Obsoleszenz
ist in der
Wirtschaft
und insbesondere in der
Industrie
das Veralten von
Produkten
? oder auch von
Wissen
? durch die begrenzte
Haltbarkeit technischer Bauteile
und den Wandel von
Mode
oder
technischem Fortschritt
.
Wird dieser Prozess durch die
Hersteller
aus marktstrategischen Grunden bewusst herbeigefuhrt, spricht man von
geplanter Obsoleszenz
oder von ?geplantem Verschleiß“.
Das Wort Obsoleszenz steht fur ?sich abnutzen, alt werden, aus der Mode kommen, an Ansehen, an Wert verlieren“ (
lateinisch
obsolescere
).
[1]
Das zugehorige ? und haufiger benutzte ? Adjektiv
obsolet
im Sinne von ?nicht mehr gebrauchlich“, ?hinfallig“ oder ?veraltet“ bezeichnet generell Veraltetes, meist uberholte
Aussagen
,
Normen
,
Sachverhalte
,
Kulturtechniken
,
Funktionalitaten
[2]
oder
Therapien
.
Gebrauchsgegenstande
dienen dem wiederholten
Gebrauch
, mit dem eine stetige
Abnutzung
,
Materialermudung
und schließlich
Verschleiß
einhergeht, bis letztlich der Verlust ihrer
Funktionsfahigkeit
eintritt. Sie erfullen dann nicht mehr ihren ursprunglichen
Nutzen
und sind daher unbrauchbar. Aus diesem Grund ist die naturliche
Lebensdauer
aller Gebrauchsgegenstande zeitlich begrenzt. Sie mussen ? bei weiterhin gegebenem
Bedarf
? durch mindestens gleichwertige ersetzt werden. Aus Sicht der Industrie handelt es sich um einen Teil des
Produktlebenszyklus
, wahrend dessen eine standige
Lieferbereitschaft
fur auszutauschende, nicht mehr funktionstuchtige Gegenstande vorhanden ist.
Eine Studie der
Leuphana Universitat Luneburg
aus 2022 zeige laut Jacob Horisch, dass ?ein hoheres Niveau der Produktlebensdauer die Kaufentscheidungen positiv beeinflusst“. ?Der Einfluss solcher Informationen“ sei ?vergleichbar mit dem Preis der Produkte“. Zudem hielten die ?Verbraucher solche Informationen sogar fur relevanter als Informationen zum
Energieverbrauch
oder zu
Marken
“.
[3]
In den USA ist die Obsoleszenz (
englisch
obsolescence
) ein haufig fur die kurzere Gebrauchsdauer von Gutern verwendeter Begriff, vor allem im Rahmen der ?Wirf-es-weg“-Psychologie (
englisch
drop it
), etwa wegen bewusst minderer
Produktqualitat
oder kurzlebiger technischer Haltbarkeit.
[4]
Sie tauchte dort als
Marketingstrategie
erstmals in der
Automobilindustrie
auf. Wahrend
Ford
die Langlebigkeit propagierte, setzte
General Motors
ab 1923 mit
Alfred P. Sloan
erstmals die ?geplante Obsoleszenz“ ein,
[5]
um durch schnelle Modellwechsel ein moglichst hohes
Absatzvolumen
zu erreichen. Das Management setzte darauf, die Haltbarkeit kunstlich zu verringern und die Abnutzung zu beschleunigen.
[6]
Im
Phoebuskartell
verstandigten sich im Januar 1925 die weltweit fuhrenden Gluhlampenhersteller darauf, die Lebensdauer von Gluhlampen unter Androhung von Sanktionen kunstlich auf maximal 1000 Stunden zu begrenzen.
[7]
Gebrauchsguter
(
englisch
durables
) sollten dem
Consumer Engineering-Handbuch
aus dem Jahre 1932 zufolge so gestaltet werden, dass die Nutzer sie wie
Verbrauchsguter
behandeln wurden.
[8]
Das dem Verbraucher hierdurch vermittelte Gefuhl, durch den Besitz alterer Produkte nicht mehr modern (
englisch
up to date
) zu sein (
englisch
out-of-fashion
), war der Wegbereiter der psychologischen Obsoleszenz.
