Das
Stammwappen
der Grafen zu Ortenburg
Die bayerischen
Grafen zu Ortenburg
(fruher
Ortenberg
) sind ein
Dynastengeschlecht
mit Ursprungen aus
Rheinfranken
und
Karnten
und ein Seitenzweig des Geschlechts der
Spanheimer
, die von 1122 bis 1269 (nominell bis 1279) die Karntner
Herzogswurde
innehatten. Die Ortenburger regierten von 1134 bis 1805 die niederbayerische
Reichsgrafschaft Ortenburg
, ein
reichsunmittelbares
Territorium, und zahlen daher zum
Hohen Adel
. Das Geschlecht der Grafen zu Ortenburg besteht bis heute, der Hauptzweig lebt im oberfrankischen
Tambach
.
Neben ihrer reichsunmittelbaren Grafschaft hatten die Ortenburger umfangreiche Besitzungen in
Niederbayern
, der
Oberpfalz
und
Osterreich
. Zudem waren sie die Vogte des
Hochstiftes Passau
, des Domkapitels Passau, sowie der Kloster
St. Nikola
,
Aldersbach
,
Frauenchiemsee
und
Mondsee
.
Die
Grafschaft Ortenburg
in Karnten gehorte einer 1418 erloschenen gleichnamigen Familie anderen Stammes und Wappens. Im generationenlangen
Ortenburger Erbstreit
beanspruchten spater jedoch die bayerischen Ortenburger das Karntner Erbe.
Ruine der
Burg Sponheim
1834, Stammsitz der
Spanheimer
Der Ursprung des Geschlechtes liegt in
Rheinland-Pfalz
. Urahn war
Siegfried I. von Spanheim
. Im Jahre 1044 trat er als regierender
Graf zu Sponheim
auf. Durch Heirat mit Richgard, der Erbtochter des Grafen
Engelbert IV.
im
Pustertal
aus dem Geschlecht der
Sieghardinger
, erlangte er große Besitzungen in
Tirol
und
Karnten
. 1048 trat er als Gaugraf im Pustertal und Graf im
Lavanttal
auf. Er ubernahm auch die Besitzungen seines Schwiegervaters in Oberbayern.
Sein Enkel,
Engelbert II. von Kraiburg
, der spatere Herzog von Karnten, vergroßerte sie aufgrund seiner Ehe mit der reichen Erbtochter Uta von
Passau
, Tochter
Ulrichs des Vielreichen
, um ausgedehnte Besitzungen in Ober- und Niederbayern, die er unter seinen Sohnen aufteilte.
Engelbert III.
erhielt große Gebiete im
Chiemgau
und im
Rottal
, wahrend sein Bruder
Rapoto I.
ausgedehnte Besitzungen nordlich
Kraiburgs
erbte.
Jener Rapoto wurde zum Stammvater des Seitenzweiges der Spanheimer: Ab 1134 nannte er sich ?Graf von Ortenberg“ (nach dem alten Namen
Ortenburgs
). Nachdem Engelbert III. im Jahre 1173 kinderlos verstorben war, fiel Rapoto dessen
Grafschaft Kraiburg
-Marquartstein zu. Die Besitzungen des Hauses Ortenburg erstreckten sich von
Tirschenreuth
in der
Oberpfalz
uber die Grafschaften Ortenburg, Kraiburg und
Murach
in einem weiten Bogen bis
Kitzbuhel
in
Tirol
. Dies bildete fortan, fur etwa 130 Jahre, das Kernland der Ortenburger Grafen. Nach Rapotos Tod im Jahre 1186 fielen seine Besitzungen an seine beiden Sohne
Rapoto II.
von Ortenburg und
Heinrich I.
Diese teilten die vaterlichen Besitzungen auf, Rapoto II. bekam die Grafschaft Kraiburg-Marquartstein und die Besitzungen im Chiemgau und sudlich davon, Heinrich I. die Grafschaft Ortenburg und die Grafschaft Murach. Die Gebiete wurden nach der Teilung nicht mehr wiedervereint.
Kraiburg am Inn
(1721)
Im Jahre 1208 erlangte
Rapoto II.
die
Pfalzgrafenwurde
. Somit wurde er der Stellvertreter des Kaisers und des Herzogs im
Herzogtum Bayern
. Sein Amt fuhrte er von Kraiburg aus. Er war zusammen mit seinem Bruder Heinrich mehrfach in Konflikte mit den Nachbarn, den
Bischofen von Passau
, den Herzogen von
Bayern
und
Osterreich
und dem
Konig von Bohmen
, verwickelt. So fiel Herzog
Ludwig I.
von Bayern, der Schwager Rapotos II., im Jahre 1199 in das Kraiburger Land ein und zerstorte die Stammburg Kraiburg, die Rapoto jedoch nach Beilegung des Konflikts wiedererrichten ließ.
