Polizeibegriff in Deutschland

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Der Begriff der Polizei wird in Deutschland nicht einheitlich verwendet. Dies ist Resultat der geschichtlichen Entwicklung und der daraus folgenden Trennung der Aufgaben der Polizei .

Der Polizeibegriff im geschichtlichen Wandel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Begriff der Polizei unterlag im Lauf der Geschichte erheblichen Wandlungen.

Herleitung des Begriffs ?Polizei“ [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Begriff ?Polizei“ hat seinen Ursprung im Griechischen. Nach einer Ansicht bezeichnete der damals verwendete Begriff ?politeia“ die Verfassung des Stadtstaates und legte den Status der dort lebenden Menschen fest. Nach anderer Meinung liegt der Ursprung des Wortes ?Polizei“ eher in dem Begriff ?polizeia“ in der von Homer verfassten Ilias und bezieht sich auf eine gemeinschaftliche Tatigkeit: ?miteinander eine Mauer bauen“.

Der Begriff ?politeia“ wurde von den Romern in ihren Sprachgebrauch ubernommen. Politeia beschrieb dabei das stadtische Gemeinwesen und die Burgerschaft als Realitat im Gegensatz zur res publica , die als Rechtsordnung dieser Gemeinschaft den anzustrebenden gesellschaftlichen Zustand beschrieb. Die im Lateinischen verwendeten Begriffe ?politia“ und ?ius politiae“ sind schließlich im germanischen Sprachraum nahezu identisch erhalten geblieben.

Zur Romerzeit gab es ferner die Benefiziarier . Die Benefiziarier (auch Beneficiarier ; lat. beneficiarius von lat. beneficium , dt. ?Vorteil, Wohltat“) waren Principales (Unteroffiziere) im Romischen Reich , die polizeiahnliche Aufgaben ausubten. Sie dienten entweder in einer Legion als Sekretare im Stab des Statthalters , oder waren auf Stationen in den Provinzen abkommandiert.

Im Jahr 1451 tauchte der Begriff ?Policey“ [1] zum ersten Mal in einer Bestatigung der Wiener Handwerksordnung fur die Schlosser, Uhr- und Buchsenmacher durch Kaiser Friedrich III. (?damit under unsern handtwerchern guete mantzucht und policey erhalten werde“) auf. Nachfolgend findet sich der Begriff immer wieder in Normtexten. Im 16. Jahrhundert wurden sogar eigene Reichspolizeiordnungen von 1530, 1548 und 1577 erlassen, die große Vorbildwirkung auf territoriale Polizeiordnungen hatten. Die ?gute Polizey“ umschrieb darin einen Zustand guter Ordnung des Gemeinwesens sowie der allgemeinen Wohlfahrt und umfasste mit dem weiten Bereich des rechtlich geordneten Zusammenlebens quasi die gesamte Rechtsordnung, ohne einen Unterschied zwischen offentlichem und privatem Recht zu machen. [2]

Das Zeitalter des Absolutismus (17./18. Jahrhundert) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ein Wandel des Polizeibegriffs setzte im 17. Jahrhundert im Zeitalter des Absolutismus ein. Die Polizeigewalt ( ius politiae ) wurde als gesamte, im Inneren des Staates ausgeubte Staatsgewalt in der Person des jeweiligen Territorialfursten vereinigt und erwuchs damit als Sinnbild der innenpolitischen Machtausubung zum wichtigsten Bestandteil der einheitlichen absoluten Staatsgewalt. Von der lediglich beschreibenden Art der ?guten Polizey“ und damit verbundener Regelungen aus der vorabsolutistischen Zeit erweiterte sich der Polizeibegriff nunmehr zur umfassenden hoheitlichen Befugnis fur die gesamte innere staatliche Verwaltung einschließlich Rechtsetzung und Rechtsprechung. [3]

Ein System der Gewaltenteilung war im absolutistischen Staat gerade nicht vorhanden. Auch gab es keine wirksame Kontrolle gegen polizeiliche Maßnahmen, da die Ausubung der Polizeigewalt den Gerichten durch die Einfuhrung der sog. Kammerjustiz entzogen wurde. Diese hatte jedoch keine den Gerichten vergleichbare Funktion, sondern unterstand als eine in die staatliche Verwaltung integrierte Behorde dem absoluten Monarchen. Der Polizeibegriff der damaligen Epoche ware nach heutiger Einordnung dem Staats- und Verfassungsrecht und nicht dem Verwaltungsrecht zuzuordnen.

Die zeitgenossische Wissenschaft bemuhte sich, fur diesen Zustand positive Bezeichnungen zu erfinden, welche eine Rechtfertigung derartiger Machtbefugnisse ermoglichen sollte. Die Staatstheorie sprach deshalb von zwei staatlichen Aufgaben, die materiell im Polizeibegriff zusammengefasst seien: die Gewahrleistung von Sicherheit und die Forderung der offentlichen Wohlfahrt .

