Der
Pemmikan-Krieg
(englisch
Pemmican War
) war eine Auseinandersetzung zwischen
Hudson’s Bay Company
und
North West Company
. Sie wurde 1815 bis 1820 hauptsachlich in der
Red-River-Kolonie
auf dem Gebiet der heutigen
kanadischen
Provinzen
Manitoba
und
Saskatchewan
ausgetragen.
Ruperts Land
Hudson’s Bay Company (HBC) und North West Company (NWC) lebten fast ausschließlich vom Fellhandel, die wesentlich altere HBC basierend auf einem Fellhandels-Monopol der englischen Krone fur
Ruperts Land
, die NWC handelte im ubrigen nordwestlichen Teil des heutigen Kanada. Hierzu bezogen sie große Mengen
Pemmikan
, der aus
Buffelfleisch
hergestellt wird, und von den Felljagern im nahrungsarmen Norden in großen Mengen benotigt wurde, als Handelsgut. Der Pemmikan wurde im nordlichsten Teil der amerikanischen
Prarie
beschafft, heute die sudlichen Teile von Manitoba, Saskatchewan und
Alberta
sowie
North Dakota
und nordliche Teile von
South Dakota
und
Minnesota
.
Die NWC hatte ihren Hauptsitz in Montreal und war dementsprechend frankofon. Ihr Hauptlieferant fur Pemmikan war die ebenfalls (hauptsachlich) frankofone
Mischethnie
der
Metis
, die ihr Hauptsiedlungsgebiet am Zusammenfluss des
Assiniboine
und des
Red River
(The Forks)
hatte. Dieses Gebiet gehorte aber zu Ruperts Land, dem Gebiet des Fellhandelsmonopols der HBC, auch wenn in The Forks kein Fell, sondern eben Pemmikan gehandelt wurde.
In
Schottland
wurden seit Ende des 18. Jahrhunderts im Zuge der Einfuhrung großflachiger Schafzucht viele Bauern aus den
High-
und
Lowlands
vertrieben (siehe
Highland Clearances
). 1809 kaufte sich deshalb
Lord Selkirk
mit zwei weiteren Schotten in die HBC ein, um den Bauern in den Gebieten der Company neue Siedlungsmoglichkeiten zu eroffnen.
Weiterhin hatten beide Fellhandels-Gesellschaften durch die Blockade der Handelswege nach Europa wahrend der
napoleonischen
Kontinentalsperre
von 1806 bis 1813 erhebliche Verluste erlitten und standen so unter verstarktem wirtschaftlichen Druck.
Fort Douglas in einer Zeichnung Lord Selkirks von 1817
1811 beschloss die HBC auf Betreiben Selkirks die Grundung der Red-River-Kolonie in der nordlichen Prarie. Sie sollte aber nicht nur den schottischen Neusiedlern zugutekommen, sondern war auch ein einigermaßen offensichtlicher Versuch, die im ostlich gelegenen Montreal ansassige NWC von ihren Versorgungsgebieten fur den Pemmikan abzuschneiden und deren Lieferanten, die Metis, zu verdrangen. Folgerichtig wurde die erste Besiedlung dann bei
The Forks
geplant, dem Zentrum des Siedlungsgebietes der Metis. 1812 wurde dort der Handelsposten
Fort Douglas
unter Verwalter
Miles Macdonell
erbaut und die ersten schottischen Siedler ließen sich nieder.
Im Fruhjahr 1813 kam es unter den Neusiedlern zu Lebensmittelknappheit und Macdonell verbot die Ausfuhr jeglicher Lebensmittel aus der neuen Kolonie, die sogenannte
Pemmican Proclamation
, und damit auch den traditionellen Verkauf von Pemmikan durch die Metis an die NWC. Diese war daruber naturgemaß wenig erfreut und brannte Fort Douglas mitsamt den umliegenden Gebauden nieder. Der Posten wurde wieder aufgebaut, aber es kam immer wieder zu Auseinandersetzungen. 1816 entsandte Selkirk den neuen Verwalter
Robert Semple
mit einer Verfugung, die zur Einstellung der Kampfe und damit der Anerkennung der Verwaltungsmacht der HBC aufforderte. Semple eroberte
Fort Gibraltar
, den Handelsposten der NWC an
The Forks
. Bei dem Versuch einer Gruppe von NWC-Mitarbeitern unter
Cuthbert Grant
,
The Forks
auf dem Landweg zu umgehen, kam es zur
Schlacht bei Seven Oaks
. Fort Douglas wurde ein zweites Mal zerstort und die Neusiedler vertrieben, Semple und 20 seiner Leute kamen in der Schlacht ums Leben.
Selkirk ließ daraufhin 100 Soldaten entsenden, die bis 1819 Frieden am Red River herstellen konnten. Kleinere Auseinandersetzungen in den Fellhandels-Gebieten am
Lake Athabasca
zogen sich noch bis 1820 hin (s. a.
Colin Robertson
).
Selkirk hatte sein gesamtes Vermogen verspielt und starb 1820 im Alter von 49 Jahren. Beide Unternehmen waren nach 1819 finanziell stark angeschlagen; 1821 fusionierten sie und gingen damit weiteren Konkurrenzkampfen aus dem Weg. Zum Teil wird, was offiziell Fusion
(merger)
genannt wurde, als Ubernahme seitens der HBC bezeichnet, deren Name beibehalten wurde. Aus dieser Sicht hat die HBC im Pemmikan-Krieg den Sieg davongetragen, wenn auch teuer bezahlt.
Die Gebiete der beiden Fellhandelsmonopole wurden im fusionierten Unternehmen als Nordwest-Territorien zusammengefasst. 1869 erwarb das zwei Jahre zuvor gegrundete
Canadian Dominion
die Gebiete von der HBC, zahlreiche Provinzen und Territorien wurden von diesem Gebiet, das zwei Drittel des heutigen Kanada ausmacht, abgespalten, zuletzt
Nunavut
1999.
An
The Forks
siedelten sich trotz des Friedens nur wenige Schotten an, die aber einvernehmlich mit den Metis lebten, die nun den Pemmikan fur die vereinigten Fellhandler lieferten. Ein halbes Jahrhundert spater fochten Schotten und Metis gemeinsam in der
Red-River-Rebellion
fur die neue Provinz Manitoba, von der die Metis aber wegen der
zuruckgehenden Buffelbestande
, denen sie nach Westen in das heutige Saskatchewan folgten, kaum profitieren konnten.
Die
Schlacht bei Seven Oaks
gilt als einendes Ereignis fur die Metis, die spater in der Red-River- und der
Nordwest-Rebellion
unter ihrem Anfuhrer
Louis Riel
fur eine eigene Provinz kampften, letztlich aber damit scheiterten. Auch ist der Pemmikan-Krieg die erste kriegerische Auseinandersetzung, bei der die unterschiedlichen Einstellungen von Franko- und Anglo-Kanadiern zu den Metis hervortraten. Erst seit den 1980er Jahren setzt sich in Kanada eine gemeinsame, neutralere historische Betrachtung des Pemmikan-Kriegs und der beiden Rebellionen unter den beiden Hauptsprachgruppen des Landes durch.