1231 starb Rapoto II. und sein Amt und seine Wurden fielen an seinen Sohn Pfalzgraf
Rapoto III.
von Ortenburg. Unter seiner Herrschaft stand das Kraiburger Grafenhaus am Zenit seiner Macht. Die Besitzungen erstreckten sich von der
Donau
uber große Teile des Rottals bis zum rechten
Innufer
, von der
Alz
bis an die
Traun
und vom Suden des
Chiemsees
bis ins
Brixental
. Des Weiteren hatte er große
Lehensguter
im Salzburger Raum von den dortigen
Bischofen
. Das Grafschaftsgebiet wurde abgesichert durch die Burgen Kraiburg,
Trostberg
, welche Rapoto III. 1232 errichten ließ,
Massing
, Dachberg,
Rotenberg
und
Griesbach
. Bis zum Tod des zweiten ortenburgischen Pfalzgrafen Rapoto III. im Jahre 1248 war das Haus Ortenburg eines der machtigsten bayerischen Adelshauser. Ihre Besitzungen reichten vom
Brixental
und
Kitzbuhel
uber einen weiten Bogen uber das ostbayerische Land, bis hinauf nach
Tirschenreuth
in der
Oberpfalz
und waren damit sogar großer als die der
Wittelsbacher
. Die Ortenburger verwalteten ihre Besitztumer soweit selbststandig, dass sie auf dem besten Wege waren, ihre Gebiete vom
Herzogtum Bayern
unabhangig zu machen und zu einem selbststandigen Herzogtum aufzusteigen. Dies fuhrte zu wiederholten Konflikten mit den Nachbarn. Nach dem Tod Rapotos III. 1248 und dem damit verbundenen Verlust der Grafschaft Kraiburg verloren die Ortenburger den Großteil ihrer Macht. Rapoto III. hatte nur eine Tochter, die Hartmann I. von
Werdenberg
heiratete, der die gesamten ubernommenen Besitzungen des ehemals ortenburgisch-pfalzgraflichen Hauses 1259 an den Wittelsbacher Herzog
Heinrich XIII.
von
Niederbayern
veraußerte.
Schloss Ortenburg
(um 1650)
Burg Murach
bei Oberviechtach
Das Heilige Romische Reich im Jahre 1378. Die Grafschaft Ortenburg ist vom Bistum Passau und vom Herzogtum Bayern eingeschlossen.
Das Kernland der Reichsgrafschaft Ortenburg nach einer Wandmalerei auf Schloss Ortenburg aus dem Jahre 1568. Von 1257 an veranderte sich das Gebiet des Kernlandes bis zum Tausch der Grafschaft im Jahre 1805 kaum.
Heinrich I.
hatte in der Erbteilung mit seinem alteren Bruder Rapoto II. die Besitzungen im Nordgau mit
Murach
bei Oberviechtach sowie die
Grafschaft Ortenburg
im Wolfachtal mit Sitz in
Ortenburg
samt einigen Besitzungen im Rottal erhalten. Im Jahre 1206 grundete er zusammen mit dem Passauer Bischof die Stadt
Vilshofen an der Donau
. Eine Urkunde Kaiser
Friedrichs II.
von 1229 gewahrte ihm Regalien wie das Betreiben von Bergwerken, was als Keimzelle fur die spatere Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft Ortenburg gilt. Heinrichs Besitzungen vergroßerten sich 1223 und 1232 erheblich, als Diepold von
Leuchtenberg
, die Herren von Hohnberg und Heinrich von Altendorf (aus dem Hause der Grafen von Leonberg) ihm reiche Besitzungen verpfandeten. Darunter waren die
Feste Leuchtenberg
, Besitzungen zu
Hochstadt an der Aisch
und die Burg Pfaffenhofen im Nordgau sowie Besitzungen um Muhlbach,
Neustadt
und
Neumarkt
. Seine Besitzungen erstreckten sich vom Rottal bis hinauf nach
Tirschenreuth
entlang der bohmischen Grenze.
1238 schenkte Heinrich I. die Grafschaft
Murach
seinen jungeren Sohnen aus zweiter Ehe,
Gebhard
,
Diepold
und
Rapoto IV.
sowie deren Mutter Richgard von Hohenburg, was seinen altesten Sohn aus erster Ehe,
Heinrich II.
