Eine
Rodung
ist im ursprunglichen und engeren Sinn das Entfernen von
Geholzen
, also
Baumen
oder
Strauchern
, mitsamt ihren
Wurzeln
.
[1]
[2]
[3]
Im weiteren Sinn zahlen zur Rodung auch das bloße
Fallen
von Baumen (?
Schlagrodung
“) ohne
Wiederaufforstung
sowie die
Brandrodung
und das
Schwenden
; in diesen Fallen verbleiben die
Baumstumpfe
beziehungsweise das Wurzelwerk haufig im Boden.
[3]
[4]
Das Ziel der Rodung von
Waldflachen
ist es in der Regel, den
Boden
einer anderen Nutzung (
Weideflache
,
Ackerbau
,
Siedlungsbau
,
Verkehrswegebau
) zufuhren zu konnen. Dies stellt den Unterschied zum
Kahlschlag
in der forstlichen Nutzung dar, dem in der Regel eine Wiederaufforstung folgt. Das osterreichische Forstgesetz definiert Rodung als ?die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als fur solche der Waldkultur“.
[5]
Von Rodung spricht man aber auch in den Bereichen
Gartenbau
[1]
und
Weinbau
(Rodung von
Rebstocken
).
[6]
Eine Rodung kann auch nur einen einzelnen Baum
[7]
oder Strauch
[8]
oder einen einzelnen Wurzelstock betreffen.
Rodungen und insbesondere die Brandrodung sind die wichtigste Ursache fur die zunehmende
Entwaldung
in vielen Landern. Entwaldung kann aber auch eine Folge anderer Faktoren sein (z. B. nicht
nachhaltige
Bewirtschaftung,
Durre
,
Waldbrande
und Sturme).
Rodung
ist eine Wortbildung zu
roden
(
mnd.
roden
,
mhd.
riuten, reuten
,
ahd.
riuten
).
[9]
Die Variante
reuten
hielt sich im Suden des deutschen Sprachgebiets noch bis weit in die Neuzeit als
Dialektwort
.
[10]
Sprachlich verwandt ist
ausrotten
, eine Wortbildung zum veralteten Verb
rotten
(mhd.
roten
, Nebenform von
riuten, reuten
).
[11]
Die Worter
Rodung
und
roden
konnen sowohl auf die betroffene Vegetation bezogen werden (Baume und Straucher, Wald und Gebusch werden gerodet) als auch auf die Bodenflache (ein Stuck Land, ein Gebiet wird gerodet). Der ahnliche Begriff
Entwaldung
wird dagegen immer auf die Bodenflache bezogen (ein Land, ein Gebiet wird entwaldet).
Rodung
ist der Standardbegriff im historischen Kontext
[12]
[13]
(vgl. den Fachbegriff
Rodungszeit
). Insbesondere bei der Benennung der konkreten Arbeiten verwendet man das Wort
Rodung
und Bezeichnungen wie
Wurzelstockrodung
oder
Rodungsgerat
. Der moderne Begriff
Entwaldung
wird bevorzugt, wenn es um das Ausmaß der Waldverluste geht, insbesondere bei großflachigen Betrachtungen (z. B.
Entwaldung in der
Amazonasregion
[14]
oder
Entwaldung der Erde
[15]
).
Auch die gerodete Flache kann als
Rodung
bezeichnet werden.
[16]
Zahlreiche
Rodungsnamen
sind ein sprachliches Zeugnis mittelalterlicher Rodungen in Europa. Viele davon gehen wie
Rodung
auf das mittelhochdeutsche
riuten, reuten
zuruck, zum Beispiel
Reutte
,
Kreuth
,
Werningerode
,
Radevormwald
. Das trifft auch auf den Ortsnamen oder Namensbestandteil
Rott
zu, oder Namen, die auf
-rode
,
-roda
,
-rath
oder
-reuth
enden. Die
schweizerdeutsche
Variante ist
Ruti
, die als Namen oder Namensbestandteil vieler Schweizer Orte gebraucht wird.
Bei einer (kompletten) Baumrodung werden die Baume samt
Baumstumpf
(auch ?Stock“ genannt) in einem Arbeitsdurchgang gerodet. Dies ist zum Beispiel mittels
Chaining
moglich. Dabei wird eine Kette oder ein Drahtseil zwischen zwei schweren Planierraupen gespannt, um die Baume mitsamt der Wurzel auszureißen. Bei schwachen Baumen genugt der Einsatz eines einzelnen Schleppers.
[17]
Diese Praxis findet in Waldern statt, in denen nur ein unbedeutender Anteil wirtschaftlich interessanter Baume vorkommt.
