Ruprecht I. (Pfalz)

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Kurfurst Ruprecht I. mit seinen beiden Frauen; Elisabeth von Namur in der Mitte, Beatrix von Berg rechts. Das Bild tragt den Sinnspruch: ?Ruprecht den man den Roten nandt, die Pfalz bracht er in guten Stand, zwo Furstin waren ihm auserkorn, von Namur und Berg geboren.“
Ruprecht I. als Kirchenstifter, mit dem Modell der Neustadter Stiftskirche , Skulptur von Hubert Netzer , 1910

Ruprecht I., der Rote, von der Pfalz (* 9. Juni 1309 in Wolfratshausen ; † 16. Februar 1390 in Neustadt an der Weinstraße ) war Pfalzgraf und Kurfurst von der Pfalz (1329?1390) und Grunder der Universitat Heidelberg .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ruprechts von der Pfalz Eltern waren Rudolf I. Herzog von Oberbayern und Pfalzgraf bei Rhein sowie dessen Ehefrau Mechthild von Nassau, Tochter des Konigs Adolf von Nassau . Uber seinen Vater stammte Ruprecht auch direkt von Rudolf von Habsburg ab, dem Begrunder der gleichnamigen Dynastie, welcher sein Urgroßvater war.

Der Vater starb 1319, als Ruprecht erst 10 Jahre alt war. Nach dessen Tod stand er mit seiner Mutter und seinen Brudern Adolf († 1327) und Rudolf II. unter der Vormundschaft des Grafen Johann von Nassau. Ludwig IV. ?der Bayer“ nahm die Rheinpfalz auf Grund des mit seinem Bruder Rudolf I. am 26. Februar 1317 abgeschlossenen Vertrags mit Waffengewalt in Besitz. Der Krieg endete im August 1322, aber erst nach Mechthilds Tod im Juni 1323, deren Hass gegen Ludwig IV. eine dauerhafte Versohnung unmoglich gemacht hatte, kam es zwischen diesem und den drei Neffen zu einer Aussohnung.

Im Hausvertrag von Pavia erreichten Ruprecht und sein Bruder Rudolf II. 1329 bei ihrem Onkel Ludwig dem Bayern , dass die Pfalz ein eigenstandiges Furstentum wurde. Zunachst regierten beide das Territorium gemeinsam mit ihrem Neffen Ruprecht II. und 1338 teilten sie ihr Furstentum auf. Sie nahmen die Stimmen der Pfalz als Kurfurstentum abwechselnd wahr; am Kurverein von Rhense hatte Ruprecht teilgenommen, bei der Wahl Gunther von Schwarzburgs hatte hingegen Rudolf die Kurstimme gefuhrt. 1349 unterstutzten die beiden Bruder Gunther von Schwarzburg, den Kandidaten aller Wittelsbacher, als Gegenkonig zu Karl IV. Erst im Februar 1350 erkannten auch die Wittelsbacher Karl IV. als neuen Konig an und verpflichteten sich ihm die Reichskleinodien auszuliefern.

Als Ruprecht 1353 nach dem Tod Rudolfs dessen Besitz erbte und alleiniger Pfalzgraf bei Rhein wurde, loste Karl einen Teil der Oberpfalz aus diesem Herrschaftsverbund und verleibte diesen als Neubohmen den luxemburgischen Besitzungen ein. Ruprecht hatte namlich von seinem Bruder auch einen erheblichen Schuldenstand bei Karl IV. geerbt. Fur die Wahl Wenzels zum romisch-deutschen Konig erhielt Ruprecht 1376 wiederum erhebliche Zahlungen und große Gebiete von Karl IV., darunter Oppenheim , Nierstein , Ingelheim und Teile Bolandens . Zudem erwarb Ruprecht 1357 Kaiserslautern und ausgehend von Bolanden bis zu seinem Tod fast die gesamte Grafschaft Zweibrucken .