, verbitterte. Durch ihn verlor die Ortenburger Linie spater nahezu vollstandig ihren Besitz und ihr Ansehen. Er folgte 1241 seinem Vater Heinrich I. als
Graf von Ortenburg
nach, wollte aber mit aller Macht verhindern, dass seine Halbbruder an seine Besitzungen kamen. Er versuchte sogar, Richgard und seine Stiefbruder gewaltsam in seine Hand zu bringen, sodass der Kaiser ihnen einen Schutzbrief ausstellte. Richgard floh zu ihrem Verwandten Herzog
Otto II.
von Bayern. Dieser brach 1241 mit bewaffneter Macht in die Ortenburger Besitzungen ein und annektierte
Vilshofen
. Heinrich floh vor Otto II. zum Bischof von Passau. Dieser gewahrte ihm Unterkunft, als Gegenleistung gab Heinrich ihm nach und nach immer mehr Guter aus seinen Besitzungen. 1248 floh Heinrich weiter nach
Bamberg
. Dem dortigen Bischof vermachte er seine ganzen Lehen und seinen ganzen Besitz gegen eine jahrliche Rente von 50 Pfund Bamberger Pfennigen. So verlor das Haus Ortenburg nahezu seinen gesamten Besitz bis auf die Burgen Murach und Ortenburg, welche Herzog Otto immer noch besetzt hatte. Die verbliebene Grafschaft war nur noch so groß wie der Markt
Ortenburg
vor der bayerischen Gemeindegebietsreform von 1972.
Die Ortenburger gaben im Jahre 1391 unter
Georg I.
und
Etzel I.
zeitweise ihre Reichsrechte auf, wodurch die Grafen damals
Vasallen
der Herzoge von Bayern waren. Diese Zugestandnisse dienten im Laufe der Jahrhunderte den bayerischen Herzogen als Rechtfertigung, sich die Grafschaft einzuverleiben. Jedoch gelang ihnen dies trotz der schwerwiegenden Zugestandnisse und der damit verbundenen teilweisen Aufgabe der Reichsrechte nicht. Die Grafschaft war zwar vorubergehend ein bayerischer Vasall, jedoch wurde sie bis 1805 kein bayerischer Marktflecken. Durch die Eintragung 1521 in die
Reichsmatrikel
und das
Reichskammergerichtsurteil
von 1573 gelang es seinen Nachfahren, sich von den einstigen Zugestandnissen an die bayerischen Herzoge wieder zu losen.
Bis ins Jahr 1551 stieg das Ansehen und die Macht der Ortenburger wieder.
Sebastian I.
hatte von seinem Schwiegervater
Johann von Rohrbach
, seit 1463
Reichsgraf von Neuburg
, die Reichsgrafschaft Neuburg mit
Schloss Neuburg am Inn
geerbt. Kaiser
Friedrich III.
sah die Grafschaft jedoch als
heimgefallenes
Lehen an und besetzte sie 1467. Es gelang Sebastian I., die Burg einzunehmen und einer anschließenden Belagerung standzuhalten. Erst durch Vermittlung Herzog
Ludwigs IX.
von
Bayern-Landshut
kam es im Jahr 1473 auf dem
Reichstag zu Augsburg
zu einem Vergleich, wodurch der Graf eine Abfindung von 4000 Gulden fur die Ruckgabe der Grafschaft Neuburg erhielt. Die
Reichsunmittelbarkeit
der Grafschaft Ortenburg wurde erneut bestatigt. Sebastian I. war 1475 Kammerer der Braut bei der
Landshuter Hochzeit
. Sein Sohn, Graf
Christoph I.
, gehorte bald wieder zu den reichsten Herren in
Niederbayern
durch seine Heirat mit Anna Hollup, Erbtochter des bohmischen Ritters Friedrich von Hollup auf
Schloss Mattighofen
und
Burg Neudeck
.
Im Jahre 1530 kam es unter Graf Christoph aufgrund des
Ortenburger Erbstreites
mit Graf
Gabriel von Salamanca-Ortenburg
um die Karntner
Grafschaft Ortenburg
zu einer Namensumbenennung des bisher zumeist Ortenberg genannten niederbayrischen Geschlechtes zu Ortenburg, gleich dem erloschenen Karntner Geschlecht. Der Streit um das vermeintliche Karntner Erbe zog sich noch uber Jahrhunderte hin. Im Jahre 1538 trat Christoph gemeinsam mit seiner zweiten Gemahlin zum evangelischen Bekenntnis uber.
Reichsgraf
Joachim
von Ortenburg (1530?1600)
Joachim und seine erste Ehefrau Ursula Grafin von
Fugger
Die Stammburg
Schloss Ortenburg
wurde von Graf Joachim 1562 bis 1575 neu errichtet.