Haufig werden nur Baumstumpfe gerodet, nachdem irgendwann zuvor die Baume gefallt worden sind, oder ein einzelner Baumstumpf wird gerodet (
Wurzelstockrodung
, Stockrodung, Wurzelrodung). Bei einer Wurzelstockrodung wird das Wurzelwerk entweder weitgehend entfernt (Komplettrodung) oder Teile des Wurzelholzes werden im Boden belassen (Teilrodung).
Mit einem Bagger kann der Wurzelstock herausgerissen werden, dabei verbleiben die langen Wurzeln im Boden, wenn sie nicht vorbereitend freigelegt wurden. Eine Komplettrodung gelingt mit einem Bagger nur, wenn er mit einem speziellen
Rodungsmesser
arbeitet. Spezialfrasen konnen den Stumpf zwar bis zu einer Tiefe von knapp einem Meter abfrasen, eine Komplettrodung ist mit einer Frase jedoch schwierig. Wenn eine
Baumstumpffrase
zum Einsatz kommt, spricht man auch von einer
Wurzelstockfrasung
.
Historisch wurden zur Wurzelstockrodung allerlei mechanische Gerate verwendet, die starke
Hebelkrafte
ubertrugen,
[18]
zum Beispiel der
Waldteufel
,
[19]
spater auch motorisierte Rodegerate,
[20]
etwa ein dampfbetriebener Rodekran.
[21]
Alternativ wurden die Zugkrafte von einem Schlepper bereitgestellt.
[22]
Ferner kamen Sprengstoffe zum Einsatz.
[23]
Bei einer manuellen Rodung werden die Baume mit
Axten
oder
Sagen
gefallt und die Stumpfe zum Beispiel mit einer
Hacke
(?Reuthaue“) abgetragen, manchmal auch mit Hilfe von Tieren (z. B.
Ochsen
) ausgerissen.
Bei der maschinellen Rodung werden die Baumstamme mit sogenannten
Holzvollerntern
(auch ?Harvester“ genannt) gefallt, entastet und in Abschnitte zersagt (siehe
Holzernte
). Zur Beseitigung der Wurzelstocke werden vor allem Bagger und Spezialfrasen eingesetzt (siehe oben).
Das Holzfallen mit einer
Kettensage
nimmt eine Zwischenstellung ein. Die Sagearbeit wird von der Motorsage ubernommen, dennoch handelt es sich um anstrengende korperliche Arbeit.
Bei den nachfolgend genannten Methoden werden die Baumstumpfe und die Wurzeln nicht entfernt. Es handelt sich daher um eine
unvollkommene
Rodung und nicht um Rodung im
engeren
Sinn.
Bei der
Brandrodung
wird zumeist das Abschneiden und Abbrennen der Vegetation kombiniert. Zur Benennung merkt ein Biologie-Lexikon an, der Wortbestandteil
Rodung
sei irrefuhrend, da die Wurzelstocke im Boden belassen werden.
[24]
Der Ausdruck
Schwenden
bezeichnet zumeist eine historische Methode der Landgewinnung. Beim Schwenden wurde der Baumbestand oft zunachst durch
Ringelung
ausgetrocknet. Unterholz und Gestrupp wurden entfernt, ebenso Aste und immer wieder die neu entstehenden Triebe (
Schneitelung
).
[25]
Nach dem Verdorren des Baums gab es folgende Moglichkeiten:
- Abbrennen: Die ausgetrockneten Baume werden gezielt verbrannt, um landwirtschaftliches Nutzland zu gewinnen. Die Brandreste sorgen fur hochwertigen, gedungten Boden.
- Mechanisches Fallen der Baume, um anschließend auf der Flache ? um die Stubben herum ?
Feldbau
zu betreiben.
- Laut dem
Großen Konversations-Lexikon
von Meyers (1905?1909) fielen die geschadigten Baume ohne weiteres Zutun irgendwann um.
[25]
Das Worterbuch von
Adelung
(1793?1801) erklart das Wort
schwenden
mit ?einen Wald abbrennen, um tragbaren Acker daraus zu machen“.
[26]
Duden gibt zu
schwenden
an: ?durch Brandrodung
urbar machen
“.