Wichtig ist in diesem Kontext, das damalige Verstandnis von Wohlfahrt von heutigen sozialpolitischen Zielsetzungen zu unterscheiden: Als ?Beforderung der allgemeinen Wohlfahrt“ oder auch ?der allgemeinen Gluckseligkeit“ wurde das monarchische Recht betrachtet, den Untertanen ihr Handeln im politischen Leben wie auch in ihrer wirtschaftlichen und gewerblichen Betatigung sowie in den Bereichen von Sitte und Moral zu gebieten. Der Wohlfahrtsstaat bzw. Polizeistaat bedeutet Ausubung von Staatsgewalt im Inneren ohne Bindung an Verfassung, parlamentarische Gesetzgebung und Gewaltenteilung, ohne Rucksicht auf private und burgerliche Rechte und Freiheiten und ohne gerichtlichen Rechtsschutz. [4]

Das Zeitalter der Aufklarung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Johann Stephan Putter (Gemalde von Carl Lafontaine)

Von diesem Verstandnis offentlicher Wohlfahrt her muss auch das Bestreben der Aufklarung gesehen werden, die staatlichen Befugnisse gegenuber dem mundigen ?aufgeklarten“ Burger zu beschranken und die Wohlfahrtspflege aus dem materiellen Polizeirecht zu eliminieren. Dem bezeichnenden Satz des konservativen Rechtsphilosophen Christian Wolff , der Polizeistaat finde seine Existenzberechtigung in dem ?beschrankten Untertanenverstand“, der sein ?Recht und Gluck nicht erkennen“ konne, setzte der Gottinger Staatsrechtler Johann Stephan Putter 1770 entgegen, dass der Burger nicht ?zu seinem Gluck gezwungen“ werden durfe. Die Sorge um die Forderung der Wohlfahrt sei nicht die eigentliche Aufgabe der Polizei, sondern die Sorge fur die Abwendung bevorstehender Gefahren. Mit dieser revolutionaren Meinung Putters war zum ersten Mal die auch heute noch geltende Beschreibung des Inhalts polizeilicher Aufgabenerfullung, die Gefahrenabwehr , wissenschaftlich und offentlich postuliert.

Die Ideen Putters, welche im ubrigen auch von Immanuel Kant und Wilhelm von Humboldt unterstutzt wurden, hatten großen Einfluss auf den Staatsrechtler Carl Gottlieb Svarez . In einem 1791 gehaltenen Vortrag fuhrte dieser aus, dass der Staat ? zu Einschrankungen, welche zur Abwehr gemeiner Storungen und Gefahren abzielen,… ein starkeres Recht (hat), als zu solchen, wodurch bloß der Wohlstand, die Bequemlichkeit, die Schonheit oder andre dergleichen Nebenvorteile fur das Ganze befordert werden sollen. “ Diese aufklarerische eingrenzende Auffassung des Polizeibegriffs wurde in das von Svarez geschaffene Allgemeine Landrecht fur die preußischen Staaten von 1794 (ALR) ubernommen:

? Die nothigen Anstalten zur Erhaltung der offentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahren zu treffen, ist das Amt der Polizei.

Die Programmatik dieser Norm blieb jedoch unerfullt. Zum einen enthielt das Preußische ALR Bestimmungen, welche wohlfahrtsstaatliche Aufgaben der Polizei statuierten. Zum anderen fand im Zuge der politischen Reaktion auf die Ideen der franzosischen Revolution eine wirkliche Selbstbeschrankung des absolutistischen Staates auf die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nicht statt. Um die nach wie vor praktizierten weitgehenden Eingriffe auch formaljuristisch abzusichern, hatten bereits 1795 und 1797 verschiedene Anweisungen fur die Ministerien und nachgeordnete Behorden den im ALR kodifizierten Inhalt der polizeilichen Aufgabe wieder erweitert, so dass der neue Polizeibegriff der Aufklarung zunachst keinerlei praktische Auswirkungen fur den Burger hatte.

Beispielsweise hieß es in § 3 der preußischen Verordnung uber die verbesserte Einrichtung der Provinzial-, Polizei- und Finanzbehorden von 1808, dass die Polizei ? so berechtigt als verpflichtet [ist], nicht allein allem vorzubeugen und solches zu entfernen, was dem Staate oder seinen Burgern Gefahr oder Nachteil bringen kann, mithin die notigen Anstalten zur Erhaltung der offentliche Ruhe, Sicherheit und Ordnung zu treffen, sondern auch dafur zu sorgen, dass das allgemeine Wohl befordert und erhoht werde. “ Die Restauration kennzeichnete nach 1815 wie das Staatsleben insgesamt auch das Wirken der Polizei, noch in den amtlichen Erlauterungen zum Entwurf des Gesetzes uber die Polizeiverwaltung von 1850 wurde ? das Gebiet der Polizei [als] uberhaupt ein fast unbegrenztes “ bezeichnet.

Die Entwicklung des liberalen Rechtsstaats am Beispiel Preußens [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der in Preußen zwar formal veranderte, inhaltlich aber in vollem Umfang weiter bestehende Polizeistaat erfuhr wirkliche Anderungen erst in der Zeit nach der Revolution von 1848/1849 , und auch hier setzten sich wirksame Einschrankungen erst nach und nach durch, da trotz teilweise anderslautender liberaler Gesetze die burokratische Praxis einer umfassend verstandenen Zustandigkeit weitgehend unverandert fortbestand. Wahrend in den suddeutschen Staaten mit der Kodifikation von Polizeistrafgesetzbuchern die Polizeigewalt eingeschrankt und der uberkommene Polizeibegriff verengt wurde, blieb der preußische Gesetzgeber zunachst untatig. Den Wendepunkt markierte das ?Kreuzberg-Urteil“ (? Kreuzbergerkenntnis “) des Preußischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1882. Das Urteil stellte den Ausgangspunkt fur die Entwicklung und Durchsetzung rechtsstaatlicher Polizeirechtsgrundsatze dar, wie sie spater auch im Preußischen Polizeiverwaltungsgesetz von 1931 ihren Niederschlag gefunden haben.