Innenhof von Schloss Ortenburg
1551 wurde Christophs Sohn
Joachim
regierender Graf. Dieser wurde im Laufe der Zeit bekennender Anhanger der lutherischen Lehre. Auf dem
Reichstag zu Augsburg
im Jahre 1555 setzte sich Joachim besonders fur die
Augsburger Konfession
und fur die protestantische Seite ein. Er fuhrte in seiner Grafschaft 1563 offiziell den
protestantischen Glauben
ein. Dies war der Ausloser fur die sogenannte
Ortenburger Adelsverschworung
, die zu jahrzehntelangem Streit mit den bayerischen Herzogen fuhrte. Insbesondere Herzog
Albrecht V.
, zu dessen
Adjutanten
die
bayerischen Landstande
Joachim 1555 gewahlt hatten, wurde von einem Freund zum erbitterten Feind des Grafen. Der Konflikt schwachte die Ortenburger immens. 1563 ließ Albrecht V. die beiden Ortenburger Festen
Alt-
und
Neu-Ortenburg
offnen und besetzen, 1564 auch Mattighofen; außerdem zog der Herzog alle bayerischen Lehen und Besitztumer der Ortenburger ein. Um die weitere Verbreitung des Glaubens zu verhindern, sperrte Albrecht V. alle Zugange zur Reichsgrafschaft. Diese Maßnahme zeigte jedoch nur bedingt Erfolg, da die bayerische Bevolkerung nun noch mehr versuchte, in die Grafschaft zu gelangen, um dort der Lehre Luthers zu folgen. Auch Joachim selbst blieb hartnackig und anderte seine Ansichten nicht. Auf dem
Reichstag zu Augsburg
1566 setzten sich die protestantischen Reichsfursten fur Joachim und seine Grafschaft ein, sodass es zu einem Vergleich kam. Die Prozesse und Blockaden ruinierten Joachim jedoch und er sah auch ein, dass die Herzoge ihre Bestrebungen, sich die Reichsgrafschaft einzuverleiben, nie aufgeben wurden. Aus diesem Grund schuf er im Jahre 1566 gemeinsam mit seinen beiden Cousins Ulrich III. und Johann III. ein neues Erbgesetz. Darin wurde die bisher seit dem 13. Jahrhundert mundlich geltende Senioratsnachfolge fur das Reichsgrafenamt gesetzlich festgelegt.
Joachim ließ sein Gesetz von Kaiser Maximilian II. bestatigen. Damit wurde die weitere Erbfolge des Hauses Ortenburg im Falle eines Aussterbens eines Familienzweiges gesichert. Auf Vermittlung von Joachims Schwager, Graf
Hans Fugger
, kam es in den Jahren 1589 und 1590 zu Verkaufsgesprachen mit dem Herzogtum Bayern. Als Tauschobjekt fur die Grafschaft Ortenburg war die unmittelbar zu Bohmen gehorende
Grafschaft Glatz
vorgesehen, die 1549 fur 140.000 Gulden pfandweise von Herzog
Ernst von Bayern
erworben worden und 1560 an
Albrecht V.
gefallen war. Zum Tausch kam es jedoch nicht. Vom
Reichskammergericht
wurde im Jahre 1573 erneut die Reichsunmittelbarkeit bestatigt, d. h. die Grafschaft Ortenburg blieb bis zu ihrem Ende reichsfrei und unabhangig von ihrem großen Nachbarn Bayern. Der bayerische Herzog wurde dazu verurteilt, in dieser Sache stillschweigend zu verbleiben, da dieser Konflikt bereits seit 1391, der Zeit des
Georgs I. von Ortenburg
schwelte. Joachim starb 1600 hoch verschuldet in Nurnberg.
