Reiterbildnis

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Ein Reiterbildnis , im engeren Sinne auch Reiterportrat , ist eine spezielle Gattung eines Portrats , das eine reale oder idealisierte Person auf dem Rucken eines Pferdes darstellt. Da Pferde von alters her als Attribute und Statussymbole des Adels galten, spielt diese Art der Abbildung insbesondere beim Herrscherbild eine wichtige Rolle. Innerhalb der bildenden Kunste ist das Reiterportrat als Genre in engem Zusammenhang mit dem Reiterstandbild zu sehen. Wahrend das Reiterstandbild in Form einer Plastik oder Skulptur meist im offentlichen Raum steht, kann das Reiterbildnis auch in der Form eines Gemaldes, einer Grafik, eines Mosaiks, eines Reliefs , einer Zeichnung oder Fotografie ausgefuhrt sein.

Alexander im Schlachtgetummel, Detail der beruhmten ? Alexanderschlacht “ (Mosaik, Pompeji , ca. 150?100 v. Chr., wohl nach einer Vorlage aus dem 4. Jahrhundert)

Schon aus dem Altertum sind Darstellungen von Reiterfiguren bekannt. Bei den alten Kulturen in Mesopotamien und Agyptern erscheinen die Herrscher jedoch meist nicht als Reiter, sondern haufig im Streitwagen . In der Zeit des Hellenismus und des Romischen Reichs erlebte das Reiterbildnis eine hohe Blute, wobei es in der Form von Gemalden praktisch kaum erhalten ist. Alexander der Große kann als Prototyp gelten, dem diese Form der Darstellung gewidmet war. Im Alexandermosaik aus Pompeji ist ein Reiterbildnis Alexanders des Großen uberliefert, das vermutlich auf die Originalvorlage eines Gemaldes von Philoxenos von Eretria aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. zuruckgeht.

Konig Konradin , der Enkel Friedrichs II., lasst bei der Beizjagd mit seinem Freund Friedrich , Markgraf von Baden, einen Falken steigen. Codex Manesse , Universitatsbibliothek Heidelberg , Codex Pal. Germ. 848, fol. 7r.

Obwohl das Mittelalter zum Zeitalter der Ritter wurde, spielte das Reiterbildnis als individuelles Portrat keine große Rolle, da die Portratkunst im Mittelalter generell einen Niedergang erlebte. [1] Ganz verschwunden ist diese Form der Darstellung jedoch nie, wie die erhaltene Plastik der Reiterstatuette Karls des Großen zeigt. In einem der bemerkenswertesten Bilddenkmaler des Hochmittelalters, dem Teppich von Bayeux , ist Wilhelm der Eroberer in einer Szene als Reiter mit einem Falken zu sehen. Auch in der Buchmalerei des Mittelalters tauchen Reiterbildnisse auf, denen jedoch meist der Charakter eines Portrats im engeren Sinne fehlt. Beruhmte Beispiele dieser Art sind etwa im Codex Manesse uberliefert. Mittelalterliche und fruhneuzeitliche Reiterbildnisse hatten neben Herrschern insbesondere auch den drachentotenden Heiligen Georg und den Heiligen Martin von Tours , als er seinen Mantel teilte, zum Gegenstand. Auch im Zug der Heiligen Drei Konige blieb das Reiterbildnis wahrend des Mittelalters stets prafiguriert.

Erst mit der Renaissance entstand jedoch der eigentliche Typ des Reiterbildnisses, der in vielen Formen als Gemalde auf Leinwand ausgefuhrt wurde. Als ikonographische Vorlage gilt die Reiterstatue Mark Aurels , [2] die im Mittelalter fur ein Abbild Konstantins des Großen gehalten wurde. Als Gemalde erscheint das Reiterbildnis bereits im 15. Jahrhundert mit Fresken im Dom von Florenz, die als Imitation von Skulpturen gemalt sind, darunter Paolo Uccellos Reiterbild des Giovanni Acuto von 1436. Tizians Bildnis von Kaiser Karl V. nach der Schlacht bei Muhlberg aus dem Jahre 1547 ist sicher eines der wichtigsten in diesem Zusammenhang zu nennenden Reiterbildnisse der Renaissance. Mit diesem Gemalde begrundete Tizian einen Typus, den der Barockmaler Rubens wieder aufgriff, wie etwa mit dem Bildnis des Herzogs von Lerma (1603) oder dem Portrat des Kardinalinfanten Ferdinand von Spanien (um 1634). Mit dem Gemalde Sankt Martin und der Bettler verknupft El Greco die mittelalterliche Legende mit den ausdrucksstarken Mitteln des Manierismus zu einem Reiterbildnis, das wiederum eine christliche Botschaft transportiert.

