Krieg wurde erbittert und brutal besonders auch gegen die Zivilbevolkerung gefuhrt; etwa 8 bis 10 Millionen Menschen verloren ihr Leben. Das Eingreifen der Entente und der Mittelmachte in den Konflikt trug maßgeblich zu seiner Lange und Heftigkeit bei. Sowjetrussland erreichte durch ihn zwar die Herrschaft uber einen Großteil der Flache des fruheren Russischen Reichs . Allerdings erlangten neben dem schon seit 1918 unabhangigen Polen , das auch westliche Gebiete der heutigen Ukraine und Belarus umfasste, auch die baltischen Staaten , Finnland und die Tuwinische Volksrepublik die Unabhangigkeit.

Der Kriegsverlauf wurde mehrmals durch auslandische Interventionen beeinflusst. Vor der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg gerieten das Baltikum, Belarus und die Ukraine 1918 nach dem Waffenstillstand und schließlichen Frieden von Brest-Litowsk kurzzeitig unter Besatzung der Mittelmachte (→ Unternehmen Faustschlag ). Die siegreichen Verbundeten des Weltkriegs unterstutzten die antikommunistische Bewegung und besetzten einzelne Stadte und Stutzpunkte an der Peripherie Russlands. Der Konflikt mit Polen mundete 1920/21 im Polnisch-Sowjetischen Krieg als eigenstandige Auseinandersetzung wahrend des Burgerkriegs.

Der Konflikt endete in Europa mit dem Sieg der Roten Armee uber die letzten weißen Truppen auf der Krim im November 1920, im Kaukasus mit der Einnahme von Batumi 1921 und in Ostasien mit der Einnahme von Wladiwostok 1922. Am Ende dieses Jahres wurde die Sowjetunion gegrundet.

Zeitliche Eingrenzung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die zeitliche Eingrenzung des Burgerkrieges ist in der westlichen wie in der russischen Geschichtsschreibung umstritten. Eine Lehrmeinung sieht den Beginn des Burgerkriegs in der Oktoberrevolution im November 1917, die andere setzt den Beginn im Mai 1918 an, als sich die Tschechoslowakischen Legionen gegen die Rote Armee erhoben. Die zweite Position stellt die Auswirkungen auslandischer Einflusse auf den Burgerkrieg heraus und vernachlassigt die vorherigen Erhebungen gegen die neu entstandene Sowjetmacht . Der Artikel folgt in seiner Darstellung der ersten Meinung, um einen vollstandigen Uberblick zu geben.

Der Krieg verlief chaotisch, weil beide Seiten meist ohne ausgearbeitete Strategie handelten und ihre Kampagnen als Reaktionen auf kurzfristige Entwicklungen fuhrten. Kompliziert wurde der Verlauf der Kampfhandlungen durch auslandische Interventionen und den Polnisch-Sowjetischen Krieg . [1]

Auch das Ende des Krieges wird unterschiedlich angegeben: entweder November 1920 (kriegsentscheidender Sieg der Roten Armee auf der Krim ) oder 1922/1923, je nachdem, welche nachfolgenden Kampfhandlungen in Sibirien noch hinzugerechnet werden. Letzte Kampfe fanden im Juni 1923 im Fernen Osten statt: am 6. Juni bei Ochotsk und am 16. Juni bei Ajan .

Revolutionsjahr 1917 [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Winter 1916/17 wurde die Versorgung der Bevolkerung russischer Stadte mit Brennstoffen und Nahrungsmitteln immer schlechter, eine Hungersnot zeichnete sich ab. Von der Hauptstadt Petrograd ausgehend kam es landesweit zu Streiks und Demonstrationen. Der Versuch des Zaren Nikolaus II. , die Bewegung gewaltsam zu zerschlagen, schlug fehl, weil Garnisonssoldaten großtenteils die Aufstandischen unterstutzten und auch gegen die zaristische Polizei vorgingen. Die zaristische Regierung trat geschlossen zuruck, der Zar wurde zur Abdankung gezwungen. Eine Doppelregierung aus der burgerlichen provisorischen Regierung unter Alexander Kerenski einerseits und den basisdemokratischen Arbeitersowjets andererseits kam an die Macht. Mit der nach ihm benannten Kerenski-Offensive scheiterte im Juli 1917 die letzte große Angriffsoperation des russischen Heeres im Ersten Weltkrieg . [2]

Die Bolschewiki versuchten bereits im Juli 1917 ( Juliaufstand ) ohne Erfolg die in Lenins Aprilthesen propagierte sozialistische Revolution in die Tat umzusetzen. Sie konnten allerdings durch ihre Forderungen nach der Beendigung des Krieges gegen Deutschland und der Enteignung der Großgrundbesitzer in den Raten mehr und mehr an Einfluss gewinnen und forderten alle Macht im Staate auf diese zu ubertragen. Der Putschversuch des Generals Kornilow im August 1917 spielte ihnen durch die Angst vor einer neuen Autokratie noch mehr in die Hande. [3] Mit der Oktoberrevolution sturzten die Bolschewiki am 7. November (25. Oktober nach julianischem Kalender) die aus der Februarrevolution hervorgegangene Regierung unter Kerenski. Bereits drei Tage spater am 10. November (28. Oktober nach julianischem Kalender), versuchten sowohl Offiziersschuler in Petrograd als auch eine von außen kommende improvisierte Kosakeneinheit unter Ataman Krasnow die Revolution niederzuschlagen. Diese Versuche scheiterten an der Mobilisierung der bewaffneten Arbeiter und Matrosen der Stadt, die beide Angriffe zuruckschlugen. [2]

Nachdem die Kommunisten in der Hauptstadt ihre Macht gesichert hatten, ergab sich fur die Fuhrer der Partei ein durchaus positives Bild. Die Partei der Bolschewiki hatte gegenuber den anderen politischen Organisationen als Kaderpartei wichtige strukturelle Vorteile. Die Industriestadte Zentral- und Sudrusslands sowie des Baltikums verfugten uber gut organisierte Parteiapparate, die das Ruckgrat der Machtausweitung der Bolschewiki bilden sollten. Als Manovriermasse dienten hierbei bewaffnete Verbande aus Arbeitern, Matrosen und ruckkehrenden Frontsoldaten. So konnte die Parteifuhrung bis zum Jahresbeginn 1918 das russische Kernland unter ihre Kontrolle bringen. Nach dieser Konsolidierung erfolgte der endgultige Schlag der Bolschewiki gegen den Parlamentarismus . In der Nacht vom 5. zum 6. Januar 1918 wurde die von Sozialrevolutionaren beherrschte Russische konstituierende Versammlung in Petrograd durch Rotgardisten aufgelost. [2]

Von der Oktoberrevolution 1917 bis zur Militarintervention der Mittelmachte Anfang 1918 [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nachdem die Bolschewiki ihre Macht im Kerngebiet des ehemaligen Zarenreiches politisch und militarisch gefestigt hatten, begannen sie, diese Macht auch an der Peripherie zu sichern. Hierbei ergaben sich bereits erste Widerstande gegen den Umsturz, die die Konfliktlinien des Burgerkriegs vorzeichneten. Sie verliefen entlang sozialen, regionalen und nationalen Grenzen innerhalb des Vielvolkerstaats . Diese Periode des Burgerkrieges wird als ?Eisenbahnkrieg“ bezeichnet, da sich die militarischen Aktionen der Bolschewiki vor allem auf Verschiebung von improvisierten, revolutionaren Verbanden uber das auf Petrograd und Moskau zentrierte Eisenbahnnetz an die verschiedenen Krisenherde stutzten. Sie verlief fur die Revolutionare ausgesprochen erfolgreich und dauerte bis zum Eingreifen der Mittelmachte im Februar 1918 an. [4]

Widerstand der Kosaken [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Kosaken waren unter dem Zaren eine staatstragende Minderheit. Ethnisch gesehen russisch, stellten sie eine spezielle soziale Schicht im Reich dar. Sie wurden in den Grenzregionen des Romanowstaates als Wehrbauern angesiedelt und stellten als Kavallerietruppen eine militarische Elite des Landes. Im Gegenzug fur ihre Leistungen erhielten sie das Privileg der weitgehenden Selbstverwaltung und Landbesitz, den sie zum Teil selbst bearbeiteten oder an nichtkosakische Bauern verpachteten. Aufgrund ihrer gefestigten inneren Sozialstruktur, ihres monarchistischen Ethos und auch ihrer Sonderrechte, die sie durch die Bolschewiki in Gefahr sahen, waren diese Bauernsoldaten fur den Kommunismus wenig empfanglich und der gewaltsamen Machtergreifung der Partei Lenins feindlich gesinnt. [5]

Noch im Jahr 1917 versuchte der Ataman der Kosakenregion Orenburg sudwestlich des Ural, Dutow , den bewaffneten Widerstand gegen die Bolschewiki zu organisieren. Er scheiterte allerdings an der Kriegsmudigkeit der aus dem Weltkrieg heimkehrenden Wehrbauern. So konnte er keine schlagkraftige Truppe aufbauen. Orenburg wurde am 31. Januar 1918 von Rotgardisten erobert. [5]

Gefahrlicher fur den sowjetischen Staat war die Erhebung der Kosaken im Dongebiet . Hier versuchte der Ex-General und Ataman Kaledin , eine Streitmacht zur Restauration des Reiches aufzustellen. Er versuchte auch, durch eine ?Vereinigte Regierung der Region“ die nichtkosakische Bevolkerung fur sein Vorhaben zu mobilisieren. Allerdings scheiterte er wie der Anfuhrer der Orenburger Kosaken an der Kriegsmudigkeit der Frontheimkehrer. Außerdem gelang es ihm nicht, die sonstige Bevolkerung der Region fur seine Sache zu gewinnen. Die nichtkosakischen Bauern erhofften sich von der Sowjetmacht die Auflosung der Privilegien der Kosaken und somit Landgewinn fur ihre Hofe. Die Reaktion der Roten ließ nicht auf sich warten, denn das Dongebiet blockierte die Eisenbahnen in den Kaukasus und der dortige Aufruhr konnte eine Bedrohung fur das wichtige Industriegebiet des Donezbeckens bedeuten. Bereits im November 1917 wurde der Volkskommissar des Kriegsministeriums, Antonow-Owsejenko , beauftragt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Durch das Heranbringen von Arbeitern aus Petrograd, die Rekrutierung von Frontheimkehrern aus der Kaukasusfront und die Mobilisierung von Arbeitern aus dem Donezbecken gelang es ihm uber den Winter, eine schlagkraftige rote Streitmacht in Stellung zu bringen. Die schwachen Kosakentruppen waren dieser nicht gewachsen; mit der Eroberung der Hauptstadt der Donregion Nowotscherkassk am 25. Februar 1918 war die Revolte beendet. Kaledin beging wegen seines Versagens und der mangelnden Unterstutzung der Kosaken Selbstmord . [5]

Nachdem der Aufstand am Don gescheitert war, wurde nun auch die letzte Kosakenregion am Kuban von der Roten Armee unterworfen. Dort hatten sich die ortlichen Kosaken ohne einen popularen Anfuhrer von außen gegen die Sowjetmacht gewandt. Am 13. Marz wurde ihre Hauptstadt Jekaterinodar von roten Verbanden erobert, und somit war auch die Gegenrevolte am Kuban vorerst gescheitert. [5]

Entstehung der Freiwilligenarmee [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Route der Freiwilligenarmee wahrend des Eismarsches

Entscheidend fur den weiteren Verlauf des Krieges war die Bildung der Freiwilligenarmee unter den Generalen Kornilow und Alexejew , Ersterer hatte durch seinen gescheiterten Militarputsch im Juli 1917 entscheidend den Bolschewiki in die Hande gespielt. Dieser Verband verfugte zwar zur Zeit der Donkampagne nur uber 4.000 Soldaten, entwickelte sich jedoch zur Keimzelle der spateren Weißen Armee in Sudrussland. Zunachst sah sich die Truppe, nach dem die Lage um Rostow immer aussichtsloser wurde, gezwungen, sich in die Steppe sudlich des Dongebietes abzusetzen. Ziel war es, sich zu den Kosakengebieten am Kuban durchzuschlagen. Wahrend dieses taktischen Ruckzuges, der als ? Eismarsch “ bekannt wurde, war die Freiwilligenarmee immer wieder in Kampfe mit der Roten Armee verwickelt. Wahrend des erfolglosen Angriffes auf Jekaterinodar starb ihr Oberbefehlshaber Kornilow am 10. April 1918 durch einen Artillerietreffer. Sein Nachfolger General Denikin brach den Angriff auf Jekaterinodar ab. Militarisch war der Eismarsch damit zwar gescheitert; trotzdem fuhrte er zur Konsolidierung der Weißen Armee in Sudrussland. Denikin bestimmte die Geschicke der konterrevolutionaren Krafte in Sudrussland fur den Großteil des weiteren Burgerkrieges. Nach der Niederlage vor Jekaterinodar befahl er den erneuten Ruckzug zum Don . [5]

Erhebungen nationaler Minderheiten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ukraine [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Ukrainer stellten die großte nationale Minderheit im Zarenreich und lebten auch in einem ?geschlossenen“ Territorium. Schon ab dem 19. Jahrhundert hatte sich ein ukrainischer Wunsch nach nationaler Unabhangigkeit herausgebildet. Mit der Schwache der Zentralmacht verfestigte sich dieser Anspruch 1917 in einer eigenen parlamentarischen Regierung, der Ukrajinska Narodna Respublika . Diese wurde zwar von ukrainischen Sozialrevolutionaren und Marxisten dominiert, behielt aber trotzdem den Wunsch nach nationaler Eigenstandigkeit. [6]

Die Regierung Lenins wollte allerdings eine nationale Unabhangigkeit der Ukraine im Zeichen des Parlamentarismus nicht dulden, insbesondere da Russland von ukrainischer Nahrungs- und Rohmaterialproduktion abhangig war. Der Versuch einer politischen Losung des Problems konstituierte sich am 4. Dezember jul. / 17. Dezember 1917 greg. . In Kiew wurde auf Befehl aus Petrograd ein ?Allukrainischer Sowjetkongress“ gebildet, der als Gegenregierung zur Zentralna Rada , dem Parlament der Ukraine, fungieren sollte. Am gleichen Tag stellten die Bolschewiki dem ukrainischen Parlament das Ultimatum, den Sowjetkongress anzuerkennen. Andernfalls wurde mit Anwendung militarischer Gewalt gedroht. [6]

Ein Versuch, die parlamentarischen Strukturen wie in Russland zu beseitigen, scheiterte an mangelnder Unterstutzung der Bevolkerung. Lenins Partei war in der Ukraine eher unpopular, nur 11 % der Bevolkerung des Landes hatte bei den Wahlen zur Nationalversammlung 1917 fur sie gestimmt. Dies fuhrte dazu, dass sich die bolschewistischen Abgeordneten des Sowjetkongresses noch am selben Tag aus Kiew nach Charkow zuruckziehen mussten. Unter der dortigen, mehrheitlich russischen Bevolkerung fanden sie großeren Anklang. [6]