Das Preußische Oberverwaltungsgericht hatte im ?Kreuzberg-Urteil“ dem langst totgesagten, aber formal noch in Kraft befindlichen § 10 II 17 ALR zur erstmaligen Wirksamkeit verholfen. In dieser Entscheidung forderte das Gericht einen Gesetzesvorbehalt fur alle hoheitlich getroffenen Anordnungen, indem es § 10 II 17 ALR als umfassende, aber auch abschließende Regelung hinsichtlich polizeilicher Eingriffe ansah. Die von dem betroffenen Burger angefochtene Entscheidung der Berliner Baubehorde, eine Baugenehmigung zu versagen, weil eine Verunstaltung der Aussicht auf das Kreuzberger Kriegerdenkmal befurchtet wurde, konnte nicht auf § 10 II 17 ALR gestutzt werden. Da die Entscheidung der Behorde aber nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Wohlfahrtspflege diente und auch keine spezialgesetzliche Grundlage vorhanden war, erklarte das Gericht sie fur rechtswidrig.

Damit war die grundsatzliche Begrenzung des polizeilichen Aufgabenkreises auf die Gefahrenabwehr erstmals hochstrichterlich anerkannt und klargestellt, dass es fur polizeiliche Eingriffe in Freiheit und Eigentum eines formlichen Gesetzes bedurfte (Gesetzesvorbehalt). [5] Allerdings legte sich das Gericht nicht fest, welche rechtlichen Bereiche unter den Begriff der Gefahrenabwehr fallen und durch Spezialgesetze geregelt werden konnen. Die Beantwortung dieser Frage betrachtete es als Aufgabe des Gesetzgebers. Der preußische Gesetzgeber hat in der Folge auch sehr extensiven Gebrauch von der Moglichkeit gemacht, Gefahrenabwehr bei speziellen Rechtsmaterien zu regeln.

Fur die Weimarer Republik war es eine Selbstverstandlichkeit, den liberal-rechtsstaatlichen Polizeibegriff der Gefahrenabwehr zu ubernehmen. Die Weimarer Verfassung bestimmte den ?Schutz der offentlichen Sicherheit und Ordnung“ sogar zu einer Materie des Reichsrechts ( Art. 9 Nr. 2 WRV). Da das Reich von dieser Moglichkeit der konkurrierenden Gesetzgebung (fruher: Bedarfsgesetzgebung) keinen Gebrauch machte, verblieben die wesentlichen Bereiche der Gefahrenabwehr aber weiterhin Landesrecht.

Eine wichtige Station in der Entwicklung des modernen Polizeirechts war das Preußische Polizeiverwaltungsgesetz (PVG) von 1931. § 14 I PVG enthielt eine Generalklausel, die in der Tradition des Kreuzberg-Urteils sowie von § 10 II 17 ALR stand und zugleich Vorbild fur alle spateren Generalklauseln geworden ist: ? Die Polizeibehorden haben im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtgemaßem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen, um von der Allgemeinheit oder dem Einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die offentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird. “ In den Bestimmungen des PVG von 1931 hat das Polizeirecht seine klassische Gestalt gewonnen, in der es spater auf die Bundesrepublik erheblichen Einfluss ausuben sollte. [6]

Die Zeit des Nationalsozialismus [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die nationalsozialistische ? Machtergreifung “ im Januar 1933 markierte eine einschneidende Zasur; Recht und Organisation der Polizei erlebten einen tiefgreifenden Wandel. Zwar blieb das uberlieferte Polizeirecht formaliter bestehen. Aber die polizeiliche Generalklausel (§ 14 Pr. PVG) wurde durch Lehre und Rechtsprechung vielfach ideologisch umgedeutet, so dass sich der exekutive Handlungsspielraum erheblich erweiterte. Dabei wurde insbesondere das unbestimmte Schutzgut ?offentliche Ordnung“ fur antiliberale Zielsetzungen missbraucht. Die Folge war eine ?Verpolizeilichung“ von immer mehr Lebensbereichen.

Der nationalsozialistische Zugriff auf die Polizeiorganisation hatte zum Ziel, ein schlagkraftiges Instrument zur Sicherung der Diktatur zu schaffen. Schritt fur Schritt bußten die Lander ihre Polizeihoheit ein. Im Zuge der ?Gleichschaltung der Lander“ ging die Polizeihoheit im Jahr 1934 auf das Reich uber. Es gelang Reichsinnenminister Wilhelm Frick in den Anfangsjahren der Diktatur allerdings nur teilweise, die faktische Befehlsgewalt uber die Landerpolizeien zu erlangen. Schon fruhzeitig nahm die Politische Polizei eine Sonderrolle ein. In Preußen wurde sie bereits 1933 als Geheime Staatspolizei (Gestapo) aus dem Kontext der inneren Verwaltung herausgelost und zielstrebig zum zentralen Staatsschutzorgan der nationalsozialistischen Machthaber ausgebaut.

