Die
Regenpfeifer
(Charadriidae) sind eine
Familie
der
Vogel
aus der
Ordnung
der
Regenpfeiferartigen
(Charadriiformes). Die Mitglieder der weltweit verbreiteten Familie sind kleine bis mittelgroße
Watvogel
, deren Beine meist relativ kurz oder hochstens mittellang sind. Charakteristisch fur diese Familie sind ein kurzer Schnabel und bei vielen Arten ein kompakter, rundlich wirkender Korper. Die meisten Arten leben in offenen Landschaften in der Nahe von
Gewassern
und ernahren sich von
Wirbellosen
. Von den etwa 70
Arten
fuhrt die
IUCN
sieben als ?
gefahrdet
“, ?
stark gefahrdet
“ oder ?
vom Aussterben bedroht
“.
[1]
Obwohl die Regenpfeifer eine artenreiche Familie sind, ist ihr Korperbau recht einheitlich. Die großten Arten sind nur etwa doppelt so groß wie die kleinsten Arten: Der kleinste Regenpfeifer ist der
Azararegenpfeifer
mit einer Kopf-Rumpf-Lange von 15 Zentimetern und einem Gewicht von 30 Gramm, der schwerste Vertreter der Familie ist der
Maskenkiebitz
, der eine Kopf-Rumpf-Lange von 35 Zentimetern und ein Gewicht von 370 Gramm erreicht.
Charakteristisch fur alle Regenpfeifer sind die relativ großen Augen, deren
Iris
bei vielen Arten leuchtend gefarbt ist. Eine hohe Zahl von
Sehstabchen
auf der Netzhaut ermoglicht Regenpfeifern das Sehen auch unter schwachen Lichtbedingungen. Der Kopf erscheint rundlich und sitzt auf einem recht kurzen Hals. Die Vogel tragen den Hals oft eingezogen, weshalb der Korper vieler Arten insgesamt kugelig erscheint. Die dunnen Beine sind bis auf wenige Ausnahmen im Verhaltnis zum Korper kurz oder maximal mittellang, die Hinterzehe ist sehr kurz und bei vielen Arten nur noch
rudimentar
vorhanden. Die Zehen sind wie bei allen
Taxa
der
Unterordnung
Charadrii nicht durch Schwimmhaute verbunden.
Der Schnabel ist gerade, in der Regel relativ kurz und hat eine stumpfe Spitze. Er ist niemals langer als die Distanz zwischen der Schnabelbasis und dem Hinterrand des Auges. Eine Besonderheit stellt der Schnabel des neuseelandischen
Schiefschnabels
dar, dessen Spitze nach rechts gebogen ist. Bei den meisten Arten ist der Schnabel an der Spitze etwas dicker als in der Mitte und tragt zahlreiche druckempfindliche Rezeptoren, die sogenannten Herbst'schen
Korpuskel
. Diese dienen dem Aufspuren und Untersuchen von moglichen Beutetieren im
Substrat
.
Zwischen den Augen sitzen
Salzdrusen
, die durch Nahrung aufgenommenes Salz aus dem
Blutplasma
direkt in die
Nasenhohle
absondern.
Die Arten der Gattung
Vanellus
unterscheiden sich durch einige morphologische Besonderheiten von den anderen Regenpfeifern: Sie tragen
Federhauben
, haben Hautlappen im Gesicht oder tragen hornige Dornen am
Handwurzelknochen
. Auch eine Kombination dieser Merkmale kommt vor. Meist sind die Merkmale bei Mannchen starker ausgebildet als bei den Weibchen. Charakteristisch fur viele dieser Arten sind ihre breiten, abgerundeten Flugel. Die meisten anderen Regenpfeifer haben lange, eher schmale Flugel, die ihnen einen schnellen Flug ermoglichen.
