Radverkehr
, auch
Fahrradverkehr
und in der Schweiz
Veloverkehr
, bedeutet Raumuberwindung durch
Fahrradfahren
unter Nutzung des
muskelkraftbetriebenen Fahrzeugs
Fahrrad
mit dem Ziel des
Transports
von Menschen und Gutern. Der Radverkehr ist eine
flachenverbrauchsarme
,
individuelle
,
gesunde
,
nachhaltige
,
Feinstaub
,
Larm
und
Abgase
vermeidende Art der
Fortbewegung
und
Logistik
.
[2]
Er ist wesentlicher Bestandteil der
Fahrradkultur
und ? neben
Fußverkehr
und
Schwimmen
? eine der einfachsten und direktesten Formen menschlicher
Mobilitat
.
In Deutschland wurden 2017 taglich etwa 28 Millionen Wege und damit eine Verkehrsleistung von etwa 112 Mio. km mit dem Fahrrad erbracht.
[3]
In der Schweiz werden taglich etwa 8 Mio. km taglich erbracht
[4]
.
Radverkehr kann unterteilt werden in Alltagsradverkehr,
touristischen Radverkehr
und
Radsport
.
Diese Verkehrsarten haben unterschiedliche Bedingungen, die aus den unterschiedlichen Anforderungen und Verkehrsabsichten resultieren.
Ganzjahrig findet Radverkehr meist als Alltagsverkehr statt. Insbesondere in den warmeren Zeiten des Jahres gibt es auch einen großen touristischen Anteil. Der Straßenradsport hat nur einen geringen Anteil am gesamten Radverkehr.
Fur den Radverkehr wird eine bauliche und ordnungsrechtliche Infrastruktur benotigt, die eine reibungslose Abwicklung des Radverkehrs zwischen Ausgangspunkt und Ziel ermoglicht. Ausgangspunkte und Ziele des Alltagsradverkehrs entsprechen denen anderer Verkehrsarten. Aus diesem Grund existiert mit dem bestehenden Straßennetz meist bereits eine Verkehrsmoglichkeit fur den Radverkehr. Wegen der Fortbewegung aus eigener Kraft ist der Alltagsradverkehr auf moglichst kurze, umwegfreie Wege mit moglichst geringen Hohenunterschieden und glatten, leicht zu befahrenden Straßenoberflachen angewiesen. Das existierende Straßennetz ist dafur in der Regel ausreichend ausgestattet.
Fur den touristischen Radverkehr werden Wege bevorzugt, die abseits stark befahrener Straßen liegen. Um auch auf der Route liegende touristische Ziele zu erreichen, wird hier teilweise auf eine direkte Wegfuhrung zwischen zwei Orten verzichtet. Ebenso wird auf
touristischen Radwegen
ein schlechterer Oberflachenzustand eher toleriert.
Fur den Radverkehr existieren besondere Wege und Straßen, siehe
Radverkehrsanlagen
.
Der radfahrende
Verkehrsteilnehmer
muss in der Lage sein, das
Verkehrsmittel
Fahrrad
im
Straßenverkehr
fahrtechnisch sicher zu beherrschen und in einem verkehrstechnisch einwandfreien Zustand zu halten, zumal keine TUV-Prufung fur Fahrrader vorgeschrieben ist. Der junge
Radfahrer
lernt die erforderlichen Techniken,
Verkehrszeichen
und
Verkehrsregeln
meist durch entsprechende Angebote der
Deutschen Verkehrswacht
, der
Verkehrspolizei
und der
Schulen
, die geeignete Anlagen wie
Verkehrsubungsplatze
und speziell ausgebildete Lehrkrafte zur Verfugung stellen.
[5]
Die alteren Verkehrsteilnehmer sind weitestgehend auf ihre Eigenverantwortung angewiesen.
Zur Feststellung der technischen Fahrtuchtigkeit und sicheren Handhabung des Verkehrsmittels Fahrrad stellt die
Verkehrsdidaktik
neben erprobten Ausbildungsprogrammen
[6]
auch geeignete
Lernkontrollen
in Form von kurzweiligen
Radfahrprufungen
bereit, die es jedermann ermoglichen, seine sichere Bewegungsfahigkeit in den offentlichen Verkehrsraumen zu uberprufen und zu verbessern.
[7]
Der Fahrradverkehr hat das Potenzial, ca. 50 Prozent der mit dem stadtischen
motorisierten Individualverkehr
zuruckgelegten Wege zu ersetzen, die uberwiegend als Kurzstreckenverkehr unter 10 Kilometer stattfinden. Damit ließe sich der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr (
Modal Split
) betrachtlich steigern.