Deshalb wurde der ehemalige zaristische Offizier und Sozialrevolutionar Michail Murawjow von Lenin beauftragt, die Angelegenheit militarisch zu bereinigen. Die Rada verfugte zwar uber die Unterstutzung der stadtischen Intelligenzija , aber sie schaffte es nicht, leistungsfahige militarische Strukturen aufzubauen. Die Gegenwehr der improvisierten ukrainischen Einheiten brach schnell zusammen und schon am 27. Januar jul. / 9. Februar 1918 greg. wurde Kiew von Rotgardisten erobert. [6]

Finnland [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weiße Burgermiliz, sogenanntes ?Schutzkorps“ in Finnland

Finnland hatte sich unter zaristischer Herrschaft eine weitgehende politische Selbstbestimmung bewahrt. Ein eigenes Parlament verwaltete das Land und war das politische Zentrum der Nation, auch im Zarenreich. Ebenso waren die Finnen von der allgemeinen Wehrpflicht entbunden. Doch auch in Finnland, dessen Parlament am 6. Dezember 1917 die Unabhangigkeit erklart hatte, gewannen die Bolschewiki Einfluss auf die Arbeiterbewegung. Eine Verfassungskrise, Lebensmittelknappheit und hergebrachte soziale Spannungen fuhrten zusammen mit diesem Einfluss zum revolutionaren Umsturzversuch am 27. Januar 1918. Dieser gelang in Sudfinnland, wahrend der Norden von den ?weißen“ Regierungstruppen behauptet wurde. Es kam zum Burgerkrieg zwischen den ?Roten“ und den ?Weißen“. Wahrend die Gegner zahlenmaßig in etwa gleich stark waren, konnten sich die Weißen im Verlaufe des Krieges durch bessere Ausbildung der Truppen und vor allem durch die Heimkehr von in Deutschland ausgebildeten Jagern in Verbindung mit einer deutschen Intervention einen Vorsprung in der Qualitat der Kampfverbande verschaffen. [7]

Lenin, der die finnische Unabhangigkeit im Januar anerkannt hatte, war durch den Friedensvertrag von Brest-Litowsk an groß angelegter Hilfe fur die Roten gehindert. Bis zum 5. Mai 1918 konnten die Weißen unter der Fuhrung von General Mannerheim den roten Widerstand brechen und den Aufstand niederschlagen. Das burgerliche System blieb damit erhalten, und Finnland wurde in der Folge eine demokratische Republik. [7]

Bessarabien [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einen weiteren Ruckschlag fur die Bolschewiki stellte die Abspaltung der 1,5 Millionen Rumanen in Bessarabien dar. Schon im Januar 1918 bildete sich hier eine Gegenregierung, und die Moldauische Demokratische Republik wurde ausgerufen. Eilig herangebrachte Rotgardisten aus Odessa wurden mit Hilfe von Truppen aus Rumanien zuruckgeschlagen. Im April 1918 erfolgte die Vereinigung Bessarabiens mit Großrumanien . Die Regierung in Petrograd begnugte sich damit, den rumanischen Botschafter als Geisel zu nehmen und die Petrograder Goldreserve des Landes zu beschlagnahmen. Sie unternahm keine weitere Anstrengung, das verlorene Gebiet zuruckzuerobern. [7]

1918 ? Intervention der Mittelmachte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Operation Faustschlag [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Administration der Bolschewiki war bezuglich des Weiteren Vorgehens gegenuber den Mittelmachten gespalten. Nur ein kleiner Teil der Partei, allerdings inklusive Lenins, sprach sich fur einen Frieden um jeden Preis aus. Die Mehrheit der Kommunisten hielt es fur unannehmbar, weite Teile des Landes an die ?Imperialisten“ abzutreten. Die Konsequenz war die durch Leo Trotzki aufgestellte Formel, dass man mit dem Deutschen Kaiserreich und Osterreich-Ungarn weder Krieg noch Frieden anstrebe. Dies verlautbarte Trotzki auch bei den Waffenstillstandsverhandlungen und verließ diese im Eklat. [8]

Die OHL unter Erich Ludendorff zog daraufhin eine Fortsetzung des Krieges in Betracht, um die kommunistische Regierung in Petrograd zum Friedensschluss zu zwingen. Die ?Operation Faustschlag“ sah ein Vorrucken der deutschen und k.u.k.-Truppen auf der gesamten Breite der Ostfront vor. Am 18. Februar 1918 begann diese Operation und es zeigte sich rasch, dass der Widerstand der irregularen Einheiten aus revolutionaren Arbeitern und Bauern wirkungslos war. Bereits drei Tage spater fiel Minsk , am 24. Februar Schitomir und am 3. Marz schließlich die ukrainische Hauptstadt Kiew. Einen Tag darauf willigte die Delegation unter Leitung Trotzkis in den Friedensvertrag von Brest-Litowsk ein. Lenin war es gelungen, die Partei angesichts der militarischen Niederlage von seinem Standpunkt zu uberzeugen. Dieser Vertrag brachte den Deutschen die Kontrolle uber die Ukraine , die Krim und Teile von Belarus und Sudrussland ein. Der Vormarsch der Mittelmachte ging allerdings auch nach Vertragsabschluss weiter. [8]

Die Sowjetregierung zog infolge der Bedrohung Petrograds Anfang Marz 1918 nach Moskau um. Zudem fuhrte sie wahrend der Militaroperation aus Unsicherheit, ob die Deutschen einen politischen Umsturz in Russland beabsichtigten, Gesprache mit den Alliierten, die zu britischen Truppenlandungen in Murmansk fuhrten.

Politische Wirkung der Besatzung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Folgen des Waffenstillstands von Brest-Litowsk

Das Vorgehen der Mittelmachte hatte die Wirkung eines Katalysators auf die politischen Spannungen zwischen den Burgerkriegsparteien. Die Macht der Bolschewiki wurde uberall dort gebrochen, wo deutsche Soldaten einmarschierten. Die Besetzung gab den Fraktionen, die gerade wahrend der Konsolidierungsphase der Roten an den Rand gedrangt worden waren, neues Potential. So kam es beim deutschen Vormarsch auf der Krim zu einer Erhebung der muslimischen Krimtataren . Diese gipfelte in der Ermordung des Rates der Volkskommissare der ortlichen Sowjetrepublik .

In der Ukraine lebte der Nationalismus mit dem Einmarsch der Deutschen wieder auf. Die vorruckenden deutschen Truppen hatten schon bei der Eroberung Schitomirs Unterstutzung durch ukrainische Eisenbahnarbeiter bekommen. So kehrte auch kurz nach der Eroberung Kiews die Rada wieder in die Hauptstadt zuruck. Ihr parlamentarisches Wirken wahrte nur kurz. Sie wurde am 29. April 1918 gesturzt, da den deutschen Besatzern ein marxistisch dominiertes Parlament gefahrlich erschien. Die Macht erhielt der konservative Nationalistenfuhrer Pawlo Skoropadskyj , der fortan unter dem Titel Hetman als Diktator des Landes fungierte. Er konnte seine Herrschaft bis zur deutschen Niederlage im Weltkrieg aufrechterhalten. [9] Danach ubernahm das ebenso nationalistische Direktorium der Ukrainischen Volksrepublik die Macht in der ukrainischen Hauptstadt Kiew; zwei Monate nach dem deutschen Abzug verloren die ukrainischen Nationalisten diese wieder an die Sowjetmacht. [10] [11]

Im Baltikum hatte die deutsche Besetzung weitergehende Folgen. In Estland war die Popularitat der Bolschewiki sehr gering und den Revolutionaren misslang unter der deutschen Besatzung der Aufbau einer politischen Organisation, die dies hatte andern konnen. Ebenso konnten die Konservativen die Bauernschaft durch die Enteignung deutschstammiger Gutsbesitzer auf ihre Seite ziehen. Infolgedessen bildete sich eine nationalistische Regierung unter der Fuhrung der estnischen Sozialdemokraten, die sich auch militarisch im Folgejahr gegen die Roten behaupten konnte. Lenin versuchte, Litauen noch durch die Bildung einer lokalen Sowjetrepublik an die Uberreste des russischen Reiches zu binden. Dieser Versuch scheiterte an einer Militarintervention Polens und am Widerstand der burgerlichen Krafte des Landes. In Lettland erwies sich die Situation als komplexer. Dort herrschte ein labiles Gleichgewicht zwischen nationalistischen und kommunistischen Gruppen. Im Januar 1919 versuchte die Parteifuhrung, dies durch den Einmarsch der Roten Armee zu ihren Gunsten ausschlagen zu lassen. Die nationalistischen Krafte gewannen jedoch nach anfanglichen Niederlagen die Oberhand. Dies war durch den Bruckenschlag zwischen den nationalen Politikern und den hiesigen Deutsch-Balten moglich geworden. Bis zum Mai 1919 hatten die deutsch-lettischen Freikorps unter dem Kommando des ehemaligen deutschen Generals von der Goltz die Hauptstadt Riga unter ihre Kontrolle gebracht und somit den letzten sowjetischen Einfluss aus dem Baltikum verdrangt. [12]

Aufbau der Roten Armee [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Fuhrung der Bolschewiki gab es zwei Lehrmeinungen, wie die Rote Armee aufgebaut werden sollte. Die Position der marxistischen Ideologie, unter anderem vertreten durch Stalin oder den ersten Oberkommandierenden Krylenko , verlangte nach einer ?revolutionaren Armee“. Diese sollte eher die Form einer Miliz erhalten, ohne militarische Range auskommen und nur durch von den Soldaten gewahlte Offiziere gefuhrt werden. So war auch der Aufbau der roten Truppen seit der Revolution erfolgt. Die deutsche Offensive zeigte eindeutig das Scheitern dieser Politik. Die improvisierten Einheiten unter dem roten Stern erwiesen sich als unfahig, Gelande selbst gegen schwache deutsche Landwehrtruppen zu behaupten. Krylenko wurde als Oberbefehlshaber abgesetzt und Trotzki beauftragt, nach seinen Pramissen die Rote Armee aufzubauen. Er sah dafur den Aufbau einer regularen Armee vor, die zwar ideologisch indoktriniert, aber trotzdem nach den Maßgaben des Gehorsams und der Disziplin aufgebaut werden musse. Die Fuhrungspositionen sollten hauptsachlich durch ehemalige zaristische Offiziere besetzt werden, die in großer Zahl unter Androhung schwerer Strafen und von Sippenhaftung zwangsverpflichtet wurden. Fur die politische Zuverlassigkeit sollten ihnen zur Seite gestellte Politkommissare burgen. Das ursprunglich anvisierte Ziel war die Aufstellung einer Armee von 700.000 Soldaten bis Ende 1918. Wahrenddessen sollten die verbliebenen irregularen Verbande als ?Vorhange“ vor den deutschen Truppen wenigstens einen symbolischen Schutz vor einer moglichen weiteren deutschen Intervention bieten. Schon bald ging man aber davon aus, eine Armee von drei Millionen Mann zu benotigen. [13]

1918 ? Konsolidierung der antibolschewistischen Krafte und Reformierung der Roten Armee [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Aufstand der Sozialrevolutionare [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gebiet unter sowjetischer Kontrolle bis Ende 1918 und Erhebungen gegen die Zentralmacht

Die junge Sowjetmacht hatte zwar die Eisenbahnfeldzuge fur sich entschieden, doch durch die Invasion der Deutschen war ihre Macht zu Jahresende ebenso unsicher und fragil wie nach der Revolution. Als bestimmender Faktor, der die Reihe der antibolschewistischen Erhebungen des Jahres 1918 einleitete, fungierte wiederum ein externes Element. Die Tschechoslowakischen Legionen , noch unter dem Zaren vor allem aus k.u.k. - Kriegsgefangenen aufgestellt, erwiesen sich als erste ernste militarische Bedrohung der bolschewistischen Herrschaft. Sie sollten in Abstimmung mit der Entente uber den russischen Pazifikhafen Wladiwostok wieder nach Europa zuruckgefuhrt werden. Das Korps , insgesamt rund 40.000 Soldaten, war aufgrund der Widrigkeiten des Transports entlang der Transsibirischen Eisenbahn uber weite Distanzen verteilt. Am 14. Mai kam es zu einem Zusammenstoß zwischen tschechischen Soldaten und ungarischen Kriegsgefangenen in Tscheljabinsk , bei dem es Tote gab. In seiner Funktion als Kriegskommissar gab Trotzki daraufhin den Befehl, die fremden Truppen zu entwaffnen. Die Tschechoslowaken, die durch die Appeasementpolitik der Bolschewiki gegenuber den Mittelmachten immer misstrauischer wurden, verweigerten die russische Order. Daraufhin gab Trotzki den Schießbefehl auf jeden bewaffneten Angehorigen der Legionen. Dies erwies sich allerdings als Fehleinschatzung, denn die wenigen Roten im Gebiet der Wolga und in Sibirien waren den regular ausgebildeten Tschechen keineswegs gewachsen. [14]

Infolgedessen gelang es einer anderen politischen Gruppe, die Tschechen fur sich zu instrumentalisieren. Die Sozialrevolutionare des Gebiets Samara konnten durchziehende Teile der auslandischen Truppe fur eine Rebellion gegen die Bolschewiki gewinnen. So wurde im Juni 1918 in Samara das ?Komitee der Mitglieder der konstituierenden Versammlung“ ( KOMUTSCH ) gegrundet. Damit versuchten die Sozialrevolutionare, an den durch die Bolschewiki unterdruckten demokratischen Prozess der russischen Konstituante anzuknupfen, in der sie selbst die Mehrheit gestellt hatten. [15]

Mit Hilfe der Tschechen gelang es ihnen, die Kontrolle uber die Gebiete Samara und Ufa zu gewinnen und teilweise auf benachbarte Oblaste auszudehnen. Aus diesem Gebiet versuchte die sozialrevolutionare Gegenregierung eine ?Volksarmee“ von 30.000 Mann zu rekrutieren. Da nur ca. 10.000 Freiwillige zur Verfugung standen, wurden Soldaten zwangsweise ausgehoben. Dies machte die Sozialrevolutionare unpopular, vor allem da die Bolschewiki bisher nur auf Freiwillige zuruckgegriffen hatten, und minderte die Kampfmoral der Truppen erheblich. Des Weiteren vermochte das Komitee es nicht, seine anfangliche Popularitat unter den Bauern in politisches Kapital umzumunzen. Andere Schichten standen ihr nicht zur Verfugung. Die marxistischen Menschewiki waren gegen eine Rebellion gegen die Sowjetmacht. Die Arbeiter konnten nicht gewonnen werden. Die Schicht der stadtischen Gebildeten und des Burgertums war den sozialistischen Tendenzen des KOMUTSCH abgeneigt. So konnte man angesichts der politischen und militarischen Schwache nur auf die Reaktion der roten Zentralregierung warten. Trotzki zog wahrend des Sommers moglichst viele Soldaten aus den ?Vorhangen“ gegenuber den Mittelmachten ab. Bis zum Oktober 1918 verfugte die rote Armeegruppe Ost unter Tuchatschewski uber mehr als 100.000 Mann. Dieser rote Kommandeur wollte allerdings nicht bis zur vollen Starke warten und schlug bereits im August in Richtung Simbirsk los. Trotzki gelang es zur selben Zeit, die vollig chaotische 5. rote Armee vor Kasan zu disziplinieren und gleichzeitig den Versuch der Volksarmee unter Wladimir Kappel abzuwehren, die Bahnlinie nach Moskau zu unterbrechen. Nach dem misslungenen Vorstoß waren die Streitkrafte der KOMUTSCH weitgehend demoralisiert. Noch im September gelang den von Trotzki gefuhrten Teilen der Roten Armee die Eroberung von Kasan und Simbirsk, und am 7. Oktober fiel schließlich Samara. Die tschechoslowakischen Einheiten waren durch die Ereignisse soweit entmutigt worden, dass sie sich kampflos nach Osten zuruckzogen. Der ortliche Kommandant der Legionen Svec beging daruber hinaus nach dem Fall der Hauptstadt der Bewegung Selbstmord. [15]

Erneute Erhebung im Don-Gebiet [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nur einen Monat nachdem die Bolschewiki das Ruckgrat der Kosakenrevolte gebrochen hatten, erhoben sich die ehemaligen Wehrbauern des Zaren erneut. Am 6. Mai wurde die Hauptstadt des Kosakenstammlandes am Don, Nowotscherkassk von den Weißen erobert und die noch schwache rote Administration uberrumpelt. Grund hierfur war die Erbitterung unter den Kosaken und auch der nichtkosakischen Bevolkerung, die ein Monat Herrschaft der Roten hervorgerufen hatte. Einerseits sorgte die Zwangsrequirierungspolitik von Nahrungsmitteln der Zentralregierung fur einen Konflikt mit der Obrigkeit. Andererseits wirkten sich die drakonischen Methoden der roten Einheiten, die Geiseln nahmen und sie erschossen, auf die Volksmeinung aus.

