Northrop YF-23

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Northrop YF-23 Black Widow II

?Gray Ghost“ und ?Black Widow II“ im Flug
Typ Luftuberlegenheitsjager
Entwurfsland

Vereinigte Staaten   Vereinigte Staaten

Hersteller
Erstflug 27. August 1990
Indienststellung Flugerprobung 1991 beendet
Produktionszeit

nie in Serie produziert

Stuckzahl 2

Die Northrop YF-23 war ein Prototyp der Unternehmen Northrop , Grumman und McDonnell Douglas fur das ?Advanced Tactical Fighter“-Programm der United States Air Force (USAF), bei dem ein neues Kampfflugzeug als Ablosung der F-15C Eagle gesucht wurde. Sie unterlag dem Konkurrenzmodell YF-22 des Unternehmenskonsortiums aus Lockheed Martin , General Dynamics und Boeing , [1] das als F‑22 Raptor in Serie produziert wurde. Die YF-23 wird nach dem ersten Prototyp inoffiziell auch als Black Widow II bezeichnet, obwohl die zweite Maschine intern als Gray Ghost bekannt war.

Das ?Advanced Tactical Fighter“-Programm

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RFI der Firmen, bevor die Stealth-Anforderungen erhoht wurden

Das Tactical Air Command (TAC; deutsch: Taktisches Luftkommando) der US Air Force finanzierte von 1969 bis 1970 die Studie U. S. Air Force Tactical Forces 1985 Study (TAC-85) . [2] Es galt, den verbesserten Fahigkeiten der Luftstreitkrafte der Sowjetunion zu begegnen. Das Ergebnis fuhrte im Jahr 1971 zum Einsatzkonzept [3] des Advanced Tactical Fighter ( ATF, deutsch : fortschrittliches taktisches Jagdflugzeug). Das Konzept war zu dieser Zeit recht vage; um 1975 wurde fur den Zeitraum von 1977 bis 1981 der Bau zweier Prototypen beschlossen. Budgetare Beschrankungen fuhrten jedoch zum Lightweight-Fighter -Programm, einem vom US‑Verteidigungsministerium im Jahr 1974 ausgeschriebenen Konstruktionswettbewerb, der ein kostengunstiges Flugzeug als Ersatz fur einige altere Typen in den Bestanden der USAF zum Ziel hatte. Daraus entwickelten sich die General Dynamics F-16 Fighting Falcon und die McDonnell Douglas F/A‑18 Hornet .

Im Jahr 1976 wurden die ersten Studien begonnen, welche sich mit der Verwendung von Tarnkappentechnik im Rahmen des Einsatzkonzepts Advanced Tactical Fighter (ATF) beschaftigten. Die Fahigkeit, ohne Nachbrenner mit Uberschallgeschwindigkeit zu fliegen ( Supercruise ), wurde ebenfalls als wichtig angesehen. Im Jahr 1978 definierte die USAF zwei verschiedene Projekte: den Enhanced Tactical Fighter (ETF) und das Advanced Tactical Attack System (ATAS). Die Technologie fur den ETF sollte in kurzer Zeit zur Verfugung stehen, das ATAS war als langfristiges Ziel gedacht. Der Schwerpunkt lag dabei auf Luft-Boden-Fahigkeiten, da die F-15 und F-16 als ausreichend fur die Bekampfung sowjetischer Kampfflugzeuge gesehen wurden. Als die Sowjetunion die Modelle MiG-29 und MiG-31 des Herstellers Mikojan-Gurewitsch sowie die Su-27 des Herstellers Suchoi in Dienst stellte, anderte die USAF ihre Zielausrichtung: das ETF wurde gestrichen und ATAS als ATF bezeichnet. Es sollte als Mehrzweckkampfflugzeug mit STOL -Eigenschaften sowohl Luft- als auch Bodenziele angreifen.