[8]
[9]
- Fahrradverkehr ist schnell: Er kann in der Regel seine Geschwindigkeitsvorteile,
[10]
betrachtet als Reisezeit von Tur zu Tur, auf Strecken bis funf Kilometer gegenuber allen anderen Verkehrsarten ausspielen. Mit Schaffung guter Rahmenbedingungen, wie dies u. a. durch die Anlage von
Radschnellwegen
in den
Niederlanden
und
Danemark
erfolgte, gelingt das auch auf langeren Entfernungen.
- Fahrradverkehr ist kostengunstig: Ein Kilometer Radfahren kann gegenuber der Nutzung eines motorgetriebenen
Automobils
leicht Kosten von rund 10 ct/km allein durch die
Kraftstoffeinsparung
vermeiden.
[11]
Bei entsprechenden Fahrleistungen liegen auch die Fixkosten pro Kilometer, die sich aus Anschaffung und Wartung ergeben, deutlich unter denen von Automobilen.
- Der gesamtgesellschaftliche Nutzen des Radfahrens ist bei etwa 30 ct/km. Im Vergleich kostet jeder Kilometer mit dem Auto die Gesellschaft etwa 20 ct.
[12]
- Fahrradfahrende bewegen sich gesunder:
[13]
[14]
Da sich Radfahrer mit Muskelkraft an der freien Luft bewegen, senken sie Erkrankungsrisiken und erhohen ihre Lebenserwartung. Vorteilhaft ist zudem, dass beim Radfahren gesundheitsfordernde Fortbewegung sozusagen nebenbei erfolgt.
- Fahrradverkehr ermoglicht soziale Mobilitat: Dadurch, dass Radfahrende gut zu sehen sind und Radfahrgeschwindigkeiten meist gering sind, ist eine intensivere Kommunikation zwischen den Verkehrsteilnehmern moglich als im Autoverkehr. Durch die Sichtbarkeit der Menschen wirken Stadte mit Radverkehr belebt und lebenswert.
- Fahrradverkehr starkt lokalen Handel und belebt die Innenstadte: Fahrradfahrende haben meist weniger Transportkapazitat als Autofahrer, zudem sind Radfahrer eher umwegsensibel. Deswegen erledigen Alltagsradfahrer ihren Einkauf meist auf ihren alltaglichen Wegen in Laden die auf kleinere Einkaufsmengen ausgelegt sind, also bevorzugt in den Stadtteil- und Dorfzentren sowie in den Innenstadten. Autogerechte Einkaufszentren an Stadtrandern sind fur Radfahrer wenig attraktiv. Da Radfahrer deutlich geringere Mobilitatskosten haben, steht ihnen mehr Geld fur Konsum zur Verfugung.
- Fahrradverkehr entlastet Straßen: Aufgrund des verringerten Platzbedarfs des Radverkehrs entlastet jeder Autofahrer, der aufs Fahrrad umsteigt, den fahrenden wie ruhenden Straßenverkehr. Deswegen ist bei ausreichender Nutzung durch Radfahrer ein Umwidmen von Kraftfahr- zu Radfahr-Infrastruktur auch fur den Autoverkehr von Vorteil.
- Fahrradinfrastruktur
ist preiswert: Fahrrader sind viel leichter und beanspruchen weniger Platz als Kraftfahrzeuge. Daher sind Radverkehrsanlagen fur vergleichbare Verkehrsaufkommen kleiner, preiswerter und dauerhafter als die Verkehrsinfrastruktur des motorisierten Individualverkehrs.
- Fahrradverkehr verringert die
Zersiedelung
: Radfahren ist vor allem im Radius bis zu 10 km attraktiv. Einwohner, die die Vorteile des Fahrrades fur sich erkannt haben, werden entfernte Wohnstandorte mit weiten Verkehrswegen weniger attraktiv finden als Menschen, die uberwiegend das Auto oder den
OPNV
nutzen.