[27]
Laut dem
Deutschen Worterbuch
der Bruder Grimm gehorten zum
Schwenden
in Osterreich sowohl das Anbrennen als auch das Entrinden, Verstummeln oder Anbohren von Baumen, die dadurch verdorren sollten. Mit Bezug zu einer
bairischen
Quelle wird zur Wortbedeutung angegeben: ?wegschaffen hinderlicher baume, holzanfluge, gestrauche, indem man sie durch anhauen, anbohren, abschalen u. dergl. erst abstehen und verdorren macht, und dann wegraumt oder verbrennt“. Ansonsten gibt es in den alten Quellen viel Variation bei der Zuordnung von Methoden und Bezeichnungen. Zum Beispiel soll in einer schweizerischen Quelle
schwandten
das Auslichten von Wald, Gebuschen oder Hecken durch Einschnitte oder Hauen bezeichnen ? und
ruten
das Abbrennen.
[28]
Bei flachenhaften Rodungen spricht man allgemein von
Flachenrodung
. Wenn samtliche Baume auf einer großeren Flache an einem Tag oder in kurzer Zeit gefallt werden, spricht man von einem
Kahlschlag
oder
Kahlhieb
.
Kleinere Rodungsflachen werden haufiger auch als
Rodungsinseln
(isoliert gelegene waldfreie Flachen) oder
Rodungsgassen
(Rodungen zum Beispiel entlang von Flussen oder anderen Leitlinien) bezeichnet. Die Rodungsinseln stehen haufig am Anfang einer flachenhaften Kultivierung.
Großflachige Rodungen sind seit dem
Neolithikum
belegt, unter anderem durch
Aulehm
-Ablagerungen in den Flusstalern und durch
Pollenanalysen
. Dabei durfte die Brandrodung vorherrschend gewesen sein, da die Neolithiker kaum zum Zerteilen und Transportieren von Baumriesen befahigt waren. Nach vorhergehender
Ringelung
der Baume, die zum Absterben und Austrocknen fuhrt, war eine Brandrodung einfach. Das
Schwenden
ist jedoch erst in geschichtlicher Zeit nachweisbar.
Beim Schwenden entfiel die aufwendige Entfernung des Wurzelwerks. Ein weiterer Vorteil war die geringere
Erosionsgefahr
der so gerodeten Flachen, besonders in abschussigen Lagen, da die Wurzeln das Erdreich festhielten. Ein Hackbau war zwischen den
Baumstumpf
moglich. Fur den Pflugfeldbau war die Methode aber ungeeignet, besonders wegen des hohen Gewichtes der nicht leicht umzusetzenden Pfluge.
Viele Stadte und
Dorfer
in Mitteleuropa entstanden in der jeweiligen
Rodungszeit
in
Rode
- oder
Rodungslandschaften
als eine Form der
Binnenkolonisation
. Ein Beispiel hierfur ist die
Ansiedlung
von Menschen in den Mittelgebirgen in
Waldhufendorfern
.
Aus den negativen Folgen der Rodungen hat sich die
Forstwirtschaft
entwickelt. Historische Beschreibungen aus Mitteleuropa decken sich prinzipiell mit heutigen Bildern aus den Tropen. Durch den technischen Fortschritt und hohere Bevolkerungsdichte hat die Geschwindigkeit großflachiger Waldvernichtung allerdings um Großenordnungen zugenommen, zudem sind die Folgen fur tropische
Primarwaldgesellschaften
endgultiger. Weltweit geht der Anteil von Waldflachen an der gesamten Landflache immer noch zuruck.
Heute erfolgt Rodungstatigkeit in Europa zumeist nur noch aufgrund infrastruktureller Baumaßnahmen und ist mit entsprechenden Auflagen zur Neubegrundung und
Wiederaufforstung
verbunden. In anderen Weltgegenden ? insbesondere den
Taigagurteln
Kanadas
und
Sibiriens
, wie auch den
tropischen Waldgebieten
? ist großflachige Rodung aber ublich.
Holzschlag ohne Rodung, also die Entnahme einzelner Baume oder Holzlose, nennt man
Dauerwaldbau
.
- Richard B. Hilf:
Der Wald. Wald und Weidwerk in Geschichte und Gegenwart ? Erster Teil
[Reprint]. Aula, Wiebelsheim 2003,
ISBN 3-494-01331-4
.
- Hans Hausrath
:
Geschichte des deutschen Waldbaus. Von seinen Anfangen bis 1850
. Schriftenreihe des Instituts fur Forstpolitik und Raumordnung der Universitat Freiburg. Hochschulverlag, Freiburg im Breisgau 1982,
ISBN 3-8107-6803-0
.
- Jens Luning
:
Steinzeitliche Bauern in Deutschland. Die Landwirtschaft im Neolithikum
In:
Universitatsforschungen zur prahistorischen Archaologie.
Band 58, Habelt, Bonn 2000,
ISBN 3-7749-2953-X
, S. 49?52.
