Anton Otto Stich-Stampfli
(*
10. Januar
1927
in
Basel
; †
13. September
2012
in
Dornach SO
;
heimatberechtigt
in Dornach und
Kleinlutzel
) war ein
Schweizer
Politiker
(
SP
). Von 1984 bis 1995 war er Mitglied des
Bundesrates
und Vorsteher des
Eidgenossischen Finanzdepartements
. 1988 und 1994 amtierte er als
Bundesprasident
.
Otto Stich wurde als Sohn des Mechanikers Otto Stich und seiner Frau Rosa, geborene Gunzinger, in Basel geboren.
[1]
Er wuchs in Dornach auf und besuchte die
Primar-
und
Bezirksschule
. Seine Eltern waren beide sozialdemokratisch engagiert, sein Vater gehorte dem
Gemeinderat
an. Die Politik war ein wichtiges Gesprachsthema in der Familie, gerade auch wegen der damaligen Bedrohung durch
Faschismus
und wegen des
Zweiten Weltkriegs
.
Stich studierte an der
Universitat Basel
bei
Edgar Salin
Wirtschaft. 1953 wurde er diplomierter Handelslehrer, 1955 promovierte er zum Doktor der Staatswissenschaften. Danach unterrichtete er an der Gewerbeschule Basel die Facher Deutsch, Geschafts-, Wirtschafts- und Staatskunde.
1947, im Alter von 20 Jahren, wurde Otto Stich Mitglied der sozialdemokratischen Partei des Kantons Solothurn. Mit 26 Jahren begann seine politische Karriere mit einem Sitz in der Dornacher Rechnungsprufungskommission. Vier Jahre spater, im Jahre 1957, wurde er in den Gemeinderat gewahlt und konnte auch das Amt des
Gemeindeammanns
ubernehmen.
[2]
Sein Vater Otto Stich-Gunzinger, der von 1949 bis 1957 Vize-Gemeindeprasident war, hatte auf eine Kandidatur verzichtet.
[3]
Stich kandidierte 1959 erstmals fur den
Nationalrat
. Da aber die Bisherigen wieder antraten, war Stich chancenlos. Vier Jahre spater jedoch konnte Stich fur
Willi Ritschard
, der zugunsten eines kantonalen Amtes auf ein nationales verzichtete, nachrutschen und wurde knapp in den Nationalrat gewahlt. 48 Stimmen Vorsprung waren es bei der ersten Zahlung, 24 bei der zweiten und 12 bei der dritten und letzten Zahlung.
Im Nationalrat machte Stich vor allem in Wirtschafts- und Finanzfragen von sich reden. Er war von 1971 bis 1983 mit einem Unterbruch Mitglied der
Finanzkommission
, 1975/76 deren Prasident. 1970 trat er bei
Coop Schweiz
die Stelle als Personalchef an und wurde spater Mitglied der Direktion.
1983 wurde Stich von seiner kantonalen Partei indirekt aufgefordert, nicht mehr fur den Nationalrat zu kandidieren. Vor allem
Ernst Leuenberger
und
Rolf Ritschard
wollten Stich von seinem Sitz drangen.
Willi Ritschard kundigte am 3. Oktober 1983 im Parlament seinen Rucktritt aus dem Bundesrat an. Stich sass zu diesem Zeitpunkt die letzte Woche im Parlament, da er bei den kurz bevorstehenden Erneuerungswahlen nicht mehr kandidierte. Die SP-Fraktion der Bundesversammlung schlug
Lilian Uchtenhagen
, eine Studienkollegin von Stich, als Ritschards Nachfolgerin vor. Uchtenhagen wurde wahrend der Wahlvorbereitungen entsprechend auch als Favoritin behandelt. Am 7. Dezember 1983 wurde Stich dann aber unerwartet in den
Bundesrat
gewahlt. Im ersten Wahlgang wurde Stich mit 124 Stimmen gewahlt; Uchtenhagen musste sich mit 96 Stimmen begnugen. Gewahlt wurde Stich ? nach der seither so genannten ≪
Nacht der langen Messer
≫ ? von der burgerlichen Mehrheit, die Frau Uchtenhagen teils als Person, teils als Vertreterin der Linken nicht zur ersten Bundesratin wahlen wollte. Stich teilte damit das Schicksal seiner beiden Vorganger
Hans-Peter Tschudi
und Willi Ritschard, die 1959 bzw. 1973 ebenfalls gegen den offiziellen Kandidaten der SP-Fraktion in den Bundesrat gewahlt wurden.
Kurz nach seiner Wahl in den Bundesrat erhielt Otto Stich eine Einladung zu einem Arbeitslunch mit
Ringier
-Publizist
Frank A. Meyer
, dem er ausrichten liess:
≪Erstens pflege ich beim Arbeiten nicht zu essen und zweitens beim Essen nicht zu arbeiten. Und drittens mochte ich beides eigentlich ohne Frank A. Meyer tun.≫
Die Nichtwahl der offiziellen Kandidatin loste in der Sozialdemokratischen Partei eine Diskussion aus uber den Ruckzug aus dem Bundesrat, wie er von der Parteileitung beantragt wurde, und fuhrte zu einer Zerreissprobe. Ein rekordmassig beschickter ausserordentlicher Parteitag beschloss im Februar 1984 in Bern mit grossem Mehr von 773 zu 511 Stimmen den Verbleib im Bundesrat.
