Rezitation

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Der Rezitateabend , 1860
Kolorierte Ansichtskarte, Aufnahme eines Vorlesers in Havanna , 1907

Die Rezitation ( lateinisch recitatio ‚das Vorlesen‘ ) oder die Lesung bezeichnet die Interpretation von Werken der Lyrik und Prosa mit Hilfe von Sprache und Darstellung . Ziel ist es, literarische Werke horbar zu machen; dies kann mittels eines Solisten oder einer Gruppe von Vortragenden geschehen. Dabei sind Interpretationstechniken wie Atemtechnik, Stimmtechnik sowie Sprechtechnik von Bedeutung.

Der Vortragende transportiert mit Hilfe der Stimme , Sprache, Korperhaltung und Bewegung die Emotionen und Gedanken des Textes zum Zuhorer.

Vorlesen fordert die Sprach- und Konzentrationsfahigkeit von Kindern . [1] 37 % der Kinder gaben in einer Studie an, niemals vorgelesen zu bekommen. Dieser Prozentsatz ist weitgehend unabhangig vom Einkommen, Bildungsstand und Migrationshintergrund der Eltern. [2]

Rezitatoren und Vorleser

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Konigin Olga von Wurttemberg mit einem Vorleser (um 1885)

In der hellenischen , spater romischen Antike war der Rezitator (solo oder mit Musikanten) ein gern gesehenes bzw. gehortes Extra des Festschmauses; bis in die Neuzeit erhielt sich die Tradition, in Klostern zur Hauptmahlzeit einen zum Lektor bestimmten Monch aus der Ordensregel oder zur Erbauung aus Heiligenviten bzw. Legenden rezitieren zu lassen.

Rezitatoren finden sich auch im Islam . Die Koranrezitation in der arabischen Originalsprache hat zu einer eigenen Wissenschaft gefuhrt, dem Tadschwid . Mit zu den beruhmtesten Rezitatoren zahlen Mischari Raschid al-Afasi , Mahmud al-Husari und Muhammad Siddiq al-Minschawi . Koranrezitationen werden seit dem 20. Jahrhundert vermehrt aufgenommen und sind heute auch in digitaler Form verbreitet.

In allen Erdteilen hatte das Vorlesen in den von Analphabetismus betroffenen Arbeiterschichten eine bewusstseinsbildende Funktion. Im 19. Jahrhundert erlangte es einen hohen Stellenwert als Mittel der Arbeiterbildung in Manufakturen . In Kuba erreichten darauf die Zigarren-Unternehmer am 14. Mai 1866 [3] vom spanischen Gouverneur ein amtliches Verbot des Vorlesens in den Betrieben. Nach dem Zehnjahrigen Krieg aus Kuba geflohene Arbeiter brachten das Vorlesen in die USA. Eine Ausgabe des New Yorker Practical Magazine [3] von 1873 zeigt einen Vorleser mit Zigarrenrollern. Nach der Kubanischen Revolution in den 1950er Jahren wurde das Vorlesen wieder offiziell gefordert. So beschaftigte beispielsweise die Zigarren-Manufaktur Partagas [4] noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts einen Vorleser, der taglich jeweils am Vormittag und am Nachmittag je eine Stunde Artikel aus den offiziellen Zeitungen vorlas. [4]

Konservierte Rezitation

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Eine moderne Variante der mundlichen Vermittlung von Literatur sind Horbucher , die von der einfachen Rezitation bis zum Horspiel vielfaltige Formen der Auffuhrung von Texten uber Tontrager erlauben. Zu den bekanntesten deutschsprachigen Horbuchsprechern gehoren Gert Westphal , Rufus Beck ( Harry Potter ), Christian Bruckner und Oliver Steller .

Die Rezitation eines Werkes gegenuber einer Offentlichkeit greift nach deutschem Recht in das Vortragsrecht des Urhebers ein ( §§ 19 , 15 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Urheberrechtsgesetz). Sie bedarf somit grundsatzlich der Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers (zum Beispiel: Autor, Verlag). Voraussetzung ist aber, dass eine Offentlichkeit vorliegt, was nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine unbestimmte Zahl potenzieller Adressaten und eine ?ziemlich große Zahl“ von Personen voraussetzt. [5] Eine Verletzung fremden Urheberrechts lost regelmaßig Unterlassungs- und Schadensersatzanspruche aus ( § 97 UrhG).

Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers ( Regelschutzfrist , § 64 UrhG); danach ist eine Lesung urheberrechtlich unproblematisch.

  • Susanne Held: Vorlesen oder die Kunst, Bucher in Kinderherzen zu schmuggeln. Klett-Cotta, Stuttgart 2006, ISBN 3-608-94115-0 .
Commons : Vorlesen  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Rezitator  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Stiftung Lesen: Aussage des Generalbevollmachtigten Konzernmarketing und Kommunikation der Deutschen Bahn @1 @2 Vorlage:Toter Link/www.stiftunglesen.de ( Seite nicht mehr abrufbar , festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven )
  2. Bahn-Vorlesestudie 2008 (PDF) ( Memento des Originals vom 12. Februar 2010 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.stiftunglesen.de
  3. a b Alberto Manguel : Eine Geschichte des Lesens . 2. Auflage. Nr.   17515 . Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-596-17515-4 , S.   163   f . (Originalausgabe: A History of reading , Alfred A. Knopf (publisher), Toronto 1996; ubersetzt von Chris Hirte).
  4. a b Bernard Pichon: Blog-trotteur . 180° editions, Sion 2019, ISBN 978-2-931008-13-3 , S.   32   f .
  5. Schulze in Dreier/Schulze: Urheberrechtsgesetz. 6. Auflage. 2018, § 15 Rn. 39.