Das Federkleid der Regenpfeifer ist meist in einer Kombination aus Grau- und Brauntonen sowie Schwarz und Weiß gefarbt. Viele Arten haben an der Brust und auf dem Kopf eine gebanderte Zeichnung. Vor allem kleinere Arten zeigen haufig ein Tarnmuster aus Flecken und Streifen, großere Arten sind oftmals deutlich auffalliger gefarbt, vor allem die Hautlappen im Gesicht einiger Vertreter der Gattung
Vanellus
sind auffallig gefarbt. Bei vielen Arten sind die Mannchen etwas intensiver gefarbt als die Weibchen. In dieser Hinsicht bildet nur der
Mornellregenpfeifer
eine Ausnahme: Bei dieser Art ist das Weibchen wahrend der Brutzeit deutlich intensiver gefarbt als das Mannchen. Arten, die in kalteren Gebieten leben und uberwintern haben als Anpassung an die kalten Temperaturen in ihrem Lebensraum deutlich mehr
Daunen
und Deckfedern.
Viele Regenpfeifer sind wahrend der Brutzeit intensiver gefarbt als wahrend des restlichen Jahres, der Unterschied zwischen
Schlichtkleid
und
Prachtkleid
ist in der Regel jedoch relativ gering. Bereits kurz vor der Brutzeit erneuern Regenpfeifer das Deckgefieder an Brust und Stirn, sodass dieses Gefieder wahrend der
Balz
am intensivsten gefarbt ist. Diese Federn verblassen innerhalb weniger Wochen, sodass die Vogel wahrend des Brutgeschafts bereits wieder deutlich besser getarnt sind. Das restliche Kopfgefieder wird
gemausert
, wenn das Gelege bebrutet wird. Die
Hauptmauser
, bei der samtliche anderen Federn ausgetauscht werden, findet nach der Brutzeit statt. Die Flugfahigkeit bleibt dabei erhalten, da nie alle Federn zugleich erneuert werden. Die gesamte Mauser nimmt einen Zeitraum von drei bis funf Monaten in Anspruch.
Die verschiedenen Gattungen der Regenpfeifer unterscheiden sich mitunter sehr deutlich hinsichtlich ihrer Lautaußerungen. Die meisten kleineren Arten, etwa die der Gattung
Charadrius
, rufen eher leise und fast ausschließlich im Brutgebiet, bei Gefahr außern sie ebenfalls leise, hohe Rufe. Großere Regenpfeifer wie Kiebitze hingegen rufen meist haufiger, lauter und durchdringender als ihre kleineren Verwandten. Bekannt ist, dass die meisten Arten eine Vielzahl verschiedene Rufe unterschiedlicher Lautstarke, Modulation und Lange beherrschen. Außer den verschiedenen, sehr exakt uber die Art der potenziellen Gefahr Auskunft gebenden Warnrufen sind die Lautaußerungen von Regenpfeifern jedoch nur wenig erforscht. Einige Arten nutzen spektakulare Singfluge zur Balz, wahrend denen sie teils lange, melodiose Strophen pfeifen, verschiedene kurze Laute werden zur Kommunikation mit Artgenossen und Jungvogeln eingesetzt.
Regenpfeifer sind auf allen
Kontinenten
und in allen
Klimazonen
der Erde anzutreffen. Sie besiedeln ublicherweise offene Habitate in der Nahe von Wasserflachen, besonders haufig
Marschland
,
Grasland
und
Tundra
in Kustennahe, aber auch im Inland bis in
Gebirge
. Wenige Arten leben in extrem trockenen Gebieten.
Ziehende
Arten wechseln im Zuge ihrer Wanderung teilweise mehrmals jahrlich das Habitat. Die großte Artenzahl erreichen die Regenpfeifer in den niederen Breiten der sudlichen Hemisphare.
Es gibt innerhalb der Regenpfeifer sowohl
Langstreckenzieher
und
Kurzstreckenzieher
als auch
standorttreue
Arten. Die meisten ziehenden Arten gehoren zur Unterfamilie Charadriinae, wahrend es innerhalb der Unterfamilie Vanellinae nur wenige Zugvogel gibt. Die meisten der ziehenden Arten finden sich vor Beginn des Zugs zu Gruppen von bis zu einigen hundert Individuen zusammen, nur wenige Arten ziehen alleine. Es kommt auch haufig vor, dass ziehende Regenpfeifer sich mit anderen ziehenden Watvogelarten zusammenschließen und mit diesen gemeinsam in einer Gruppe fliegen. Das Zugverhalten ist oft stark synchronisiert, ein Großteil einer lokalen Population zieht zur selben Zeit ins Winterquartier und zuruck. Wahrend langerer Fluge sind die Gruppen strukturiert und fliegen haufig in Formationen.