Die Gestapo steuerte die Verfolgung politischer Gegner und stutzte ihre weitreichenden Maßnahmen (? Schutzhaft “) von Anfang an auf die sogenannte Reichstagsbrandverordnung vom Februar 1933. Sie beanspruchte fur sich ein ?justizfreies“ Betatigungsfeld. In einem Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. Mai 1935 wurde gerichtlicher Rechtsschutz gegen staatspolizeiliche Maßnahmen versagt. Damit bildete die Gestapo den Kristallisationspunkt eines vollig neuartigen Polizeibegriffs, der losgelost von den uberlieferten Polizeigesetzen den politischen Leitlinien der Regimefuhrung folgte und einer ?totalen“ Polizeigewalt den Weg bahnte. [7]

Bedeutendster Markstein in der organisatorischen Umwalzung der Polizei war die Ernennung Heinrich Himmlers zum Reichsfuhrer SS und Chef der Deutschen Polizei im Jahr 1936. Zwar unterstand Himmler nominell noch dem Reichsinnenminister. Faktisch wurde die Polizei aber immer starker in die Einflusssphare der Schutzstaffel der NSDAP (SS) einbezogen und von den burokratischen Bindungen des ?traditionellen“ Staatsapparates suspendiert. Dieser Prozess der ?Entstaatlichung“ ging Hand in Hand mit der fortschreitenden Zentralisierung der Polizeigewalt, die in den 1936 geschaffenen Hauptamtern ? Sicherheitspolizei “ und ? Ordnungspolizei “ auf Reichsebene deutlich zum Ausdruck kam. Die organisatorischen Veranderungen hatten ihre Entsprechung in einer ausufernden polizeilichen Betatigung und Zunahme polizeilicher Machtfulle.

Schutzhaftanordnung der Gestapo gegen einen ?Unverbesserlichen Homosexuellen“

In den Mittelpunkt des nationalsozialistischen Polizeibegriffs ruckte der ?Schutz der deutschen Volksgemeinschaft “, was dazu fuhrte, dass die Gestapo, aber auch die Kriminalpolizei immer mehr praventivpolizeiliche Kompetenzen an sich zogen. Reinhard Heydrich , der Chef der Sicherheitspolizei und des SD , fuhrte hierzu 1938 aus, dass die Polizei und insbesondere die Gestapo ? unabhangig von der Tatigkeit der Gerichte ? in eigener Zustandigkeit mit allen Mitteln gegen Menschen vorgehe musse, ?von denen Angriffe gegen die Volksordnung und gegen die Staatssicherheit zu erwarten sind, … durch Verwarnungen, durch Beschlagnahme von Gegenstanden, durch Auflagen, durch Einschrankungen der personlichen Freiheit, deren außerste Form die Schutzhaft ist.“ Der Machtzuwachs der Polizei ging zu Lasten der Strafjustiz. Polizeiliche Zwangsinstrumente wie die ?Schutzhaft“ und ? Polizeiliche Vorbeugehaft “ dienten dazu, unliebsame Gerichtsentscheidungen auszuhebeln. Damit befreite sich die Polizei weitgehend von rechtsstaatlichen Bindungen und wurde zu einem ?dynamischen“ Exekutivorgan des nationalsozialistischen Terrorregimes. [8]

Neben der Sicherheitspolizei , aus der durch Zusammenlegung mit dem Sicherheitsdienst des Reichsfuhrers SS am 1. Oktober 1939 das Reichssicherheitshauptamt entstand, existierte gleichzeitig der Reichssicherheitsdienst , der fur den Personenschutz Adolf Hitlers und spater auch anderer hochrangiger NS-Vertreter zustandig war. Zudem kam es mit dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei , dem mehrere Kommandeure der Sicherheitspolizei unterstellt waren, dem Inspekteur der Sicherheitspolizei und dem Chef der Sicherheitspolizei zu einer verwirrenden Vielfalt von Amtsbezeichnungen.

Besatzungs- und unmittelbare Nachkriegszeit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Februar 1945 trafen die Alliierten auf der Konferenz von Jalta die Entscheidungen, welche das Bild der Polizeistruktur bis heute entscheidend pragen. Dabei stand zunachst im Vordergrund, den Sicherheitsapparat durch eine Entnazifizierung , Dezentralisierung und Entmilitarisierung zu ?entmachten“. Die Westmachte setzten in den Nachkriegsjahren schließlich darauf, eine an demokratischen Leitbildern orientierte Polizeistruktur aufzubauen und die Polizeibefugnisse weitgehend auf Vollzugsaufgaben zu begrenzen.

