Prager Altstadt vom
Kleinseitner Bruckenturm
Die
Prager Altstadt
(
tschechisch
:
Stare M?sto
) ist die alteste der vier
Prager
Stadte (Altstadt,
Neustadt
,
Kleinseite
und
Hradschin
). Ihr Zentrum bildet der
Altstadter Ring
(Starom?stske nam?sti)
mit zahlreichen Sehenswurdigkeiten.
Im 11. und 12. Jahrhundert ließen sich im Schutz der beiden Burgen, der
Prager Burg
und dem
Vy?ehrad
, entlang der
Moldau
und der verbindenden Wege
deutsche
und
judische
Kaufleute sowie einheimische Handwerker nieder. Ein wesentlicher Grund dafur war die Lage an der Kreuzung wichtiger Handelsstraßen und die Existenz einer Furt durch die Moldau und einer Brucke. Die losen Ansiedlungen besaßen zumeist schon eigene Pfarr- und Friedhofskirchen.
Die großte dieser romanischen Siedlungen an der Moldaubiegung ließ
Wenzel I.
(1230?1253) um 1230/34 befestigen und erhob sie zur
Konigsstadt
. Prag wurde zur Residenzstadt der bohmischen Konige. Die Stadtbefestigung zerschnitt einerseits Siedlungen wie um
St. Martin in der Mauer
(Kostel sv. Martina ve zdi)
, andererseits wurden bisher noch unbebaute Flachen in den Mauerring mit einbezogen, die dann recht zugig bebaut wurden.
So grundete der spatere konigliche Munzmeister Eberhard mit suddeutschen Kolonisten die Gallusstadt Nova civitas circa S. Gallum (
Havelske m?sto
), die bis zur Vereinheitlichung der Stadtrechte der Altstadt um 1287 eine eigene Rechtsordnung besaß. Sie entstand um einen regelmaßig angelegten ?Neuen“ Markt
(Nove tr?i?t?)
, der sich vom heutigen Obstmarkt
(Ovocny trh)
bis zum Kohlenmarkt
(
Uhelny trh
)
erstreckte. Diese Namen existieren erst seit 1870, vorher hießen sie zusammen Neumarkt oder Gallimarkt.
Noch unter Wenzel I. siedelten sich die ersten Bettelorden in der Altstadt an. Die
Dominikaner
hatten ihren Sitz bis in die Renaissance in der St.-Clemens-Kirche (heute Teil des
Klementinums
) an der Karlsbrucke. Fur die
Franziskaner
stiftete Wenzel I. ein Kloster an der spateren Jakobskirche
(Kostel sv. Jakuba)
.
Befestigung der Prager Stadte nach Merian
Vor 1310 wurde der Bau der hochgotischen Befestigung der Altstadt vollendet. Die Mauern der Altstadt waren 10 bis 12 m hoch und mit Zinnen besetzt. Vor ihr lag ein 15 bis 20 m breiter
Zwinger
mit niedrigerer Zwingermauer und ein Graben und Wall mit Palisade. Etwa alle 60 m standen bis zu 30 m hohe quaderformige Turme. Die Altstadt hatte insgesamt 13 Tore und Turme, von denen nur das Gallustor teilweise erhalten blieb.
Der Graben mit ausgemauerten Flanken erreichte bei einer Tiefe von 5?9 m eine Breite von 14?20 m. Obwohl der Graben von der Moldau ausgehend flussabwarts wieder in die Moldau fuhrte, lag sein Boden oberhalb des Niveaus der ublichen Moldauuberschwemmungen, im Normalfall war er also trocken. Nur bei einem ubermaßig hohem Wasserpegel fullte er sich mit Wasser und half dadurch, Hochwasser teilweise um die Altstadt abzuleiten.
[1]
Mit der Anlage der 1348 gegrundeten
Prager Neustadt
und ihrer Befestigung verloren Mauern und Graben ihre Bedeutung.
Der Wassergraben zwischen der Alt- und Neustadt wurde erst zwischen 1760 und 1781 zugeschuttet, als eine vereinigte
Prager Stadtbefestigung
geschaffen wurde.
[2]
Sein Verlauf wird heute durch die Straßen
Revolu?ni
,
Na p?ikop?
(Am Graben),
28. ?ijna
und
Narodni t?ida
markiert.
Eine spater gebaute Befestigung zur Moldau hin bestand nur aus einer einfachen Stadtmauer. Diese Mauer stand auf der Terrassenkante uber der Moldau-Niederung, so dass wegen der Gelandestufe und der Nahe der Moldau es nicht notig war, einen Graben anzulegen.