Im Juni 1981 veroffentlichte die Aeronautic Systems Division (ASD) ein Request for Information (RFI) fur ein ATF-Konzept, das RFI fur das Triebwerk folgte einen Monat spater. Mit Boeing , Fairchild , General Dynamics , Grumman , Lockheed , McDonnell Douglas , Northrop , Rockwell und Vought bewarben sich neun Unternehmen fur den Bau des Flugwerks mitsamt der Betriebsausrustung und drei Triebwerkshersteller fur den Bau der Triebwerksanlage . In den nachsten vier Jahren nahmen die einzelnen Entwurfe Gestalt an. Am Ende reichten sieben Unternehmen ihre Konzepte ein. Jedes der sieben Unternehmen erhielt 1 Milliarde US-Dollar, [4] um sein Konzept weiter zu vertiefen. Der USAF war dabei weniger an konkreten Planen gelegen; vielmehr sollten die Methoden der Unternehmen und die Technologie zur Erfullung der ATF-Anforderungen entwickelt werden. Im Oktober 1982 verlangte die USAF zusatzlich eine Supercruisefahigkeit von Mach 1,5. NATO-Kommandanten waren pessimistisch, ob die Militarbasen in Mitteleuropa einen sowjetischen Angriff uberstehen wurden. Die Beherrschung des Luftraumes wurde dann von Luftwaffenstutzpunkten in den Beneluxlandern oder dem Vereinigten Konigreich aus erfolgen. Die Fahigkeit, ohne Nachbrenner wahrend der gesamten Mission uber feindlichem Gebiet mit Uberschallgeschwindigkeit zu fliegen, sollte die Verwundbarkeit durch feindliche SAM -Stellungen reduzieren und eine hohere Einsatzrate ermoglichen. STOL-Eigenschaften mit Schubumkehr wurden ebenfalls als wichtig erachtet, um von beschadigten Flugplatzen aus operieren zu konnen. Mitte 1983 wurde das ATF-Konzept als Luftuberlegenheitsjager neu ausgerichtet. Die Reichweite sollte bei gleicher Bewaffnung erheblich uber der einer F-15 liegen, um von weiter entfernten Basen aus eingesetzt zu werden. Um ein Ausufern der Kosten zu vermeiden, setzte die USAF ein Kosten- und Gewichtslimit. Ebenfalls 1983 beschaftigte sich die USAF mit der Entwicklung der Triebwerke , da in diesem Bereich bereits negative Erfahrungen beim P&W-F100-Triebwerk fur die F-15 vorlagen. General Electric und Pratt & Whitney erhielten im Oktober desselben Jahres einen Auftrag uber 200 Millionen US-Dollar, um ein passendes Triebwerk zu entwerfen. Pratt & Whitney entwickelte das XF119 auf Basis des PW5000, wahrend General Electric das GE37 XF120 weiterentwickelte, das mit einem variablen Nebenstromverhaltnis ( englisch Variable Cycle Engine ) ausgestattet wurde.

Trotz der gleichen Aufgabe entwickelten die Firmen unterschiedliche Konzepte, basierend auf den Anforderungen und zuvor von ihnen bereits durchgefuhrten Studien und Entwicklungen. Die USAF verlangte einen Radarerfassungsbereich von 240°. Da die USAF selbst Studien durchfuhrte und zu dem Schluss kam, dass Tarnkappentechnik nunmehr eine Notwendigkeit sei, wurde das ursprungliche Request for Information (RFI) einige Monate vor der Demonstrations- und Validierungsphase dahingehend angepasst. Ursprunglich sollten im Mai 1985 die Entwurfe der USAF prasentiert werden und die besten vier Entwurfe sollten fur die nachfolgende Demonstrations- und Validierungsphase je 400 Millionen US-Dollar erhalten, um Prototypen zu bauen. Aufgrund des Erfolges des Lightweight Fighter -Programmes sollten nun nur zwei der Konzepte in die Demonstrations- und Validierungsphase gelangen, dafur wurden diese jeweils 700 Mio. US-Dollar erhalten. Die USAF empfahl der Luftfahrtindustrie deshalb, Teams zu bilden. Diese begannen daraufhin unverzuglich mit den Verhandlungen. Im Juni 1986 unterzeichneten Boeing, Lockheed und General Dynamics Vereinbarungen, zwei Monate spater folgten Northrop und McDonnell Douglas. Grumman und Rockwell blieben unabhangig und wurden spater von Northrop beziehungsweise Boeing ubernommen. Im Oktober 1986 erhielten die Teams von Lockheed und Northrop 691 Mio. US-Dollar vom Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten fur den Entwurf und die Konstruktion der ATF-Prototypen, die als YF-22 und YF-23 bezeichnet wurden.

