Ostseegouvernements

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Karte der russischen Ostseeprovinzen in Meyers Konversationslexikon (1893?97)
Kombiniertes Wappen der Ostseegouvernements mit Karelien , wie es im Großen Staatswappen des Russischen Kaiserreiches erscheint

Ostseegouvernements ( russisch Остзейские губернии , Ostsejskije gubernii ) hießen im Russischen Kaiserreich die deutschbaltisch gepragten und an der Ostsee gelegenen Gouvernements Estland , Livland und Kurland .

Die offizielle Bezeichnung in deutscher Sprache war Ostseeprovinzen Russlands . In Lexika aus dem Deutschen Reich sind weiterhin die Begriffe Ostsee-Provinzen (einschließlich St. Petersburg), [1] Baltische Gouvernements [2] oder Baltische Provinzen [3] zu finden.

Wappen Flagge Russisch Transliteration Deutsch (Historisch) Deutsch (Modern)
Эстляндская губерния Estljandskaja gubernija Est(h)landisches Gouvernement Gouvernement Estland
Лифляндская губерния Lifljandskaja gubernija Livlandisches Gouvernement Gouvernement Livland
Курля?ндская губерния Kurljandskaja gubernija Kurlandisches Gouvernement Gouvernement Kurland

Sonderstellung im Zarenreich

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Die drei Gouvernements hatten im Russischen Reich eine Sonderstellung, da sie infolge der jahrhundertelangen Herrschaft des deutsch-baltischen Adels protestantisch und deutsch gepragt waren. Die stadtische Selbstverwaltung war weiter entwickelt als im ubrigen Zarenreich und die Leibeigenschaft bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts abgeschafft worden.

Fur Russland hatten die Gouvernements neben ihrer strategischen und wirtschaftlichen Bedeutung auch einen gewissen Modellcharakter. Die Bezeichnung ?Fenster nach Westen“ lasst sich ebenso gut wie auf Sankt Petersburg auf sie anwenden. Großgrundbesitz und Stadtburgertum waren durchwegs deutschsprachig, doch auch Esten und Letten wurden vom lutherischen Protestantismus beeinflusst.

Historisch gesehen entsprachen diese Gouvernements dem Gebiet des Schwertbruderordens , der 1237 im Deutschen Orden aufging. Die Bezeichnung Livland wurde im Spatmittelalter oft auch fur Livland, Kurland und Estland zusammen angewandt. 1561 wurde der Ordensstaat Livland in ein weltliches Herzogtum umgewandelt. Spater wurde Nordestland schwedisch , und der Rest Livlands mit Kurland unterstellte sich der Oberhoheit Polen-Litauens , allerdings wurde der großte Teil Livlands 1620 ebenfalls schwedisch.

Nach dem Frieden von Nystad 1721 kamen diese beiden nordlichen Gebiete zu Russland, Kurland blieb ein autonomes Herzogtum unter polnischer Oberhoheit ( Lehen ) bis zur Auflosung der polnisch-litauischen Adelsrepublik 1795 .

Im Jahr 1919 bildeten sich als selbstandige Staaten Estland aus dem Gouvernement Estland und dem Nordteil Livlands sowie Lettland aus dem sudlichen Teil Livlands und Kurland.

Die Ostseegouvernements unterstanden zeitweise zusammen mit dem Gouvernement Pleskau der zivilen Oberverwaltung des Kriegsgouverneurs von Riga als General-Gouverneur. [4]

Die Ostseegouvernements gehorten zum Lehrbezirk Riga .

Die Deutsch-Balten grundeten verschiedene wissenschaftlich historisch oder literarisch ausgerichtete Gesellschaften, [5] z. B.:

siehe auch: Deutschbaltische Zeitungen in Estland

  • Karsten Bruggemann : Licht und Luft des Imperiums. Legitimations- und Reprasentationsstrategien russischer Herrschaft in den Ostseeprovinzen im 19. und fruhen 20. Jahrhundert Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-447-10820-1 .
  • Provinzialrecht der Ostseegouvernements. Zusammengestellt auf Befehl des Herrn und Kaisers Nikolai Pawlowitsch (und Alexander II.).
    • Band 1: Behordenverfassung . Sankt Petersburg 1845.
    • Band 2: Standerecht der Ostseegouvernements . Sankt Petersburg 1845.
    • Band 3: Liv-, Est- und Curlandisches Privatrecht . Buchdruckerei der Zweiten Abtheilung Seiner Kaiserlichen Majestat eigener Kanzlei, Sankt Petersburg 1864.

Einzelnachweise

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  1. Ostsee-Provinzen . In: Heinrich August Pierer , Julius Lobe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit . 4. Auflage. Band   12 : Nishnei-Nowgorod?Pfeufer . Altenburg 1861, S.   505 ( Digitalisat. zeno.org ).
  2. Ostseeprovinzen . In: Meyers Großes Konversations-Lexikon . 6. Auflage. Band   15 : Ohmichen?Plakatschriften . Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1908, S.   241 ( Digitalisat. zeno.org ).
  3. Baltische Provinzen . In: Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon . 5. Auflage. Band   1 . Brockhaus, Leipzig 1911, S.   145 ( Digitalisat. zeno.org ).
  4. digitale-bibliothek-mv.de
  5. Hellmuth Weiss : Die historischen Gesellschaften. In: Georg von Rauch (Hrsg.): Geschichte der deutschbaltischen Geschichtsschreibung . Bohlau, Koln/ Wien 1986, S. 121?139.