Durch die Goldene Bulle wurde der Pfalz 1356 das Wahlrecht zur Wahl des Romischen Konigs , das Kurrecht , verliehen (daher der Name Kurpfalz). Ruprecht gehorte ab 1379 zu den Mitgliedern des Urbansbunds , in dem vorderhand die vier rheinischen Kurfursten die Interessen von Papst Urban VI. im Regnum Teutonicum vertreten wollten, der aber auch zur Starkung ihrer eigenen Machtpositionen diente.

Die Allgemeine Deutsche Biographie charakterisiert den bedeutenden Herrscher folgendermaßen:

?Schon bei seinen Zeitgenossen stand Rupprecht I. in hohem Ansehen, er war auch außerlich eine Achtung gebietende Gestalt, eine ritterliche Erscheinung. Bei rucksichtsloser Thatkraft galt er als milder, wohlwollender Herr, als ein Schirmherr der Kirche und der Priesterschaft, als ein Freund der Witwen und Waisen. Die Judenschaft, deren finanzielle Macht er vortrefflich auszunutzen verstand, verehrte in ihm einen gerechten, humanen Beschutzer.“

? Jakob Wille in: Allgemeine Deutsche Biographie, 1889, Band 29, S. 731?737

Ohne eine hohere Schule besucht zu haben, war Kurfurst Ruprecht dennoch gebildet und religios interessiert. Der Historiker Ludwig Hausser bemerkte: ?Bei Ruprecht ward ohnedies jedes Schulwissen durch ein großes praktisches Talent uberwogen und durch einen offnen Sinn fur alles Geistige ersetzt.“ [1] So ließ er sich als kostbare Pergamenthandschriften die Weltchronik des Rudolf von Ems und eine Lebensbeschreibung der Hl. Elisabeth fertigen. [2] Fur ihn und seine Gattin Elisabeth von Namur wurden auch speziell 62 Predigten des Franziskaners Berthold von Regensburg aufgezeichnet. [3] Dem von ihm gegrundeten Stift in Neustadt an der Weinstraße legte er personlich die Stundengebete fur die Tag- und Nachtzeiten fest. [4] In der Grundungsurkunde 1356 nannte er als Motivation, neben dem vordergrundigen Zweck der Grablege und Memoria, die Sorge um einen moglichst feierlichen, haufigen und gottgefalligen Gottesdienst. [5] Ruprecht I. pilgerte uber lange Jahre hinweg auch stets am Patroziniumstag zu Fuß zum Michaelskloster auf dem Heidelberger Allerheiligenberg , um dort seine Spenden darzubringen. [6]

Der Kurfurst hatte einen judischen Leibarzt namens Gottlieb, den er sehr schatzte, [7] wie er uberhaupt den Juden in seinem Land bei Verfolgung Schutz bot und sie bereitwillig aufnahm. [8]

Grundung der Universitat Heidelberg [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Siegel der Universitat Heidelberg von 1386. Ruprecht I. kniet rechts von St. Petrus, mit dem Pfalzer Lowenwappen.