Wie alle Zugvogel nehmen vor allem die Langstreckenzieher unter den Regenpfeifern vor Beginn des Zuges besonders viel Nahrung auf, wodurch sie ihre Korpermasse um bis zu 50 Prozent vergroßern. Das angefressene Fett wird am gesamten Korper unter der Haut gespeichert. Zudem vergroßern sich in der Phase der Vorbereitung auf den Zug die Verdauungsorgane und die Flugmuskulatur zeigt unmittelbar vor dem Abflug eine
Hypertrophie
. Die weitesten Distanzen legen einige Arten der Gattung
Charadrius
zuruck, die zwischen Uberwinterungsplatzen im tropischen
Afrika
und Brutplatzen in der borealen und arktischen Klimazone wechseln und dabei einige tausend Kilometer zurucklegen. Einige Arten, die ganzjahrig in den Tropen und Subtropen leben, ziehen mit Beginn der Trockenzeit kurze Strecken zu den nachsten großeren Wasseransammlungen.
Viele Arten wandern im Tagesverlauf kurze Strecken zwischen ihren Schlafplatzen und den Nahrungsplatzen an Gewassern. Arten, die an Kusten leben, wandern zudem mit steigender beziehungsweise fallender
Tide
mit der Wasserlinie, um dort Nahrung zu suchen. In den
Tropen
und
Subtropen
verbreitete Arten ziehen sich in den heißen Mittagsstunden oftmals in den Schatten hoherer Vegetation zuruck.
Neben dem Aufplustern des Gefieders und gelegentlichem Baden zeigen Regenpfeifer das fur viele Vogel typische Komfortverhalten des Flugel- und Beinstreckens. Dabei werden ein Flugel und das Bein derselben Korperseite gleichzeitig vom Korper abgespreizt und gedehnt. Arten mit Verbreitungsgebieten in kuhleren Klimazonen nehmen bei Sonnenschein Sonnenbader, indem sie die Flugel leicht abspreizen und sich zur Sonne hinwenden.
Regenpfeifer verteidigen zur Brutzeit ein Territorium, auch wenn sie in lockeren
Kolonien
bruten. Viele Arten finden sich jedoch sowohl wahrend als auch außerhalb der Brutzeit zur Nahrungssuche in teils großeren, lockeren Trupps zusammen.
Das Brutrevier wird vor allem von den Mannchen verteidigt. Kommt es zu Auseinandersetzungen an der Territoriumsgrenze, drohen die beiden Kontrahenten sich, indem sie sich leicht aufgeplustert voreinander stellen und sich ihr meist stark gefarbtes Brust- und Gesichtsgefieder zeigen. Auch die bei einigen Arten leuchtend gefarbte
Iris
spielt bei diesen Drohritualen eine Rolle. Das Auge wird weit geoffnet, wahrend die
Pupille
verengt wird, sodass die Iris großer erscheint.
Außerhalb der Brutzeit verteidigen einige Arten kleine Nahrungsreviere, die allerdings nicht so scharf abgegrenzt sind wie die Brutreviere. Die Verteidigung dieser Reviere erfolgt mittels ritualisierter Drohgebarden, die sich von denen zur Verteidigung eines Brutreviers unterscheiden. Die Kontrahenten rennen mit gesenktem Kopf und aufgefacherten Schwanzfedern aufeinander zu und laufen dann mit leicht abgespreizten Flugeln nebeneinanderher. Dabei wird das Gefieder am Rucken leicht aufgeplustert, das Schwanzgefieder bleibt aufgefachert. Gelegentlich wird dieses Verhalten unterbrochen, indem die beiden Vogel sich aufrecht voreinander stellen und den dem Gegenuber zugewandten Flugel nach unten abspreizen.
