Richard Austen Butler, Baron Butler of Saffron Walden
,
KG
,
CH
,
PC
(*
9. Dezember
1902
in Attock Serai,
Britisch-Indien
; †
8. Marz
1982
in
Great Yeldham
,
Essex
), bekannt als
R. A. Butler
oder
Rab Butler
, war ein britischer
konservativer
Politiker. Lange als kommender Premierminister im Gesprach, wird er heute vor allem mit dem Begriff
Butskellism
als Synonym fur den
Nachkriegskonsens
in Verbindung gebracht, dessen Namensgeber er zusammen mit
Labour
-Politiker
Hugh Gaitskell
war.
Richard Austen Butler wurde als altestes von vier Kindern in Britisch-Indien geboren und wuchs dort bis zu seinem zehnten Lebensjahr auf. Sein Vater, Sir Montague Butler, war ein Beamter des
Indian Civil Service
, der spater zum Gouverneur der indischen Zentralprovinzen avancierte und zum Ritter geschlagen wurde.
[1]
Seine Ausbildung erhielt Butler am
Marlborough College
und am
Pembroke College
in Cambridge.
[2]
Dort studierte er erfolgreich moderne Sprachen und Geschichte; zudem war er Prasident der Cambridge Union Society.
1926 heiratete er Sydney Elizabeth Courtauld, die Tochter des Textilmagnaten
Samuel Courtauld
. Sein Schwiegervater stattete ihn mit einer jahrlichen Leibrente von 5000 Pfund und mehreren Anwesen aus.
[3]
Gemeinsam lebten Butler und seine Frau in Essex und hatten vier Kinder: Sir Richard C Butler (1929?2012),
Adam Courtauld Butler
(1931?2008), Samuel James Butler (geboren 1936) und Sarah Teresa Butler (geboren 1944). Nachdem seine Frau im Dezember 1954 an
Krebs
gestorben war
[2]
, heiratete Butler Mollie Courtauld (geborene Montgomerie) im September 1959.
Die Beziehungen seines Schwiegervaters ermoglichten es Butler, fur den sicheren Sitz in Saffron Walden zu kandidieren. Dort wurde er 1929 fur die Konservativen in das
Unterhaus
gewahlt, dessen Mitglied er bis 1965 blieb. Als Sekretar von Sir
Samuel Hoare
wurde er, nachdem die Konservativen 1931 wieder an die Macht kamen, von diesem mit ins
Indien-Ministerium
berufen, wo er 1932 zum Unterstaatssekretar avancierte. 1938 wechselte er in das
Foreign Office
, wo er ebenfalls
Unterstaatssekretar
wurde. Anders als sein spaterer Konkurrent
Harold Macmillan
unterstutzte Butler die
Appeasement-Politik
Neville Chamberlains
; in spateren Jahrzehnten wurde Butler immer wieder nachteilig mit dieser Unterstutzung in Verbindung gebracht. Als Chamberlain schließlich 1940 zurucktrat, bemuhte er sich erfolglos,
Außenminister
Lord Halifax
zu uberreden, dessen Nachfolge anzutreten. Zudem außerte er sich zunachst kritisch uber Chamberlains Nachfolger
Winston Churchill
.
[4]
1941 wurde er von Churchill in dessen
Kriegsregierung
berufen und ubernahm das
Erziehungsressort
. 1944 zeichnete er dort verantwortlich fur den
progressiven
Education Act. In der Ubergangsregierung von 1945 war er fur zwei Monate
Arbeitsminister
. Nach der Wahlniederlage der Konservativen bei den
Parlamentswahlen von 1945
betraute ihn Churchill damit, als Vorsitzender des
Conservative Research Department
die Partei zu erneuern.
[5]
1951 errangen die Konservativen einen knappen
Wahlsieg
. Butler wurde im Kabinett Churchills
Schatzkanzler
. In dieser Zeit kam der Begriff des
Butskellism
auf. In einem Leitartikel hatte Norman Macrae in
The Economist
von einem fiktiven Mr. Butskell geschrieben, da Butlers Haushaltsentwurfe sich sehr wenig von denen seines Labour-Vorgangers Hugh Gaitskell unterschieden.
[6]
1953 erlitt Churchill einen schweren
Schlaganfall
, wahrend (sein de facto-Kronprinz) Sir
Anthony Eden
in den
USA
weilte, um sich einer Operation an der
Gallenblase
zu unterziehen.
[7]
In dieser Phase war Butler faktisch der Kopf der Regierung.
Nach Churchills Rucktritt 1955 wurde Eden sein Nachfolger; Butler blieb zunachst im Schatzamt und vertrat Eden wahrend dessen außenpolitisch bedingten Reisen. Eden plante jedoch bald, Butler aus dem Finanzministerium zu entfernen und ihn durch Harold Macmillan zu ersetzen.
[8]
Bei Edens Kabinettsumbildung loste Macmillan Butler als Schatzkanzler ab. Zudem gab Eden Macmillan das Versprechen, dass Butler kein
Deputy Prime Minister
(stellvertretender Premierminister) sein wurde und somit im Rang nicht uber Macmillan stehen wurde. Butler ubernahm im Austausch fur das Amt des Schatzkanzlers in Personalunion sowohl die Funktion des
Leader of the House of Commons
und das Amt des
Lordsiegelbewahrers
. Obwohl beides hochklingende Amter, bedeuteten sie einen eindeutigen Abstieg fur Butler.