Radverkehr ist als komplexes System zu verstehen, das in viele Lebensablaufe des Menschen integriert werden muss. In die planerischen Entscheidungen zugunsten des Radverkehrs mussen auch die anderen Verkehrsarten
Fuß-
,
Kfz-
und
schienengebundener Nahverkehr
einbezogen werden. Dies erfordert eine
integrierte Planung
. Zu einer von vielen Seiten gewunschten Forderung des Radverkehrs gehort deshalb auch eine entsprechende
Offentlichkeitsarbeit
und die Anpassung des Ordnungsrahmens durch
Gesetze
und
Verordnungen
sowie eine hinreichende Finanz- und Personalausstattung (Radverkehrsplanung ist detailorientiert und erfordert deutlich hoheren Planungsaufwand als ?normaler“
Straßenbau
). In der klassischen Radverkehrsplanung steht die bauliche Gestaltung des Fahrweges, das heißt die Schaffung von Radfahrstreifen oder baulich getrennter Radwege, im Mittelpunkt des Interesses. Inzwischen haben sich durchgehende Planungen fur ganze Routen, zum Beispiel mit Teilabschnitten in ruhigen
Erschließungsstraßen
,
Fahrradstraßen
, Grunanlagen als wirkungsvolleres Planungsprinzip durchgesetzt; zusammenhangende
Radverkehrsnetze
werden auch mit Wegweisern beschildert. Als weitergehender Ansatz ist die Diskussion oder Planung von einzelnen
Radschnellwegen
hinzugekommen. Bei der Umsetzung dieser Planungsprinzipien gibt es in Deutschland oft noch Verzogerungen.
Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Punkte:
- Abbau von (fur den Radverkehr) unnotigen oder hinderlichen Einschrankungen aller Art, z. B. Kennzeichnung fur Radfahrer durchlassiger
Sackgassen
, Offnung von
Einbahnstraßen
fur Radfahrer auch in der Gegenrichtung, Herausnahme von Radfahrern bei Abbiegegeboten, Verkurzung von Wartezeiten an
Ampeln
- Gewahrleistung der Barrierefreiheit durch
Rampen
statt Treppen,
Asphalt
statt Großsteinpflaster oder gar Kopfsteinpflaster, Bordabsenkungen, ausreichend bemessene hindernisfreie Wege
- Wartung, Reinigung und Schneeraumung der Wege
- sicheres Fahrrad-Parken sowohl zum Diebstahl- als auch zum Witterungsschutz an Quellen und Zielen des Radverkehrs
- zusatzliche Verfugbarkeit von Fahrradern durch Netze von
Selbstbedienungsstationen zur Fahrradvermietung
usw. im gesamten Radverkehrssystem.
Bei allen Verkehrsformen zeigt sich, dass sich durch die Verbesserung der jeweiligen Infrastruktur der entsprechende Verkehrsanteil erhohen lasst. Im Gegensatz zum Radverkehr sind Barrierefreiheit und Rund-um-Service fur den Autoverkehr seit Mitte des 20. Jahrhunderts in den entwickelten Landern uberwiegend zur Selbstverstandlichkeit geworden. Beispiele aus dem System des Kfz-Verkehrs dafur sind autogerechte Verkehrsfuhrung und Verkehrsflachen,
Schnellstraßen
,
Autobahnen
,
Parkhauser
, Vorgaben uber die Anzahl und Gestaltung von Parkplatzen beispielsweise an Einkaufszentren, amtliche Ausschilderungen von Serviceangeboten, wie Tank- und Rastanlagen oder
Motels
. Fur den Radverkehr fehlen solche Angebote bis heute uberwiegend oder beruhen auf lokalen bzw. privaten Initiativen.
Wahrend lange Zeit eine Trennung der verschiedenen Verkehrsformen favorisiert wurde, gibt es seit etwa Anfang der 1990er Jahre Kritik an den auf Separation nach Verkehrsarten angelegten Konzepten, da Radwege und
Radfahrstreifen
das Unfallrisiko gegenuber dem Fahren auf der Fahrbahn stark erhohen konnen, zum Teil auf Grund unzulanglicher Gestaltung (je nach Variante des Radweges auf das Drei- bis Zwolffache).
[17]
Aus diesem Grund ist in Deutschland seit dem 1. Oktober 1998 die allgemeine Benutzungspflicht fur Radverkehrsanlagen abgeschafft worden. Damit ist die Fuhrung des Radverkehrs auf der Fahrbahn der Normalfall, wahrend die Benutzungspflicht fur Radverkehrsanlagen nur in Ausnahmefallen und nach einer Einzelfallprufung angeordnet werden darf.
[18]
[19]
Radverkehrsplanung ist uberwiegend kommunale Aufgabe, bei der Finanzierung gibt es vielfaltige Fordermoglichkeiten,
[20]
die aber im Gegensatz zu den Finanzierungsmoglichkeiten (und Summen) fur den Offentlichen Nah- und Fernverkehr sowie den Kfz-Verkehr marginal sind.