[9]
Angesichts eines Nachfrageruckgangs forderte Brooks Stevens im Jahre 1954, dass die Verfallsdaten amerikanischer Industrieguter gesenkt werden mussten.
[10]
Volkswagen
verfolgte mit dem
VW Kafer
die gegenteilige Strategie (?er lauft und lauft und lauft …“)
[11]
und warb ab 1959 in den USA mit der Kampagne, dass VW keine Autos austausche nur um des Austauschs willen.
[12]
Vance Packard
kritisierte 1960 in seinem Buch
Die Verschwendungsmacher
die geplante Obsoleszenz als systematischen Versuch der
Großindustrie
, ?aus uns verschwenderische, verschuldete, ewig unzufriedene Individuen zu machen“.
[13]
In Deutschland griff man den Gedanken der Obsoleszenz im Rahmen der industriellen
Produktgestaltung
erstmals 1968 auf,
[14]
Burkhardt Roper konnte 1976 fur die ?Gegenwart kein Beispiel von geplantem Verschleiß“ ermitteln,
[15]
was bereits 1977 auf heftige Kritik als ?Realitatsverleugnung“ stieß.
Rechtsfragen
hierzu wurden erstmals 1983 bei geplanter Obsoleszenz in der
Modeindustrie
behandelt.
[16]
Die Abgeordneten des
EU-Parlaments
debattierten im November 2020 uber Forderungen an die
EU-Kommission
, wie mit Gesetzen und Initiativen Produkte nachhaltiger gemacht werden sollen, berichtet die
SZ
. Unter anderem sieht die
Beschlussvorlage
ein ?Recht auf Reparatur“ vor. Reparieren solle einfacher und billiger werden, indem Hersteller Kunden und Handwerkern alle notigen Informationen fur den Austausch von Teilen liefern und sich verpflichten, Ersatzteile lange genug vorzuhalten. Daneben spricht sich die Vorlage dafur aus, dass Verbraucher schon beim Kauf Angaben daruber erhalten, welche Mangel wie haufig auftreten und wie teuer die Reparatur ist. Geplante Obsoleszenz solle zur unfairen Handelspraktik erklart und somit verboten werden.
[17]
Man unterscheidet zunachst zwischen naturlicher und
geplanter Obsoleszenz
:
- Die
naturliche Obsoleszenz
tritt bei der altersublichen Abnutzung auf, wenn Gegenstande das Ende ihrer erwarteten Lebensdauer erreicht haben und ihre Funktionsfahigkeit einbußen.
- Die
geplante Obsoleszenz
dagegen ist die von den Herstellenden konzeptionell vorgesehene kunstliche Verkurzung der Produktlebensdauer, sodass Produkte vorzeitig unbrauchbar werden. Sie besteht in der bewussten Begrenzung der Funktionsfahigkeit, obwohl eine langere Lebensdauer moglich ware.
Im franzosischen Verbrauchergesetzbuch
Code de la Consommation (CdC)
wird die geplante Obsoleszenz (
franzosisch
obsolescence programmee
) sogar definiert als ?alle Techniken, mit denen ein Unternehmer beabsichtigt, die Lebensdauer eines Produkts absichtlich zu reduzieren, um die Ersatzrate zu erhohen“ (Art. L 213-4-1 CdC).
[18]
Geplante Obszoleszenz wiederum lasst sich unterteilen in werkstoffliche, technische, psychologische und okonomische Obsoleszenz:
- Die
werkstoffliche Obsoleszenz
hat ihre Ursache in der mangelnden Leistungsfahigkeit von
Materialien
und
Komponenten
. Bei
Notebooks
beispielsweise konnen
Festplattenlaufwerke
,
Arbeitsspeicher
,
Grafikchips
und
Akkus
(jeweils sehr haufig) sowie
Hauptplatine
,
Netzteile
,
Prozessorlufter
, periphere
Schnittstellen
,
Bildschirm
und -abdeckungen (Scharniere) und Notebook-Gehause (jeweils haufig) ausfallen.