Fuhlen sich Regenpfeifer bedroht, versuchen sie meist, sich laufend in Sicherheit zu bringen. Durch ihr Gefieder getarnte Arten drucken sich oft auch flach auf den Boden. Sobald sie sich gestellt fuhlen, fliegen Regenpfeifer auf und versuchen die nachstgelegene Deckung zu erreichen. Im Schwarm auftretende Regenpfeifer fliegen eher auf als einzelne Vogel, die ohne den Schutz des Schwarms leichter zur Beute eines Raubers werden konnen.
Wahrend der Brutzeit
verleiten
viele Arten potenzielle Nest- und Brutrauber, indem sie eine Verletzung simulieren und so versuchen, den Rauber vom Nest wegzulocken. Sobald die Jungvogel geschlupft sind, versuchen Regenpfeifer zudem, den Rauber zu verscheuchen, indem sie laut rufend vor ihm herumflattern und aus der Luft auf ihn herabstoßen.
Dank ihres guten Sehvermogens konnen Regenpfeifer Gefahren schon auf großere Entfernungen erkennen. Die meisten Arten haben Warnlaute fur verschiedene Gefahren entwickelt. Vor Raubvogeln warnen sie mit einem anderen Ruf als vor bodenlebenden Raubern. Auch unterscheiden sie zwischen Nestraubern und in dieser Hinsicht ungefahrlichen Arten.
Alle Regenpfeifer ernahren sich hauptsachlich von
Wirbellosen
, daneben werden in sehr geringen Mengen auch Samen und Fruchte aufgenommen, wenn diese verfugbar sind.
Regenpfeifer verlassen sich bei der Jagd auf den Sehsinn; sie warten also, bis sich ein Beutetier zeigt. Viele Arten suchen sowohl wahrend des Tages als auch wahrend der Dammerung und gelegentlich auch nachts nach Nahrung. Zum Beutefang suchen sie große, offene Flachen oder flache Vegetation ab. Wahrend der Nahrungssuche zeigen viele Arten ein charakteristisches Verhalten: Sie rennen kurze Strecken, um dann fur einen Moment innezuhalten. Die Pausen dienen dazu, die weitere Umgebung optisch nach potenziellen Beutetieren abzusuchen, die dann mit einem erneuten Sprint erreicht werden. Vor allem Arten der Gattung
Charadrius
zeigen dieses Verhalten besonders haufig. Regenpfeifer konnen auch Beute aufschrecken oder hervorlocken, indem sie auf der Stelle stehend schnell mit ihren Beinen auf den Boden trippeln. So werden Kleintiere aufgescheucht. Andere, im Boden lebende Beutetiere kommen an die Oberflache, da sie das klopfende Gerausch fur Regen oder einen grabenden Fressfeind halten. Neben diesen Verhaltensweisen erfolgt die Nahrungssuche jedoch auch, indem die Vogel langsam und mit gesenktem Blick umherlaufen, um Beutetiere zu entdecken oder mittels der Sondierung der obersten Substratschicht mit dem beruhrungsempfindlichen Schnabel. Eine Ausnahme hinsichtlich der Nahrungssuche ist der
Schiefschnabel
, der mit seinem namensgebenden, gebogenen Schnabel unter Steinen nach Kleintieren tastet.
Regenpfeifer vermeiden es, in unmittelbarer Nahe der haufig im selben Lebensraum vorkommenden Schnepfenvogel nach Nahrung zu suchen. Diese sondieren mit ihren langeren Schnabeln tiefere, weiche Untergrunde, wahrend die Regenpfeifer in der Regel auf hartere, weniger tiefe Substrate ausweichen. Dies ist ein Beispiel fur das
Konkurrenzausschlussprinzip
.
Die meisten Arten trinken nie oder sehr selten und nehmen das gesamte benotigte Wasser mit ihrer Nahrung auf. Wenn sie trinken, wird der Schnabel mit Wasser gefullt und der Kopf nach oben geworfen, um das Wasser zu schlucken, da sie nicht dazu in der Lage sind, das Wasser in den Schnabel zu saugen.