Maler von Reiterbildnissen vom Barock bis zum Historismus

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Weitere zum Teil herausragende Vertreter der Malerei, die beruhmte Reiterbildnisse anfertigten, waren Gaspar de Crayer , Massimo Stanzione (ca. 1590 ? ca. 1650), Anthonis van Dyck (1599?1641), Diego Velazquez (1599?1660), Charles Le Brun (1619?1690), Jan Frans van Douven (1656?1727), Giuseppe Castiglione (1688?1766), Francesco Liani (ca. 1712 ? ca. 1780), Vigilius Eriksen (1722?1782), Francisco de Goya (1746?1828), Jacques-Louis David (1748?1825), Antoine-Jean Gros (1771?1835), Theodore Gericault (1791?1824), Theodore Chasseriau (1819?1856), Alfred Dedreux (1810?1860) und Ernest Meissonier (1815?1891).

Fur den deutschen Sprachraum konnen unter anderem die Kunstler Nikolaus Prugger (* ca. 1620?1694), Franz Kruger (1797?1857) Theodor Schloepke (1812?1878), Emil Hunten (1827?1902), Werner Schuch (1843?1918) und Gustav Adolf Closs (1864?1938) genannt werden. Der beruhmte Pferdemaler Franz Adam (1815?1886) und der Historienmaler Carl Theodor von Piloty (1826?1886) schufen 1853 in einer Gemeinschaftsarbeit das Bild der jungen Herzogin Elisabeth in Bayern. Es zeigt sie vor dem Schloss Possenhofen , dem Sommersitz ihrer Eltern am Starnberger See. Das Gemalde der passionierten Reiterin hing als Verlobungsgeschenk im Schlafzimmer des Kaisers Franz Josef in der Wiener Hofburg. Auch der osterreichische Maler Wilhelm Richter war bekannt fur Reiterportats, die jedoch den Portratierten eher in einer Jagd- und Sportsituation zeigen sollen.

20. Jahrhundert

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Mit der zunehmenden Ersetzung des Pferdes durch Maschinen und Automobile, dem Sturz vieler Monarchien sowie dem Siegeszug der Fotografie trat auch der Charakter des Reiterportrats als Status- und Machtsymbol im 20. Jahrhundert ganzlich in den Hintergrund. Dennoch ist gerade noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts ein sehr bemerkenswertes Kunstwerk aus dem Genre der Reiterbildnisse zu nennen. Der 1907 in Dresden in seiner heutigen Form zum Abschluss gebrachte Furstenzug als 102 Meter langes Wandbild aus Meißner Porzellankacheln zeigt 35 Reiterportrats der Herrscher des Furstenhauses Wettin .

  • Norbert Schneider : Portratmalerei. Hauptwerke europaischer Bildniskunst 1420?1670. Taschen Verlag, Koln 1992, ISBN 3-8228-1991-3
  • Anne Silbereisen: Das Reitermotiv in der Malerei ? Wandel der Bedeutung vom Mittelalter bis zu Picasso. 2. Ed., Grin Verlag, Munchen 2008. (Examensarbeit, Universitat Leipzig 2008.) ISBN 978-3-640-12066-6
  • Peter Ewards, Karl A. E. Enenkel , Elspeth Graham (Hrsg.): The Horse as Cultural Icon. The Real and the Symbolic Horse in the Early Modern World . (Interdisciplinary Studies in Early Modern Culture, Band 18) Brill, Leiden 2012, ISBN 978-90-04-22242-7
  • Alexandra Demberger: Damen hoch zu Ross. Vom koniglichen Herrscherportrait zum burgerlichen Adelsportrait. Reitkultur im Hause Thurn und Taxis. Pustet, Regensburg 2018, ISBN 978-3-7917-2997-8 .

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Norbert Schneider: Portratmalerei , S. 6
  2. Norbert Schneider: Portratmalerei , S. 125