[4]
Wahrend seiner Amtszeit stand Stich dem
Finanzdepartement
vor. In den Jahren 1988 und 1994 war er
Bundesprasident
. Stich vermochte den ob seiner Wahl enttauschten Teil der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten schon nach kurzer Zeit seiner Amtsfuhrung fur sich einzunehmen. Er uberzeugte vor allem mit der Hartnackigkeit und dem Sachverstand, mit dem er im mehrheitlich burgerlichen Gremium linke Positionen zu verteidigen verstand.
≪Ob
Astag
oder Banken, unser Otto wird nicht wanken≫
, plakatierte die sozialdemokratische Basis schon in seinem ersten Amtsjahr.
Am 31. August 1995 kundigte Stich per 31. Oktober seinen Rucktritt aus dem Bundesrat an. Er begrundete seinen Rucktritt vor allem mit seinem Alter. Spater gestand er, dass es einen Zusammenhang gab mit einer Niederlage im Bundesrat beim Entscheid, die
NEAT
mit dem
Lotschberg-Basistunnel
zu bauen.
[5]
Im Gegensatz zu vielen ehemaligen Bundesraten nahm Stich auch nach seinem Rucktritt immer wieder an der politischen Diskussion teil; er sagte, das Recht dazu habe er genau so wie jeder andere Burger.
Von 1997 bis 2007 war Stich Stiftungsratsprasident beim
Forschungsinstitut fur biologischen Landbau
(FiBL).
Otto Stich liebte
Karikaturen
und sammelte diejenigen uber seine Person und seine Politik.
[6]
Im Dezember 2011 erschien seine
Autobiografie
unter dem Titel
Ich blieb einfach einfach.
[7]
Nach kurzer Krankheit verstarb Otto Stich am 13. September 2012 im Alter von 85 Jahren.
[8]
[9]
[10]
[11]
2015 wurde in Dornach ein Platz und eine Skulptur Otto Stich gewidmet.
[12]
Auf einer Sitzbank sind aus
Bronze
Gegenstande nachgebildet, die typisch fur ihn waren: Eine
Tabakpfeife
und eine Pfeifentasche.
- Anton Otto Stich:
Die Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre zur selbstandigen Disziplin: Eine dogmenkritische Betrachtung der Entwicklung im deutschen Sprachgebiet in den Jahren 1900?1935, unter besonderer Berucksichtigung der Verhaltnisse der Betriebswirtschaftslehre zur Nationalokonomie
(=
Basler betriebswirtschaftliche Studien.
H. 15). Helbing & Lichtenhahn, Basel 1956 (Dissertation, Universitat Basel).
- Otto Stich:
Ich blieb einfach einfach.
Eine Autobiografie mit Begleittexten von
Ivo Bachmann
. Petri, Basel 2011,
ISBN 978-3-03784-015-3
.
- ↑
Vorfahren von Otto Stich.
In:
Portrait-Archiv.
Abgerufen am 5. November 2019
.
- ↑
Dornach und seine Ammanner (Seite im Internet Archive).
Archiviert vom
Original
am
20. Februar 2020
;
abgerufen am 6. Februar 2021
.
Info:
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@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.dornach.ch
- ↑
Otto Stich:
Ich blieb einfach einfach.
Basel 2011,
ISBN 978-3-03784-015-3
. S. 36
- ↑
Rene Zeller:
Genosse Kaktus.
Die Wahl von Otto Stich. In:
Neue Zurcher Zeitung.
30. November 2015,
S. 11
,
abgerufen am 30. November 2015
.
- ↑
SRG SSR Timeline (im Internet Archive)
, abgerufen am 6. Februar 2021
- ↑
Patrik Hanggi, Jusp (Jurg Spahr):
Karikaturen-Freund Otto Stich
. 1988,
doi
:
10.5169/SEALS-596674
(
e-periodica.ch
[abgerufen am 13. Februar 2021]).
- ↑
Erik Ebneter:
Der eigensinnige Herr Stich.
In:
Basler Zeitung
vom 13. Dezember 2011
- ↑
Hinschied von alt Bundesrat Otto Stich.
Medienmitteilung des Bundesrates,
abgerufen am 14. Januar 2018
.
- ↑
Alt Bundesrat Otto Stich ist gestorben
.
In:
Aargauer Zeitung
vom 13. September 2012
- ↑
Rene Lenzin:
Stur, sturer, Stich.
Nachruf in:
Tages-Anzeiger
vom 13. September 2012 (Archiv)
- ↑
Rene Zeller
:
Der Genosse von nebenan.
Nachruf in:
Neue Zurcher Zeitung
vom 13. September 2012
- ↑
Der Otto-Stich-Platz ist eingeweiht.
Oltner Tagblatt, 29. Juni 2015,
abgerufen am 4. Juli 2015
.
- ↑
Martin Beglinger:
Ke Gliichige.
In:
Tages-Anzeiger
vom 13. September 2012 (Archiv)