Im 17. Jahrhundert waren die Ortenburger anfangs nur formell Grafen, da die Grafschaft nach Joachims Tod an dessen Witwe und deren Erben verpfandet war. Im Jahre 1628 versuchte Graf
Friedrich Casimir
, die Reichsgrafschaft samt den beiden Burgen auszulosen. Doch aufgrund seines verschwenderischen Lebensstils und seiner enormen Ausgaben fur die Kunst (er betatigte sich auch selbst als Maler) schaffte er es nicht, die geforderten 25.000 Gulden aufzutreiben, und konnte lediglich die Stammburg Alt-Ortenburg auslosen. Erst seinem Nachfolger Graf
Georg Reinhard
und dessen Bruder
Christian
gelang es gemeinsam, die Grafschaft 1662, nach 61 Jahren, wieder auszulosen. Wahrend des
Dreißigjahrigen Krieges
stand das Adelsgeschlecht auf der Seite des Herzogtums Bayern. Der Grund dafur war, dass die beiden Bruder 1624, wie schon ihr Vater Georg IV. 1612, zumindest formell zum katholischen Glauben gewechselt waren, um sich vor weiteren Konflikten mit den bayerischen Nachbarn zu schutzen, außerdem um gut bezahlte Hofamter zu erlangen und ihre Grafschaft wieder auszulosen. Im Gegenzug erhielten sie ihre bayerischen
Lehen
zuruck, mit Ausnahme der reichen Herrschaft
Mattighofen
. Jedoch ließ der evangelisch verheiratete Georg Reinhard seine Kinder wiederum im protestantischen Glauben erziehen, sehr zum Missfallen seines kinderlosen Bruders Christian, sodass die nachfolgenden Generationen der Ortenburger wieder evangelisch wurden. Unter Graf
Georg Philipp
(1655?1702) kam es zum Konflikt mit der Ortenburger Bevolkerung wegen hoher Steuerbelastungen.
Die
Grafschaft Ortenburg-Tambach
1806
Schloss Tambach
bei Coburg, das ehemalige Kloster
Nachdem die Grafschaft und das Geschlecht die
napoleonischen Kriege
als neutral uberstanden hatte, tauschte Graf
Josef Carl
im Jahre 1805 die Grafschaft aufgrund des hohen Schuldenstandes seines Geschlechtes gegen die
Grafschaft Ortenburg-Tambach
ein. Da seine verschwenderische Mutter ihm hohe Verbindlichkeiten hinterlassen hatte, nahm er ? als Dritter seiner Familie nach
Georg I.
und
Joachim
? Verkaufsverhandlungen uber die Grafschaft auf. Mit dem
Kurfurstentum Bayern
kam es am 28. Februar 1804 zur Einigung uber den Verkauf Ortenburgs sowie aller graflichen Besitzungen in Bayern. Im Gegenzug erhielt der Graf die Zusage, eine noch zu benennende frankische Herrschaft zu erhalten, außerdem verpflichtete sich der Kurfurst, die Schulden Joseph Carls zu ubernehmen. Im Marz 1805 prasentierte Kurfurst
Maximilian IV.
das ehemalige Klosteramt Tambach an der Grenze zum
Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha
, welches aus
Sakularisationsgutern
stammte, als Tauschobjekt. Am 14. August 1805 wurde der Tauschvertrag unterzeichnet. Das Klostergut wurde zur
Reichsgrafschaft Ortenburg-Tambach
erhoben, diese jedoch bereits am 25. September 1806 durch das Kurfurstentum Bayern
mediatisiert
. Der Graf wurde dadurch zu einem
Standesherren
herabgestuft. Joseph Carl versuchte zwar auf dem
Wiener Kongress
wie viele andere mediatisierte Fursten und Grafen, seine verlorenen Herrschafts- bzw. Hoheitsrechte wieder zu erlangen, jedoch ohne Erfolg. Im Jahre 1818 wurde in Bayern durch Maximilian I. eine neue
Verfassung
eingefuhrt. Darin vorgesehen war auch eine Entschadigung der Standesherren, wodurch Joseph Carl eine Geldzahlung sowie einen erblichen Sitz in der Kammer der
Reichsrate
erhielt.
Seit 1805 lebt das Ortenburger Geschlecht auf
Schloss Tambach
bei
Coburg
. 1827 erwarb jedoch Graf Josef Carl den vom Abriss bedrohten Stammsitz, das
Schloss Ortenburg
, von der bayerischen Krone ? gegen Anrechnung auf die geschuldete Geldentschadigung ? zuruck. Erst
Alram Graf zu Ortenburg
auf Tambach (1925?2007), der erneut zum Katholizismus rekonvertierte, verkaufte das Ortenburger Schloss 1971 an einen ortsansassigen Hotelier. Sein altester Sohn Heinrich (* 1956) erbte Tambach und ist gegenwartiger Chef des Hauses Ortenburg, sein voraussichtlicher Nachfolger ist sein altester Sohn Carl-Theodor (* 1992) aus der Ehe mit Desiree Prinzessin von Hohenzollern (* 1963, Tochter des
Johann Georg von Hohenzollern
und der
Prinzessin Birgitta von Schweden
). Alrams jungerer, protestantisch gebliebener Bruder Aurel Ladislaus Franz (1927?2001) ubernahm das ? im 19. Jahrhundert von den
Freiherren von Woellwarth
geerbte ? unterfrankische
Schloss Birkenfeld
; uber seine Ehefrau, Isabelle Grafin von Aldenburg-
Bentinck
(1925?2013), die letzte Erbin des deutsch-niederlandischen Zweiges dieses bedeutenden Grafenhauses, kamen Teile der schwabischen ehemaligen Standesherrschaft
Waldeck-Limpurg
sowie das niederlandische
Schloss Middachten
bei
Rheden
im Gelderland an diesen Familienzweig der Ortenburgs; Middachten wurde vom Sohn Franz (* 1953),
Birkenfeld
vom Sohn Philipp (* 1955) ubernommen.