Am 1. Oktober 1386 grundete Kurfurst Ruprecht I. die nach ihm benannte Universitat Heidelberg ; sie besteht bis heute und ist damit die alteste Universitat auf dem Boden des heutigen Deutschland. Hauptursache fur ihre Grundung durch den kirchlich engagierten Kurfursten war das Abendlandische Schisma von 1378: Nach dem Tod des von Avignon nach Rom zuruckgekehrten Papstes Gregor XI. ignorierten hauptsachlich franzosische Kardinale dessen romischen Nachfolger Urban VI. und wahlten in der Person von Clemens VII. einen Frankreich genehmen Gegenpapst. Daher standen Frankreich und die von Deutschen stark frequentierte Pariser Sorbonne-Universitat auf Seiten des Avignoner Papsts , wahrend die Kurpfalz nachdrucklich den romischen Papst unterstutzte und Anhanger der Gegenpartei nicht zu geistlichen Amtern zuließ. Zwar befand sich auch die Universitat Prag auf Seiten Roms, doch war man mit dem dortigen Lehrstoff unzufrieden; außerdem wollte man den Studenten aus dem Westen des Reichs den weiten Weg und den kostspieligen Aufenthalt ersparen. In dieser Lage entschloss sich Kurfurst Ruprecht I. zur Grundung einer pfalzischen Universitat in Heidelberg, unterstutzt von dem gelehrten Geistlichen Marsilius von Inghen , welcher die gleichen Positionen vertrat. Am 18. Oktober 1386 eroffnete die Hochschule mit einer feierlichen Messe, tags darauf begannen die Vorlesungen. [9] Das erhaltene Universitatssiegel aus jenem Jahr ? welches die Heidelberger Universitat bis heute als Logo fuhrt ? gibt Ursache und Programm der Grundung bildhaft wieder: In der Mitte sitzt St. Petrus , einen machtigen Schlussel haltend, als Symbol des Papsttums auf einem Thron. Kurfurst Ruprecht I., mit Bart, kniet rechts daneben und halt ihm das Pfalzer Wappenschild mit dem Lowen huldigend entgegen. Links vom Apostelfursten kniet der Mitregent und kurfurstliche Nachfolger Ruprecht II. , der Petrus in gleicher Weise das Wittelsbacher Rautenwappen darbringt. [10]

Ehen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Epitaphien Ruprechts I. und seiner Gattin Beatrix von Berg , in der Stiftskirche zu Neustadt/Weinstraße
Grab, heutiges Aussehen
Die Graber in ihrem alten Zustand 1906. Beatrix links, Ruprecht I. rechts
Die geoffneten Graber 1906. Beatrix links, Ruprecht I. rechts

Kurfurst Ruprecht I. von der Pfalz heiratete 1350 Grafin Elisabeth von Namur (1330?1382), Tochter des Grafen Johann I. von Flandern und Namur aus dem Hause Dampierre und seiner Gattin Grafin Marie von Artois. Die Ehe blieb kinderlos.

In zweiter Ehe heiratete er 1385 Prinzessin Beatrix von Berg (1360?1395), Tochter des Herzogs Wilhelm II. von Berg und dessen Gattin Anna von der Pfalz , Tochter des spateren Kurfursten Ruprecht II. von der Pfalz . Die Ehe blieb kinderlos.

Ruprecht starb 1390, Nachfolger wurde sein Neffe Ruprecht II.

Gedenken [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1356 stiftete Kurfurst Ruprecht I. aufgrund des testamentarischen Willens seines Vorgangers und Bruders Rudolf II. das Liebfrauen- Kollegiatstift Neustadt als Memoria fur die gemeinsame Familie. Er ließ dazu die Pfarrkirche St. Agidius umbauen und mit einem prachtvollen Chor nach Osten hin erweitern. Der Chorbereich dieses neuen Gotteshauses, der heutigen Neustadter Stiftskirche , wurde laut einer Pfeilerinschrift 1368 erbaut. Dort bestattete man Kurfurst Ruprecht mit seiner 2. Frau Beatrix von Berg .

Beide Graber und Epitaphien sind noch erhalten. Die Grabstatten befinden sich im Mittelgang des heute katholischen Chors der Stiftskirche, durch neuzeitliche Bronze-Inschriften gekennzeichnet. Die historischen Abdeckplatten entfernte man zur Schonung aus dem Fußboden und platzierte sie ? aufrecht stehend ? an die Ruckwand des katholischen Kirchenteils (Scheidewand zum protestantischen Bereich). Bei der Graboffnung fand man 1906 einen aus Sandstein gemauerten Schacht vor, in dem der aus einem einzigen ausgehohlten Eichenstamm bestehende Sarg stand. Darin lagen die Gebeine des Kurfursten und Reste der franziskanischen Ordenstracht, in der er sich als Angehoriger des Dritten Ordens des Hl. Franziskus hatte bestatten lassen. [11]