Die meisten Arten der Regenpfeifer bruten erst im zweiten Lebensjahr, nur in Ausnahmefallen bruten auch einjahrige Tiere. Zu Beginn der Brutzeit beginnen die Mannchen damit, ein Brutrevier zu verteidigen und zu
balzen
. Die Balz besteht bei den meisten Arten aus ritualisierten Bewegungen, die das Mannchen ausfuhrt, wahrend es sich einem Weibchen annahert. Meist beinhaltet die Balz das Prasentieren der auffallig gefarbten Gefiederpartien an Kopf und Brust, wahrend der balzende Vogel vor dem umworbenen Partner auf und ab schreitet und leise, glucksende Laute abgibt. Haufig werden auch die Flugel und das Schwanzgefieder in Richtung des Weibchens abgespreizt. Bei einigen Arten wird die Balz durch teils akrobatische Fluge und Gesang begleitet. Wenige Arten zeigen eine Rollenumkehr der Geschlechter: Die Weibchen balzen und verteidigen Reviere, wahrend die Mannchen sich vornehmlich um das Gelege kummern.
Regenpfeifer sind ausnahmslos
Bodenbruter
, die ihre Nester meist zwischen oder unter niedriger Vegetation oder zwischen Steinen anlegen. Das Nest der meisten Arten besteht lediglich aus einer Mulde, die hochstens sparlich mit Pflanzenmaterial und Federn ausgepolstert wird, oft aber werden die Eier direkt auf den Boden gelegt. Wenige Arten tragen Material zusammen, um daraus einen flachen Hugel mit einer Nistmulde zu bauen.
Je nach Verbreitung bruten Regenpfeifer im Sommer oder kurz nach der Regenzeit, wenn das Nahrungsangebot am großten ist. Die meisten Arten ziehen nur eine Brut pro Jahr groß, bei fruhzeitigem Verlust der ersten Brut legen die meisten Arten jedoch ein
Nachgelege
. Viele Arten besetzen schon lange vor Beginn der Brut ihre Brutreviere. Es gibt sowohl dauerhaft
monogame als auch polygame
(bspw.
polyandrische
) Arten. Bei polygam lebenden Arten verlasst ein Partner oft kurz nach dem Legen der Eier die Brut und sucht sich einen neuen Partner, um eine weitere Brut zu beginnen.
Die zwei bis vier birnenformigen Eier eines Geleges werden in der Regel im Abstand von ein bis zwei Tagen gelegt. Ein Ei hat bei den meisten Arten eine Masse, die 20 bis 30 Prozent der Korpermasse des Weibchens entspricht. Die Eier von Regenpfeifern haben eine helle Grundfarbung, die meist cremig weiß, beige oder grunlich ist, und tragen verschieden große, dunkle Sprenkelungen. Außer bei ausgepragt polygamen Arten ubernehmen bei den meisten Arten beide Elterntiere zu gleichen Teilen das Warmen der Eier. Arten, die in warmen Klimazonen bruten, sorgen fur eine ausreichende Kuhlung des Geleges, indem sie ihre Bauch- und Brustfedern mit Wasser vollsaugen lassen und sich anschließend auf das Gelege setzen. Durch die Verdunstung des Wassers werden die Eier in der Folge gekuhlt.