- Die
technische Obsoleszenz
setzt sich aus der funktionellen und qualitativen Obsoleszenz zusammen:
- Ein vorhandenes Produkt veraltet durch die Einfuhrung eines neuen Produkts, das seine Funktion besser erfullt.
[19]
Beispiele sind die Entwicklung vom Grammophon uber den Schallplattenspieler und Kassettenrekorder zu CD-Playern oder vom VHS-Videogerat uber DVD-Player und DVD-Rekorder. Ursachen der
funktionellen Obsoleszenz
sind die sich rasch verandernden technischen und funktionalen Anforderungen an ein Produkt. Funktionelle Obsoleszenz findet man vor allem in sich schnell verandernden Branchen wie etwa der Computerbranche. Beispielsweise zeigt sich funktionelle Obsoleszenz, wenn beim
Personal Computer
eine Aktualisierung des
Betriebssystems
dazu fuhrt, dass die alteren PCs die Mindestanforderungen des neuen Betriebssystems nicht einhalten konnen, hier handelt es sich um die "Software-basierte Obszoleszenz". Bei
Waschmaschinen
steht die funktionelle Obsoleszenz im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Einsatz von neuen Waschmitteln sowie Textilien. Auch durch das fruhzeitige Austauschen von Fahrzeugteilen wahrend einer Inspektion entsteht ein erhohter Verbrauch, da die Teile nicht bis zum endgultigen Verschleiß genutzt werden (haufig sogar getragen durch fruhzeitige Verschleißanzeige).
[20]
Die Obsoleszenz von
Software
kann geplant oder ungewollt die Nutzungsdauer verbundener
Hardware
und Produkte mit
elektronischen
Komponenten
stark beschranken.
[21]
Hier kann die
Open-Source
-Bewegung als Gegenbewegung gesehen werden: Bei Softwareprodukten, die einer
Freie-Software
-Lizenz (z. B.
GPL
) unterliegen, besteht durch die garantierte Offenlegung des
Quellcodes
die Moglichkeit, ein endgultiges Auslaufen der Verfugbarkeit zu verhindern.
[22]
- Bei der
qualitativen Obsoleszenz
versagt oder verschleißt ein Produkt zu einem bestimmten, geplanten, gewohnlich nicht allzu fernen Zeitpunkt.
[23]
Vorhandene oder wirtschaftlich realisierbare Technologien oder Materialien, die eine langere Lebensdauer des Produkts ermoglichen wurden, werden nicht angewandt. Qualitative Obsoleszenz als Hauptfaktor des fruhzeitigen Gerateverschleißes zeigt sich oft bei
Fernsehgeraten
. Hierin sind oft minderwertige
Elektrolyt
-
Kondensatoren
mit einer Haltbarkeit von maximal funf Jahren eingebaut, obwohl doppelt so lange funktionierende Kondensatoren kaum teurer sind. Deshalb gehort auch diese Art zur geplanten Obsoleszenz.
- Die
psychologische Obsoleszenz
umfasst die vorzeitige Alterung und damit den Austausch von funktionsfahigen Produkten aufgrund von
Moden
, neuen technischen
Trends
und Konsummustern. Beim
Handy
gaben 68 % der Befragten an, das Handy innerhalb von 3 Jahren zu wechseln, entweder weil sie einfach ein noch besseres Gerat haben wollten (40 %) oder sie durch den Vertrag regelmaßig ein neues Gerat bekommen (28 %).
[24]
- Die
Mode
gehort zur sichtbaren Obsoleszenz, weil bestimmte
Modedesigns
oder Stile einem
Modetrend
unterliegen, bis eine neue Moderichtung erkennbar wird. Hierdurch werden modebewusste Konsumenten durch
Gruppenzwang
zum Ersatz gedrangt, obwohl noch volle Funktionalitat vorliegt.
[25]
Deshalb lasst sich Mode als kollektive
Anpassung
definieren. Die Popularitat eines Produkts wird wesentlich durch sein
Image
beeinflusst, das wiederum durch geanderte (aktualisierte) Designs und die Vermarktung einschließlich der Bewerbung manipulierbar ist.