Um 1910 ließ Stadtpfarrer Dr. Michael Glaser (1863?1915) vier große Statuen der hier begrabenen Pfalzer Herrscher Rudolf II. und Ruprecht I., sowie der an ihrer Seite bestatteten Ehefrauen Beatrix von Berg und Margarete von Sizilien-Aragon fertigen. Sie wurden von dem renommierten Munchner Bildhauerprofessor Hubert Netzer aus weißem Kelheimer Kalkstein geschaffen und befinden sich an der nordlichen und sudlichen Langhauswand des katholischen Kirchenteils. Die Skulpturen im Stil des Historismus sind alten Darstellungen nachempfunden. Kurfurst Ruprecht I. tragt als Stifter das Modell der Neustadter Stiftskirche in der Hand.

In der Stiftskirche Neustadt an der Weinstraße finden seit 2010 alljahrlich zwei Wittelsbachermessen statt, bei denen das Doppelgrab des Kirchenstifters Kurfurst Ruprecht I. und seiner Gattin Beatrix von Berg feierlich gesegnet wird. [12]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Ludwig Hausser: Geschichte der Rheinischen Pfalz. J.C.B.Mohr, Heidelberg 1856, S. 190?191 (online)
  2. Biblioteca apostolica vaticana (Hrsg.), Dorothea Walz, Veit Probst, Karin Zimmermann: Die historischen und philosophischen Handschriften der Codices Palatini Latini in der Vatikanischen Bibliothek (Cod. Pal. Lat. 921-1078). L. Reichert, 1999, ISBN 3-89500-046-9 , S. xviii (online)
  3. Nathalie Kruppa: Adlige, Stifter, Monche. Zum Verhaltnis zwischen Klostern und mittelalterlichem Adel. Vandenhoeck & Ruprecht, 2007, ISBN 978-3-525-35886-3 , S. 285 (online)
  4. Werner Rosener: Tradition und Erinnerung in Adelsherrschaft und bauerlicher Gesellschaft. Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 3-525-35576-9 , S. 89 (online)
  5. Werner Rosener: Tradition und Erinnerung in Adelsherrschaft und bauerlicher Gesellschaft. Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 3-525-35576-9 , S. 81 (online)
  6. Karl Josef Minst, Paul Schnitzer u. a.: Beitrage zur Geschichte des Klosters Lorsch. Verlag Laurissa, 1978, S. 204 (online)
  7. Johann Kolb: Heidelberg. Die Entstehung einer landesherrlichen Residenz im 14. Jahrhundert. Thorbecke, 1999, ISBN 3-7995-4508-5 , S. 100 (online)
  8. Johann Kolb: Heidelberg. Die Entstehung einer landesherrlichen Residenz im 14. Jahrhundert. Thorbecke, 1999, ISBN 3-7995-4508-5 , S. 33 (online)
  9. Eike Wolgast: Die Universitat Heidelberg 1386-1986. Springer-Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-540-16829-X , S. 3 (online)
  10. Werner Moritz: Von 1386 ? Das Logo der Heidelberger Universitat. ( Memento des Originals vom 11. Februar 2009 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.uni-heidelberg.de bei uni-heidelberg.de
  11. Alban Haas , Hans Jacobi: Aus der Nuwenstat. Vom werden und leben des mittelalterlichen Neustadt an der Weinstrasse. Pfalzische Verlagsanstalt, 1964, S. 59.
  12. Webseite zu den Wittelsbachermessen in der Stiftskirche Neustadt an der Weinstraße ( Memento des Originals vom 26. August 2011 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/salve-regina.npage.de
Vorganger Amt Nachfolger
Rudolf II. Pfalzgraf bei Rhein
ab 1356 Kurfurst von der Pfalz

1329?1390
Ruprecht II.