Nach dem Geschlecht sind die Ortenburgstraße in
Munchen
und
Oberviechtach
sowie die Ortenburgerstraße in Mattighofen benannt. Im Jahre 1966 wurde das Ortenburg-Gymnasium in Oberviechtach zur Erinnerung an die fruheren Grafen von Ortenburg-Murach nach dem graflichen Geschlecht benannt
[1]
[2]
[3]
.
Das grafliche Haus der Ortenburger war im Laufe seiner knapp 900-jahrigen Geschichte in mehrere Linien aufgeteilt. Diese Linien teilten auch die Besitztumer der
Reichsgrafschaft Ortenburg
untereinander auf. Einige Linien starben im Laufe der Jahrhunderte aus. Die Bezeichnungen der verschiedenen Linien leiteten sich von der Burg bzw. dem Schloss ab, in der sie sich hauptsachlich aufhielten. Manche Bezeichnungen wurden mehrfach benutzt, wenn es nach dem Erloschen einer Linie spater wieder zu einer erneuten Abspaltung kam.
In der Familie gab es seit dem 13. Jahrhundert ein ungeschriebenes Gesetz, dass amtierender Reichsgraf nur der alteste lebende Graf einer Linie sein sollte, es handelt sich somit um ein
Senioratsprinzip
. Im Jahre 1566 fuhrte Graf
Joachim
diese Regelung als verbindliches Hausgesetz ein, um zu verhindern, dass die Grafschaft bzw. weitere Besitzungen zukunftig verloren gingen. Die Grafschaft wurde nach außen nur von einem Grafen vertreten. Dies fuhrte dazu, dass das Amt des Reichsgrafen mehrmals zwischen den Linien wechselte.
Gebietsentwicklung der Reichsgrafschaft Ortenburg von 1350 bis 1805
Die Ursprungslinie der Grafen von Ortenburg grundete
Rapoto I.
aus dem Hause der
Spanheimer
mit der Grafschaft Ortenburg um das Jahr 1120 und errichtete wahrscheinlich auch die Stammburg der Grafen uber dem Ort auf einem strategisch gunstigen Hugel uber dem
Wolfachtal
. Nach seinem Ableben im Jahre 1186 kam es zur ersten Teilung. Der alteste Sohn Rapoto II. nahm die Besitzungen im
Chiemgau
und im
Rottal
und wurde amtierender
Graf von Kraiburg
. Rapotos jungster Sohn
Heinrich I.
fuhrte die Linie der Ortenburger fort. Dieser erhielt die Besitztumer nordlich des Rottals und in der
Oberpfalz
.
Durch innere und auch außere Einflusse schrumpfte die Ortenburger Grafschaft nach Heinrichs Ableben rapide. Diese restliche kleine Grafschaft war allerdings das Kernland fur die Grafschaft und gehorte uber 500 Jahre den Ortenburgern.
Die Urlinie der Ortenburger teilte sich mit dem Tod
Heinrichs IV.
im Jahre 1395 mit seinen Kindern in drei Linien auf. Sein Sohn
Etzel I.
bekam die Burg
Alt-Ortenburg
und den Markt,
Georg I.
die
Burg Neu-Ortenburg
samt dazugehorigen Besitzungen und
Alram I.
die Burg und das dazugehorige Dorf
Dorfbach
bei Ortenburg. Bald darauf nannten sich diese Bruder nach ihren Besitzungen. Dabei wurde auch die Grafschaft teilweise aufgeteilt.
Durch den Tod
Rapotos I.
im Jahre 1186 erhielt sein altester Sohn die reiche Grafschaft Kraiburg. Diese wurde von der Grafschaft Ortenburg abgespalten und eine unabhangige Grafschaft.