[3]
In der Altstadt hatte schon in den 1330er Jahren ein Bauaufschwung eingesetzt, der unter
Karl IV.
und
Wenzel IV.
noch einmal gesteigert wurde. Beinahe alle Pfarr- und Klosterkirchen wurden verandert und erweitert. 1346 wurde die Heilig-Geist-Kirche (Kostel sv. Ducha) und 1339?1371 die St.-Agidius-Kirche
(Kostel sv. Jilji)
neu errichtet; die St.-Nikolaus-Kirche
(Kostel sv. Mikula?e)
, um 1350
St. Martin in der Mauer
(Kostel sv. Martina ve zdi)
sowie um 1370 St.
Castulus
(Kostel sv. Ha?tala)
und ebenfalls in den 70er Jahren des 14. Jahrhunderts St. Michael
(Kostel sv. Michala)
wurden umgebaut. Nachdem das Haupt des Heiligen Gallus aus
St. Gallen
nach Prag gekommen war, vergroßerte man ab 1353 die St.-Gallus-Kirche
(Kostel sv. Havla)
. 1374 wurde der schon 1319 unter
Johann von Luxemburg
begonnene Bau der neuen Klosterkirche der Franziskaner St. Jakob
(Kostel sv. Jakuba)
vollendet.
Im Jahr 1370 begann der Neubau der
Teynkirche
(Kostel Panny Marie p?ed Tynem)
. Nach dem Tod Karls IV. ubernahm 1380 die Dombauhutte
Peter Parlers
die Fortsetzung des Baus der dreischiffigen gotischen Basilika, deren Vollendung durch die
Hussitenkriege
unterbrochen wurde.
Altstadter Rathaus
Daneben kam es auch zu Bauaktivitaten an zahlreichen profanen Gebauden. So wurde das erst ab 1338 existierende
Altstadter Rathaus
(Starom?stska radnice)
mehrfach erweitert und bis 1364 ein machtiger Eckturm angefugt. Außerdem baute eine unbekannte Bauhutte um 1360 an das Rathaus einen Erker mit Kapelle an, die 1381 der Jungfrau Maria geweiht wurde. Einen ahnlichen Erker mit Pfeiler als Bestandteil einer ehemaligen Hauskapelle erhielt auch das Rothlowsche Haus, das Wenzel IV. 1383 der
Universitat
gestiftet hatte und das heute Teil des Carolinums ist. Ahnlich den Markthallen auf dem
Viehmarkt
wurde um 1360 westlich der St.-Gallus-Kirche eine etwa 200 m lange steinerne Markthalle
(Kotce)
mit Laden zu beiden Seiten eines breiten Ganges erbaut.
Altstadt mit Karlsbrucke um 1840
Am ostlichen Ausgang der Altstadt ließ Wenzel IV. einen neuen Konigshof erbauen, in den er 1383 aus der Prager Burg ubersiedelte und der bis 1484 als Residenz der bohmischen Herrscher diente. Sudlich der Zeltnergasse
(Celetna)
stand auch der Palast der Konigin.
Noch unter Karl wurde 1357 der Bau einer neuen Steinbrucke uber die Moldau, die heutige
Karlsbrucke
begonnen, nachdem die
Judithbrucke
aus dem 12. Jahrhundert, die nur wenig nordlich der neuen Brucke gelegen hatte, 1342 durch ein Hochwasser zerstort worden war. Zunachst war auf den alten Bruckenpfeilern der zerstorten Judithbrucke ein holzernes Provisorium errichtet worden, das bis zur Vollendung des neuen Bruckenbaus den gesamten Verkehr aufnahm.
Am 12. Februar 1784 wurden die vier selbststandigen Stadte Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin durch ein Dekret
Josephs II.
zur koniglichen Hauptstadt Prag (
Kralovske hlavni m?sto Praha
) vereint. Bis 1949 war die Altstadt ein eigener Bezirk (Prag I). Seither ist sie Bestandteil des Verwaltungsbezirks
Prag 1
.
1991 hatte die Prager Altstadt 13040 Einwohner. Im Jahr 2001 bestand der Stadtteil aus 627 Wohnhausern, in denen 10531 Menschen lebten.
Im Zentrum der Prager Altstadt liegt der Marktplatz, der
Altstadter Ring
mit zahlreichen Baudenkmalern.
Pulverturm
und
Obecni d?m
Der sogenannte
Konigsweg
, den die bohmischen Konige bei ihrer Kronung zurucklegten, beginnt an der Grenze zwischen Alt- und Neustadt, am heutigen
Platz der Republik
(Nam?sti Republiky)
. Dort befindet sich der
Pulverturm
(Pra?na brana)
und das im
Jugendstil
erbaute Reprasentationshaus oder Gemeindehaus
(
Obecni d?m
)
.