Deutsche Kriegsziele im Osten gegen Ende des Weltkrieges mit abhangigen Kosakenrepubliken im Don- und Kubangebiet

Als maßgebliches Element erwies sich allerdings wiederum ein externer Faktor. Durch den Einmarsch deutscher Soldaten in die umliegenden Gebiete wurde die Sowjetmacht aus den Orten zuruckgedrangt, an denen sich die Invasoren befanden. Die Rebellion der Kosaken erhielt auch in der Anfangsphase Schutzenhilfe von ihren einstigen Feinden. Deutsche Truppen blockierten die Eisenbahnen ins Don-Gebiet und verlangsamten so die Heranbringung roter Truppen. Ebenso wurden erbeutete russische Waffen an die Aufstandischen weitergegeben. So konnte sich die Aufstandischenarmee unter der Fuhrung des Generals Krasnow bereits im Juni auf 40.000 Bewaffnete stutzen.

Diese Vorteile munzte Ataman Krasnow auch in militarische Aktionen um. Im August 1918 begann General Mamontow eine Kavallerieattacke gegen Zarizyn . Dies war der erste massierte Einsatz von Kavallerie im Burgerkrieg und er sollte die Rote Armee veranlassen, selbst auch berittene Truppen aufzustellen. Nachdem sich Mamontow zeitweise zuruckziehen musste, gipfelte ein weiteres Vorrucken der Weißen in einer Belagerung der Stadt. Die Schlacht um Zarizyn dauerte bis Oktober an und wurde aufgrund der Verteidigungsanstrengungen in der kommunistischen Propaganda zum Roten Verdun verklart. Als sich Mamontow endgultig zuruckzog, verfugte er nur noch uber einen Bruchteil seiner Soldaten, denn die Mehrheit der Kosaken hatte sich ausgiebigen Plunderungen hingegeben und desertierte mit ihrer Beute in ihre Heimatregionen. Die Rolle Josef Stalins in diesem Kampf wurde wahrend seiner Zeit als sowjetischer Staatschef stark glorifiziert. [16] Zu Jahresende hatte die Armee der Donkosaken zwar nur geringe Teile außerhalb ihres Stammlandes halten konnen, doch keimte im Kubangebiet noch ein weiterer militarischer Kern des Widerstands gegen die Sowjetmacht.

Als zweitgroßte Kosakenpopulation erhob sich 1918 auch die Kubanregion gegen die neuen Herrscher des ehemaligen Reiches. Die Blockade des sudlichen Kubangebiets durch die Deutschen gab auch hierbei den entscheidenden Ausschlag. Somit war der Kuban und die Nordkaukasische Sowjetrepublik von Nachschub und Verstarkungen aus dem sowjetischen Zentralrussland abgeschnitten. Diesen Schwachpunkt versuchte der Kommandeur der Freiwilligenarmee Denikin zu nutzen. Allerdings standen den 9.000 weißen Freiwilligen zwischen 80.000 und 100.000 Soldaten der Bolschewiki entgegen. Die Truppen Denikins wurden von Berufsoffizieren gefuhrt, und fast alle Soldaten hatten im Weltkrieg gedient. Die noch ohne militarisches Training irregular aufgestellten kommunistischen Truppen wurden von einem fruheren Unteroffizier gefuhrt und hatten der Professionalitat ihrer Gegner wenig entgegenzusetzen. Am Ende der im Mai begonnenen Kampagne eroberten die Weißgardisten die Hauptstadt der kurzlebigen Sowjetrepublik Jekaterinodar am 18. August 1918. [17]

Weiße Bewegung in Sibirien [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Truppen der Tschechoslowakischen Legionen in Wladiwostok

Sibirien bot schon ohne die Anwesenheit antibolschewistischer Krafte einen eher schwachen Boden fur die revolutionare Ideologie Lenins. Der Gegensatz zwischen Großgrundbesitzern und Pachtbauern war schwacher, da es weit weniger große Anwesen als in anderen Teilen Russlands gab. Ebenso stand eine großere Arbeiterschaft nicht zur Verfugung, die fur die Sache des Kommunismus hatte gewonnen werden konnen. Gemessen an den Wahlen zur konstituierenden Versammlung waren die Sozialrevolutionare die dominante politische Partei, wahrend in den Stadten eher konservative Elemente Ruckhalt besaßen. Mit der Wendung der Tschechoslowakischen Legionen gegen die Sowjetmacht wurde die dunne Patina der Parteiherrschaft uber Sibirien vollends hinweggewischt. Das nichtrussische Korps brachte mit der Transsibirischen Eisenbahn die einzige Transportachse innerhalb des riesigen Landes unter seine Kontrolle. Nach einwochiger Belagerung eroberten die Tschechoslowaken am 25. Juni 1918 Jekaterinburg , das ortliche Verwaltungszentrum der Bolschewiki. Die vom sowjetischen Zentralrussland abgeschnittenen roten Truppen zogen sich daraufhin so weit wie moglich nach Westen zuruck. Zwei Tage spater konstituierte sich in Omsk eine ?Provisorische Regierung Sibiriens“ unter Pjotr Wassiljewitsch Wologodski , die aus Regionalisten und Sozialrevolutionaren bestand. [18]

Neben den zivilen Intellektuellen der Stadte und auslandischen Kraften ruhte die antibolschewistische Bewegung aber noch auf zwei weiteren Saulen. Einerseits lehnten die Kosaken Sibiriens, die ebenfalls in Omsk ihr Zentrum besaßen, die Revolution ab. Andererseits befanden sich in Sibirien mehr als 8.000 entlassene Offiziere der ehemaligen Zarenarmee . Als Anhanger eines ungeteilten russischen Nationalstaats lehnten sie aber sowohl die Sezessionsbestrebungen der Regionalisten als auch die Ideen der sozialen Umwalzungen der Sozialrevolutionare ab. Die Provisorische Regierung schaffte es den Sommer uber nicht, einen Apparat aufzubauen, der die gewaltige Flache Sibiriens administrativ durchdrang, noch konnte sie die politischen Gegensatze zu den Konservativen uberbrucken. Angesichts der Schwache der Regierung und aus Opposition gegen ihre politischen Positionen fuhrten die konservativen Militars am 17. November 1918 einen Putsch durch, der zwar unblutig ablief, aber die parlamentarische Phase des Widerstands gegen die Bolschewiki endgultig beendete. An die Stelle der Provisorischen Regierung trat Admiral Koltschak , der auf ein Direktorium von Zivilisten eine Militardiktatur grundete. Er sollte sich als ?Oberster Regent Russlands“ vor den anderen Hauptfuhrern der weißen Bewegung, die ihn trotz gewisser Differenzen als solchen anerkannten, hervorheben und das folgende Kriegsjahr weitgehend pragen. [18] Sein Programm hat er selbst wie folgt zusammengefasst:

?In den außerordentlich schwierigen Bedingungen des Burgerkriegs nehme ich das Kreuz dieser Macht auf mich und erklare: Ich werde weder den Weg der Reaktion gehen, noch den fatalen Weg der Parteipolitik. Ich setze als mein Hauptziel den Aufbau einer effizienten Armee, den Sieg uber die Bolschewiki und das Wiederherstellen von Recht und Ordnung. So dass das Volk fur sich selbst ohne Unterdruckung die Art ihrer Regierung entscheiden kann unter Erkennung der Ideale der Freiheit, die uberall in der Welt verlautbart werden.“ [19]

Diese Ablehnung des Anbietens einer politischen Vision, durch die Ablehnung der Parteipolitik, sollte sich spater als einer der Grunde des Scheiterns der Militarregierung erweisen, doch uber den Winter 1918 kamen die Operationen auf beiden Seiten einstweilig zum Stillstand. Rote wie Weiße bereiteten sich auf das kommende Jahr vor. [18]

Intervention der Entente-Machte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Entscheidung Lenins, durch die Annahme des Friedensvertrag von Brest-Litowsk ein bedingungsloses Appeasement gegenuber den Mittelmachten durchzufuhren, fuhrte zur Abwendung der militarischen Bedrohung, die die deutschen und k.u.k.-Truppen fur die junge Sowjetmacht darstellten. Allerdings wurde durch diese Politik das russische Verhaltnis zu den bisher alliierten Machten sehr belastet. Zur Sicherung ihrer Interessen in Russland und um einer weiteren deutsch-sowjetrussischen Annaherung entgegenzuwirken, wurden noch wahrend des Weltkriegs Truppen nach Russland entsandt.

Da die europaischen Hafen Russlands an der Ostsee fur die Alliierten noch nicht erreichbar waren, landete das erste britische Kontingent aus 600 Soldaten im Juni 1918 in Murmansk am Arktischen Ozean . Die Briten besetzten den Hafen, fernab vom russischen Kernland, und das Umland. Vor Ort agierten die britischen Truppen wie auf Kolonialschauplatzen, indem sie lokale Hilfstruppen aushoben und indirekt regierten. Im Laufe der Zeit sahen sich die Briten immer mehr mit Meutereien konfrontiert und zogen wieder ab. [20]

Gefangene Bolschewiki in Archangelsk

Ein weiteres Landungsunternehmen fand im August 1918 in Archangelsk statt. Hier landeten zuerst 600 britische und franzosische Soldaten. Sie wurden durch ein US-Kontingent von 5.000 Mann der Polar Bear Expedition verstarkt. Anlass war die Sicherung der dortigen Waffendepots, die weder in die Hande der Deutschen noch der Bolschewiki fallen sollten. Ebenso betonten amerikanische Politiker die Verpflichtung, der Tschechoslowakischen Legion zu Hilfe zu eilen, was allerdings aufgrund der enormen Distanz zwischen Archangelsk und den Tschechoslowaken in Sibirien eher den Charakter eines Vorwandes hatte. Die Expeditionstruppe konnte mehrere hundert Kilometer in das Landesinnere vorstoßen. Vereinzelte Kampfe zwischen den Alliierten und roten Truppen zogen sich durch das ganze folgende Jahr, ohne dass eine strategisch bedeutsame Entscheidung herbeigefuhrt werden konnte. Im Juli 1919 verließen die verbliebenen auslandischen Einheiten Nordrussland in Richtung Heimat. In den Ententelandern stand die durch den Ersten Weltkrieg ohnehin kriegsmude offentliche Meinung der Intervention immer ablehnender gegenuber.

Im Dezember 1918 landete ein franzosisch-griechisches Kontingent von 5.000 Mann in Odessa und besetzte die Krim . Unterstutzt wurde es von einem franzosischen Flottenverband. Die nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 noch in der Sudukraine befindlichen deutschen Verbande, deren Abtransport durch den in Sewastopol stationierten deutschen Vizeadmiral Albert Hopman als Waffenstillstandskommissar fur das Schwarze Meer und das Mittelmeer mit den Alliierten ausgehandelt wurde, fungierten hier teilweise ? widerwillig ? als ?Vorposten der Entente“ (Hopman). [21] Als sich das Kriegsgeschehen naherte, kam es zu einem Aufstand in der franzosischen Schwarzmeerflotte , bei der die rote Fahne gehisst wurde; die Meuterer erzwangen im April 1919 den Ruckzug Frankreichs. [22] Die letzten Ententetruppen verließen Odessa am 7. April 1919.

US-Truppen in Wladiwostok 1918
Toter Soldat der Roten Armee in Archangelsk

Am langsten wahrte die auslandische Prasenz im großten Pazifikhafen des ehemaligen Zarenreiches, Wladiwostok . Schon im April des Jahres 1918 waren einzelne japanische und britische Verbande hier an Land gegangen. Ihnen folgte auch hier ein amerikanisches Expeditionskorps, die American Expeditionary Force Siberia in Starke von 8.000 Soldaten. Wladiwostok sollte als Nachschublinie fur die sibirischen Truppen Koltschaks dienen. Dieser war aufgrund seiner antideutschen Haltung von der Entente als legitimes Staatsoberhaupt Russlands anerkannt worden. Bis zum Niedergang der weißen Bewegung 1920 blieben die alliierten Soldaten in Sibirien. Die Bolschewiki grundeten 1920 in Tschita die Fernostliche Republik . Als Gegengewicht gegen diese grundeten die 70.000 Mann starken japanischen Interventen 1921 die Kustenrepublik (siehe Sibirische Intervention ). [23] Im Kampf zwischen beiden Staaten setzten sich schließlich die Roten durch. Sie erreichten Wladiwostok allerdings erst im Dezember 1922, nach der Integration der Fernostlichen Republik in die Sowjetunion.

Auch wenn die Bedeutung der Invasionstruppen von sowjetischen Historikern oft herausgestellt wurde, so war ihr militarischer Einfluss auf die Entscheidung des Burgerkrieges eher geringfugig. Die deutsche Besetzung bis zum Kollaps des Kaiserreichs im November 1918 war in der fruhen Periode dieses Krieges eine großere Bedrohung fur den Sowjetstaat als die an der Peripherie eingreifenden kleinen Kontingente der ehemaligen Bundnispartner.