YF-23 beim Rollout
YF-22 und YF-23 in Formation

Nachdem die Teams von Northrop und Lockheed die Auftrage zur ATF-Entwicklung erhalten hatten, wurde das Programm unter der Tarnbezeichnung Senior Sky weitergefuhrt. In privaten Studien stellte Northrop fest, dass ein Kampfflugzeug mit geringer Radarsignatur die großten Chancen hatte, unbemerkt in feindlichen Luftraum einzudringen. Im Zusammenspiel mit einem eigenen leistungsstarken Radar sollte es viele Gegner außerhalb der Sichtweite des Piloten ( engl. Beyond Visual Range, BVR ) abschießen konnen, bevor diese seine Anwesenheit bemerkten. Die Entwicklung der YF-23 begann zunachst als 4-Mann-Team: Chefingenieur Bob Sandusky, sein Sekretar, ein Aerodynamiker und ein Ingenieur fur die Struktur. Dabei wurden verschiedene Entwurfe durchgespielt, um in Bezug auf den Anforderungskatalog den bestmoglichen Kompromiss zu finden.

Northrop kam analog zum Konkurrenten Lockheed bei der Beurteilung seiner verschiedenen Entwurfe zu dem Schluss, dass keiner in der Lage war, allen gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Das betraf zum Ersten das anvisierte Gewichtslimit. Es erwies sich als nicht durchfuhrbar, ein Kampfflugzeug der 50.000-Pfund-Klasse (22.680 kg) zu entwerfen, welches alle gestellten Anforderungen in sich vereinte. Daraufhin wurde von der USAF das zulassige Gewichtslimit erhoht. Zum Zweiten erwies sich der Entwurf als nicht supercruisefahig . Hierauf reagierte die USAF, indem sie 1987 die Anforderungen nach einer Schubumkehr fallen ließ, damit das Design flexibler gestaltet werden konnte. Zum Dritten stellte sich heraus, dass ein Avionikpaket fur einen Radarerfassungsbereich von 240° den vorgesehenen Rahmen von 9 Millionen US-Dollar sprengen wurde. Damit das Budget dieses Postens eingehalten werden konnten, verringerte die USAF den geforderten Radarerfassungsbereich und strich das IRST komplett.

Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten Hunderte Menschen an der Entwicklung der YF-23. Die Kosten dafur betrugen etwa eine Million US-Dollar pro Tag. Die Stealth -Tests wurden auf einem Testgelande in der Wuste Kaliforniens durchgefuhrt. Dabei stand ein Modell, kopfuber auf einem Mast befestigt, in einer uber 28.000 m³ fassenden Halle, welche das Flugzeug am Tag vor Spionagesatelliten verbarg. Die effektive Radar -Reflexionsflache wurde dann mittels Radargeraten nachts untersucht, nachdem man die auf Schienen stehende Gebaudehalle weggefahren hatte. Weil der gemessene Radarquerschnitt aufgrund der Form der Tragflachenkanten dem Aussehen einer Spinne ahnelte, soll sich fur diesen Prototyp der Spitzname ?Black Widow II“ durchgesetzt haben.