[26]
Design ist daher ein probates Mittel, kunstlich Obsoleszenz herbeizufuhren.
[27]
[28]
- Die
okonomische Obsoleszenz
beschreibt den Verfall der Gebrauchseigenschaften eines Produktes, weil notige
Instandsetzungen
,
Instandhaltung
oder
Reparatur
aus Kostengrunden ausbleiben und die Differenz zum
Kaufpreis
fur Neuprodukte zu gering ist. Grunde sind beispielsweise kurze Produktentwicklungszeiten, schneller Preisverfall, reparaturunfreundliches Design, hohe Reparaturkosten und mangelnde Verfugbarkeit von Ersatzteilen, Werkzeugen und Reparaturdienstleistungen. Bei den haufig ausfallenden Fernsehgerat-Komponenten wie der Display- bzw. Bildschirmeinheit und Netzteilkarte entstehen hohere Reparaturkosten, die in keinem angemessenen Verhaltnis zu den insgesamt sinkenden Kaufpreisen von TV-Geraten stehen, sodass Verbraucher bei einem Defekt das TV-Gerat nicht mehr reparieren lassen, sondern sich stattdessen ein neues Gerat anschaffen.
[29]
Es liegt daher im Interesse der Produzenten, den Produktlebenszyklus der Produkte kunstlich zu verkurzen, um das Absatzvolumen zu steigern.
Das Obsoleszenzmanagement sorgt dafur, dass kunftig nicht mehr produzierte Bauteile, die in Produkte eingebaut werden, rechtzeitig durch Vergleichstypen ersetzt oder absichtlich fur Reparaturen bevorratet werden. Mit diesem
Managementprozess
soll erreicht werden, dass der Lebenszyklus (Fertigung und Reparatur) des eigenen Produkts nicht nachteilig durch die Lieferbarkeit oder den Ausfall dafur benotigter Bauteile beeinflusst wird. Richtig durchgefuhrt dient es der Vermeidung oder zumindest Reduzierung von Produktions- oder Dienstleistungs-Ausfallen. Weitere Ziele sind Kosteneinsparungen und die Vermeidung von Versorgungsengpassen. Als ein Teil des
Risikomanagements
wird Obsoleszenzmanagement in allen Branchen der Investitionsguterindustrie (Anlageguter, Infrastruktur, langlebige Gebrauchsguter, Verbrauchsmaterial, Softwareprodukte etc.) eingesetzt.
Ziele des Obsoleszenzmanagements:
- Verlangerung der Lebensdauer eines Produkts,
- rechtzeitige Information der Kunden uber abgekundigte Produkte,
- nachhaltiges Design, Bauteilauswahl, Ressourcen- und Rohstoffeinsatz,
- Lieferanten und Entwickler suchen gemeinsam nach
Substituten
,
- Lagern des kunftig erwarteten Gesamtbedarfs.
Integriertes
Systems Engineering
und die Berucksichtigung von
Modularitat
konnen Obsoleszenzmanagement fruhzeitig im
Entwicklungsprozess
verankern.
[30]
Die durchschnittliche Erst-Nutzungsdauer (die Zeitspanne der Nutzung nur durch den Erstnutzer) der Haushaltsgroßgerate ist in Deutschland zwischen 2004 und 2013 von 14,1 auf 13,0 Jahre leicht zuruckgegangen, im Bereich der Unterhaltungselektronik wiesen TV-Flachbildschirme im Jahr 2007 eine durchschnittliche Erstnutzungsdauer von 5,7 Jahren auf, dieser Wert ging in den Jahren bis 2010 auf 4,4 Jahre zuruck, um in den Folgejahren bis 2012 wieder kontinuierlich auf 5,6 Jahre anzusteigen.
[32]
Bei Notebooks zeigen die Analysen der werkstofflichen Obsoleszenz, dass es eine unterschiedliche Obsoleszenz zwischen Geraten fur Privathaushalte (Consumer-Notebooks) und gewerblich genutzten Notebooks gibt.
[33]
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(nicht mehr online verfugbar) am
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;
abgerufen am 15. Januar 2012
(englisch).
Info:
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Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.theinquirer.net
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