Weitaus wichtiger fur das Burgerkriegsgeschehen waren alliierte Lieferungen und Hilfsleistungen an die Weiße Armee in Sibirien und in Sudrussland. So schrieb Winston Churchill in einem Memorandum vom 15. September 1919, dass im Jahr 1919 England 100 Millionen Pfund und Frankreich zwischen 30 und 40 Millionen Pfund fur die weißen Truppen in Russland ausgegeben hatten. [24]

1919 ? Die Niederlage Koltschaks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Militarischer Verlauf [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In Sibirien und dem Ural hatte sich unter Admiral Koltschak als nominell hochstes Organ der weißen Bewegung eine Militardiktatur herauskristallisiert. Uber den Winter 1918/19 hatte sie ihre Herrschaft festigen konnen, da die sowjetische Regierung sich außenpolitischen Zielen zuwandte. Die kommunistische Fuhrung erwartete die Weltrevolution . Diese Erwartung wurde durch die Novemberrevolution in Deutschland noch verstarkt. So verfasste im Mai 1919 die zwei Monate zuvor gegrundete Komintern Aufrufe, die den proletarischen Aufstand in Europa propagierten. Ein weiterer Faktor fur die Passivitat der Bolschewiki gegenuber der Bewegung Koltschaks war die Verkennung der Lage durch die Fuhrer der Roten Armee. Trotzki schilderte zu Jahresbeginn 1919 die Lage an den Burgerkriegsfronten als beruhigt und fur die Kommunisten vorteilhaft.

In diesem Klima erwies sich die am 4. Marz 1919 begonnene Offensive der Weißen Armee Koltschaks als uberraschender Schlag gegen die Sowjetmacht. Die Operation zielte auf Ufa , den zentralen Eisenbahnknotenpunkt im Ural ab. Durchgefuhrt wurde sie von zwei Armeen. Die Westliche Armee unter General Chanschin stieß direkt in Richtung Ufa vor. Die Sibirische Armee unter dem tschechischen General Gajda befand sich 200 km nordlich und sollte von Perm aus vorstoßen. Der Sibirischen Armee gelang zwar ein Vorstoß uber fast 300 Kilometer ins rote Gebiet. Dies war jedoch strategisch zweitrangig, da sich in dem vor ihr liegenden Gebiet keine wichtigen Stadte oder Transportknotenpunkte befanden. Das Vordringen der Westlichen Armee war ein Schock fur die rote Militarfuhrung. Der Westlichen Armee gelang es am 28. April 1919, Ufa zu erobern und somit den zentralen Eisenbahnzugang zum Ural fur die Roten zu sperren. Die Rote 5. Armee, die Ufa verteidigte, verlor dabei zwei Drittel ihrer Ausgangsstarke von 30.000 Soldaten. Die Eroberung der Stadt erwies sich allerdings als Pyrrhussieg . Nun hielt die Armee Chanschins einen 150 Kilometer tiefen und knapp 300 Kilometer langen Gebietsvorsprung in der Roten Front, dadurch wurden ihre Flanken exponiert. Die nordliche Armee Gajdas war zu weit entfernt, um der Armee Chanschins Hilfe leisten zu konnen. Am 28. April begannen die Rote 1. Armee von Suden und die Rote 2. Armee von Norden einen Gegenangriff an den Flanken. Ende Marz hatte die, nun wieder verstarkte, Rote 5. Armee unter dem Kommando von Michail Tuchatschewski Ufa zuruckerobert, und die weißen Truppen standen wieder an ihren Ausgangsstellungen.

Nun hatte auch die politische Fuhrung der Bolschewiki die Wichtigkeit der ostlichen Burgerkriegsfront erkannt. Lenin proklamierte am 29. Mai 1919: ?Wenn wir vor dem Winter nicht den Ural einnehmen, so wird die Niederlage der Revolution unvermeidlich sein.“ [25] Die bis zur Ufa-Offensive Koltschaks materiell vernachlassigte Ostliche Armeegruppe der Roten wurde nun unter Sergei Kamenews Befehl gestellt und personell rasch aufgestockt. Zu Jahresbeginn umfasste sie 84.000 Mann, bis Mitte Mai hatte sich ihre Starke auf 360.000 Mann vervierfacht. Die Gesamtzahl der kampfenden Truppe Koltschaks belief sich zu Beginn seiner Operation auf etwa 100.000 Bewaffnete. Entsprechend erfolgreich zeigte sich die Sommeroffensive der Roten Truppen. Am 1. Juli wurde Perm zuruckerobert, die Sibirische Armee der Weißen trat daraufhin einen ungeordneten Ruckzug nach Osten an. Zwei Wochen spater fiel mit Jekaterinburg das wichtigste Industriezentrum des Urals an die Roten. Am 24. Juli wurde Tscheljabinsk von der Roten 5. Armee erobert. Damit waren Koltschaks Einheiten aus dem Uralgebirge verdrangt worden. Der Verlust dieser Verteidigungslinie erwies sich als Desaster fur die antibolschewistische Bewegung des Admirals. Seine dritte Großformation, die Sudliche Armee unter Below , die im Raum Orenburg stand, wurde dadurch von Sibirien abgeschnitten und musste mangels Nachschub am 14. September 1919 kapitulieren. Doch auch den beiden anderen Armeen erging es nicht besser. Nach den verlustreichen Schlachten im Ural konnte der Vormarsch der bolschewistischen Truppen nicht mehr aufgehalten werden. Bis zum Oktober war die rote Armeegruppe bis auf 200 Kilometer an Koltschaks Regierungssitz Omsk herangeruckt. Die Stadt fiel am 14. November kampflos an die Truppen der Bolschewiki. [26]

Koltschak wurde von der tschechoslowakischen Legion gefangen genommen, unter Sicherheitsgarantien der Roten Armee ausgeliefert und im Februar 1920 in Irkutsk erschossen. [27]

Militarische Grunde fur das Scheitern [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Koltschak vermochte es nicht, die Qualitat seiner Armee auf ein den Roten uberlegenes Niveau zu heben. Er bemangelte selbst die geringe Verbindung zwischen Mannschaften und Offizieren. Zwar verfugte er mit 17.000 Offizieren uber eine beachtliche Anzahl an militarischem Fuhrungspersonal, es waren aber nur 1.000 Offiziere durch eine regulare Kaderausbildung gegangen. Die Mehrheit seiner Truppenfuhrer bestand aus im Weltkrieg in Unteroffiziersrange beforderten Wehrdienstleistenden. Auch die Mannschaften selbst stellten ein Problem dar. Wahrend die Bolschewiki auch aus dem Reservoir der Weltkriegsveteranen schopften und somit bereits ausgebildete Soldaten mit Gefechtserfahrung hatten, war Koltschak gegenuber dieser Bevolkerungsgruppe sehr reserviert. Die weiße Administration zog fast ausschließlich die Jahrgange heran, die nicht im Weltkrieg gedient hatten, da Koltschak die Durchdringung der Veteranen mit revolutionarer Propaganda, noch aus der Zeit des Krieges, furchtete. Die Ausbildung der Eingezogenen war mangelhaft und verlief zu langsam. Als Omsk an die Roten fiel, befanden sich in der Stadt annahernd 30.000 junge Wehrpflichtige, die nie ein militarisches Training erhalten hatten.

Zudem verfugten die Sowjets mit den rund 60 Millionen Menschen Zentralrusslands uber ein großeres Bevolkerungsreservoir als die Weißen mit dem dunn besiedelten Sibirien. Die Territorien, welche von der Weißen Bewegung kontrolliert wurden umfassten knapp unter acht Millionen Einwohner. So hatte die Rote Armee bereits zum Jahreswechsel 1918/19 eine Starke von fast 800.000 Soldaten. Dies ubertraf die Gesamtstarke aller weißen Armeen in Russland bei weitem. Die zahlenmaßige Unterlegenheit fuhrte dazu, dass die weißen Truppen ohne Ruhepause an der Front standen, wahrend die Rote Armee ihre Truppen aus der Kampflinie ziehen konnte, um sie in der Etappe zu regenerieren. Dies erklart den Zusammenbruch der weißen Kampfmoral nach dem Scheitern der Verteidigung des Urals. [28]

Ein weiteres Problem der weißen Truppen war die Versorgung der Truppen mit Munition und Nahrungsmitteln. Weder der Ural noch Sibirien verfugten im Jahr 1919 uber eine intakte Kriegsindustrie und der großte Teil der ehemals zaristischen Waffen- und Munitionsreserven befand sich im nun sowjetischen Zentralrussland. Die weißen Truppen mussten daher auf die Hilfe der Entente, allen voran Großbritanniens zuruckgreifen, die uber den sibirischen Hafen Wladiwostok eintraf. Zwar wurden bis Jahresende auch große Mengen an Material bereitgestellt, darunter eine Million Gewehre, 15.000 Maschinengewehre und 700 Geschutze. Doch der Transport durch ganz Sibirien uber mehrere tausend Kilometer erwies sich als gewaltiger Nachteil. Zur Zeit der Ufa-Offensive und der Kampfe im Ural hatte der Großteil der auslandischen Hilfe die Truppe noch nicht erreicht. Als sie dann verfugbar war, befanden sich die Weißgardisten bereits auf dem Ruckzug. Große Teile des gelieferten Nachschubs fielen auch der Korruption des Regimes zum Opfer und wurden unterschlagen und an Zivilisten verkauft. Dieses Problem wurde auf dem Nahrungssektor noch verscharft, da die weiße Armee fur viele Zivilisten sorgte, die als Familienangehorige von Soldaten und Offizieren Rationen in Anspruch nahmen. So hatten zu Jahresbeginn bei einer Kampfstarke von 100.000 Mann mehr als 800.000 Personen Anspruch auf Versorgung durch die Armee. Die Ressourcen dafur wurden auf Kosten der ortlichen Bevolkerung requiriert, was die Popularitat der Weißen in der Bevolkerung entscheidend minderte. [29]

Politische Grunde fur das Scheitern [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Koltschaks politisches Programm zeichnete sich wahrend seines ganzen Wirkens durch Unbestimmtheit aus. Einerseits lehnte er zwar die Wiedererrichtung der Monarchie ab, allerdings gab er auch keine politische Vision fur die Zukunft Russlands vor. Er betrachtete eine Militardiktatur als optimale Losung fur den Ubergangszustand des Burgerkriegs. Dadurch schreckte er die Schicht der stadtischen Gebildeten ab, die ein Wiedererstehen der russischen Autokratie furchtete. Die linken Intellektuellen hatte er schon durch seinen Putsch gegen die Provisorische Regierung Sibiriens 1918 weitgehend gegen seine Bewegung aufgebracht. Gegenuber den Arbeitern blieb sein Programm vollkommen gleichgultig, was der bolschewistischen Propaganda nur noch mehr Vorschub leistete. Auch die Bauernschaft, der großte Teil der russischen Bevolkerung, konnte er nicht fur sich gewinnen. In den Wirren der Revolution hatte auf dem Land eine ?schwarze Umverteilung“ stattgefunden. Die Bauern hatten sich gewaltsam das Land der Gutsbesitzer angeeignet. Dies war durch Dekrete der Bolschewiki und der Sozialrevolutionare im Nachhinein legalisiert worden. Koltschak nahm zu dieser Frage keine Stellung, und oft fuhrte der Einmarsch seiner Truppen zu einer Wiedererlangung des Großgrundbesitzes durch die Adligen. Durch die Beschlagnahmung von Nahrungsmitteln verspielte die Weiße Armee noch den letzten Kredit, den sie bei den Bauern besessen hatte. Diese politische Selbstisolierung machte einerseits selbst die Truppen fur die rote Propaganda empfanglich, was sich in einer hohen Zahl von Desertionen zeigte. Andererseits verhinderte es, dass die weiße Propagandaarbeit die antibolschewistische Sache zu einer Massenbewegung machen konnte.

Noch großer waren die Folgen der politischen Isolation fur die Administration Koltschaks selbst. Er regierte mit Hilfe eines ?Rates des Obersten Herrschers“ in Omsk, der sich vorwiegend aus Armeeoffizieren und ehemaligen Politikern der Konstitutionellen Demokraten (?Kadetten“) zusammensetzte. Diese liberale Partei war maßgeblich an der Februarrevolution beteiligt gewesen und hatte die Regierung Kerenski unterstutzt. Da die Durchdringung des Landes mit einem Verwaltungsapparat an mangelnder Unterstutzung der Bevolkerung scheiterte, blieb diese Regierung allerdings macht- und einflusslos. [30] Der weiße General Alexei Budberg fasste die Situation des Rates wie folgt zusammen: ?Das Regime war nur eine Hulse ohne Inhalt. Die Ministerien konnen mit riesigen, eindrucksvollen Windmuhlen verglichen werden. Sie drehen geschaftig ihre Segel, aber ohne Muhlsteine und mit einer großtenteils kaputten oder fehlenden Maschinerie.“ [31]

1919 ? Die weiße Bewegung im europaischen Russland [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Offensive Denikins [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weitester Vorstoß Denikins und Positionen Koltschaks 1919

Die Situation der weißen Bewegung in Sudrussland war Anfang 1919 ambivalent. Abgeschnitten von ihrem nominellen Oberhaupt Koltschak verfolgten die sudlichen Einheiten der Weißen eine vollkommen eigene militarische Strategie. Die Freiwilligenarmee hatte im Kaukasus einen durchschlagenden Erfolg erzielt. Die unter dem Kommando des Kosakenfuhrers Pjotr Krasnow stehende Donarmee stand jedoch nordlich von Rostow in einem Abnutzungskampf mit der roten Sudlichen Armeegruppe unter General Wladimir Gittis . Die 117.000 Rotarmisten waren den 38.000 Mann der Don-Armee kraftemaßig weit uberlegen. Den Mangel an Ausbildung und Disziplin versuchte die rote Militarfuhrung durch Aktionen der Tscheka und der Militartribunale auszugleichen. So wurden allein in einer Armee wahrend der Kampfe 2.000 Todesurteile ausgesprochen, von denen 150 vollstreckt wurden. Bis zum Februar 1919 war die Kosakenarmee infolge der Uberlegenheit ihrer Gegner auf 15.000 Bewaffnete zusammengeschmolzen. Damit war Krasnows politisches Schicksal besiegelt. Auf Druck der eigenen Leute trat er am 15. Februar von allen Posten zuruck. Er wurde durch Bogajewski ersetzt, einen Kosakenfuhrer mit engen Beziehungen zu General Anton Denikin . Der neue Chef der Don-Armee erkannte den militarischen wie politischen Oberbefehl des weißen Generals uber die Kosaken auch an. Der Abtritt Krasnows war außenpolitisch von Vorteil fur Denikin. Krasnow hatte vor dem Ende des Weltkriegs versucht, seiner Bewegung Hilfe aus dem Deutschen Reich zu verschaffen und hatte sogar versucht, diplomatische Beziehungen zu Wilhelm II. aufzunehmen. Dies hatte ihn in den Augen Großbritanniens desavouiert und somit Denikins Position noch mehr gestarkt. [32]

