Orthographie

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Orthographia , 1711
Ein fruhes Lehrbuch der Orthographie , 1746

Die Orthographie (auch Orthografie ; von lateinisch orthographia , [1] altgriechisch ?ρθ?? orthos (aufrecht, richtig) und -graphie ) oder Rechtschreibung ist die allgemein ubliche Schreibweise der Worter (bzw. Morpheme ), Silben oder Phoneme einer Sprache in der verwendeten Schrift . Eine davon abweichende Schreibung wird allgemein als Rechtschreibfehler bezeichnet. Orthographie ist zudem ?jede Methode, die Laute einer Sprache auf eine Menge von Schriftsymbolen abzubilden“ [2] und wird auch als Bezeichnung fur das Gebiet der Sprachwissenschaft verwendet, das sich mit diesem Gegenstand beschaftigt.

Rechtschreibung in Alphabetschriften [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bei der Rechtschreibung in Alphabetschriften unterscheidet man zwei grundlegend unterschiedliche Ansatze:

Der phonemische Ansatz bezieht sich gewohnlich auf nur eine Standardvarietat der jeweiligen Sprache. In diesem Sinne uberwiegend phonemisch ist die Orthographie zum Beispiel des Bulgarischen , Finnischen , Georgischen , Italienischen , Serbischen , Spanischen und Turkischen . Die Orthographie des Spanischen etwa ist fur das kastilische Spanisch eher phonemisch als beispielsweise fur das argentinische oder das kubanische (die sich beide freilich keineswegs als nachrangige Dialekte, sondern eben als die argentinische bzw. kubanische Hochsprache begreifen).

Besonders fallt die stark etymologisch gepragte morphophonemische Orthographie des Englischen auf. Im Englischen kann eine Buchstabenfolge (z. B. ough ) vier oder mehr verschiedene Aussprachen haben; umgekehrt kann eine bestimmte Lautfolge viele verschiedene Schreibweisen haben, je nachdem, in welchem Wort sie vorkommt, z. B. der Laut ​[⁠ ? ⁠]​ ( stimmloser postalveolarer Frikativ , ?sch“) als o c ean, fi sh , ac ti on, s ure usf.

Bemuht um eine Reform der englischen Rechtschreibung haben sich unter anderem der Monch Ormin, der im 13. Jahrhundert auf Mittelenglisch das Ormulum verfasste, und George Bernhard Shaw im 20. Jahrhundert, der ein Preisgeld fur eine vereinfachte Schreibung aussetzte, das Ronald Kingsley Read 1959 mit dem sogenannten Shaw-Alphabet gewann. [3]

Auch das Franzosische schreibt sich entschieden etymologisch. Stellte Frankreich seine Orthographie auf eine rein phonemische Grundlage, ware die Familienahnlichkeit des Franzosischen mit den ubrigen romanischen Sprachen kaum mehr zu erkennen. Im Franzosischen kann ein Laut zahlreiche verschiedene Schreibweisen haben (z. B. die Graphemfolgen au , aud , auds , ault , aulx , aut , auts , aux , eau , eaud , eaux , haut , hauts , ho , o , o , od , ods , oh , os , ot , ots ).

Prinzipien der Rechtschreibung im Deutschen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Orthographie des Deutschen hat sowohl phonemische als auch morphophonemische Elemente (nicht dargestellte Auslautverhartung , e/ a -Schreibweise u. a.), allerdings mit nur relativ wenigen etymologischen Schreibweisen (eine Ausnahme bilden viele neuere Fremdworter und einige Homophone ). Insbesondere bei Entlehnungen aus dem Englischen wird die Schreibweise nur selten an das deutsche Lautbild angepasst ( Keks , Streik , aber nicht (Korn-)Fleks , Kompjuter , Marschmello u. a.). Allerdings wurden mit der Rechtschreibreform von 1996 auf diesem Gebiet einige Eindeutschungen eingefuhrt (z. B. Ketschup , Portmonee ), die aber nicht konsequent durchgefuhrt wurden (z. B. Butike mit e am Ende fur Boutique [bu?tiːk], Orthografie mit th fur Orthographie [??to??a?fiː]), nicht konsequent fortgefuhrt wurden und zum Teil wieder gestrichen wurden (z. B. Ketschup ).