Im Jahr 1988 beschloss man, kunftig insgesamt 750 dieser fortschrittlichen taktischen Jagdflugzeuge (ATF, englisch: Advanced Tactical Fighter) fur die USAF bauen zu wollen, bei einer Produktionsrate von 72 Flugzeugen pro Jahr. Anfang des Jahres 1991 sollte der Gewinner ausgewahlt werden, das erste Serienmodell 1993 ausgeliefert werden und 1996 in Dienst gehen. Weil das Defense Acquisition Board am 6. Oktober 1988 eine Verzogerung der Entwicklung des Prototyps um sechs Monate feststellte, wurde das ATF-Programm um ein Jahr verlangert. Dadurch verschob sich das Ende der Demonstrations- und Validierungsphase bis Mitte des Jahres 1991. Die erste YF-23 PAV-1 (Zivilregistration N231YF, USAF-Seriennummer 87-800) mit Pratt & Whitney-Triebwerken vom Typ YF119 wurde 1989 zerlegt und verhullt unter Bewachung zur Edwards Air Force Base in Kalifornien transportiert. Am 22. Juni 1990 fand der Rollout der ersten YF-23 vor geladenen Gasten statt. Die zweite YF-23 PAV-2 (87-801) mit General-Electric-YF120-Triebwerken folgte am 26. Oktober.

Black Widow II bei der Luftbetankung mit einer KC-135 Stratotanker

Am Anfang der Demonstrationsphase lag meist das Team um Northrop vorne. So hob die YF-23 am 27. August 1990 zu ihrem ersten 20-minutigen Jungfernflug ab. Geflogen wurde sie von Northrops Cheftestpiloten Paul Metz. Weitere Fluge fanden Mitte September statt, dabei wurde auch Uberschallgeschwindigkeit erreicht und die Luftbetankungsfahigkeit mit einer KC-135 am 14. September demonstriert. Das Flugzeug verhielt sich dabei so wie im Flugsimulator vorhergesagt. Die Supercruisefahigkeit wurde beim funften Flug demonstriert. Knapp einen Monat spater, am 29. September, hob auch die YF-22 mit Lockheeds Chefpilot Dave Furguson am Steuer zu ihrem Jungfernflug ab. Beide Maschinen wurden vom GE YF120 angetrieben. Die zweite YF-22 startete am 30. Oktober und flog erstmals mit dem P&W YF119. Der Erstflug der zweiten YF-23 erfolgte vier Tage fruher, am 26. Oktober. Das einzige Problem war dabei das rechte Hauptfahrwerk, das erst nach wiederholtem Ein- und Ausfahren einrastete. Bereits wenige Wochen spater konnte auch Lockheeds Teams die Supercruise-Fahigkeit ihrer Maschinen demonstrieren. Hinsichtlich der Flugeigenschaften wurde bei Lockheed großer Wert auf Wendigkeit gelegt. So wurden in den folgenden Monaten teils spektakulare Manover gezeigt, die kein anderes Flugzeug zu dieser Zeit durchfuhren konnte, beispielsweise 360°-Rollen bei einem Anstellwinkel von 60°, was auf die asymmetrisch gesteuerten 2D- Schubvektordusen zuruckzufuhren war. Unterdessen demonstrierte die YF-23 eine offizielle Hochstgeschwindigkeit von Mach 1,8 und erflog Anstellwinkel bis zu 25°. Beide Maschinen waren wahrend der Erprobung Belastungen bis 7 g ausgesetzt. Obwohl beide Maschinen ohne Bordwaffen und Radar flogen, demonstrierte Lockheed die Funktionsfahigkeit der Startanlagen fur die AIM-9- und AIM-120-Lenkwaffen, obwohl dies nicht von der Air Force gefordert wurde. Diese verlangte allerdings noch wahrend der Erprobungsphase Konzepte fur die Konstruktions- und Fertigungsentwicklung, die dann am 2. Januar 1991 von den beiden Teams abgegeben wurden.