Als nun unumstrittener Anfuhrer der Weißen in der Don-Region fasste Anton Denikin sowohl die Kosaken wie auch seine eigenen Soldaten in den Streitkraften Sudrusslands zusammen und wies die Freiwilligenarmee an, der bedrangten Don-Armee Hilfe zu leisten. Die siegreiche Formation wurde daraufhin aus dem Kaukasus per Eisenbahn in das Donezkbecken verlegt und deckte nun die westliche Flanke der angeschlagenen Don-Armee. Das Krafteverhaltnis zwischen Roten und Weißen hatte sich allerdings nochmals verscharft. Beide weiße Armeen verfugten uber etwa 50.000 Soldaten. Die kommunistische Sudliche Armeegruppe war bis Anfang Marz auf uber 200.000 Mann gebracht worden. Bis zum Mai war die Freiwilligenarmee unter dem General Wladimir Mai-Majewski auch durch die Roten in die Defensive gedrangt worden. Dieser General vermochte aber die zahlenmaßige Unterlegenheit durch die Zuhilfenahme des dichten Eisenbahnnetzes des Donez-Industriegebiets auszugleichen. Seine Truppen pendelten zwischen gut vorbereiteten Verteidigungsstellungen und schlugen die roten Angriffe bis zum Mai zuruck. Im Juni ging die Freiwilligenarmee zum Gegenangriff uber und konnte sich gegen die geschwachte 2. Ukrainische Armee und die 13. Armee der Bolschewiki durchsetzen. Die beiden Armeen wurden in einen ungeordneten Ruckzug getrieben, und schon Ende Juni besetzten die weißen Truppen das Zentrum des russischen Teils der Ukraine, Charkow. [33]

Anton Denikin (1. Reihe, 3. v. l.) in Charkow nach der Eroberung der Stadt. Juni 1919

Im Osten der Freiwilligenarmee wurde die angeschlagene Don-Armee mit Truppen Denikins verstarkt. Das Kommando ubernahm der weiße General Pjotr Wrangel , der schon in der Kaukasuskampagne siegreich eine Kavalleriedivision befehligt hatte. Wrangel gelang es, seine Truppen gegenuber den Angriffen der 10. Armee der Roten unter Alexander Jegorow zu konsolidieren. Im Mai 1919 griff er durch geschickten Einsatz seiner Kavallerie die gegnerische Armee uberraschend an ihren Flanken an. Dadurch wurden die Bolschewiki in die Defensive gedrangt, und auch hier loste sich der Zusammenhalt der roten Truppen auf. Wrangel verstarkte die Offensive und eroberte am 30. Juni 1919 das ?Rote Verdun“ Zarizyn . Mit dem Vormarsch der Don-Armee, die wenige Monate zuvor vor einer militarischen Katastrophe gestanden hatte, hatten die Bolschewiki vollkommen die Initiative an ihrer Sudfront verloren, und Denikin bereitete sich auf großere Unternehmungen vor.

Der Zusammenbruch der roten Sudfront war, vor allem nach den Krafteverhaltnissen zu urteilen, außergewohnlich. Er kam auch fur das sowjetische Oberkommando unter Trotzki uberraschend. Ein Faktor fur die Niederlage war, dass alle drei Armeen der Roten vor unsicherem Hinterland kampften. Im Rucken der 2. Ukrainischen Armee und der 13. Armee sorgte der Anarchistenfuhrer Nestor Machno fur Unsicherheit. Er war im Jahr 1918 mit der Zentralregierung Lenins verbundet und sollte fur sie einen Puffer zur Ukraine schaffen, doch er hatte sich zum Jahreswechsel gegen seine einstigen Verbundeten erhoben. Die 8. Armee ging auf dem Gebiet des Territoriums der Donkosaken vor. Noch Anfang Marz waren diese durch die Abnutzungsschlacht demoralisiert und kriegsmude, was es Krasnow schwer machte, neue Reserven zu mobilisieren. Doch mit dem Einmarsch der Roten Armee erhoben sie sich erneut. Das Zentralkomitee der kommunistischen Partei als hochstes Parteiorgan hatte noch im Februar verlangt, dass gegen die Kosaken mit aller Harte durchgegriffen werden solle. Ebenso beschloss die Regierung am 24. Januar 1919 ein ? Entkosakisierungsprogramm “; durch das die nichtkosakische Bevolkerung der Region zur politischen Macht gelangen und die ehemaligen, bis dahin privilegierten und steuerbefreiten Wehrbauern als eigenstandige Schicht ausgeloscht werden sollten. Unter anderem verbot man das traditionelle Kosakengewand und setzte ortliche Komitees ein, die diese Politik uberwachen sollten. Dies gipfelte in Terror und Schauprozessen gegenuber wirklichen und vermuteten Gegnern des Regimes. Anstatt die Kosaken also ins politische System zu integrieren, gab man ihnen zahlreiche Grunde, sich erneut gegen die Sowjetmacht zu wenden. [34]

Doch die Rote Armee selbst war nur bedingt einsatzfahig. Die Reformen Trotzkis steckten noch in den Anfangen. Der Oberkommandeur der Roten Armee richtete ein System ein, das auf ehemalige Offiziere der Zarenarmee zuruckgriff, die von Politkommissaren uberwacht wurden. Ihre Loyalitat wurde auch durch die von Trotzki angeordnete Sippenhaftung im Falle des Uberlaufens gesichert. Bis zum Ende des Burgerkriegs wuchs ihre Zahl in den Reihen der Roten Armee auf rund 75.000 an. Dieses System war Mitte 1919 noch nicht eingespielt. Man war nicht in der Lage, die bauerlichen Rekruten, die nunmehr eingezogen wurden, an die Roten Streitkrafte zu binden. Dies außerte sich unter anderem in einer hohen Rate von Desertionen. Ebenso gab es trotz der Zwangsrekrutierung ehemaliger Truppenfuhrer des Weltkriegs einen großen Mangel an ausgebildetem Personal, und die Rote Armee griff oft weiterhin auf Unteroffiziere der radikalisierten Soldatenmassen von damals zuruck, was sich in großen organisatorischen Problemen außerte. Die Fuhrung der Roten Armee reagierte auf die geringere Kampfkraft ihrer Truppen gegenuber den Weißen mit Terror. Im August 1919 schuf Trotzki spezielle Sperrabteilungen, die hinter der Front Deserteure jagen sollten. Es sind Falle uberliefert, bei denen Reserveeinheiten befohlen wurde, auf ihre zuruckweichenden Kameraden zu schießen. Nach Aussage des ehemaligen Oberkommandeurs der Roten Armee Jukums V?cietis waren diese Maßnahmen eher kontraproduktiv: ?Die auf strengen Bestrafungen basierende Disziplin, die in unserer Roten Armee durchgesetzt wurde und wird, hat nur zu Furcht und zur mechanischen Ausfuhrung von Befehlen ohne Inspiration und Pflichtbewusstsein gefuhrt.“ [35]

Judenitsch-Offensive [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wahrend Denikins Truppen große Teile der Roten Armee im Suden banden, erwuchs dem kommunistischen Regime an der nordwestlichen Grenze des ehemaligen Reichs eine neue Gefahr. Unter der Protektion der deutschen Besatzer hatten sich im russisch-estnischen Grenzgebiet bereits 1918 weiße Militareinheiten formiert. Mit der Revolution in Deutschland ubernahmen die Roten wieder das Territorium und die Weißen zogen sich nach Estland zuruck. In diesem Staat, der seine neugewonnene Eigenstaatlichkeit durch den Kommunismus bedroht sah, ?uberwinterte“ die weiße Nordwest-Armee. Im Mai 1919 uberschritt sie mit 6.000 Soldaten unter General Judenitsch die Grenze. Ihr gelang es binnen weniger Wochen, ein 18.000 km² großes Territorium um die Stadt Pskow zu besetzen. Ende September erneuerte die weiße Armee ihre Offensive in Stoßrichtung Petrograd. Bis zum 21. Oktober 1919 waren Judenitschs Soldaten bis auf 30 Kilometer an die ehemalige Hauptstadt Russlands herangeruckt. [36]

Angesichts der Bedrohung und der okonomischen und propagandistischen Bedeutung der Stadt zog die Sowjetregierung Truppen aus der Front gegen Denikin ab. Kurz nachdem Leo Trotzki den Befehl uber die Verteidigung der Stadt ubernommen hatte, waren die beiden Roten Armeen im Raum Petrograd auf uber 70.000 Soldaten angewachsen. Die Nordwest-Armee war zwar mittlerweile auf rund 15.000 Mann verstarkt worden, doch waren ihre Ressourcen beschrankt. Der Hauptteil der personellen Verstarkungen bestand aus desertierten Rotarmisten, war wenig motiviert und wenig zuverlassig. Da Judenitsch, wie seine damaligen weißen Kampfgenossen, kein politisches Programm vorstellte, blieb auch die Unterstutzung der Bevolkerung der eroberten Gebiete gering. Die materielle Lage war noch hoffnungsloser. Die Nachschubsituation war schlecht, da zu den estnischen Versorgungsbasen der Weißen kaum leistungsfahige Eisenbahnverbindungen bestanden. Generell war die Armee schlecht bewaffnet, so hatte sie den 581 Geschutzen der Roten nur 44 Stuck entgegenzusetzen. Bereits im November standen die Weißgardisten wieder an der estnischen Grenze. Die Regierung des baltischen Landes erlaubte ihnen die rettende Einreise, entwaffnete und internierte die Russen jedoch bereits Tage nach ihrer Ankunft. Somit hatte die sowjetische Regierung Reserven fur den Kampf gegen Denikin zur Verfugung, und Estland schloss im Dezember 1919 als erster Nachbarstaat Russlands einen Waffenstillstand mit den Bolschewiki. [36]

Denikins Marsch auf Moskau [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Denikins Offensive auf Moskau im Sommer 1919

Nach den uberraschenden Gewinnen des Fruhsommers 1919 setzte Denikin im Juli die Strategie seiner Verbande fest. Er plante, seine drei Hauptgruppen ? die Kaukasus-Armee unter Wrangel im Osten, die Don-Armee unter Sidorin im Zentrum und die Kiewer Armee Dragomirows in der Ostukraine ? in einer keilformigen Bewegung auf die Hauptstadt Moskau marschieren zu lassen. Der Hauptstoß sollte im Zentrum erfolgen, hier sollte die Freiwilligenarmee unter Wladimir Mai-Majewski die Speerspitze des Angriffs bilden. [37]

Im August kam es zum 9.000 Mann umfassenden Vorstoß des Mamontow-Korps der die Nachschublinien der Roten Armee nachhaltig storte. Dabei erlangten die Kosakentruppen des Korps kurzzeitig die Kontrolle uber Tambow und besetzten kurzzeitig Woronesch , bevor sie sich wieder an den Don zuruckzogen. Dabei verubten die Soldaten des Korps zahlreiche Racheakte gegen tatsachliche und vermeintliche Unterstutzer der Bolschewiki und Plunderungen der Zivilbevolkerung. [38]

Der Freiwilligenarmee, die als Eliteverband der Weißen angesehen werden muss, gelang im Herbst bei der folgenden Kromy-Orjoler Operation greifbare Erfolge. Am 20. September eroberte sie Kursk, die beiden ortlichen Roten Divisionen losten sich fast vollstandig auf. Am 14. Oktober marschierte die Freiwilligenarmee in Orjol ein und befand sich nun 400 km sudlich von Moskau. Auch Dragomirows Truppen gelang mit der Eroberung von Tschernigow ein Erfolg, der die Ukraine noch weiter dem Einfluss der Sowjets entzog. Mit dem Verlust von Orjol machte sich zeitweilig Panik im Roten Oberkommando breit, doch es gelang ihm schließlich wiederum, offensiv zu werden.

Gleichzeitig verschafften sich die Bolschewiki durch Verhandlungen eine Atempause an der polnisch-sowjetischen Front . Es gelang durch großzugige Territorialversprechungen im September mit Polen einen Waffenstillstand auszuhandeln. Die polnische Armee war bislang erfolgreich in Belarus vorgeruckt. Dem Waffenstillstand lagen auf polnischer Seite politische Uberlegungen zugrunde. Das Prinzip eines ?einigen und unteilbaren Russlands“ der Weißen Bewegung, stand den eigenen geopolitischen Zielen des Mi?dzymorze entgegen. Entsprechend kritisch sah Jozef Piłsudski den erfolgreichen Vormarsch der Sudrussischen Streitkrafte. Der Waffenstillstand erlaubte der Roten Armee großere Truppenverlegungen. Zehntausende Rotarmisten konnten in Folge nach Moskau verlegt werden. [39]

Niederlage Denikins [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einmarsch der Roten Armee in Orjol

Im September hatte das Oberkommando der Roten Armee begonnen, eine Stoßgruppe aus loyalen Kosaken, Kavallerie und der Lettischen Schutzendivision zu bilden. Diese Einheit schaffte es, Orjol, sechs Tage nachdem es an die Weißen gefallen war, wieder einzunehmen. Damit ware ein fragiles Patt erreicht gewesen, hatte nicht eigenmachtiges Handeln des roten Kavalleriekommandeurs Budjonny die Lage entscheidend verandert. Er stand mit der 1. Roten Reiterarmee ostlich des Keils, den die Weißen bildeten. Seinen Befehlen nach sollte er ostlich gegen die Kaukasus-Armee Wrangels vorgehen, doch er entschied sich, westlich Sidorins Truppen anzugreifen. Am 24. Oktober nahmen seine Reitertruppen Woronesch ein. Durch den Verlust dieses Eisenbahnknotenpunkts war die ?Freiwilligenarmee“ als Speerspitze der Weißen vom Nachschub abgeschnitten und trat den Ruckzug an. Denikin hatte die Initiative verloren, und seine Offensive war somit gescheitert. Er konnte den Ruckzug seiner Armee, deren Moral zusammengebrochen war, nachdem Moskau unerreichbar wurde, auch nicht mehr stoppen. Am 13. Dezember 1919 eroberten die roten Truppen Kiew zuruck; bis Anfang Januar verlor Denikin das Territorium des Don-Gebiets . Rostow , die Hauptstadt des Kosakenterritoriums, fiel am 7. Januar 1920. Seine letzten Truppen zogen sich fluchtartig in das Kubangebiet zuruck. 37.000 Mann wurden auf englischen Schiffen von Noworossijsk auf die Krim evakuiert. 60.000 blieben zuruck und gingen in Gefangenschaft. Denikin selbst wurde ebenfalls evakuiert, doch angesichts seiner Niederlage hatte er jede Legitimitat als Anfuhrer der weißen Bewegung verloren. Er verließ Russland im April 1920 und starb 1947 im amerikanischen Exil. Denikins Offensive war der Punkt des Burgerkrieges, an dem die Rote Zentralmacht am meisten gefahrdet war. Mit seiner Niederlage war allerdings die letzte Moglichkeit der Weißen, den Widerstand gegen die Bolschewiki in das russische Kernland zu tragen, vertan. [40]