Oliver Crookshank
(zugleich ein enger Freund Macmillans) warnte Butler daraufhin, dass er mit seiner Zustimmung zu dieser Degradierung ?schieren politischen Selbstmord“ begehe.
[9]
Wahrend der
Sueskrise
legte Butler eine kritische Haltung an den Tag und unterstutzte Edens Konfrontationskurs nur zogernd; er schwieg jedoch aus Grunden der Kabinettsdisziplin und da er nicht erneut als ein Appeaser wahrgenommen werden wollte. Nach dem volligen Fehlschlag der anglofranzosischen Intervention erlitt Eden einen gesundheitlichen Zusammenbruch und trat einen Erholungsurlaub auf
Jamaika
an. Erneut ubernahm Butler die Vertretung. Wenige Wochen spater trat Eden zuruck. Obwohl Butler als kommender Premierminister im Gesprach gewesen war, konnte er sich zur Uberraschung der Offentlichkeit gegen Macmillan nicht durchsetzen. In einer Abstimmung unter den Kabinettsmitgliedern, die von
Lord Salisbury
abgehalten wurde, sprach sich eine deutliche Mehrheit fur Macmillan aus.
[10]
Auf Salisburys Anraten hin wurden auch Winston Churchill, der Chief-
Whip
Edward Heath
und der Vorsitzende des
1922er-Hinterbanklerkomitees
,
John Morrison
, um ihre Ansicht gebeten; alle sprachen sich ebenfalls fur Macmillan aus.
Butler akzeptierte diese Entscheidung und wurde
Innenminister
in Macmillans Kabinett, der ihm das Amt des Außenministers zu Gunsten von
Selwyn Lloyd
verweigerte. In dieser Funktion begann er mit Macmillans Billigung ein umfangreiches Reformprogramm. Es wurden Reformen im
Justizsystem
durchgefuhrt sowie die bestehenden Regeln bezuglich
Lizenzvergabe
,
Glucksspiel
und
Prostitution
gelockert.
Von 1959 bis 1961 war Butler außerdem Vorsitzender der Konservativen Partei. Im Juli 1962 fuhrte Macmillan eine großere Kabinettsumbildung durch, die sogenannte ?
Nacht der langen Messer
“ und entließ sieben Kabinettsmitglieder. Butler hatte im Vorfeld eine Indiskretion gegenuber dem
Pressemagnaten
Lord Rothermere
begangen und die fur den
Herbst
geplante Kabinettsumbildung bei einem gemeinsamen Abendessen erwahnt. Als Lord Rothermeres
Daily Mail
am folgenden Tag unter dem Titel
Mac’s Master Plan
uber Macmillans Plane berichtete, vermutete Macmillan in Butlers Indiskretion eine absichtliche List, um ihn zu sturzen und sah sich zu einem ubersturzten Handeln genotigt.
[11]
[12]
Als Macmillan 1963 zurucktrat, war Butler erneut ein aussichtsreicher Nachfolgekandidat. Wiederum konnte er sich jedoch nicht durchsetzen und der von Macmillan geforderte
Alec Douglas-Home
wurde in einem kontroversen Verfahren zum Premierminister gekurt.
[13]
Anders als
Enoch Powell
und
Iain Macleod
, die sich weigerten, unter Home ins Kabinett einzutreten, akzeptierte Butler Homes Einladung, als
Außenminister
zu dienen.
[14]
Dem
House of Lords
gehorte er seit 1965 an, als er als
Baron Butler of Saffron Walden
, of Halstead in the County of Essex, zum
Life Peer
erhoben wurde, nachdem er zuvor einen erblichen Adelstitel abgelehnt hatte. Im gleichen Jahr wurde er
Master
am
Trinity College
von Cambridge. Von 1966 bis 1982 war er außerdem erster
Kanzler
der
University of Essex
. 1971 wurde er als
Knight Companion
in den
Hosenbandorden
aufgenommen. 1972 bis 1975 war er Vorsitzender des sogenannten Butler-Komitees, das sich um Reformen im Umgang mit verhaltensgestorten
Straftatern
bemuhte.
1982 verstarb Butler in Essex, sein Grab liegt auf dem
Friedhof
St Mary the Virgin
in Saffron Walden.
Rab Butlers Sohn
Adam Butler
war ebenfalls Politiker und von 1970 bis 1987 Mitglied des Unterhauses, unter Premierministerin
Margaret Thatcher
diente er auch einige Jahre als Juniorminister.
Neben dem untrennbar mit ihm verbundenen Begriff des
Butskellism
als
Synonym
fur den britischen
Wohlfahrtsstaat
nach dem Zweiten Weltkrieg wird Butler mit zahlreichen Gesetzen und Reformen in Verbindung gebracht. In der
Geschichtsschreibung
wird er (neben
Austen Chamberlain
und
George Nathaniel Curzon
) regelmaßig von Historikern als der bedeutendste britische Politiker benannt, der nie Premierminister wurde.
[15]
[16]
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