Die Jungvogel schlupfen zeitlich um maximal zwei Tage versetzt nach einer Brutdauer von 21 bis 30 Tagen, bei den kleineren Arten der Familie liegt die Brutdauer meist im unteren Bereich dieses Spektrums. Unmittelbar nach dem Schlupf tragen die Elterntiere die Eierschalen aus dem Nest und legen sie in einiger Entfernung ab, einige Arten verstecken sie sogar. Dieses Verhalten verhindert, dass die weiß leuchtenden Innenseiten der Schalen Nestrauber anlocken. Die Kuken sind ausgepragte
Nestfluchter
und sind in der Lage, sofort nach dem Schlupf unabhangig von ihren Eltern nach Nahrung außerhalb des Nests zu suchen. Nach kurzer Zeit kehren sie jedoch zum Nest zuruck oder werden von den Elterntieren zuruckgeholt, um gewarmt zu werden. Die Kuken haben zum Zeitpunkt des Schlupfens bereits sehr kraftige Beine und Fuße und einen großen Kopf und tragen ein dichtes Daunenkleid, das meist beige bis braun gefarbt ist. Bei vielen Arten tragt dieses Daunenkleid ein Tarnmuster aus dunklen Punkten und Streifen. Sobald alle Kuken geschlupft sind, verlassen die Elterntiere mit ihnen das Nest und laufen in Richtung der nachstgelegenen Wasserstelle, wobei sie sich, soweit moglich, als Schutz vor Raubern durch dichte Vegetation bewegen. Wahrend der ersten zwei bis drei Wochen warmen die Elterntiere die Kuken regelmaßig, da diese wahrend dieser Zeit noch nicht eigenstandig ihre Korpertemperatur halten konnen.
Nach drei bis vier Wochen werden die Jungvogel flugge, bis zu diesem Zeitpunkt uberleben durchschnittlich 25 bis 30 Prozent der Jungvogel.
Die modernen Regenpfeifer entstanden wahrscheinlich vor etwa 40 Millionen Jahren im spaten
Eozan
. Die ersten sicher den Regenpfeifern zuzuordnenden Fossilien stammen aus dem 30 Millionen Jahre alten
Oligozan
Colorados
und aus
Belgien
. Aufgrund der Ahnlichkeit der Regenpfeifer zu einer Vielzahl von Vogelfamilien entstand die Theorie, dass nach dem
Massenaussterben
an der
Kreide-Tertiar-Grenze
vor 65 Millionen Jahren einige regenpfeiferahnliche Taxa uberlebt haben konnten, aus denen sich in der Folge durch
adaptive Radiation
die rezenten
Neornithes
gebildet haben.
[2]
[3]
Molekulargenetische Studien halten jedoch einen alteren Ursprung der modernen Vogel fur wahrscheinlicher.
[4]
Regenpfeifer stellen zusammen mit den
Schnepfenvogeln
einen Großteil der
Regenpfeiferartigen
. Die starke okologische und morphologische Ahnlichkeit zu den Schnepfenvogeln begrundete fruher die Annahme, dass diese beiden Familien eng miteinander verwandt sind. Im 19. und 20. Jahrhundert ging man davon aus, dass die beiden Gruppen
Schwestertaxa
innerhalb der Ordnung der Charadriiformes bilden. Heute werden beide Familien allerdings unterschiedlichen Unterordnungen der Regenpfeiferartigen zugeordnet, die Regenpfeifer zu den Charadrii und die Schnepfenvogel zu den Scolopaci. Innerhalb der Charadrii sind die Regenpfeifer am nachsten mit den
Sabelschnabler
(Recurvirostridae), den
Austernfischern
(Haematopodidae) und dem
Ibisschnabel
(Ibidorhynchidae) verwandt.
[5]
Der
Magellanregenpfeifer
wurde lange Zeit zu den Charadriidae gestellt, sowohl morphologische als auch verhaltensbiologische sowie genetische Untersuchungen kamen jedoch zu dem Schluss, dass er in eine eigene Familie zu stellen ist, die nicht naher mit den Regenpfeifern verwandt ist.
[6]
[7]
Die Regenpfeifer wurden traditionell in zwei
Unterfamilien
eingeteilt, die vornehmlich in Afrika vorkommenden Kiebitze (Vanellinae) und die Eigentlichen Regenpfeifer (Charadriinae). Eine Ende 2022 veroffentlichte Untersuchung zeigte jedoch, dass beide Unterfamilien nicht
monophyletisch
sind. Innerhalb der Regenpfeifer konnen danach 5 Kladen unterschieden werden. Ganz an der Basis stehen die
Kiebitzregenpfeifer
(
Pluvialis
, zu denen auch die
Goldregenpfeifer
gehoren),
[8]
die in eine eigene Unterfamilie (Pluvialinae) gestellt werden,
[5]
dann folgt der
Orangekehlregenpfeifer
(
Oreopholus ruficollis
). Die drei ubrigen Kladen sind die Kiebitze, sowie zwei weitere Kladen, die sich jeweils um Teile der nicht monophyletischen Gattung
Charadrius
gruppieren.