Eine Ubersicht uber die Rechtschreibprinzipien im Deutschen findet man unter Bezug auf die Forschungsliteratur bei Garbe, [4] der folgende Unterscheidungen trifft:

  • 1. phonologisches Prinzip: eindeutige Zuordnung von Graphemen und Phonemen ; so werden der sogenannte Ich-Laut und der Ach-Laut beide mit der Buchstabenfolge <ch> oder <Ch> wiedergegeben, da sie das gleiche Phonem realisieren;
  • 2. graphemisches Prinzip: Beibehaltung tradierter Schreibweisen, zum Beispiel des sogenannten Dehnungs-e ;
  • 3. morphologisches Prinzip (auch: etymologisches Prinzip genannt): Worter, denen die gleiche Grundform zugrunde liegt, werden entsprechend gestaltet: Gast ? Gaste (statt: * Geste );
  • 4. semantisches Prinzip: Worter, die gleich klingen, aber verschiedene Bedeutung haben, werden auch verschieden geschrieben: Lied ? Lid ;
  • 5. syntaktisches Prinzip: hier wird unter anderem die Großschreibung am Satzanfang und der Substantive genannt sowie die Rolle der Interpunktion fur die Satzgliederung;
  • 6. pragmatisches Prinzip: hierher gehort die Großschreibung der Anredepronomina.

Unter dem graphemischen Prinzip fuhrt Garbe auch den Fall an, dass bei Saal ? Sale im Plural die Doppelschreibung des Vokals vermieden wird, andernorts als ?asthetisches Prinzip“ angefuhrt. [5]

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Helmut Gluck (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache. 4. Auflage. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2010, ISBN 3-476-02335-4 .
  • George A. Miller : Worter. Streifzuge durch die Psycholinguistik. Herausgegeben und aus dem Amerikanischen ubersetzt von Joachim Grabowski und Christiane Fellbaum . Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-86150-115-5 , S. 56?60.
  • Michael Schlaefer: Grundzuge der deutschen Orthographiegeschichte vom Jahre 1800 bis zum Jahre 1870. In: Sprachwissenschaft . Band 5, Nr. 3, 1980.
  • Michael Schlaefer: Der Weg zur deutschen Einheitsorthographie vom Jahre 1870 bis zum Jahre 1901. In: Sprachwissenschaft. Band 6, Nr. 4, 1981.
  • Gunther Thome: Deutsche Orthographie: historisch, systematisch, didaktisch. 2., verbesserte Auflage. isb-Fachverlag, Oldenburg 2019, ISBN 978-3-942122-24-5 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wiktionary: Orthographie  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
Wiktionary: Rechtschreibung  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
Wikisource: Rechtschreibung  ? Quellen und Volltexte

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Orthografie, Orthographie, die. Duden online, abgerufen am 8. August 2012 : ?lateinisch orthographia < griechisch orthographia, zu: graphein?= schreiben“ .
  2. George A. Miller : Orthographie. In: George A. Miller: Worter. Streifzuge durch die Psycholinguistik. Herausgegeben und aus dem Amerikanischen ubersetzt von Joachim Grabowski und Christiane Fellbaum . Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-86150-115-5 , S. 56?60, hier: S. 56.
  3. George A. Miller: Worter. Streifzuge durch die Psycholinguistik. 1996, S. 78.
  4. Burckhard Garbe: Das sogenannte ?etymologische“ Prinzip der deutschen Schreibung. In: Zeitschrift fur germanistische Linguistik, Nr. 8.2, 1980, S. 197?210, Schematische Ubersicht der Schreibprinzipien: S. 206?207.
  5. Burckhard Garbe: Die deutsche Rechtschreibung. Zum Stand der Forschung und Perspektiven der Reform. In: Zeitschrift fur germanistische Linguistik, Nr. 7.2, 1979, S. 232?240, hier: S. 235.