Der
Pirouetteneffekt
ist die Steigerung oder Verlangsamung der Rotationsgeschwindigkeit, die sich ergibt, wenn bei einem sich drehenden Objekt die
Masse
naher zur
Rotationsachse
gezogen oder von dieser weiter entfernt wird. Im Alltag erfahrbar ist der Effekt bei der namensgebenden
Pirouette
im
Eiskunstlauf
. Dabei versetzen sich Eiskunstlaufer zunachst bei zur Seite ausgestreckten Armen in Rotation. Wenn die Arme eng an den Korper angelegt werden, verringert sich dadurch das
Tragheitsmoment
der Laufer. Da dabei der
Drehimpuls
erhalten bleibt, nimmt die
Winkelgeschwindigkeit
der Rotation zu. Umgekehrt verringert sich die Rotationsgeschwindigkeit, wenn die Arme ausgestreckt werden.
Das gleiche Prinzip nutzen Turner und Turmspringer beim
Salto
[1]
oder bei
Schrauben
. In der Luft werden Arme und Beine angezogen, um so aus dem beim Absprung erhaltenen Drehimpuls eine moglichst schnelle Drehung zu gewinnen. Eine Offnung der Haltung vor dem Auftreffen auf den Boden verringert die Drehgeschwindigkeit und erlaubt eine stehende Landung.
Der Pirouetteneffekt tritt auch bei anderen Drehbewegungen auf, beispielsweise bei einem
Tornado
in der Entstehungsphase. Bei einer
Supernova
bricht der Innenbereich des
Sterns
zusammen, der entstehende
Neutronenstern
hat dann Umdrehungszeiten im Millisekundenbereich.
Der
Drehimpuls
lasst sich ausdrucken als Produkt von
Tragheitsradius
,
Masse
und
Winkelgeschwindigkeit
:
Aufgrund der
Drehimpulserhaltung
gilt fur ein System ohne außere Einflusse und unveranderter Masse, wobei die Indizes
und
zwei Zustande des Systems bezeichnen:
Daraus ergibt sich, dass die Winkelgeschwindigkeiten sich antiproportional zu den Quadraten der Tragheitsradien verhalten:
Fur Punktmassen im Abstand
kann die Umfangsgeschwindigkeit
an Stelle der Winkelgeschwindigkeit genutzt werden, sodass gilt:
Da die
Rotationsenergien
ist, gilt
Bei konstanter Masse
konnen, wenn beispielsweise Tragheitsradien und eine der Winkelgeschwindigkeiten bekannt sind, mit obiger Formel die andere Winkelgeschwindigkeit, die Rotationsenergien sowie die Hubarbeit
berechnet werden.
Die Hubarbeit kann auch direkt ermittelt werden:
Der Pirouetteneffekt ist ein Wechselspiel zwischen Hubenergie und Rotationsenergie. Die Differenz der Rotationsenergien ist die Hubarbeit, die beim Wechsel auf einen kleineren Radius wieder in Rotationsenergie zuruckverwandelt werden kann; d. h., die Verringerung des Radius erfordert einen wachsenden Kraftaufwand uber die Distanz
. Bei der Vergroßerung des Radius wird die in der Rotation gebundene Energie frei.
Der Tragheitsradius eines Massenpunkt ist sein Abstand von der Rotationsachse. Bei mehreren Massepunkten wird dieser effektive Abstand bestimmt, indem die Beitrage alle Massen
mit ihren jeweiligen Radien
aufsummiert werden:
Fur
starre Korper
, die nicht um eine
Haupttragheitsachse
rotieren, was bei Massenpunkten, die untereinander wechselwirken und sich nicht in einer Ebene senkrecht zur Drehachse befinden, im Allgemeinen der Fall ist, muss die Drehimpulserhaltung
mit den
Tragheitstensoren
und
angenommen werden.
Der rotierende Massenpunkt wird vom Radius
zum Radius
versetzt, etwa durch Verlangern der Verbindung mit dem Drehpunkt. Die Masse bewegt sich tangential geradlinig weiter bis zur außeren Bahn. Dabei nimmt sie die Geschwindigkeit
und die Rotationsenergie aus dem inneren Radius als kinetische Energie bis zum Radius
mit:
Auf dem außeren Radius kann die Geschwindigkeit
in die Komponenten
und
zerlegt werden.
ist die neue Umfangsgeschwindigkeit, und
ist die gedachte Radialgeschwindigkeit, die jedoch, weil sie auf dem neuen Radius = Null ist, in Hubarbeit umgerechnet werden kann.
Die im Bild verwendeten Variablen
Physikalische Große
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Formel
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Umfangsgeschwindigkeit
2
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Radialvektor
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Rotationsenergiedifferenz
|
|
Die Art des Ubergangs auf einen anderen Radius spielt fur den Endzustand keine Rolle. In der Praxis wird die Bewegung spiralformig verlaufen, im Ergebnis entsprechen aber die Werte fur Energie und Geschwindigkeit dem vereinfachten Beispiel.
Der Pirouetteneffekt betrifft rotierende Massen, die mechanisch an die Drehachse gekoppelt sind.
Himmelsmechanische
Vorgange (Bahnen von Doppelsternen, Planeten, Satelliten usw.) unterliegen anderen Gesetzen.
- ↑
Sportmechanik, Abschnitt ?Drehimpuls und Drehimpulserhaltung“, Abb. 70 auf S. 78.
- Gunther Baumler:
Sportmechanik: Grundlagen fur Studium und Praxis
. BLV Verlagsgesellschaft, Munchen Wien Zurich 1981,
ISBN 3-405-12435-2
.
- David Halliday, Robert Resnick, Jearl Walker:
Physik
. 2. Auflage. WILEY-VCH Verlag GmbH & co. KGaA, Berlin 2009,
ISBN 978-3-527-40645-6
.