[9]
Vereinfachte Phylogenie der Regenpfeifer nach ?erny & Natale (2022):
[9]
|
Die Gattungen der Regenpfeifer:
[10]
- Charadrius
(33 Arten)
- Anarhynchus
- Erythrogonys
- Eudromias
- Hoploxypterus
- Oreopholus
- Peltohyas
- Phegornis
- Kiebitzregenpfeifer
(
Pluvialis
) (4 Arten)
- Kiebitze
(
Vanellus
) (24 Arten)
- Zonibyx
Regenpfeifer wurden und werden wegen ihres Fleisches gejagt und ihre Eier gesammelt. Einige Arten sind in ihrem Verbreitungsgebiet sehr bekannt und teils durch die traditionelle Nutzung als Nahrungsmittel, teils wegen ihres von vielen Menschen als niedlich angesehenen Aussehens Teil der ortlichen
Kultur
geworden. Das Eiersammeln und die Jagd auf Regenpfeifer sind oft traditionelle Ereignisse. Einige Arten der Gattung
Vanellus
werden als
Haustiere
gehalten und eingesetzt, um Grundstucke zu bewachen. Durch ihre große Aufmerksamkeit erkennen sie Eindringlinge bereits sehr fruh und melden diese lautstark.
Einige Arten sind
Kulturfolger
, die erst durch menschliche Aktivitaten bestimmte Bereiche besiedeln konnen. Vor allem in Asien und Afrika, wo große Flachen entlang der Kusten gerodet werden, entstehen Grasland, Weideflachen und wenig intensiv genutzte Acker, die von Regenpfeifern genutzt werden.
Viele Arten sind durch zunehmenden Verlust ihres Lebensraumes bedroht. Entwasserung, starkere Beweidung und Intensivierung der Landwirtschaft zerstoren die Brut-, Rast- und Uberwinterungsgebiete vieler Arten weltweit. Daneben stellen das ubermaßige Sammeln von Eiern und die Jagd eine Bedrohung fur einige Arten dar. Besonders bedroht sind Arten mit einem kleinen Verbreitungsgebiet und
Endemiten
auf Inseln. Eingefuhrte
Ratten
und
Hauskatzen
zerstoren Gelege und fressen Kuken und Brutvogel.
Die Informationen dieses Artikels entstammen großtenteils:
Daruber hinaus wurden folgende Quellen genutzt:
- ↑
Charadriidae
in der Roten Liste gefahrdeter Arten der
IUCN
2010. Abgerufen am 03.03.2011.
- ↑
S. L. Olson:
Aspects of the global avifaunal dynamics during the Cenozoic.
In:
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- ↑
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In:
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- ↑
J. Cracraft:
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In:
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- ↑
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b
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ISBN 978-84-941892-0-3
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- ↑
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- ↑
T. A. Paton, A. J. Baker, J. G. Groth, G. F. Barrowclough:
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Eight independent nuclear genes support monophyly of the plovers: The role of mutational variance in gene trees.
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Band 6, Nr. 2, November 2012, S. 631?641,
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- ↑
a
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David ?erny, Rossy Natale:
Comprehensive taxon sampling and vetted fossils help clarify the time tree of shorebirds (Aves, Charadriiformes).
Molecular Phylogenetics and Evolution, Band 177, Dezember 2022,
doi: 10.1016/j.ympev.2022.107620
- ↑
Frank Gill, David Donsker & Pamela Rasmussen (Hrsg.):
Buttonquail, thick-knees, sheathbills, plovers, oystercatchers, stilts, painted-snipes, jacanas, Plains-wanderer, seedsnipes
IOC World Bird List Version 14.1