Die einschneidendsten Veranderungen fanden in der britischen Besatzungszone statt. Die Polizei wurde nach Art. 1 MilReg VO Nr. 135 als nichtmilitarische Einrichtung angesehen, deren hauptsachliche Aufgaben der Schutz von Leben und Eigentum, die Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung, die Verhutung und Aufklarung von Straftaten und die Uberlieferung der Verbrecher an die Gerichte zu sein hatten. Kennzeichnend fur den Prozess der sog. ?Entpolizeilichung“ waren eine Reduktion des polizeilichen Wirkungsbereiches und eine Ausgliederung der Verwaltungspolizei ( Ordnungsverwaltung ). Die Trennung von Polizei und Ordnungsverwaltung erfolgte in den westlichen Besatzungszonen allerdings mit unterschiedlicher Intensitat und Zielrichtung. Im allgemeinen Polizeirecht knupften nach Konstituierung der Bundesrepublik die westdeutschen Lander und West-Berlin wieder an die rechtsstaatliche Tradition vor 1933 an. Dabei orientierten sich die jungen Landespolizeigesetze auffallig am Preußischen PVG von 1931. Dessen ?System der Generalklausel“ fand nunmehr auch im Polizeirecht der suddeutschen Lander Eingang. [9]

Dagegen war in der Sowjetischen Besatzungszone ( SBZ ) der Prozess der ?Entnazifizierung“ nicht der Auftakt fur den Aufbau einer Polizeiverwaltung im rechtsstaatlichen Sinne. Vielmehr wurden unter dem Einfluss der sowjetischen Besatzungsorgane die Weichen fur einen straff gelenkten Sicherheitsapparat gestellt, um eine kommunistische Parteidiktatur vorzubereiten und abzusichern. Sinnbild dafur war die Schaffung eines Staatssicherheitsdienstes ( Stasi ), der uber weitreichende praventivpolizeiliche Zugriffsmoglichkeiten verfugte und gerichtlich nicht kontrollierbar war. Das allgemeine Polizeirecht der DDR orientierte sich formaliter zwar am Preußischen PVG von 1931. Die polizeiliche Generalklausel wurde jedoch ideologisch aufgeladen und auf den ?Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung“ ausgerichtet (§ 1 Gesetz uber die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei 1968). Damit stand den Polizeibehorden der DDR ein umfassender Raum fur Eingriffsmoglichkeiten offen. [10]

Der Polizeibegriff in der heutigen Zeit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Begriff ?Polizei“ kann in unterschiedlichen Auspragungen bestimmt werden. Dabei ist eine Unterscheidung hinsichtlich des materiellen, formellen und institutionellen Polizeibegriffs angezeigt.

Materieller Polizeibegriff [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der materielle Polizeibegriff beinhaltet die mit Zwangsgewalt verbundene Staatstatigkeit, die darauf abzielt, von der Allgemeinheit oder dem Einzelnen Gefahren abzuwehren, durch welche die offentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird ( Gefahrenabwehr ).

  • Staatliche Tatigkeit zur Gefahrenabwehr, unabhangig von der Verwaltungsorganisation. [11]

Institutioneller (organisatorischer) Polizeibegriff [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Polizeibegriff im institutionellen oder organisatorischen Sinne orientiert sich an der Zugehorigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Behorden, namlich den Polizeibehorden. Dabei handelt es sich um die Stellen der offentlichen Verwaltung, die dem Organisationsbereich der Polizei zuzurechnen sind. Dieser Bereich ist entsprechend der geschichtlichen Entwicklung in den einzelnen Landern unterschiedlich ausgestaltet. Zu unterscheiden ist zwischen dem Trennsystem und dem Einheitssystem.

  • Die dem Organisationsbereich der Polizei zuzurechnenden Verwaltungsbehorden. [11]

Formeller Polizeibegriff [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der formelle Polizeibegriff beschreibt die staatlichen Funktionen, die von den Polizeibehorden ausgeubt werden. Unter dem formellen Aspekt wird damit das gefasst, was als Summe polizeilicher Aufgaben und Zustandigkeiten von den institutionell (organisatorisch) als Polizei bestimmten Stellen offentlicher Verwaltung wahrgenommen wird.

  • Alle Aufgaben, welche die Polizei im institutionellen Sinne wahrnimmt. [11]

Das Verhaltnis von Polizei- und Ordnungsbehorden [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bedeutung erlangen die verschiedenen Polizeibegriffe bei der Einordnung der ? Ordnungsbehorden “. Diese werden nicht dem organisatorischen Bereich der Polizei zugeordnet, nehmen aber Polizeiaufgaben wahr. Eine Unterscheidung zwischen Polizei- und Ordnungsbehorden findet nur auf Landerebene statt (Organisationshoheit der Lander), das Bundesrecht geht immer vom materiellen Polizeibegriff aus.

Die Trennung von Polizei- und Ordnungsverwaltung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Trennung von Polizei- und Ordnungsbehorden durch die Besatzungsmachte, welche dem Missbrauch polizeilicher Gewalt entgegenwirken sollte (Entpolizeilichung), wurde in den einzelnen Besatzungszonen und auch beim Erlass entsprechender Landesregelungen in den neuen Bundeslandern unterschiedlich vollzogen und findet sich daher insgesamt in der heutigen Landesgesetzgebung in unterschiedlicher Auspragung wieder ? sie lassen sich jedoch in zwei strukturelle Systeme einteilen, das Einheits- und das Trennungssystem. [12]

Trennungssystem [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Trennungssystem gibt es eine institutionelle Unterscheidung der Polizeibehorden von den Ordnungsbehorden (Folge der Entpolizeilichung). Nur die Einheiten des Polizeivollzugsdienstes (bzw. der ?Vollzugspolizei“) werden im Trennungssystem als ?Polizei“ bezeichnet, auch wenn die Ordnungsbehorden materielle Polizeifunktionen wahrnehmen.