Die Grunde fur das Scheitern der Weißen Offensive lagen sowohl im militarischen wie auch im politischen Bereich. Denikins Truppen kampften an einer fast 1.000 Kilometer langen Front zu jeder Zeit gegen zahlenmaßig uberlegene Krafte. Er hatte hochstens 99.000 Soldaten zur Verfugung. Demgegenuber standen 150.000 Rotarmisten an der Front, und uber 677.000 Mann als Reserven. Als Oberbefehlshaber war er sich dieser Faktoren sicher bewusst, seine Planung stutzte sich auf die Annahme, breite Unterstutzung aus der Bevolkerung zu bekommen. Denikin hoffte, mit seinem Vormarsch einen Aufstand gegen die kommunistische Herrschaft auszulosen. So schlecht die Situation im sowjetischen Territorium auch war, Denikin konnte die Bevolkerung nicht auf seine Seite ziehen. Ein Faktor, der die weiße Bewegung aus der Sicht der Bauern desavouierte, war die Versorgungspraxis der Armee. Denikin hatte nicht die Ressourcen und Logistik, seine Soldaten uber Hunderte von Kilometern aus seinen Nachschubbasen am sudlichen Don zu versorgen. Als Reaktion darauf erlaubte er den Truppen die ?Selbstversorgung“ ? also Zwangsrequirierung ? von Nahrungsmitteln und anderen Gutern. Dies artete zu regelrechten Plunderungen aus. Wrangel beschwerte sich in einem Brief bei Denikin, worin nun noch der Unterschied zwischen den Weißen und den Bolschewiki liege, die seit 1918 im großen Stil und unter Strafandrohung zur Versorgung der Stadte Nahrung konfiszierten. Der Feldgeistliche Georgi Schawelski außerte sich folgendermaßen uber die Ubergriffe der ?Freiwilligenarmee“: ?Raub, Spekulation, Frechheit und Schamlosigkeit zersetzen den Geist der Armee. Eine rauberische Armee ist keine Armee, sie ist eine Bande.“ [41] Infolgedessen hatte Denikin ab Januar 1920 noch mit den ?Grunen“ zu kampfen. Dies waren kleine Einheiten aus Bauern und Deserteuren, die das Hinterland der bereits in Auflosung befindlichen weißen Armee unsicher machten.

Generell machte Denikin denselben Fehler wie sein nominell ubergeordneter Befehlshaber Koltschak. Er stieß weder Reformen an, noch stellte er ein detailliertes politisches Programm auf. Im Gegensatz zu den Bolschewiki formulierte er nicht einmal eine Vision, die seine Bewegung auf eine breite emotionale Basis hatte stellen konnen. Er versuchte, die von ihm kontrollierten Gebiete ? auf dem Hohepunkt des Vormarsches umfassten sie 42 Millionen Menschen ? mit einer Militardiktatur als ?Ubergangslosung“ zu regieren. Doch selbst dieser bescheidene Anspruch schlug fehl. Durch Plunderungen, den Mangel an politischem Programm und die diktatorische Regierungsstruktur entfremdeten die weißen Generale die gebildete Schicht der Stadte von ihrer Bewegung. Infolgedessen waren sie selbst personell nicht in der Lage, einen tragfahigen Verwaltungsapparat aufzubauen, da ihnen die Intelligenzija die Zusammenarbeit verweigerte. Die Administration der Antikommunisten blieb auch in Sudrussland ineffizient und ohne breite Unterstutzung. Dadurch verstarkten sich naturlich die Versorgungsprobleme der Truppen an der Front noch mehr, und die Plunderungen nahmen weiter uberhand.

Folgen fur Transkaukasien [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kaspisches Meer um 1907. Ausschnitt aus Karte Europaisches Russland, Meyers Großes Konversations-Lexikon, Bad. 17, LeipzigWien 1907, nach S. 288

Die Region Transkaukasien war durch die Weißen Truppen in Sudrussland dem Einfluss der sowjetischen Regierung entzogen, da die Rebellen die Verkehrsverbindungen großtenteils blockieren konnten. 1918 erklarten sich die Armenier , Aserbaidschaner und Georgier vom Rumpfstaat unabhangig. Sie gingen zunachst als Transkaukasische Demokratisch-Foderative Republik eine kurzlebige Foderation ein, die allerdings bald an internen Streitigkeiten zerbrach. Im Mai 1918 wurden die drei Staaten Demokratische Republik Armenien , Demokratische Republik Aserbaidschan und Demokratische Republik Georgien unabhangig. In Georgien bestand die Regierung aus Menschewiki , Armenien und Aserbaidschan wurden von nationalistischen Parteien regiert. Den Bolschewiki gelang es nur im Mai 1918, im aserbaidschanischen Olzentrum Baku Fuß zu fassen. Die kommunistischen Politiker wurden aber im September auf Beschluss der englischen Militarmission und der sozialrevolutionaren Regierung erschossen. Die Toten von Baku (darunter auch Linke Sozialrevolutionare und Daschnaken ) wurden im Folgenden als die ?26 Kommissare“ in der Sowjetunion verehrt. Die drei jungen Staaten konnten ihre Differenzen nicht uberwinden und verwickelten sich in Streitigkeiten. Armenien und Aserbaidschan lieferten sich sogar einen Grenzkrieg. Der Einfluss der Turkei, die ebenfalls Gebietsstreitigkeiten mit Armenien hatte, machte die Situation noch komplizierter. [42]

Eine Allianz mit der weißen Bewegung kam fur die transkaukasischen Staaten auch nicht in Frage, da diese Russland in seinen alten Grenzen wiederherstellen wollten. Alle drei Republiken wurden aber vom westlichen Ausland anerkannt. Zu einer substantiellen Einmischung der Entente-Machte fuhrte dies allerdings nicht. Die Briten unterhielten mit der so genannten Dunsterforce eine kleine Garnison im olreichen Aserbaidschan und grundeten in Petrowsk (heute Machatschkala ) eine Flugstation fur die No. 266 Squadron RAF der Royal Air Force . In Baku wurde außerdem die British Caspian Flotilla der Royal Navy aufgestellt, die vor allem die britisch-weißrussische Seeherrschaft auf dem Kaspischen Meer sichern sollte, um den Bolschewiki den Erdolnachschub aus Baku abzuschneiden. In diesem Kontext fand am 21. Mai 1919 das Seegefecht von Fort Alexandrowsk statt, bei dem die britische Flottille den Versuch der Kaspi-Flottille der Roten Arbeiter- und Bauernflotte verhinderte, nach Petrowsk und Baku vorzustoßen. Die britischen See-, Luft- und Landstreitkrafte zogen jedoch vor dem Einmarsch der roten Truppen in den Kaukasus ab. Die Eroberung durch die Rote Armee erfolgte kurz nachdem die Verkehrswege nach der Niederlage Denikins freigeworden waren. Am 28. April 1920 eroberten die Roten Baku und riefen die Aserbaidschanische Sozialistische Sowjetrepublik aus.

Im September 1920 marschierten turkische Truppen in Armenien ein. Die ins Chaos gesturzte Regierung bat die Bolschewiki um Hilfe, und im November wurde die Armenische SSR ausgerufen. Auf den großten Widerstand stieß die Sowjetisierung in Georgien. Die sowjetische Regierung hatte 1920 einen Nichteinmischungspakt mit dem Land vereinbart. Im Februar 1921 marschierte allerdings die Rote Armee in Georgien ein. Nach einer wochenlangen Schlacht um die Hauptstadt Tiflis wurde auch in diesem Land eine Sowjetrepublik errichtet. Die sowjetische Nationalitatenpolitik versprach den Volkern des Transkaukasus weitgehende kulturelle Eigenstandigkeit, allerdings zum Preis des Verlusts der politischen Selbststandigkeit. In den zwanziger Jahren kam es in allen drei Landern zu Aufstanden gegenuber der sowjetischen Herrschaft, die nur durch die Rote Armee unterdruckt werden konnten. [42]

1920 ? Die Weiße Armee auf der Krim [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Lage der roten Truppen zu Beginn der Operation (Stand: 5. November 1920) und Schema des Operationsplans zur Erzwingung der Landenge der Krim gemaß dem Befehl Nr. 0011 vom 5. November 1920.

Nach der Niederlage am Don und in Sibirien erwies sich die Halbinsel Krim als letzte Basis der weißen Bewegung. Dort formte General Wrangel aus dem Kern der aus Noworossijsk evakuierten Truppen die Russische Armee mit 37.000 Soldaten. Der Polnisch-Sowjetische Krieg verschaffte Wrangel in der strategisch gunstigen Lage der Halbinsel Zeit, seine Verbande bis April 1920 neu zu formieren. Bereits im Juni starteten seine Streitkrafte die erste Offensive mit einem Ausbruch aus der Landenge von Perekop nach Norden. Die ortliche sowjetische Verteidigung brach zusammen, und Ende Juni wurde ein rotes Kavalleriekorps, das zum Gegenangriff angetreten war, eingekreist und fast vollstandig aufgerieben. Als die Rote 13. Armee endlich reagierte, waren Wrangels Truppen bereits bis an den Dnjepr herangeruckt. Beim Gegenangriff der Bolschewiki gelang es den Rotarmisten zwar, einen Bruckenkopf nordlich von Perekop zu halten und somit die Verbindung der vorstoßenden Weißen zur Krim einzuengen, dies hinderte Wrangels Truppen jedoch nicht, im Laufe des Sommers Mariupol und Alexandrowsk an den Ufern des Asowschen Meeres einzunehmen. Wrangel war sich aber sehr wohl bewusst, dass diese begrenzten Erfolge in der Peripherie des Reiches nur zweifelhaften Wert hatten. Seine im Herbst gestartete Offensive in die Kubanregion schlug fehl. Der Versuch, zu den ehemals weißen Kosakengebieten durchzubrechen, war damit gescheitert. Mit der Uberquerung des Dnjepr in Richtung Westen durch die ehemalige Freiwilligenarmee (jetzt das I. Korps der neuen Russischen Armee) unter Kutepow versuchte Wrangel im Oktober die Initiative zu behalten. Nach einer Woche mussten sich seine Soldaten aber wieder ostlich uber den Fluss zuruckziehen.

Am 12. Oktober 1920 schloss Polen mit dem Sowjetstaat einen Waffenstillstand, der nun Truppen zum Kampf gegen Wrangel freimachte. Unter Michail Frunse wurde eine neue Sudliche Armeegruppe aufgestellt. Bis Ende Oktober konnten die Roten sechs Armeen mit 133.000 Mann zusammenziehen. Diese zahlenmaßige Uberlegenheit von vier zu eins konnte Frunse ausnutzen. Die Hauptlast der Kampfe trugen die ukrainischen Partisanen von Nestor Machno , die vorher gegen Weiße wie Rote gekampft hatten. Frunse trieb die Weißen Truppen von seinen Stellungen am westlichen Ufer des Dnjepr immer weiter auf die Krim zuruck. Dabei verloren die Weißen mit mehr als 20.000 Soldaten den Großteil ihrer Armee. General Wrangel hatte allerdings die Aussichtslosigkeit der Lage erkannt und eine Evakuierung vorbereitet. Bis zum 16. November wurden 146.000 Menschen, mehrheitlich Zivilisten, mit Schiffen der ehemals zaristischen Schwarzmeerflotte vor den heranruckenden Roten Richtung Turkei in Sicherheit gebracht. [43]

Evakuierung weißer Truppen ins Ausland 1920

Bemerkenswert an Wrangels kurzer Aktivitat als Fuhrer der weißen Bewegung war seine Flexibilitat. Wahrend seine Vorganger Koltschak und Denikin an ihrer politischen Apathie scheiterten, fuhrte Wrangel auf der Krim eine Bodenreform durch. Er enteignete die Großgrundbesitzer unter Gewahrung von Entschadigungen. Ebenso strebte er Bundnisse mit allen politischen Parteien an, er versuchte sogar den Anarchisten Nestor Machno fur einen antikommunistischen Feldzug zu gewinnen. Wrangel hielt zwar an der Militardiktatur fest, doch versuchte er, auch die stadtische Intelligenzija in sein System einzubinden. Seine Zugestandnisse sorgten fur ein sicheres Hinterland seiner Front, ein Vorteil, den kein weißer General vor ihm genossen hatte. Wrangel fasste seinen Strategiewechsel offentlich wie folgt zusammen: ?Nicht mit einem Triumphmarsch von der Krim nach Moskau kann Rußland befreit werden, sondern nur durch die Schaffung einer Regierung ? auf einem wie kleinen Stuckchen russischen Bodens auch immer ? mit solchen Lebensbedingungen, daß das russische Volk, das jetzt unter dem roten Joch achzt, unweigerlich seiner Anziehungskraft nachgeben wird“. [44]

Wrangels Position hatte gegenuber anderen weißen Bewegungen den Vorteil eines sicheren Hinterlandes. Die Krimtataren, welche rund 1/4 der Bevolkerung stellten standen dem Kommunismus feindlich gegenuber. Im April 1918 loste das Nahen der deutschen Truppen im Rahmen des Unternehmens Faustschlag einen Aufstand der Krimtataren gegen die Sowjetherrschaft aus, bei dem der ortliche Rat der Volkskommissare ermordet wurde. Als eine der produktivsten Agrarregionen des Landes erlaubte sie auch eine gute Versorgung der Truppen und Bevolkerung. Die Halbinsel selbst bot mit der Landenge von Perekop eine gunstige Verteidigungsposition. [45] Wrangels Krafte waren aber bereits zu gering, um sich militarisch gegen die Rote Armee zu behaupten. Einen generellen Aufstand zugunsten der weißen Bewegung konnte sein politisches Programm auch nicht entfalten. Es stellte diejenigen zufrieden, die unter weißer Herrschaft lebten. Doch seine Maßnahmen, vor allem in der Landfrage, waren effektiv schon Jahre zuvor von den Kommunisten uberholt worden. Effektiv erntete er unter der bauerlichen Bevolkerung Indifferenz. In den frontnahen Gebieten, wo der Bevolkerung zur Kriegsfuhrung Requisitionen und Arbeitsleistung abverlangt wurden, schlug die Stimmung alsbald dann doch in Feindseligkeit um. Hierzu trug der Umgang der Offiziere mit der Bevolkerung bei, die keine Verbindung zur Krim und ihren Bewohnern hatten und in deren Augen wie Besatzer agierten. [46]

Wrangels politischer Spielraum wurde noch durch die Briten eingeschrankt. Nach der Niederlage Denikins war die britische Regierung uberzeugt, dass die Roten den Burgerkrieg fur sich entscheiden wurden. Sie entzogen daraufhin der Weißen Armee ihre Unterstutzung, rieten Wrangel von einer Offensive ab und versuchten schon wahrend des Burgerkriegs, diplomatische Beziehungen zur neuen Regierung im Kreml aufzunehmen. [47]