Politisch ist die Forderung des Radverkehrs parteienubergreifend auch auf nationaler Ebene als Aufgabe anerkannt worden. So verabschiedete der
Deutsche Bundestag
2002 den
Nationalen Radverkehrsplan
(NRVP)
[21]
der
Bundesregierung
fur die Jahre 2002 bis 2012. Anfang 2012 wurde als Weiterentwicklung der
Nationale Radverkehrsplan 2020
vorgelegt und am 6. September 2012 vom Bundeskabinett beschlossen.
[22]
Inzwischen ist seit 2021 der Nationale Radverkehrsplan 3.0 gultig.
[23]
Im Zeitverlauf sind insbesondere die finanziellen Forderangebote auf Bundesebene stark gewachsen.
Mit dem
Fahrradportal
[24]
hatte das damalige
Bundesministerium fur Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(BMVBS) ab 2004 bis 2022 eine Informations- und Arbeitsplattform im Internet aufgebaut, die der besseren Koordination von Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen sowie interessierten Arbeitsgruppen diente. Dort gab es, bearbeitet vom
Deutschen Institut fur Urbanistik
unter Leitung von
Tilman Bracher
, u. a. einen umfassenden Uberblick uber deutschsprachige Literatur und Studien zum Radverkehr. Seit 2006 ist das Thema beim Ministerium in der Abteilung
Stadtentwicklung und Wohnen
im Referat SW 24 ?Radverkehr“ angesiedelt.
Inzwischen ist neben dem BMDV das
Bundesamt fur Logistik und Mobilitat
(BALM) zustandig, u. a. fur Fortbildungsangebote und die Bewilligung von Forderungen, die nicht uber die Bundeslander organisiert sind.
Technische Regelwerke wurden im Arbeitskreis ?Radverkehr“ des Arbeitsausschusses ?Anlagen des Fußganger- und Radverkehrs“ bei der
Forschungsgesellschaft fur Straßen- und Verkehrswesen
(FGSV) erarbeitet. Dieser hat die
Empfehlungen fur Radverkehrsanlagen
(ERA) erstellt, die 2010 veroffentlicht wurden. Inzwischen sind die Arbeitsausschusse (AA) fur Fuß- und Radverkehr voneinander getrennt, der AA 2.5 Radverkehr hat aktuell sechs Arbeitskreise, die die ERA fortschreiben, sich um
Radschnellverbindungen
kummern,
Hinweise zur Quantifizierung des Radverkehrs
und ein
Arbeitspapier Pedelec-taugliche Infrastruktur
erarbeiten sowie die
Hinweise zur Signalisierung des Radverkehrs
uberarbeiten. Schließlich werden auch die
Hinweise zum
Fahrradparken
uberarbeitet.
[25]
Hinzu kommt die Uberarbeitung des
Merkblatt zur wegweisenden Beschilderung fur den Radverkehr
von 1998.
Als fachliche Lobbygruppe verstand sich der Fachausschuss Radverkehr von
ADFC
und der
Vereinigung fur Stadt-, Regional- und Landesplanung
(SRL), der inzwischen von Seiten des ADFC-Bundesverbands abgewickelt wurde. Einzelne altere Positionspapiere sind noch verfugbar.
[26]
Der ADFC ist als politische Lobbygruppe aktiv.
Die deutsche
Bundesanstalt fur Straßenwesen
(BASt) und die schweizerische
Beratungsstelle fur Unfallverhutung
(bfu) bearbeiten und veroffentlichen regelmaßig Forschungsvorhaben zum Radverkehr, besonders zu den Themen ?Verhalten und Sicherheit im Verkehr“ und ?Straßenverkehrstechnik“. In Deutschland kommen Studien im Auftrag der
Unfallforschung der Versicherer
hinzu, z. B. zu Fragen wie der Fuhrung des Radverkehrs an
Kreisverkehren
oder der Problematik von
Abbiegeunfallen
. Einen Uberblick zum Stand der Forschung in Deutschland gibt ein
Forschungsinformationssystem
Mobilitat und Verkehr
der
Universitat Dresden
.
[27]
Die bfu befasst sich wissenschaftlich mit der Umsetzung des durch die
Vision Zero
angestrebten Ziels, Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr ganz zu vermeiden.
Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung:
Er sollte auch die Sachlage in anderen Landern, etwa in der Schweiz, berucksichtigen und mit Belegen fundieren.--
Aeranthropos
(
Diskussion
) 12:57, 11. Jan. 2018 (CET)
Bitte hilf mit, ihn zu
verbessern
, und entferne anschließend diese Markierung.
