Rechtsgrundlage
, auch
Ermachtigungsgrundlage
oder
Ermachtigungsnorm
, ist ein Begriff aus dem deutschen
Verwaltungsrecht
und bezeichnet eine
Rechtsnorm
, die eine
Behorde
auf dem Gebiet des
offentlichen Rechts
zur Regelung eines Einzelfalls ermachtigt.
Zustandigkeitsvorschriften
sind dadurch gekennzeichnet, dass sie der Behorde bestimmte Aufgaben lediglich allgemein zuweisen, ohne auch dazu zu ermachtigen, die zur Erfullung dieser Aufgaben notigen Maßnahmen im Einzelfall zu ergreifen.
Eine zivilrechtliche
Anspruchsgrundlage
ist eine Rechtsnorm, die dem Anspruchsteller das Recht gibt, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (
§ 194
Abs. 1 BGB).
Eine
Tat
kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Das strafrechtliche
Gesetzlichkeitsprinzip
ist in
Art. 103
Abs. 2 GG,
§ 1
StGB verankert.
[1]
Ein
Eingriff
in
Grundrechte
mit
Gesetzesvorbehalt
bedarf einer besonderen
Eingriffsermachtigung
.
Da die vollziehende Gewalt gem.
Art. 20
Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden ist, darf die Verwaltung nur tatig werden, wenn sie dazu
durch ein formelles Gesetz ermachtigt wurde.
[2]
Sie darf grundsatzlich nicht ohne gesetzliche Rechtsgrundlage handeln (
Vorbehalt des Gesetzes
) und mit ihren
hoheitlichen Handlungen
nicht gegen eine gesetzliche Regelung verstoßen (
Vorrang des Gesetzes
).
[3]
Verwaltungsakte
sind nur rechtmaßig, soweit sie von einer wirksamen Rechtsgrundlage gedeckt sind. Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Klager dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt und einen etwaigen Widerspruchsbescheid auf (
§ 113
Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Angabe einer Rechtsgrundlage gehort zwar zu den ?wesentlichen tatsachlichen und rechtlichen Grunden, die die Behorde zu ihrer Entscheidung bewogen haben“ (formelle Begrundungspflicht im Sinne des
§ 39
Abs. 1 Satz 2 VwVfG).
[4]
Die Angabe der falschen Ermachtigungsgrundlage fuhrt aber nicht zu einem Verstoß gegen § 39 Abs. 1 VwVfG,
[5]
da nach h. M. kein Anspruch des Burgers auf eine materiell richtige Begrundung besteht.
[6]
Die erforderliche Begrundung kann zudem auch nachtraglich gegeben werden (
§ 45
Abs. 1 Nr. 2 VwVfG).
Ob eine Verwaltungsentscheidung von einer Rechtsgrundlage gedeckt ist, betrifft ihre materielle Rechtmaßigkeit. Bei dieser Prufung hat das Gericht alle einschlagigen Rechtsvorschriften und ? nach Maßgabe der Sachaufklarungspflicht gemaß
§ 86
Abs. 1 VwGO ? alle rechtserheblichen Tatsachen zu berucksichtigen, gleichgultig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behorde zur Begrundung des Verwaltungsaktes angefuhrt worden sind oder nicht. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmaßig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, seinen Spruch zu tragen. Die Rechtsgrundlagen sind daher insoweit austauschbar.
[7]
Erweist sich die Entscheidung aus anderen als den angegebenen Rechtsgrunden als rechtmaßig, ohne dass diese anderen Rechtsgrunde wesentliche Anderungen des Spruchs erfordern wurden, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig.
[8]
Eine
gebundene Entscheidung
kann jedoch nicht auf eine
Ermessensvorschrift
gestutzt werden. Die Grenzen der Austauschbarkeit sind dieselben wie bei der Frage nach der Zulassigkeit des
Nachschiebens von Grunden
.