Rapoto II.
forderte weiterhin stark den Handel und baute seine politische Macht weiter aus. So bekam er im Jahre 1208 die Pfalzgrafenwurde des Herzogtums Bayern verliehen. Sein Amt fuhrte er weiterhin auf
Kraiburg
aus, wovon die Grafschaft, aber auch sein Geschlecht stark profitierten. Als Rapoto II. im Jahre 1231 verstarb, erlangte dessen Sohn
Rapoto III.
die Pfalzgrafenwurde. Unter ihm erreichte das Kraiburger Haus seine großte Macht. Der Reichtum des Hauses wuchs und die Grafschaft erreichte ihre großte Ausdehnung. Rapoto III. hatte nur eine Tochter und diese Linie des Hauses Ortenburg erlosch im Jahre 1248 mit seinem Tod; die Besitztumer fielen an den Ehemann seiner Tochter
Hartmann I. von Werdenberg
, der sie 1259 an die
Wittelsbacher
veraußerte. Die Ortenburger Grafen versuchten vergeblich, an die Besitztumer dieser Linie zu kommen.
Nach dem Tod Graf
Heinrichs IV.
im Jahre 1395 kam es zu großen Erbteilungen. Das Haus treilte sich in die drei Linien Alt-Ortenburg, Neu-Ortenburg und Dorfbach.
Schloss (Alt-)Ortenburg
Etzel
, der Sohn Heinrichs, erhielt die Stammburg Alt-Ortenburg und den dazugehorenden Markt Ortenburg. Er regierte zunachst gemeinsam mit seinem alteren Bruder Georg I. die Reichsgrafschaft und wurde nach dessen Ableben 1422 amtierender Reichsgraf von Ortenburg. Etzel stufte gemeinsam mit seinem Bruder die Grafschaft vorubergehend zu einem
Vasallen
des Herzogtums
Bayern-Landshuts
herab, da beide dem ubermachtigen bayerischen Herzog nicht Widerstand leisten konnten.
Im Jahre 1446 verstarb Etzel in Straubing. Da er nur eine Tochter hatte, starb mit ihm die Linie Alt-Ortenburg aus. Seine Besitzungen fielen, dank der Ortenburger Erbregelungen, wieder an das Haus Neu-Ortenburg zuruck.
Schloss
Neu-Ortenburg
Heinrichs Sohn
Georg I.
erhielt
Neu-Ortenburg
und die dazugehorenden Besitzungen. Georg regierte bis zu seinem Lebensende gemeinsam mit seinem Bruder Etzel. Beide konnten jedoch nicht verhindern, dass die Grafschaft dazu gezwungen wurde, ein Vasall der Herzoge von
Bayern-Landshut
zu werden.
Georgs Linie entwickelte sich im Laufe des Jahrhunderts als Hauptlinie der Ortenburger Grafen. Nachdem die anderen beiden Ortenburger Linien 1446 bzw. 1461 ausgestorben waren, fielen alle Besitzungen dieser Linie zu. Bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts schaffte es das Haus Neu-Ortenburg, sich aus der
Wittelsbacher
Umklammerung zu losen. Die Einfuhrung der Reformation in Ortenburg im Jahre 1563 fuhrte jedoch zu erneutem Konflikt mit Bayern.
Dorfbach und die beiden Schlosser Ober- und Unterdorfbach um das Jahr 1620, Aquarell von Graf
Friedrich Casimir von Ortenburg
Heinrichs Sohn
Alram I.
fielen die
Dorfbacher
Besitzungen zu. Diese waren zwar bereits ein Teil der Reichsgrafschaft, wurden aber als Lehen vergeben. Durch die Heirat Alrams im Jahre 1381 mit der reichen Witwe Barbara von Rottau und den Verzicht der nachsten Verwandten ihres verstorbenen Mannes fielen die reichen Besitzungen wieder an das Haus der Ortenburger zuruck. Auf weitere Gebiete verzichtete er nach seines Vaters Tod. Seither nannte sich Alram I. ?Graf zu Ortenburg, gesessen zu Dorfbach“. Nach dem Tod seines Sohnes
Alram II.
im Jahre 1461 starb die Dorfbacher Linie aus und die Besitzungen fielen an die Linie Neu-Ortenburg.
Nach dem Tod des Grafen
Georg II.
(† 1488) und dessen Stiefbruders
Sebastian I.
(† 1490) kam es nicht zu großen Erbteilungen. Vielmehr verwalteten die Grafen die Besitzungen im 16. und 17. Jahrhundert zum Großteil gemeinsam. Auch benannten sich die Linien nicht mehr direkt nach ihren Residenzen.
Prinzipiell bildeten sich zwei Zweige, die Familie Graf
Christophs
mit Sitz auf Alt-Ortenburg und
Mattighofen
, sowie die Familie Graf
Ulrichs II.
mit ihren Besitzungen zu
Schloss Soldenau
und
Saldenburg
.