Fur die Gefahrenabwehr ist grundsatzlich die Ordnungsbehorde zustandig. Dagegen ist die Zustandigkeit der Polizei auf Eilfalle, Amtshilfe, Vollzugshilfe und Sonderzustandigkeiten beschrankt.

Die Ordnungsbehorden werden in verschiedenen Landern, die dem Trennungssystem folgen, unterschiedlich bezeichnet:

  • ?Ordnungsbehorde“ in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein;
  • ?Verwaltungsbehorden der Gefahrenabwehr“ in Hamburg und Niedersachsen;
  • ?Sicherheitsbehorde“ in Bayern und Sachsen-Anhalt;
  • ?Gefahrenabwehrbehorde“ in Hessen.
  • Sachsen ist zwar mit seiner Polizeirechtsnovelle 2020 vom Einheits- zum Trennsystem gewechselt, verwendet aber weiterhin den Begriff der ?Polizeibehorde“ fur Verwaltungsbehorden, die Aufgaben der Gefahrenabwehr erfullen. [13]

Fachamter (z. B. Gesundheitsamt , Bauaufsichtsbehorde ) haben nicht nur eine allgemeine Verwaltungsfunktion, sondern treten auch als Ordnungsbehorden fur ihren Sachbereich auf und sind dort somit fur die Gefahrenabwehr zustandig.

Einheitssystem [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Einheitssystem umfasst der Rechtsbegriff der ?Polizei“ alle Behorden, die Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrnehmen. Somit sind hier formeller und materieller Polizeibegriff identisch.

Die Polizei ist unterteilt in die Polizeibehorden (im Saarland: Polizeiverwaltungsbehorden) und den Polizeivollzugsdienst (bzw. Vollzugspolizei). Die Polizeibehorden wiederum gliedern sich in allgemeine und besondere Polizeibehorden.

Die Polizeibehorden sind grundsatzlich fur die polizeilichen Aufgaben zustandig. Sie ubernehmen die Aufgabe die einzelnen Bereiche des offentlichen Lebens auf bestehende Gefahren hin zu uberwachen und diese ? in der Regel durch schriftliche Verfugungen (Verwaltungsakte) ? abzuwehren.

Ist die Polizeibehorde nicht bzw. nicht rechtzeitig erreichbar, gilt die Eilzustandigkeit des Polizeivollzugsdienstes fur unaufschiebbare vorlaufige Maßnahmen. Daruber hinaus nimmt der Polizeivollzugsdienst ihm ausdrucklich zugewiesene Aufgaben wahr. Fur gewisse Bereiche gibt es Parallelzustandigkeiten (z. B. Platzverweis), Alleinzustandigkeiten der Polizeibehorden (Einziehung) oder Alleinzustandigkeiten des Polizeivollzugsdienstes (Datenabgleich mit polizeilichen Dateien).

Die gemeindlichen Vollzugsbediensteten des kommunalen Ordnungsdienstes sind nicht Angehorige des Polizeivollzugsdienstes, sondern gehoren zur Ortspolizeibehorde. Sie haben aber im Rahmen ihrer auf den Gemeindebereich beschrankten Aufgaben die Stellung von Polizeibeamten. [14]

Die Lander Baden-Wurttemberg, Bremen und Saarland sind dem Einheitssystem zuzuordnen. Sachsen ist mit seiner Polizeirechtsnovelle 2020 zum Trennsystem gewechselt, verwendet aber den Begriff der ?Polizeibehorde“ weiterhin ebenfalls in dem eben beschriebenen Sinn. [13]

Vergleich von Trennungs- und Einheitssystem [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Aufgabenbereiche des Polizeivollzugsdienstes im Einheitssystems gleichen denen der Polizei im Trennungssystems.

Die Aufgabenbereiche der Polizeibehorden im Einheitssystem gleichen denen der Ordnungsbehorden im Trennungssystem.

Die offentliche Wahrnehmung des Trennungssystems (Nordrhein-Westfalen) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Durch die Gestaltung des Trennungssystems ist in Nordrhein-Westfalen zwischen Polizei und Ordnungsbehorden zu differenzieren. Dabei ist der Unterschied in der offentlichen Wahrnehmung weniger auf den Aufgabenbereich, sondern auf die verschiedenen Handlungsmittel zuruckzufuhren.

Die Polizei bekampft typischerweise nahe liegende Gefahren rasch und unburokratisch ?vor Ort“ und nimmt zugleich die Aufgaben nach § 163 StPO wahr. Ihre Charakteristika sind:

  • Außendienst,
  • Sachnahe,
  • Schnelligkeit der Gefahrenbekampfung,
  • Mundlichkeit und Formlosigkeit.

Die Ordnungsbehorden arbeiten demgegenuber typischerweise burokratisch-verwaltungsmaßig am Schreibtisch und bekampfen Gefahren, die sich nicht sofort realisieren. Ihre Charakteristika sind:

  • Innendienst,
  • Sachferne,
  • Gefahrenbekampfung durch Verfugung,
  • Schriftlichkeit und Formlichkeit.