Innenpolitik der Bolschewiki [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Innenpolitik der kommunistischen Fuhrung wahrend des Burgerkriegs wurde im Nachhinein von der offiziellen Parteilinie als Kriegskommunismus bezeichnet. Lenin selbst verwendete den Begriff erst 1921 im Zuge der NEP . Der allgemeine Kurs der Politik des jungen Sowjetstaates wurde schon vor der akuten Phase des Burgerkriegs eingeschlagen. Das Grundproblem der russischen Wirtschaft war der Zusammenbruch der Nahrungsmittelverteilung innerhalb des Landes. Das Handelssystem selbst war zusammengebrochen und es standen zu wenig industrielle Guter bereit, um die Bauern zum Verkauf ihrer Uberschusse zu motivieren. Bereits im Mai 1918 verkundete die Regierung die Einfuhrung einer ?Nahrungsdiktatur“. Diese radikale Politik umfasste das vollkommene Verbot des Privathandels im Agrarbereich und ein System festgeschriebener Preise. Das Hauptwerkzeug der Politik bestand allerdings in der oft gewaltsamen Zwangseinziehung bauerlicher Erzeugnisse ohne Gegenleistung. Durch dieses System konnten in den ersten beiden Burgerkriegsjahren pro Jahr maximal ein Drittel der Vorkriegsmenge an Getreide in die Stadte verbracht werden. Die Maßnahme hatte eine Mangelsituation auf dem Land wie im urbanen Bereich zur Folge. Als einziger Ausgleichsmechanismus in diesem Missverhaltnis erwies sich der Schwarzmarkt, der quantitativ wohl mehr Transfer zwischen Stadt und Land zu Wege brachte als die offiziellen Bemuhungen der Regierung. Nach zwei Jahren der Beschlagnahmungen ohne Gegenleistung reduzierten auch viele Bauern ihre Anbauflachen. Dieses Problem wurde im November 1920 in gleicher Weise angegangen, man richtete einfach Parteikomitees ein, welche die Bauern zu einer maximalen Aussaat und damit zur Uberschussproduktion zwingen sollten. Diese Methoden stießen von Anfang an auf Widerstand seitens der Bauern. Insgesamt wurden von 1918 bis einschließlich 1920 rund 15.000 Mitglieder der Beschaffungsbrigaden durch revoltierende Bauern umgebracht. [48] Wahrend und nach dem Krieg folgte dieser Politik des Zwanges eine katastrophale Hungersnot . Diese Hungersnot war so gravierend, dass es in einigen Regionen Russlands sogar zu Kannibalismus kam. 1921 litten rund ein Viertel der russischen Bauern Hunger. Die am schwersten betroffenen Gebiete waren die Wolgaregion, Kasachstan, die Sudukraine, Westsibirien und der Don. [49]

Auch auf kulturellem Sektor wandte die Sowjetregierung zunehmend Zwang an. Bereits im Februar 1919 hatte die Fuhrung durch die Schaffung von Bildungseinrichtungen nur fur Arbeiter und Bauern den Versuch gestartet, sich eine loyale Elite heranzuziehen, welche die burgerliche Bildungselite verdrangen sollte. Des Weiteren wurden ab Dezember 1919 fur alle Analphabeten verpflichtende Kurse im Schreiben und Lesen eingefuhrt. Noch im selben Monat wurde der erste Angriff auf die Orthodoxe Kirche gefuhrt. Agitation gegen den Klerus gehorte schon vor der Revolution zum Programm der Bolschewiki. Nach der Machtergreifung kam es auch zu Ubergriffen gegen kirchliches Eigentum und Priester. Der erste Versuch, das Christentum in Russland mittels administrativer Maßnahmen zuruckzudrangen war das Verbot, religiose Gemeinschaften durch Spenden zu finanzieren. Sie wurden damit von ihrer primaren Geldquelle abgeschnitten. Weitere Eskalationsschritte dieser Politik fanden jedoch erst nach dem Burgerkrieg statt. [48]

Dieselbe Gangart betrieben die Bolschewiki in der Industrie. Per Dekret wurden im Juni 1918 samtliche großeren Betriebe verstaatlicht. Zunachst wurden Fabriken unter die Aufsicht gewahlter Arbeiter gestellt. Dieses Vorgehen erwies sich oft als ineffizient und wurde vor Jahresbeginn 1919 großtenteils aufgegeben. Die staatlichen Zwangsmaßnahmen konnten den Niedergang der Industrie nicht aufhalten. 1920 wurde der Druck noch verstarkt, als selbst Kleinstunternehmen verstaatlicht wurden und eine allgemeine Militarisierung der Arbeit verlautbart wurde. Dies brachte die Einschrankung grundlegendster Freiheiten der Bevolkerung mit sich. Es herrschte staatlicher Arbeitszwang. Versaumnisse in Ausubung des Berufes konnten nach dem Kriegsrecht abgeurteilt werden. Die Radikalitat ihrer Aktionen erwies sich als politischer Gewinn fur die Bolschewiki, da sie mit der Enteignung der alten Elite das Wohlwollen der weniger wohlhabenden Gesellschaftsschichten fanden. Okonomisch jedoch brachten die Maßnahmen keine Erfolge, sondern verstarkten die Krise. Nach dem Sieg der Roten im Burgerkrieg war die russische Wirtschaft auf einen Bruchteil der Vorkriegsleistung zusammengeschrumpft. Das durch die Enteignungen erzielte politische Kapital wurde im Laufe des Krieges durch die Burokratisierung der Partei und des Staats wieder verspielt. 1921 war die Staatsburokratie bereits auf das Zehnfache des Personalstands der zaristischen Verwaltung von 1917 angewachsen. Samtliche Streikresolutionen wahrend des Krieges klagen ortliche Parteimitglieder, die fast alle Verwaltungsstellen innehatten, an, sich auf Kosten der Arbeiter zu bereichern. [48]

Russ. Produktionsziffern
in Mio. Tonnen, Quelle: [50]
1913 1921 Prozentual
Kohle 29,0 8,9 ?64 %
Stahl 4,3 0,2 ?95 %
Eisenbahnfracht 132,4 39,4 ?70 %
Getreide 80,1 37,6 ?53 %

Auf politischem Gebiet zeichnete sich eine radikale Entwicklung sogar noch fruher ab. Der Geheimdienst Tscheka wurde bereits im Dezember 1917 gegrundet. Unter ihrem Grunder Felix Dserschinski erhielt die Tscheka weitgehende Befugnisse, auch das Recht, Menschen ohne Gerichtsverfahren hinzurichten. Der Massenterror wurde als legitimes Mittel der Politik verbramt und auch angewandt. Er betraf allerdings nicht nur politische Gegner, sondern diente auch der Losung okonomischer Probleme. Im Februar 1919, als das Transportsystem des Staates weitgehend darniederlag, wurden Bauern als Geiseln genommen. Ihre Erschießung wurde angedroht, falls die verbliebenen Dorfgenossen nicht die Eisenbahnstrecken vom Schnee raumen wurden. Das System expandierte rasch und nach offiziellen Zahlen befanden sich 1919 in Russland 4.100 Personen in Arbeitslagern und weitere 7.500 in Konzentrationslagern. [51] Zwar wurde die Todesstrafe im Januar 1920 formal abgeschafft, was aber von der Geheimpolizei weitgehend ignoriert wurde.

Lage der Bevolkerung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Schweizer Mutter und ihre Tochter auf der Flucht ins Heimatland, um 1921

Oktoberrevolution und Burgerkrieg losten eine Migrationsbewegung aus. Angehorige der ehemaligen Oberschicht des Reiches flohen aus den stadtischen Zentren des durch die Revolutionare kontrollierten Zentralrusslands an die Peripherie. Unter der Herrschaft der Deutschen, nationaler Minderheiten oder der Weißen Armee versuchten sie sich dem Zugriff von Enteignungen und politischer Verfolgung durch die neuen Machthaber zu entziehen. Die verbliebenen Angehorigen der ehemaligen Oberschicht waren Ziel staatlicher Zwangsmaßnahmen, Enteignungen griffen ihre wirtschaftliche Basis an und das Regime der Bolschewiki benutzte die Lebensmittelzuteilungen gezielt, um weiteren Druck auf sie auszuuben. Doch nicht nur Adlige und das Besitzburgertum trafen diese Maßnahmen. Ebenso wurde der stadtischen Intelligenzija die okonomische Basis durch Entlassung und mangelhafte Zuteilung entzogen. Ausgenommen waren Intellektuelle, wie etwa Maxim Gorki , die als der Ideologie der Partei konform galten. [52]

Die Situation der arbeitenden Bevolkerung gestaltete sich kaum einfacher. Das Zwangssystem der Lebensmittelbeschlagnahmung genugte nicht, um die Stadte zu versorgen. Als Folge davon versuchten taglich tausende Arbeiter als sogenannte ?Sackleute“ auf dem Lande durch Schwarzhandel ihren Bedarf zu decken. Dadurch blieben 1918 je nach Industriezweig pro Tag zwischen 30 % und 80 % der Belegschaften ihren Arbeitsplatzen fern. Die Arbeiter versuchten den Tauschhandel durch Diebstahle und Demontagen aus den eigenen Fabriken zu decken, was die Wirtschaft noch weiter schadigte. Um dieses System fur ihre Leute zu nutzen, gingen viele lokale Parteimitglieder und Arbeitervertreter dazu uber, diesen Tauschhandel in ?Kooperativen“ zu institutionalisieren und somit wenigstens eine minimale Produktion aufrechtzuerhalten. Dieser Versuch wurde allerdings bereits im Mai durch Lenin ausgehebelt, der jeden Privathandel und auch die kooperativen Tauschabkommen zwischen einzelnen Fabriken und Dorfern verbot. Zur Durchsetzung dieser Entscheidung ging die Regierung dazu uber, durch Sperrkommandos militarische Gewalt einzusetzen. Da sie allerdings uber die allein legale Methode der zentralisierten Requirierung die Bedurfnisse der Stadte nicht befriedigen konnte, hielt das Phanomen wahrend des gesamten Burgerkriegs an. In den von den Weißen kontrollierten Gebieten war dieses Problem weniger akut, da hier das private Handelssystem von staatlicher Seite nicht unterbunden wurde. [52] Doch besonders in kurzlich eroberten Stadten trafen Terror und Erschießungen Sympathisanten und verdachtigte Sympathisanten der roten Zentralregierung.

Die landlichen Regionen litten noch mehr unter dem Burgerkrieg. Sowohl die Weißen wie auch die Roten deckten ihren Nahrungsmittelbedarf durch zwangsmaßige Einziehung. Auf Seiten der weißen Armeen artete dies, vor allem in den Reihen der ?Freiwilligenarmee“, zu regelrechten Plunderungsexzessen aus. Die sowjetische Fuhrung hingegen unterhielt bis zu 76.000 Bewaffnete in sogenannten ?Beschaffungstribunalen“. Diese Ad-hoc-Einheiten zogen durch das Land und pressten nach willkurlichen Quoten Getreide von den Bauern. Geiselnahmen und Geiselmorde unter der Dorfbevolkerung waren bei Nichterfullung der Forderungen eine gangige Praxis. Besonders druckend war die Situation fur die Landbevolkerung in den umkampften Gebieten Sudrusslands und des Urals. Oft wurden Dorfer mehrmals von den jeweiligen Fronten uberrollt und waren damit den Repressionen beider Seiten in verscharftem Maße ausgesetzt. Je weiter die Versorgungskrise der Stadte sich verschlimmerte, desto mehr Druck lastete auf der Bauernschaft. [52] Im Sommer 1918 leitete Lenin den Klassenkampf auf dem Dorf ein: ?Diese Blutegel haben sich mit dem Blut der Werktatigen vollgesaugt und wurden umso reicher, je mehr der Arbeiter in den Stadten und Fabriken gehungert hat. […] Schonungsloser Krieg diesen Kulaken! Tod den Kulaken!“. [53] Die Ideologie der Kommunisten versuchte die Dorfgemeinschaften in eine Klasse der wohlhabenderen Bauern, die sogenannten Kulaken , und eine Mehrheit aus armen Bauern zu spalten. Den Kulaken sollte durch Enteignung, Freiheitsentzug und Erschießungen ihre angeblich beherrschende Stellung im dorflichen Leben entzogen werden. Dieser Bestrebung wurde 1919 mit der von oben verordneten Grundung ortlicher ?Komitees der Dorfarmut“ mit Unterstutzung der Tscheka Nachdruck verliehen. 1919 wurde die Aktion abgebrochen, da sich dadurch die Nahrungssituation noch weiter verschlimmerte. Die Propaganda der Roten konzentrierte sich von nun auf den ?Mittelbauer“ und versuchte, die Dorfgemeinschaft als Ganzes anzusprechen. [54]

Kriegsopfer [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach den Schaden und Verlusten des Ersten Weltkriegs erwies sich der Burgerkrieg fur Russland als noch großere Katastrophe. Insgesamt starben rund 770.000 Soldaten beider Seiten im Gefecht. Nach heutigen Schatzungen entfielen 80 % dieser Verluste auf die Rote Armee. Weitere rund 700.000 Kombattanten verloren wahrend ihres Dienstes durch Seuchen ihr Leben. Die Zahl der getoteten Zivilisten durch den Terror beider Seiten ist nicht annahernd festgestellt. Die Zahl der Exekutionen durch die ?Roten“ wird in der westlichen Literatur auf zwischen 50.000 und 200.000 beziffert. Wie viele Menschen infolge staatlicher Repressionen ohne Todesurteil ihr Leben verloren, ist vollkommen unbekannt. [55]

Der Terror seitens der Weißen ist ebenfalls ungenugend dokumentiert. Heutige Schatzungen gehen von 20.000 bis 100.000 Morden an Sympathisanten der Gegenseite aus.