[9]
Die Rechtsgrundlage muss ihrerseits
rechtmaßig
(wirksam) sein. Eine eventuelle
Kollision
verschiedener Rechtsgrundlagen, die die Entscheidung tragen konnten, ist nach allgemeinen Regeln aufzulosen. Im Rahmen der
Normenhierarchie
geht dabei das hoherrangige Recht, etwa ein formliches Parlamentsgesetz, dem rangniederen, etwa einer
Rechtsverordnung
oder
Satzung
, vor (
lex superior derogat legi inferiori
).
Zur materiellen Rechtmaßigkeit einer bundesrechtlichen Verordnung gehort nach
Art. 80
Abs. 1 Satz 3 GG, die Rechtsgrundlage in der Verordnung anzugeben. Das erfordert, dass nicht nur das
ermachtigende Gesetz
(Delegationsgesetz) als solches, sondern die ermachtigende Einzelvorschrift aus diesem Gesetz im Vorspruch der Verordnung genannt werden. Dieses
Zitiergebot
soll die Delegation von Rechtssetzungskompetenz auf die Exekutive in ihren gesetzlichen Grundlagen verstandlich und kontrollierbar machen.
[10]
Ein Beispiel ist die aufgrund
§ 5b
,
§ 6
Abs. 1 des
Straßenverkehrsgesetzes
erlassene
Straßenverkehrsordnung
.
[11]
Der Vorspruch lautet:
?Auf Grund
- des § 5b Absatz 3 sowie § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe y, 2 Buchstabe a, c, s, w und x, Nummer 3 Buchstabe c sowie Buchstabe f bis i, Nummer 4a, 7, 13, 14, 16, 17, 18 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Marz 2003 (BGBl. I S. 310, 919), von denen § 5b Absatz 3 durch Artikel 2 Nummer 4 des Gesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1958), § 6 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe w und x durch Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc des Gesetzes vom 3. Mai 2005 (BGBl. I S. 1221), § 6 Absatz 1 Nummer 14 durch Artikel 1 Nummer 1 des Gesetzes vom 3. Februar 2009 (BGBl. I S. 150) geandert worden sind, verordnet das Bundesministerium fur Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,
- des § 6 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe d und e, Nummer 5a, 6, 7, 15 in Verbindung mit Absatz 2a des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Marz 2003 (BGBl. I S. 310, 919), von denen § 6 Absatz 2a durch Artikel 2 Nummer 4 des Gesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1958) geandert worden ist, verordnen das Bundesministerium fur Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und das Bundesministerium fur Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).“
- ↑
vgl. Florian Alexander Kirsch:
Zur Geltung des Gesetzlichkeitsprinzips im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs.
Duncker & Humblot, Berlin 2014.
ISBN 978-3-428-14462-4
(Print).
Inhaltsverzeichnis.
- ↑
Ehlers, in: Ehlers/Punder (Hrsg.):
Allgemeines Verwaltungsrecht,
15. Auflage 2016, § 2 Rn. 40.
- ↑
Rechtsbindung der Verwaltung.
Universitat Bamberg, 2008.
- ↑
Begrundung eines Verwaltungsaktes
.
Rechtslexikon.net, abgerufen am 2. November 2021.
- ↑
Erichsen/Schroder Jura 2010, 824 (827) m.w.N.
- ↑
Decker VwGO/VwVfG § 39 VwVfG Rn. 2.
- ↑
BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 ? 4 C 5.03
Rz. 20 = BVerwG NVwZ 2005, 215.
- ↑
VGH Munchen, Beschluss vom 21. Januar 2019 ? 11 ZB 18.2066
Rz. 18 (Anschluss an BVerwGE 80, 96).
- ↑
OVG Saarlouis BeckRS 2013, 54186.
- ↑
BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 - 2 BvF 3/90
Rz. 151 ff.
- ↑
Verordnung zur Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
vom 6. Marz 2013,
BGBl. I S. 367