Am 23. April 1991 gab die Air Force schließlich den Sieger der Ausschreibung bekannt: Die YF-22 vom Team Lockheed. Der ausschlaggebende Faktor fur diese Entscheidung war die weiter fortgeschrittene Entwicklung und die bessere Manovrierfahigkeit der YF-22. Nur sie konnte dank Schubvektorsteuerung auch nach einem Stromungsabriss noch kontrolliert fliegen, besaß ein weiter entwickeltes Cockpit und hatte Flugkorperstarts demonstriert. Die YF-23 hatte mit den nicht vollends ausgereiften Waffenaufhangungen zu kampfen. Den Triebwerkswettbewerb gewann Pratt & Whitney mit dem konservativeren YF119.

PAV-1 bei der Restaurierung im National Museum of the United States Air Force

Beide YF-23 wurden daraufhin ausgeschlachtet und in einem abgesperrten Bereich in der Edwards Air Force Base eingemottet. Die NASA plante, eines der Flugzeuge zum Test von Dehnungsmessstreifen zu verwenden, dies fand jedoch nicht statt. [5] Die Flugzeuge standen dort funf Jahre, bevor sie 1995 von drei Enthusiasten der Northrop Corporation zuruck nach Hawthorne gebracht wurden. PAV-1 und PAV-2 wurden dort restauriert und an zwei Museen ubergeben:

  • PAV-2 (Gray Ghost) wurde im Western Museum of Flight in Hawthorne ausgestellt. 2004 wurde es an Northrop Grumman zu Ausstellungszwecken verliehen. Das Flugzeug wurde dann an seinen neuen Platz im Museum am Flughafen von Torrance in Kalifornien gebracht.

Geruchte uber ein Revival , wonach Northrop Grumman die YF-23 als Jagdbomber als Ersatz oder Erganzung fur die F-15E Strike Eagle weiterentwickelt hatte, sind sehr unwahrscheinlich, da das Flugzeug bereits als Prototyp mit den nicht vollends ausgereiften Waffenaufhangungen stark zu kampfen hatte. Auch angesichts der naheliegenden Moglichkeit, eine FB-22 auf Basis der F-22 Raptor zu entwickeln, was kosteneffizienter ware.

  • Unter der Bezeichnung N-ATF versuchte Northrop das Flugzeug in einer navalisierten Version (uberarbeitete, Struktur, Fahrwerk, Fanghaken und Klappflugel) der US Navy anzubieten. Auffalligste Anderung waren zusatzliche Canards gewesen. Die US. Navy zeigte jedoch wenig Interesse und das Projekt wurde schnell beendet.
Tacit Blue, Spitzname ?Wal“ von Northrop