- ↑
a
b
Rodungen
(
Memento
des
Originals
vom 8. Marz 2019 im
Internet Archive
)
Info:
Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß
Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.gartenwerk-ruhr.de
gartenwerk-ruhr.de. Zitat: ?das Roden, also das Entfernen von Pflanzen mitsamt ihren Wurzeln“. Am Ende des Textes wird klargestellt, dass es konkret um Straucher, Baume und Wurzelballen geht.
- ↑
Vgl. Duden online:
roden
(Bedeutung 1 und 2)
- ↑
a
b
Vgl.
Rodung
im Lexikon der Biologie, spektrum.de (1999). Die Definition enthalt die Anmerkung ?meist […] einschließlich der Wurzeln“; andererseits wird die Brandrodung ausdrucklich eingeschlossen, bei der ?einschließlich der Wurzeln“ nicht zutrifft.
- ↑
Roman Sandgruber
:
Die Zeit der großen Rodungen in Oberosterreich.
In:
ooegeschichte.at.
Virtuelles Museum Oberosterreich,
abgerufen am 7. August 2022
(24. Januar 2009. Im Infokasten
Rodungsarten
schreibt der Historiker uber Rodungen im 10. bis zum 13./14. Jahrhundert: ?Es gibt drei Arten der Rodung: die Schlagrodung durch Schlagen der Baume, die Brandrodung durch Abbrennen der Baume und die Schwendrodung […]“ Das sind jene Methoden, bei denen die Baumstumpfe im Boden verbleiben).
- ↑
Rodung
, Bundesgesetz vom 3. Juli 1975, mit dem das Forstwesen geregelt wird (
Forstgesetz 1975
, Osterreich), abgerufen am 19. Juni 2014.
- ↑
Roden
vitipendium.de (Artikelsammlung zum Thema Weinbau und Weinkunde)
- ↑
Forster arbeiten fur die Deutsche Bahn im Frankfurter Stadtwald
fnp.de, 18. November 2016. Zitat: ?Er mochte den Baum roden lassen […]“
- ↑
Baume bleiben stehen
fr.de, 21. Februar 2012. Zitat: ?es wird bis auf Weiteres kein Busch und kein Strauch gerodet“.
- ↑
Duden online:
Rodung
und
roden
- ↑
Duden online:
reuten
- ↑
Duden online:
ausrotten
- ↑
Winfried Schenk:
Rodung
historisches-lexikon-bayerns.de, 1. Februar 2012.
- ↑
Roman Sandgruber:
Die Zeit der großen Rodungen in Oberosterreich.
In:
ooegeschichte.at.
Virtuelles Museum Oberosterreich,
abgerufen am 7. August 2022
(24. Januar 2009).
- ↑
Die Entwaldung in der Amazonasregion ? Ursachen und erste Losungsansatze
boell.de, 28. Februar 2008.
- ↑
Karte zeigt erstmals detailliert Entwaldung der Erde
heise.de, 15. November 2013.
- ↑
Duden online:
Rodung
(Bedeutung 2)
- ↑
Bildbeispiel:
Bundelweises Roden von Baumen beim Flachenraumen
forstmuseum.ch, Bilddatenbank historische Holzernte
- ↑
Bildbeispiel:
Rodegerat
forstmuseum.ch, Bilddatenbank historische Holzernte (mechanisches Rodegerat mit langem Hebelarm)
- ↑
Bildbeispiel:
Waldteufel fur die Stockrodung
forstmuseum.ch, Bilddatenbank historische Holzernte
- ↑
Bildbeispiel:
Rodegerat "Mammut" bei der Arbeit
forstmuseum.ch, Bilddatenbank historische Holzernte (fahrbarer Rohrdreibock mit 4-PS-Motor)
- ↑
Bildbeispiel:
Dampfrodemaschine
forstmuseum.ch, Bilddatenbank historische Holzernte (dampfbetriebener Kran)
- ↑
Bildbeispiel:
Stockrodung mit an Schlepper montiertem Rodegerat
forstmuseum.ch, Bilddatenbank historische Holzernte
- ↑
Bildbeispiel:
Bohren des Lochs fur Sprengladung in Wurzelstumpf
forstmuseum.ch, Bilddatenbank historische Holzernte
- ↑
Brandrodung
im Lexikon der Biologie, spektrum.de (1999).
- ↑
a
b
Bodenmelioration
in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage (1905?1909), siehe dort
Schwenden
.
- ↑
Schwenden
in: Johann Christoph Adelung,
Grammatisch-kritische Worterbuch der Hochdeutschen Mundart (1793?1801)
- ↑
Duden online:
schwenden
- ↑
schwenden
im Deutschen Worterbuch der Bruder Grimm (1854?1961), siehe 2 b).