Dieses Bild von Aufgabenwahrnehmung entspricht der in Preußen ublichen Dreiteilung der Polizei in Kriminal-, Schutz- und Verwaltungspolizei. Heute wird weitgehend von einer Zweiteilung der Polizei in Vollzugs- und Verwaltungspolizei (Ordnungsverwaltung) gesprochen. Allerdings ist diese Einteilung nicht absolut (und damit teilweise irrefuhrend). Auch bei der so genannten ?Vollzugspolizei“ werden weiterhin verwaltungspolizeiliche Aufgaben (Innere Verwaltung, Waffen- und Versammlungsrecht) erledigt, und die sogenannte ?Verwaltungspolizei“ (Ordnungsverwaltung) nimmt unbestritten vollzugspolizeiliche Aufgaben wahr. Seit dem viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen Ende der 1990er Jahre aufgrund des sich ausweitenden Personalmangels bei der Landespolizei und den daraus resultierenden Sicherheitsproblemen in den Stadten dazu ubergegangen sind, uniformierte Außendienste aufzustellen, ist diese alte Einteilung auch nicht mehr haltbar. Dem Grunde nach bestehen in Nordrhein-Westfalen zwei unabhangige Polizeibehorden, die jeweils fur sich Vollzugs- und Verwaltungsaufgaben erledigen.

Die Zustandigkeiten der Polizei- und Ordnungsbehorden (Nordrhein-Westfalen) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Sowohl den Polizei- als auch den Ordnungsbehorden ist die Aufgabe der Gefahrenabwehr ubertragen worden. Damit stellt sich in Landern mit Trennungssystem die Frage der Zustandigkeitsabgrenzung. Damit die Aufgabe der Gefahrenabwehr von den allgemeinen und besonderen Polizei- und Ordnungsbehorden zugleich umfassend und uberschneidungsfrei wahrgenommen wird, gelten Subsidiaritat und Spezialitat. Das spezielle Gesetz soll vor dem allgemeinen angewendet werden, und die grundlichere Gefahrenabwehr vom Schreibtisch aus ist der weniger grundlichen vor Ort vorzuziehen. Zugleich ist es besser, wenn weniger grundlich vor Ort als gar nicht gehandelt oder wenn eher das allgemeine Gesetz als gar keines angewendet wird. Nur ausnahmsweise existieren parallele Zustandigkeiten.

Das Handeln der Polizei ist subsidiar gegenuber dem gefahrenabwehrenden Handeln der Ordnungsbehorden. Grundsatzlich sind Gefahrenabwehraufgaben den Ordnungsbehorden zu ubertragen. Die Polizei wird im Bereich der Gefahrenabwehr nur tatig, soweit ein zumindest vorlaufiges Handeln unaufschiebbar ist und das Handeln der Ordnungsbehorden nicht oder nicht rechtzeitig moglich erscheint (Eil- oder Eilfallkompetenz der Polizei, Recht des ersten Zugriffs). Polizeiliches Eingreifen bietet sich namentlich an, wenn einer Ordnungsbehorde die notwendigen Befugnisse, Vollzugskrafte, Sachmittel oder Sachkenntnisse fehlen.

Handelt die Polizei, so stutzt sie ihre vorlaufigen Maßnahmen nicht auf die eigentlich einschlagigen ordnungsbehordlichen, sondern auf ihre eigenen Befugnisse. Hat die Polizei gehandelt, muss sie die Ordnungsbehorde unterrichten, damit diese gegebenenfalls weitere Schritte veranlassen kann. Zudem muss die Polizei den Ordnungsbehorden Vollzugshilfe leisten.

Die in Erweiterung der traditionellen Aufgabenzuweisung entstandenen Aufgaben der vorbeugenden Bekampfung von Straftaten und der Vorbereitung auf kunftige Gefahrenabwehr sind nach nordrhein-westfalischem Landesrecht (§ 1 PolG NRW) ausschließlich Aufgabe der Polizei. Die nordrhein-westfalische Polizei ist neben der Gefahrenabwehr zustandig fur die Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ( § 163 StPO, §§ 53 bis 55 OWiG ) sowie die Uberwachung des Straßenverkehrs. Die nordrhein-westfalischen Ordnungsbehorden sind neben der Gefahrenabwehr zustandig fur die Erforschung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und die Uberwachung des ruhenden Verkehrs. Maßnahmen der Ordnungsbehorden (als Polizei im materiellen Sinne) sind im Rahmen der Erforschung von Straftaten ( § 163 StPO) durch Bundesrecht nicht ausgeschlossen. Eine entsprechende Zustandigkeitszuweisung besteht aber nach Landesrecht nicht.

Ordnungspolizei Hessen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In Hessen gibt es seit dem 15. Dezember 2004, nachdem das Hessische Sicherheits- und Ordnungsgesetz (HSOG) dahingehend geandert wurde, dass kommunale Hilfspolizeibeamte des Ordnungsamtes die Bezeichnung ?Ordnungspolizeibeamter“ fuhren und ihre Behorden somit den Namen ?Ordnungspolizei“ tragen durfen. Hintergrund dieser Regelung sind Veranderungen im Aufgabengebiet vieler hessischer Ordnungsamter oder Kommunalverwaltungen, die mehr und mehr auch klassische vollzugspolizeiliche Aufgaben ubernehmen.