Nach dem Tod Joachims im Jahre 1600 teilten Graf
Heinrich VII.
und
Georg IV.
die Besitzungen untereinander auf. Die Grafschaft selbst war verpfandet, Georg erhielt die Besitzungen um
Schloss Neudeck
, Heinrich hingegen die Besitzungen um Soldenau.
Durch die Auslosung der Grafschaft 1662 durch die Grafen Georg Reinhard und Christian kam es zu einer neuen Besitzverteilung. Georg Reinhard erhielt Schloss Alt-Ortenburg, Christian Neu-Ortenburg. Nach Christians Tod im Jahre 1684 fielen die Besitzungen an Georg Reinhards Sohn
Georg Philipp
, der erstmals wieder alle ortenburgischen Besitzungen auf sich vereinigen konnte. Um weitere Erbteilungen zu verhindern, verfasste er das Gesetz, dass alles dem regierenden Grafen und der ganzen Grafenfamilie gehore. Fortan kam es bis 1805, dem Ende der Grafschaft, zu keiner weiteren Aufsplittung der Ortenburger Besitzungen.
Trotz der verschiedenen familiaren Linien wurde weiterhin am Senioratsprinzip festgehalten. Heute lebt die Hauptlinie des graflichen Hauses in
Tambach
bei
Coburg
.
Die grafliche Familie hatte wahrend ihrer Regentschaft in Niederbayern zwei Grablegen. 1288 bestimmte Graf
Rapoto IV.
die
Sixtuskapelle
am
Passauer Dom
zur Begrabnisstatte des Grafenhauses, da dort bereits sein Vater und Großvater bestattet waren; sie heißt deshalb auch Ortenburgkapelle. Dort wurden samtliche katholischen Familienmitglieder beigesetzt, die letzte Bestattung fand im Jahre 1684 mit Graf
Christian
statt.
Im Jahre 1573 errichtete Graf
Joachim
in der
Marktkirche
zu Ortenburg eine neue Gruft. Darin wurden bis zum Wegzug der graflichen Familie im Jahre 1805 samtliche evangelischen Familienmitglieder bestattet.
Blasonierung
: Das
Stammwappen
der Ortenburger zeigt einen schragrechten silbernen
Wechselzinnenbalken
auf rotem Grund; auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein geschlossener, mit goldenen Lindenblattern bestreuter schwarzer Flug.
Aufgrund verschiedener
Erbstreitigkeiten
wurde es mehrmals verandert, ehe es Mitte des 19. Jahrhunderts in der ursprunglichen Form ubernommen wurde.
Blasonierung: Das Stammwappen der
Pfalzgrafen von Bayern
zeigt einen blauen, feuerspeienden Panther auf silbernem Grund.
Die Pfalzgrafen von Bayern waren ein fruher Kraiburger Seitenzweig des Hauses Ortenburg. Das Wappen wurde nach dem Aussterben der Linie im Jahre 1248 von den
Wittelsbachern
ubernommen. Es ist ein Teil des Staatswappens von
Bayern
und steht fur
Altbayern
.
Die Wappenfigur des (blauen) Ortenburger Panthers der Pfalzgrafen von Bayern befindet sich im
bayerischen Staatswappen
fur
Altbayern
und die beiden Regierungsbezirke
Ober-
und
Niederbayern
. In vielen bayerischen
Orts- und Stadtwappen
wird der Panther in roter statt in blauer Farbe gefuhrt.
Moritz von Ortenburg
(† 1551), Hofrat der Herzoge von Bayern, von Hans Schopfer d. A. (1539)
- Etzel
(† 17. Mai 1446), Kammerer Konig
Karls VI. von Frankreich
.
- Ulrich I. von Ortenburg
(† 19. November 1455), Dompropst von Passau, Domherr zu Passau und Archidiakon von Mattsee
- Moritz
(† 6. Juli 1551), bayerischer Politiker und Hofrat der Herzoge von Bayern
- Georg III.
(† 7. Mai 1553), Dompropst von Freising, Domherr von Freising, Augsburg und Salzburg und kaiserlicher Rat
- Joachim I.
(† 19. Marz 1600), fuhrte 1563 die Reformation in Ortenburg ein und setzte sich erfolgreich gegen die bayerischen Herzoge durch im Kampf um die Reichsunmittelbarkeit seiner Grafschaft.
- Heinrich VIII.
(† 29. August 1622), Kriegsteilnehmer im Dreißigjahrigen Krieg
- Amalia Regina
(† 15. April 1709), fuhrte 1703 die Schulpflicht in Ortenburg ein.
- Alram Karl
(† 6. August 2007), Patronatsherr des Schlosses Tambach
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