Hier werden die rechtlichen Bestimmungen fur das
Radfahren
beschrieben. Die gesetzlichen Regeln fur das Fahrrad selbst, also beispielsweise die Ausrustung mit Licht, Hupe etc. finden sich im Artikel
Fahrrad
.
Benutzt ein Radfahrer den offentlichen Verkehrsraum, ist er als
Verkehrsteilnehmer
an die Bestimmungen der
Straßenverkehrs-Ordnung
(StVO) hinsichtlich seiner Rechte, seiner Pflichten, seiner
Fahrtuchtigkeit
und der Verkehrssicherheit und Gebrauchstauglichkeit seines
Fahrzeuges
gebunden. Er ist im Sinne der StVO ein
Fahrzeugfuhrer
.
In der Regel fahren Radfahrer in Deutschland auf der Fahrbahn, es sei denn es existieren zusatzliche benutzungspflichtige oder nicht benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen (
§ 2
Abs. 1, 4 und 5 der
StVO
). Benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen sind durch
Verkehrszeichen
237
,
240
,
241-30
oder
241-31
gekennzeichnet. Teilweise konnen auch sonst gesperrte Verkehrswege wie Einbahnstraßen, Gehwege oder Fußgangerzonen durch Zeichen
1022
fur Radfahrer freigegeben sein. Autobahnen und
Kraftfahrstraßen
sind generell fur Radfahrer gesperrt. Kinder unter 8 Jahren mussen auf dem Gehweg fahren, durfen aber auch baulich von der Fahrbahn getrennte Radwege benutzen. Eine geeignete Aufsichtsperson darf das noch nicht 8 Jahre alte Kind mit dem Fahrrad auf dem Gehweg begleiten. Kinder, die 8 oder 9 Jahre alt sind, durfen Gehwege benutzen, mussen es aber nicht. Wird vor dem Uberqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, mussen das Kind und die begleitende Aufsichtsperson absteigen.
- Voraussetzungen einer Radwegebenutzungspflicht
?Eine Radwegebenutzungspflicht darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen ortlichen Verhaltnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeintrachtigung erheblich ubersteigt (§ 45 Abs. 9 Satz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung ? StVO).“
Die Radwegebenutzungspflicht wird haufig kritisiert, weil zum einen trotz mangelnder baulicher Voraussetzungen (z. B. Mindestbreite, Oberflachenzustand) Radwege teilweise als benutzungspflichtig ausgewiesen sind und weil zum anderen verschiedene Studien auf erhohte Unfallgefahr hinweisen, wenn Fahrrad- und motorisierter Verkehr auf getrennten Verkehrswegen statt im Mischbetrieb unterwegs sind. Auch eine rechtswidrige Ausschilderung ist jedoch meist wirksam.
[29]
- Technische Ausrustung
- Beleuchtung:
- In Deutschland sind Radfahrer verpflichtet, ihr Rad mit einer
Fahrradbeleuchtung
und Reflektoren gemaß
§ 67
StVZO
auszustatten, um es im offentlichen Verkehr benutzen zu durfen. Im Gegensatz zu
Kleinkraftradern
, zu denen auch
S-Pedelecs
zahlen, ist beim Fahrrad kein permanentes
Tagfahrlicht
vorgeschrieben. Ahnliche Verordnungen gelten auch in anderen Landern.
- Unfallzahlen
Die "Vision Zero" ist in der Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO)
[30]
zum § 1 der StVO so vorgegeben:
?Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) regelt und lenkt den offentlichen Verkehr. Oberstes Ziel ist dabei die Verkehrssicherheit. Hierbei ist die ?Vision Zero“ (keine Verkehrsunfalle mit Todesfolge oder schweren Personenschaden) Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen.“
Bedauerlicherweise jedoch liegen die Zahlen der Unfalle mit Radfahrenden in Deutschland mit Korperschadigung (= mit Totung bzw. mit Korperverletzung) immer noch sehr hoch / deutlich zu hoch. Die nachfolgende Tabelle gibt die polizeilich aufgenommenen, auf jeweils 100.000 Einwohnende bezogenen Zahlen 2022 der Verkehrsunfalle mit Korperschadigung (Totung/Verletzung) mit Radfahrer-Beteiligung fur die aktuell 15 bundesdeutschen Großstadte mit mehr als 500.000 Einwohnenden wieder.