Hinzu kommen noch 50.000 bis 150.000 Opfer judischer Herkunft, die bei Judenpogromen umgebracht wurden. [56] Die Juden waren unter der Zarenherrschaft von der Beamtenlaufbahn ausgeschlossen. Beim Neuaufbau der Verwaltung unter den Bolschewiki bildeten sie somit ein Reservoir an meist gebildeten Fachkraften, die nicht im Dienst des vorherigen Regimes gestanden hatten. Dieser Einstrom von judischen Burgern in die offentlichen Amter wurde in der weißen Propaganda durch antisemitische Parolen ausgenutzt. [57] Insbesondere in der Ukraine hauften sich wahrend des Burgerkriegs Pogrome und Ubergriffe gegen die judische Minderheit. Die Pogrome wurden oft seitens weißer Befehlshaber bei Einnahme einer Stadt als Gratifikation der eigenen Soldaten fur einen militarischen Sieg toleriert. In mindestens zwei Fallen wurden von den Generalen Mamontow beziehungsweise Mai-Majewski die Ubergriffe sogar explizit befohlen. Auch ukrainische Freischarler unter Petljura oder Nestor Makhno und polnische Truppen beteiligten sich an Ubergriffen gegenuber der judischen Bevolkerung. [56]

Der Zusammenbruch des Wirtschaftssystems und das Chaos des Krieges forderten Millionen Opfer unter der Zivilbevolkerung durch Hunger und die Ausbreitung von Seuchen. Anhand von Bevolkerungszahlungen, die bis 1923 durchgefuhrt wurden, lasst sich feststellen, dass im Russland des Jahres 1920 neun bis zehn Millionen Menschen weniger lebten als im selben Gebiet zum Ende des Weltkrieges. Nach der Berucksichtigung der Emigration von ca. zwei Millionen Menschen und der Hungersnot von 1921 fuhrt dies zu einer Zahl von rund acht Millionen zivilen Opfern. Dies entspricht dem Vierfachen der Verluste des Zarenreichs im Ersten Weltkrieg. [55]

Nach Krieg und Hungersnoten lebten auf sowjetischem Territorium rund sieben Millionen Waisenkinder auf der Straße. Diese hielten sich durch Betteln und Kriminalitat uber Wasser. Nach einer sowjetischen Erhebung von 1920 gingen 88 % der weiblichen Straßenkinder der Prostitution nach. Fur die Jungen ist keine Erhebung verfugbar, aber auch unter ihnen sind Falle von Prostitution berichtet. Nur ein kleiner Teil der Kinder konnte in Waisenhausern untergebracht werden. Ein anderer Teil wurde als Kinderarbeiter beschaftigt und somit wenigstens von der Straße weggebracht. Altere Kinder wurden mitunter auch in Einheiten der Roten Armee aufgenommen. [58]

Weitergehende politische Folgen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Durch den Sieg der Roten im Burgerkrieg anderten auch die auslandischen Machte ihre Haltung zu Sowjetrussland. Großbritannien ging schon 1920 dazu uber, Handelsbeziehungen mit dem sowjetischen Regime aufzubauen.

Frankreich gab die kurzlebige Politik der Intervention ab dem Fruhjahr 1919 auf und befurwortete die Bildung einer Pufferzone aus unabhangigen Staaten, die Europa vom kommunistischen Staat abschirmen sollten ( Cordon sanitaire ). Diese Eindammungspolitik wurde aber nur halbherzig betrieben, selbst wahrend der internationalen Hochspannung des Polnisch-Sowjetischen Krieges (1920). [59] Ansonsten blieb das kommunistische Russland weitgehend isoliert und konnte erst durch den Vertrag von Rapallo 1922 mit Deutschland wieder einen bedeutenden Partner finden. Allerdings war Deutschland damals selbst ein Außenseiter auf dem internationalen Parkett. [60]

Gewichtiger waren die politischen Folgen innerhalb des Sowjetstaates. Der Burgerkrieg wurde zu einem Grundungsmythos der totalitaren Diktatur. So war seine Darstellung den jeweiligen Machtverhaltnissen unterworfen. Generell wurden in der orthodoxen Geschichtsschreibung der Sowjetunion die auslandischen Interventionen als Hauptfaktoren gesehen. Die inner-russischen Bruchlinien des Krieges, die die Weißen Armeen hervorbrachten, wurden in der marxistischen Ideologie aufgrund ihres angeblichen Klassencharakters mit den auslandischen Machten gleichgesetzt. Wahrend des Stalinismus wurde die Geschichte des Burgerkrieges so interpretiert, dass die Rolle Stalins zu Ungunsten seines politischen Rivalen Trotzki hervorgehoben wurde. Der Nationalismus der Kriegsgegner der Weißen Armeen verstarkte noch den Drang der Bolschewiki, jede Form des Patriotismus in Russland zu unterdrucken. Dieser Begriff wurde erst mit dem Zweiten Weltkrieg , dem Großen Vaterlandischen Krieg (russ. Великая Отечественная война), in das Arsenal der Staatsideologie aufgenommen.

Andere Kriegsparteien [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Neben den beiden oben genannten Burgerkriegsparteien der Weißen und der Roten gab es noch eine dritte Gruppe, die sogenannten ? Grunen “. Bei ihnen handelte es sich meist um Bauern, die sich den Beschlagnahmungen ihrer Ernten und des Saatguts durch die (rote) Versorgungsarmee widersetzten oder desertierten, sich ins Umland zuruckzogen und von dort aus einen Partisanenkrieg gegen die Rote Armee fuhrten. In der Ukraine kampfte außerdem eine anarchistische Partisanenarmee, ein Arm der nach ihrem Anfuhrer Nestor Machno benannten Machnotschina oder auch Machno-Bewegung. Die Machnotschina kampfte zunachst gemeinsam mit den Kommunisten gegen die weiße Armee, wurde spater jedoch von den Bolschewiki bekampft und brutal niedergeschlagen.

Erst nach Ende des Burgerkrieges 1920 konnte die bolschewistische Regierung den umfassenden Widerstand unter der Landbevolkerung durch Erschießungen und Verbringung von Geiseln in Lager brechen: ?Ende Juni 1921 befanden sich uber 50.000 Bauern in den Konzentrationslagern von Tambov. Am Ende setzte die Rote Armee Flugzeuge und Gasbomben gegen die aufstandischen Bauern ein, um sie in den Sumpfen, in die sie gefluchtet waren, ?auszurauchern‘.“ [61]

Kunstlerische Verarbeitungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Ereignisse des Burgerkrieges schlugen sich in zahlreichen Werken der Literatur nieder. Viele der Autoren waren selbst Veteranen des Burgerkrieges und verarbeiteten autobiographische Elemente in ihren Werken. Romane wie Der stille Don und Doktor Schiwago erregten internationales Aufsehen.

  • Der stille Don von Michail Scholochow . Mit dem Literaturnobelpreis gewurdigt.
  • Der Leidensweg von Alexej Tolstoj . Mit dem Stalinpreis gewurdigt.
  • Doktor Schiwago von Boris Pasternak . Mit dem Literaturnobelpreis gewurdigt.
  • Die Reiterarmee von Isaak Babel . In seinem Erzahlband gibt Babel vor allem das Geschehen des Polnisch-Sowjetischen Krieges von 1920 in ungeschonter Form wieder, doch wurde sein Werk als exemplarisches Beispiel fur die sowjetische Literatur jener Tage in den 1930er Jahren von der Sowjetregierung zensiert und geriet in Vergessenheit.
  • Studenten, Liebe, Tscheka und Tod von Alja Rachmanowa . Rachmanowa veroffentlichte 1931 in Osterreich ihr Tagebuch aus der Zeit des Burgerkrieges, das die Leiden der Bevolkerung und das Wuten der Tscheka im Bereich ihrer Heimatstadt Kasli schildert.
  • Die weiße Garde von Michael Bulgakow . Im zum Teil autobiographischen Roman wird das Kriegsgeschehen in der Ukraine aus weißer Sicht behandelt. Bulgakow war als Arzt wahrend der Kriegsjahre sowohl auf Seiten der ukrainischen Separatisten, der Bolschewiki und der Weißen Armee im Einsatz.
  • Ich habe getotet , Eine chinesische Geschichte und Die rote Krone von Bulgakow. Es handelt sich um drei teilweise autobiographisch gefarbte Kurzgeschichten.
  • Blut und Feuer (Russland in Blut gewaschen) von Artjom Wesjoly . Der Roman fuhrt den Leser an verschiedene Schauplatze des Burgerkriegs, vom Kuban Gebiet und den Kaukasus uber die Ukraine bis zur Wolgaregion. Die dabei wechselnden Protagonisten kampfen fur die verschiedenen Fraktionen des Burgerkrieges. Wesjoly selbst kampfte auf Seiten der Roten Armee im Burgerkrieg.
  • Das schwarze Pferd von Boris Sawinkow . Der Roman beschreibt den Burgerkrieg aus Sicht eines Weißen Offiziers im Westen Russlands. Nach der Niederlage der Weißen schließt sich dieser den Grunen Partisanen an. Der Autor kampfte selbst auf Seiten der Weißen Bewegung gegen die Bolschewiki.
  • Wie der Stahl gehartet wurde von Nikolai Ostrowski .
  • Ein Abend bei Claire und Das Phantom des Alexander Wolf von Gaito Gasdanow . Gasdanow kampfte wahrend des gesamten Burgerkrieges in den Reihen der Weißen Armee.
  • Zwischen Weiß und Rot von Edwin Erich Dwinger . Der Zweite Band der Sibirischen Trilogie behandelt in autobiographischer Form den Burgerkrieg in Sibirien aus der Sicht eines ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen der sich gezwungen sah in die Reihen der weißen Koltschak Armee einzutreten. Der deutsch-russische Schriftsteller Dwinger war als deutscher Kriegsgefangener aus einem Lager geflohen und hatte sich der Weißen Bewegung angeschlossen.

Filme [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Filmisch umgesetzt wurde der Burgerkrieg unter anderem in dem noch heute in Russland popularen sowjetischen Werk Tschapajew (1934). Im Westen erreichte die Verfilmung Doktor Schiwago (1965) von Pasternaks Roman ein großes Publikum.

Teil I: Revolutionsjahr 1917 , Teil II: Der Kampf um die Macht , Teil III: Die Konterrevolution , Teil IV: Das Ende in Sibirien , Teil V: Die verratene Revolution

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Russischer Burgerkrieg  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 3
  2. a b c Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 4?15
  3. Orlando Figes: A People's Tragedy - The Russian Revolution. 3. Auflage, London, 2017, S. 421?433; S. 443?446
  4. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 9f, S. 16f
  5. a b c d e Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 17?22
  6. a b c d Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 22?30
  7. a b c Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 26?30
  8. a b Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 34?39
  9. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 38f
  10. Orlando Figes: A People's Tragedy - The Russian Revolution. 3. Auflage, London, 2017 S. 575
  11. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 38f
  12. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 116?119
  13. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 11, S. 34?36, S. 59f
  14. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 46?49, S. 53f
  15. a b Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005,S. 56 - S. 66
  16. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 88 - S. 91
  17. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 21f, S. 92f
  18. a b c Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 99 - S. 111
  19. Ubersetzung eines Zitats Koltschaks aus Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh 2005, S. 109?110. Originaltext: ?Taking up the cross of this power in the exceptionally difficult conditions of civil war and the complete breakdown of state life I declare: I will not go either on the road of reaction or on the fatal road of party politics. I set as my chief aim the creation of an effecient army, victory over the Bolsheviks, and the establishment of law and order, so that the people can choose for itself, without obstruction, the form of government which it desires and realize the great ideals of liberty which are now proclaimed all over the world.“
  20. Steven Balbirnie: Arkhangelsk and Murmansk: Revolutionary Russian and British Imperial Periphery , peripheralhistories.co.uk vom 19. April 2017.
  21. Michael Epkenhans (Hrsg.): Das ereignisreiche Leben eines ?Wilhelminers‘. Tagebucher, Briefe und Aufzeichnungen 1901 bis 1920 von Albert Hopman. R. Oldenbourg Verlag, Munchen 2004, ISBN 3-486-56840-X , S. 82 f. (Einfuhrung des Herausgebers).
  22. Jakob Moneta : Die Kolonialpolitik der franzosischen KP . Hannover 1968, S. 294.
  23. Reinhard Zollner : Geschichte Japans. Von 1800 bis zur Gegenwart . Paderborn 2006, S. 340.
  24. Winston Churchill: The World Crisis. The Aftermath . London 1929, Band 4, S. 256; Online unter [1] .
  25. Ubersetzung eines Zitats Lenins aus Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh 2005, S. 148 : Originaltext: ?If before winter we do not take the Urals, I consider that the defeat of the revolution will be inevitable.“
  26. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 148f
  27. Jonathan Smele: The "Russian" Civil Wars, 1916?1926 Ten Years That Shook the World. Oxford, 2020, S. 119
  28. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 146f
  29. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 148?155
  30. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005; S. 135?137
  31. Ubersetzung eines Zitats Budbergs aus Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005; S. 136. Originaltext: ?The regime was only form without content; the ministries can be compared to huge and imposing windmills, busily turning their sails, but with no millstones inside and with much of their machinery broken or missing“.
  32. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 163?169
  33. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 172?175
  34. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 168?172
  35. Zitat V?cietis nach Richard Pipes: Russia under the Bolshevik Regime , New York, 1993, S. 62 ; Originaltext in englischer Sprache: ?The discipline which has been and continues to be enforced in our Red Army, based on severe punishments, has led only to fear and the mechanical execution of orders, without any inspiration and sense of duty.“
  36. a b Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 38, S. 116f, S. 196
  37. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 38, S. 116f, S. 194 - S. 196
  38. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 174
  39. Boris Jegorow: Chance vertan: Die Weiße Garde hatte beinahe die Bolschewiki besiegen konnen. 07 Nov 2020, 7. September 2020, abgerufen am 2. Juni 2021 .
  40. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 219?225
  41. Zitat Schawelskis aus Nikolaus Katzer: Die Weiße Bewegung in Rußland. Koln 1992, S. 286.
  42. a b Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 285?290
  43. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 267 270
  44. Zitat Wrangels aus Orlando Figes: Die Tragodie eines Volkes. Die Epoche der russischen Revolution 1891 bis 1924 ; Berlin, 1998; S. 757.
  45. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 262?265
  46. Orlando Figes: A People's Tragedy - The Russian Revolution. 3. Auflage, London, 2017, S. 716?720
  47. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 267
  48. a b c Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 70?84, S. 178?193
  49. Orlando Figes: A People's Tragedy - The Russian Revolution. 3. Auflage, London, 2017, S. 774?778
  50. Originaltabelle findet sich in Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh 2005, S. 288. Dieser zitiert selbst nach Alex Nove: An Economic History of the USSR. London 1969.
  51. nach George Leggett : The Cheka. Lenins Political Police . Oxford 1981, S. 181.
  52. a b c Orlando Figes: A People's Tragedy - The Russian Revolution. 3. Auflage, London, 2017 S. 603?627
  53. Nach Orlando Figes: Die Tragodie eines Volkes. Die Epoche der russischen Revolution 1891 bis 1924 . Berlin 1998, S. 654.; Englische Ubersetzung der Rede
  54. Orlando Figes: A People's Tragedy - The Russian Revolution. 3. Auflage, London, 2017, S. 774?778
  55. a b Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 285?290
  56. a b Orlando Figes: A People's Tragedy - The Russian Revolution. 3. Auflage, London, 2017 S. 676?769
  57. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 79
  58. Orlando Figes: A People's Tragedy - The Russian Revolution. 3. Auflage, London, 2017 S. 780f
  59. Evan Mawdsley: The Russian Civil War. Edinburgh, 2005, S. 283
  60. Richard Pipes: Russia Under the Bolshevik Regime. 2. Auflage, New York, 1995, S. 428?436
  61. Jorg Baberowski : Der Rote Terror . Deutsche Verlagsanstalt 2003; hier: Lizenzausgabe der Bundeszentrale fur Politische Bildung, Bonn 2007, S. 50?51.