Beispiel Kommunalpolizei Darmstadt und Stadtpolizei Frankfurt am Main [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Behorden wie die Stadtpolizei Frankfurt am Main und die Kommunalpolizei Darmstadt haben eine Sonderstellung in Hessen. Die Bediensteten sind den Beamten der Landespolizei gleichgestellt (§ 99 HSOG, Hilfspolizeibeamter). Diese haben im Rahmen ihrer Aufgaben die Befugnisse von Polizeivollzugsbeamten und haben somit die gleichen Aufgaben und Befugnisse wie die Hessische Polizei . Diese Befugnisse haben alle in Hessen ausgebildeten Hilfspolizeibeamten durch den § 99 Abs. 4 sowie § 114 Satz 1 HSOG.

Die ursprungliche Benennung als ?Ordnungspolizei“ erwies sich als wenig vorteilhaft, weil die Bezeichnung historisch durch ihre Verwendung in der NS-Zeit belastet ist (siehe Ordnungspolizei ). Nach entsprechenden Beschwerden wurden am 2. November 2005 in den Stadten Frankfurt am Main und Darmstadt die Aufschriften von den bereits mit ?Ordnungspolizei“ beschrifteten Fahrzeugen wieder entfernt.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Hans Boldt , Michael Stolleis : Geschichte der Polizei in Deutschland , in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. Munchen 2007, S. 1?41.
  • Volkmar Gotz : Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht , 13. Aufl. Gottingen 2001.
  • Volkmar Gotz, § 2 Die Sorge fur die offentliche Sicherheit und Ordnung , in: Jeserich/Pohl/von Unruh (Hrsg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte. Bd. 5, Stuttgart 1987, S. 426?450.
  • Jonas Grutzpalk u. a.: Beitrage zu einer vergleichenden Soziologie der Polizei; Potsdam: Universitatsverlag 2009 [1]
  • Peter Guttkuhn: Zur Polizeigeschichte Lubecks . In: PVT Polizei, Verkehr + Technik . 36 (1991), Heft 2: S. 50?51.
  • Hans Maier : Die altere deutsche Staats- und Verwaltungslehre. 2., neubearbeitete und erganzte Aufl., Munchen 1980 (1. Aufl.: Neuwied a. Rh., Berlin 1966).
  • Johann Jacob Moser : Neues teutsches Staatsrecht , Neudruck der Ausgabe 1773, Band 16. 6 ?von der Landes-Hoheit in Polizey-Sachen“, Osnabruck, 1967.
  • Franz-Ludwig Knemeyer : Polizei- und Ordnungsrecht , Munchen 8. Aufl. 2000.
  • Stefan Naas : Die Entstehung des Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes von 1931 , Tubingen 2003.
  • Andreas Schwegel: Der Polizeibegriff im NS-Staat , Tubingen 2005.

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Art. Polizei im Deutschen Rechtsworterbuch  ; vgl. auch zur Wortbedeutung Grimms Worterbuch: ?vom 15. bis ins 17. jahrh. verstand man unter polizei die regierung, verwaltung und ordnung, besonders eine art sittenaufsicht in staat und gemeinde und die darauf bezuglichen verordnungen und maszregeln, auch den staat selbst, sowie die staatskunst, politik.“
  2. Volkmar Gotz , Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Gottingen 13. Aufl. 2001, Randnr. 6.
  3. Johann Jacob Moser, Neues teutsches Staatsrecht, Neudruck der Ausgabe 1773, Band 16. 6 ?von der Landes-Hoheit in Polizey-Sachen“, Osnabruck 1967, S. 2: ?§ 2 ich verstehe hier unter dem Wort: Polizey diejenige landesherrliche Rechte und Pflichten, auch daraus fliessende Anstalten, welche die Absicht haben, der Unterthanen ausserliches Betragen im gemeinen Leben in Ordnung zu bringen und zu erhalten, wie auch ihre zeitliche Gluckseligkeit zu befordern.“
  4. Volkmar Gotz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Gottingen 13. Aufl. 2001, Randnr. 9.
  5. Boldt/Stolleis, Geschichte der Polizei in Deutschland, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, Munchen 4. Aufl. 2007, Randnr. 49?51.
  6. Stefan Naas, Die Entstehung des Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes von 1931, Tubingen 2003.
  7. Andreas Schwegel, Der Polizeibegriff im NS-Staat, Tubingen 2005.
  8. Boldt/Stolleis, Geschichte der Polizei in Deutschland, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, Munchen 4. Aufl. 2007, Randnr. 61?65.
  9. Volkmar Gotz, § 2 Die Sorge fur die offentliche Sicherheit und Ordnung, in: Jeserich/Pohl/von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte Bd. 5, Stuttgart 1987, S. 427 ff., 447 ff.
  10. Franz-Ludwig Knemeyer, Polizeirecht- und Ordnungsrecht, Munchen 8. Aufl. 2000, Randnr. 16.
  11. a b c Hartwig Elzermann, Erwin Wagner, Sven Richter, Manfred Mockl: Polizeirecht / Gewerberecht . Wiesbaden 2015, S. 16?19 ISBN 978-3-8293-1201-1
  12. Kugelmann: Polizei- und Ordnungsrecht. Springer Verlag, 2. Auflage 2011, ISBN 978-3-642-23374-6
  13. a b Neustrukturierung des sachsischen Polizeirechts , Sachsisches Staatsministerium des Innern, abgerufen am 22. Marz 2024.
  14. Stephan, Deger: Polizeigesetz fur Baden-Wurttemberg. Kommentar. Boorberg Verlag, 7. Auflage 2014, ISBN 978-3-415-05247-5