[31]
Verkehrsunfalle 2022 je 100.000 Einwohnender mit Korperschadigung (getotet/verletzt) und mit Beteiligung Radfahrender
Startrang-Sortierung *): nach Art der Korperschadigung = alle = getotet, schwer- + leicht-verletzt
Großstadt > 500.000 Einw.
|
Rang 2022 *)
|
alle *)
|
getotet
|
schwer verletzt
|
leicht verletzt
|
Dresden
|
1
|
213,38
|
0,18
|
31,52
|
181,69
|
Hannover
|
2
|
203,67
|
0,75
|
17,17
|
188,46
|
Koln
|
3
|
161,87
|
0,56
|
21,60
|
141,93
|
Leipzig
|
4
|
161,83
|
0,17
|
31,52
|
140,06
|
Bremen Stadt
|
5
|
161,20
|
0,00
|
17,58
|
143,62
|
Nurnberg
|
6
|
156,86
|
0,39
|
26,05
|
130,43
|
Munchen
|
7
|
155,54
|
0,47
|
15,12
|
139,95
|
Dusseldorf
|
8
|
119,46
|
0,32
|
16,63
|
102,51
|
Frankfurt am Main
|
9
|
104,71
|
0,26
|
12,25
|
92,20
|
Bundes-Ø je 100.000 Einw.
|
- -
|
92,26
|
0,46
|
14,89
|
76,91
|
Duisburg
|
10
|
87,04
|
0,2
|
11,11
|
75,73
|
Hamburg
|
11
|
75,99
|
0,08
|
6,93
|
68,98
|
Dortmund
|
12
|
75,32
|
0,00
|
9,88
|
65,43
|
Stuttgart
|
13
|
68,98
|
0,16
|
7,50
|
61,31
|
Berlin
|
14
|
62,67
|
0,15
|
8,19
|
54,33
|
Essen
|
15
|
57,30
|
0,00
|
6,90
|
50,59
|
Anmerkungen:
1. Mit Erscheinen der Unfallzahlen 2023 bei DESTATIS im Sommer 2024 wird auch diese Tabelle auf Stand "2023" aktualisiert.
2. Statistisch gesehen ist der Bezug der Unfallzahlen Radfahrender auf die Einwohnerzahlen nur ein Aspekt: Eine Tabelle mit Bezug auf den Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr ist wunschenswert - und wird daher gerade parallel erarbeitet.
Fur den Radverkehr gilt als oberstes Prinzip die allgemeine Fahrordnung der
Straßenverkehrsordnung
. Daruber hinaus gibt es fur den Radverkehr zusatzliche Sonderbestimmungen. Die wichtigsten:
- Altersbeschrankung:
Das Mindestalter, um ein Fahrrad im offentlichen Verkehr lenken zu durfen, liegt bei 12 Jahren. Kinder unter diesem Alter durfen nur in Begleitung von Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, oder mit behordlicher Bewilligung mit dem Fahrrad fahren. Mit einem
Radfahrausweis
, der unter bestimmten Voraussetzungen erhalten werden kann, ist das Radfahren ab 10 Jahren moglich.
- Radfahranlagen:
- Benutzungspflicht:
Ist eine Radfahranlage (Radweg, Geh- und Radweg, Radfahrstreifen, Mehrzweckstreifen) vorhanden, so muss diese auch benutzt werden. Mit Fahrradern mit Anhangern bis 80 cm Breite oder Anhangern zur Personenbeforderung, mit mehrspurigen Fahrradern bis 80 cm Breite, sowie bei Trainingsfahrten mit
Rennfahrradern
(in der Definition der
Fahrradverordnung
), und seit 1. April 2019 mit Fahrradern mit 1,70 m und mehr
Radstand
[32]
besteht Wahlfreiheit, ob die Radfahranlage oder die allgemeine Fahrbahn befahren wird. Mit Fahrradern mit Anhangern die breiter als 80 cm, sowie mit mehrspurigen Fahrradern die breiter als 80 cm sind, durfen Radfahranlagen nicht benutzt werden und ist die allgemeine Fahrbahn zu befahren. Beim Verlassen einer Radfahranlage ist dem fließenden Verkehr Vorrang zu geben.
- Fahrordnung auf Radfahranlagen:
Grundsatzlich durfen Radfahranlagen in beiden Richtungen befahren werden, sofern sich aus Bodenmarkierungen (Richtungspfeile) nichts anderes ergibt. Die Ausnahme hierbei ist der
Radfahrstreifen
(auf der Fahrbahn), denn dieser darf nur in derselben Richtung wie der links davon angrenzende Fahrstreifen befahren werden. In Einbahnen mit Radfahrstreifen gegen die Einbahn ist dieser, entsprechend dem Rechtsfahrgebot, in der Fahrtrichtung der Einbahn zu benutzen. In Einbahnrichtung ist die allgemeine Fahrbahn oder, wenn vorhanden, ein rechts angrenzender Radfahrstreifen oder Radweg zu befahren.