Uber die Straße
Celetna
fuhrt der Konigsweg uber den Altstadter Ring und die enge Karlsgasse
(Karlova)
zur
Karlsbrucke
. Deren Altstadter Bruckenkopf wird vom
Altstadter Bruckenturm
gepragt. Daneben befinden sich auf dem
Kreuzherrenplatz
die gleichnamige Kirche der
Kreuzherren mit dem Roten Stern
sowie die
Salvatorkirche
, die zum Jesuitenkolleg
Clementinum
gehort.
Basilika und Kloster St. Jakob
Hinter der Teynkirche befindet sich der
Teynhof
(
Tyn
oder
Ungelt
), der als Handelshof und Zollstelle fungierte. Auf den Teynhof folgt die Jakobsgasse, in der sich die
Basilika St. Jakob
(Kostel sv. Jakuba)
befindet. Sie geht auf eine Klostergrundung der
Franziskaner
im Jahr 1232 zuruck. Die dreischiffige hochgotische Basilika mit zwei Turmen wurde spater barockisiert. Von dem Kloster, das 1841 in eine Schule umgewandelt wurde, existieren noch Reste des Nord- und Westflugels aus der Zeit um 1330.
In der Nahe des Altstadter Rings an der
Pariser Straße
befindet sich die
Josefstadt
, das Prager Judenviertel, das historisch nicht zur Altstadt gehort, mittlerweile jedoch mit ihr verwachsen ist. Wichtige Sehenswurdigkeiten sind der
Alte Friedhof
, wo unter anderem der
Rabbi
Judah Low
begraben ist, und verschiedene
Synagogen
, darunter die
gotische
Altneu-Synagoge
. Das Viertel bildete eine eigenstandige Verwaltungseinheit. Der
mittelalterliche
Charakter mit zunehmend unhaltbaren sanitaren Zustanden ging bei der Sanierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts verloren. Im August 1942 wurde dort der Aufbau eines Judischen Zentralmuseums begonnen. Die nationalsozialistischen Besatzer hatten wohl mehr die Dokumentation einer beseitigten Kultur im Auge. Fur die judische Gemeinde wurde es zur Sinnstiftung ihrer langen Geschichte. Das
Judische Museum
enthalt zahlreiche, zum Teil einmalige Sehenswurdigkeiten.
Viele Touristen wandeln dort auf den Spuren von
Franz Kafka
. Sein Geburtshaus
Zum Turm
wurde an der Ecke Karpfengasse/Enge Gasse 1902 abgerissen.
Agneskloster
Im Norden der Altstadt, ostlich der Josefstadt befindet sich das fruhgotische
Agneskloster
, das heute zur
Nationalgalerie Prag
gehort. Die Anlage war das erste franziskanische Doppelkloster nordlich der Alpen und ist ein bedeutendes fruhgotisches Baudenkmal.
Carolinum-Kapelle von 1400
Die am 7. April 1348 von Karl IV. gegrundete
Prager Universitat
verfugte zunachst nicht uber ein Lehrgebaude, sondern es wurde in Privathausern und Klostern gelehrt. 1383 stiftete Wenzel IV. der Universitat ein um 1370 fur den Munzmeister Johlin Rotlow erbautes Haus, das er gekauft oder geschenkt bekommen hatte. Es wurde
?
Collegium Carolinum
“
genannt, die heutige Adresse lautet
?elezna ul. 9
(Eisengasse 9) und
Ovocny trh Nr. 3
(Obstmarkt 3). Anschließend wurden Aula, Horsale und Wohnungen fur die Magister eingebaut. Unter anderem hatte Magister
Jan Hus
dort als Rektor gewirkt.
Nach der Niederlage in der
Schlacht am Weißen Berg
wurde das Gebaude 1620 den
Jesuiten
ubergeben.
Franz Maximilian Ka?ka
gestaltete es 1718 im Barockstil um. Dabei wurde die große Aula gebaut, die uber die erste und zweite Etage reichte. Bis heute werden dort die
Promotionen
vorgenommen. Das Gebaude wurde 1881/82 von
Josef Mocker
und in den 1950er Jahren erneut restauriert. Es wird, inzwischen um mehrere Gebaude erweitert, noch immer durch die Philosophische Fakultat der Karlsuniversitat genutzt.
Von dem Ursprungsbau blieb der Erker einer ehemaligen privaten Hauskapelle erhalten, die wahrscheinlich um 1380 errichtet wurde und den Heiligen
Cosmas und Damian
geweiht war. Zwischen den Fenstern standen einst Figuren, die verlorengegangen sind. Die
Baldachine
und
Wasserspeier
, die
Ziergiebel
und die
Maßwerkgalerie
sind dagegen noch original erhalten.