- Radfahreruberfahrten:
An Radfahreruberfahrten, an denen der Verkehr nicht durch Arm- oder Lichtzeichen geregelt wird, durfen sich Radfahrer nur mit einer Geschwindigkeit von hochstens 10 km/h annahern. Die Radfahreruberfahrt darf in diesen Fallen nicht unmittelbar vor einem herannahenden Fahrzeug und fur dessen Lenker uberraschend befahren werden.
- Fußgangeruberwege
(vulgo Zebrastreifen)
:
Seit 1. April 2019 durfen Fußgangeruberwege explizit nicht in Langsrichtung mit dem Fahrrad befahren werden. Ab demselben Datum konnen Fußgangeruberweg und Radfahreruberfahrt ubereinandergelegt werden. Dies erfolgt durch Bodenmarkierung in Leitermuster: An den Randern der Streifenreihe schließen auf Lucke weiße Quadrate (vulgo: Wurfelmarkierung) an.
[33]
- Fahren gegen eine Einbahnstraße:
Das Radfahren gegen eine Einbahnstraße ist ? so wie dem Verkehr mit Kraftfahrzeugen oder anderen nicht motorisierten Fahrzeugen ? verboten. Durch Verordnung, angezeigt durch Zusatztafeln an den Verkehrsschildern der Einbahn (Hinweiszeichen
Einbahnstraße
am Beginn und Verbotszeichen
Einfahrt verboten
am Ende), konnen Radfahrer von der Einbahnregelung ausgenommen werden. Die Anbringung von Radfahrstreifen gegen die Einbahn ist nicht zwingend vorgeschrieben.
- Gehsteige, Gehwege und Fußgangerzonen:
Radfahren auf Gehsteigen und Gehwegen ist in Langsrichtung verboten. In Fußgangerzonen ist Radfahren nur erlaubt, wenn Radverkehr durch Zusatzschild vom allgemeinen Fahrverbot ausgenommen ist.
- Wohnstraßen
durfen mit allen Fahrzeugen nur in
Schrittgeschwindigkeit
befahren werden. Mit Fahrradern ist das Durchfahren (das fur den allgemeinen Verkehr verboten ist) und das Nebeneinanderfahren zulassig. In Wohnstraßen die auch Einbahnstraßen sind, ist das Radfahren gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung auch ohne verordnete Ausnahme erlaubt.
- Nebeneinanderfahren
ist auf Straßen mit offentlichem Verkehr nur auf Radwegen und in Wohnstraßen sowie bei Trainingsfahrten mit
Rennfahrradern
zulassig. Beim Nebeneinanderfahren darf nur der außerste rechte Fahrstreifen benutzt werden. Dies bedeutet in der Praxis ? und ausgehend von der ublichen Fahrstreifenbreite ?, dass maximal zwei trainierende
Radrennfahrer
nebeneinander unterwegs sein durfen.
- Vorschlangeln:
Lenker von einspurigen Fahrzeugen (einspurige Fahrrader, Motorrader, Mofas und dergleichen) durfen vor Kreuzungen, Straßenengen, schienengleichen Eisenbahnubergangen oder dergleichen neben oder zwischen den angehaltenen Fahrzeugen vorfahren, um sich weiter vorne aufzustellen. Zulassig ist dies allerdings nur, wenn dafur ausreichend Platz vorhanden ist und wenn Lenker, die ihre Absicht zum Einbiegen angezeigt haben, beim Einbiegen nicht behindert werden. Da das so genannte
Vorschlangeln
nur mit einspurigen Fahrzeugen erlaubt ist, gilt das Verbot des Vorfahrens auch fur mehrspurige Fahrrader. Obwohl das
Vorschlangeln
fur Einspurige erlaubt ist, sollte der Radfahrer dennoch vorsichtig und mit angemessenem Tempo vorfahren, um auf plotzliche Situationen, wie beispielsweise das Offnen einer Autotur, rasch reagieren zu konnen. Zu beachten ist, dass, wenn sich die angehaltenen Fahrzeuge in Bewegung setzen, das Vorfahren zum unzulassigen Uberholen wird.
- Fahrradschieben:
?Wer ein Fahrrad schiebt, gilt nicht als Radfahrer“ (§ 65 Abs. 1 zweiter Halbsatz StVO) seit der 20. Novelle der Straßenverkehrsordnung. Damit sollte erreicht werden, dass Fahrrader nicht auf der Fahrbahn geschoben werden mussen, ?da nicht zwischen einem Fußganger als solchem und einem Fußganger, der zusatzlich ein Fahrrad neben sich herschiebt, unterschieden werden soll“.
[34]
Nach herrschender Rechtsmeinung und Spruchpraxis ist daher zwar nicht vom Gesetzeswortlaut, jedoch von der Rechtsauslegung,
wer ein Fahrrad schiebt ein Fußganger.
Verboten ist demnach das Schieben von Fahrradern auf Radfahranlagen und der allgemeinen Fahrbahn, zulassig ist es jedoch auf Gehwegen, Gehsteigen und in Fußgangerzonen. Explizit nach StVO ist das Schieben von Fahrradern in Wohnstraßen und in Straßen mit allgemeinem Fahrverbot (Verbotszeichen
Fahrverbot (in beiden Richtungen))
zulassig.
- Alkohol am Steuer:
Die Alkoholgrenze beim Lenken eines Fahrrades liegt nach der allgemeinen Regel von § 5 Abs. 1 StVO bei 0,8 Promille Alkoholgehalt im Blut bzw. 0,4 mg/l in der Atemluft. (Vgl.: Beim Lenken eines Kraftfahrzeuges gelten 0,5 Promille nach den scharferen Regeln des
KFG
.) Bei 0,5 Promille oder mehr oder bei vermuteter Fahrunfahigkeit durch Alkohol oder Suchtgiftmittel konnen Lenker von Fahrzeugen (also auch von Fahrradern) von Organen der Straßenaufsicht an der Inbetriebnahme oder dem Lenken eines Fahrzeuges gehindert werden (§ 5b Abs. 1. StVO). Der
Fuhrerschein
kann Radfahrern nur in schwerwiegenden Fallen entzogen werden, etwa bei Verdacht auf mangelnde Verkehrszuverlassigkeit. Diese muss in einem behordlichen Verwaltungsverfahren festgestellt werden.
[35]
Die gesetzliche Lage in anderen Landern kann sich von jener im deutschsprachigen Raum zum Teil erheblich unterscheiden. So gilt beispielsweise in
Spanien
und
Portugal
die Rechts-vor-links-Regel nicht fur Radfahrer: Hier hat der motorisierte Verkehr gegenuber Radfahrern immer Vorrang.
Zur Radverkehrsplanung gehort auch der Vor- und Nachtransport des Fahrzeuges (Fahrrad) von und zu den offentlichen Transportmitteln, also zu den Schnittstellen mit dem schienengebundenen Verkehr und dem Busverkehr, sowie die Mitnahme des Fahrrades in den offentlichen Verkehrsmitteln selbst, z. B. durch die Schaffung von Niederflur-Fahrrad-Abteilen in Schienenfahrzeugen und Bussen. Dafur wird ublicherweise der aus dem Englischen entstammende Begriff
Bike-and-ride
verwendet.
Fahrraddiebstahl
wird in Befragungen als eines der wesentlichen Hindernisse fur eine weitere Zunahme des
Radverkehrsanteils
genannt. Fehlende oder schlechte
Fahrradabstellanlagen
begunstigen Fahrraddiebstahle, gute Anlagen bieten dagegen einen hohen Diebstahlschutz. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die verwendeten Fahrradhalterungen. Seit Mai 2016 ist dafur die DIN-Norm 79008 ?Stationare Fahrradparksysteme“ gultig, die im Teil 1 Anforderungen an die Diebstahlschutzeigenschaften, Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit von Fahrradabstellanlagen beschreibt; im Teil 2 sind die Prufverfahren dafur definiert. Die DIN 79008 ist weitgehend hervorgegangen aus der Technischen Richtlinie TR 6102-0911 ?Empfehlenswerte Fahrrad-Abstellanlagen“ des
ADFC
. Eine Registrierung der Fahrrader, bewachte Stationen oder abschließbare Boxen sind weitere Verbesserungsmoglichkeiten.
- Bilder von Radstationen und Parkmoglichkeiten
-
Munster, Weseler Straße
-
Delft
-
Barcelona
-
Tel Aviv
Aufgrund einer Forderung des BMDV werden ab 2021, fur funf Jahre, an sieben deutschen
Hochschulen
ein
Studiengange
oder Vertiefungsfacher angeboten:
[36]
[37]
- Stefan Brudermann
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