St.-Gallus-Kirche
Auf dem Markt der 1232?34 gegrundeten Gallusstadt entstand 1372 westlich der Galluskirche eine etwa 200 m lange steinerne Markthalle (
Kotce
(
Pl.
), deutsch:
Stalle
) mit Laden zu beiden Seiten eines breiten Ganges, der heutigen Straße
V kotcich
(Kotzengasse). In den Hausern CN 514 und CN 251 sind noch Mauerreste der Verkaufsbuden erhalten. Die Markthalle wurde 1795 abgebrochen, an ihrer Stelle entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts Burgerhauser an drei neuen Straßen: Kotzengasse
(V kotcich)
, Rittersgasse
(Ryti?ska)
und Gallusgasse
(Havelska)
. Nur die Außenseiten der beiden letzten Straßen zeigen noch die Bebauung vor dieser Zeit. Besonders deutlich wird dies bei den Laubengangen in der
Havelska
aus dem Ende des 14./Anfang des 15. Jahrhunderts. Heute stehen in diesen Straßen wieder holzerne Marktbuden.
Die
St.-Gallus-Kirche
(Kostel sv. Havla) wurde 1232 gleichzeitig mit der Gallus-Stadt angelegt und bis 1263 fertiggestellt. Sie war eine der vier Altstadter Pfarrkirchen. Nachdem das Haupt des
heiligen Gallus
aus St. Gallen nach Prag uberfuhrt worden war, wurde die Kirche ab 1353 hochgotisch umgebaut und nordlich ein ganzes Doppelschiff angefugt. In der Kirche predigten
Johannes von Nepomuk
(1380?90) und
Jan Hus
(1404). 1627 wurde die Kirche an den
Orden der beschuhten Karmeliten
ubergeben, die 1671 Klostergebaude errichten ? Kreuzgang und Refektorium sind erhalten ? und die Kirche am Ende des 17. Jahrhunderts durch
Giovanni Domenico Orsi de Orsini
barock umbauen ließen. Aus dieser Zeit stammen unter anderem die Turme. Die wellenformige Fassade hat die Kirche erst 1723?1739 erhalten.
Das Haus des Altstadter Ortsvorstehers
(Starom?stska rychta)
in der
Ryti?ska ul.
Nr. 12 war der Sitz des koniglichen Ortsvorstehers, der verantwortlich fur Verwaltung und Gerichtswesen war. Es ist um 1234 gebaut und um 1588 mit einem Renaissancehof erweitert worden. Bei archaologischen Untersuchungen im Hintertrakt wurde das eingemauerte ?Gallustor“ entdeckt. Es blieb als einziges von 13 Toren der Altstadt erhalten, die im 13. Jahrhundert unter Wenzel II errichtet worden sind.
- Ladislav Hrdli?ka:
From Spontaneous to Controlled Development of the Land Relief of the Old Town of Prague. (Od spontanniho vyvoje k regulaci terenniho reliefu Stareho M?sta pra?skeho).
In: Jana Kubkova, Jan Klap?t?, Martin Je?ek, Petr Meduna u. a. (Hrsg.):
?ivot v archeologii st?edov?ku. (Das Leben in der Archaologie des Mittelalters).
Festschrift M. Richter und Z. Smetanka. Praha 1997, S. 246?252.
- Franti?ek Ka?i?ka:
Zanikle p?edasana?ni komunikace na Starem M?st? pra?skem.
(Eingegangene Kommunikationen in Prager Altstadt aus der Zeit vor der großen Assanierung.) In: Archaeologica Historica 23, 1998, S. 21?26.
- Dobroslav Libal, Jan Muk:
Stare m?sto pra?ske. Architektonicky a urbanisticky vyvoj.
Praha 1996,
ISBN 8071061670
.
- Um?lecke pamatky Prahy 3.
Stare M?sto, Josefov.
Praha 1996,
ISBN 8020005633
.
- ↑
Zden?k Dragoun, Jaroslav Podliska, Petr Starec:
Neue Befunde zur Befestigung der Prager Altstadt
. In:
Mitteilungen der
DGAMN
: Befestigung und Grenze in Mittelalter und Neuzeit
.
Band
32
,
S.
113
(
uni-heidelberg.de
).
- ↑
Stadtmauer Prag.
In:
burgenwelt.org.
Archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
8. Dezember 2015
;
abgerufen am 29. November 2015
.
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- ↑
Zden?k Dragoun, Jaroslav Podliska, Petr Starec:
Neue Befunde zur Befestigung der Prager Altstadt2
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S.
114
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