Die Formgebung der Flugzeugzelle wurde kompromisslos auf Stealth und Geschwindigkeit optimiert. War man anfangs mit der Lockheed F-117 noch gezwungen, geometrisch einfache Formen zu verwenden, um die Reflexionen nach dem Huygensschen Prinzip berechnen zu konnen, machte es die gestiegene Rechenleistung der Computer moglich, die Oberflache kontinuierlich zu krummen. Auf dieser Grundlage entwickelte Northrop im Assault-Breaker-Programm das Tarnkappenflugzeug Tacit Blue . Da Northrop bereits den Tarnkappenbomber Senior Ice entwickelt hatte und nun an Senior Sky arbeitete, wurden auch hier die Erkenntnisse des ?weißen Wales“ angewendet. So wurde der Vorderrumpf mit Chines ausgestattet, um die Stealtheigenschaften zu verbessern und durch Wirbelbildung (siehe Strake ) den Anstellwinkel zu erhohen. Da die Tarnkappeneigenschaften gegen niederfrequente Radare stark von der Form der Flugzeugzelle abhangen, wurde die Maschine so flach wie moglich gebaut. Radare von Flugabwehrstellungen bestrahlen das Flugzeug stets von unten, ein moglichst flacher Unterboden ist also wunschenswert. Zu diesem Zweck befinden sich die Triebwerke und ein Großteil des Rumpfes oberhalb des Rumpf-Flachenuberganges . Um Winkelreflektoren zwischen Seitenleitwerk und Hohenruder zu vermeiden, wurde ein V-Leitwerk mit 50° Neigung angebracht. Wahrend die YF-22 eine Schubvektorsteuerung besaß, welche die Wendigkeit deutlich erhohte, wurde bei der Konstruktion der YF-23 mehr Wert auf die Abschirmung der Infrarotstrahlung gelegt. Die Austrittsoffnung der Dusen wurde deshalb weit nach vorne verlegt und somit die direkte Beobachtung der heißen Dusen von unten verhindert. Die Triebwerksabgase wurden durch Mulden geleitet, die mit Kacheln aus Titanaluminid ausgekleidet waren. Sie wurden durch ein Labyrinth aus Luftkanalen und Lochern gekuhlt, so dass die Temperatur an der Heckunterseite der Maschine unter 150 °C lag. [6]

Dusen und V-Leitwerk der YF-23

Um eine moglichst hohe Uberschallgeschwindigkeit zu erzielen, wurde der Rumpf lang gestreckt und die Flachenregel konsequent angewandt. Die trapezformigen Tragflachen mit 40° Vorderkantenpfeilung weisen eine sehr kleine Streckung auf, was den Luftwiderstand im Uberschallflug weiter reduziert. Im Gegensatz zu YF-22, welche einen Pitoteinlauf verwendet, ist der Lufteinlass der YF-23 fur den Uberschallflug optimiert. Wahrend des Uberschallfluges muss die anstromende Luft im Lufteinlass auf Unterschallgeschwindigkeit abgebremst werden. Um den Totaldruck- und damit Schubkraftverlust moglichst gering zu halten, sollten moglichst viele schrage Verdichtungsstoße ( engl. oblique shock wave ) zur Abbremsung erfolgen. Die Platzierung der Einlaufe unter den Tragflachen nutzt dabei den schragen, an deren Vorderkanten nach unten abgehenden Verdichtungsstoß im Uberschallflug. Um beim Flug mit hohen Anstellwinkeln den Uberlaufwiderstand gering zu halten, wurde wie beim Eurofighter Typhoon eine Rampenabsaugung ( engl. ramp bleed system ) installiert. Diese befindet sich zwischen Tragflachenvorderkante und Lufteinlass und befordert die uberschussige Luft auf die Tragflachenoberseite. Um den Schubkraftverlust beim Flug mit hohen Schiebewinkeln moglichst gering zu halten, sind die Lufteinlasse etwas tiefer als der Rumpf ausgefuhrt. Die Triebwerksdusen konnen durch eine bewegliche Oberlippe an die Leistung angepasst werden.

Durch die langgestreckte Form des Rumpfes ergibt sich zusammen mit den Trapezflugeln ein großes Tragheitsmoment um die Querachse, was die Manovrierfahigkeit beschrankt. Die Wahl eines V-Leitwerkes ist fur ein Kampfflugzeug ebenfalls ungewohnlich, da bei der Erzeugung von Nickmomenten unnotig viel Luftwiderstand entsteht, was die dauerhaften Wenderaten gegenuber einem konventionellen Leitwerk stark reduziert. Die YF-23 ist damit kein klassischer Luftuberlegenheitsjager , sondern eher ein Abfangjager . Um die Kosten fur die Prototypen moglichst gering zu halten, wurde ein modifiziertes Hauptfahrwerk der F-18 verwendet, das Bugfahrwerk wurde von der F-15 ubernommen.

Von oben ist die Einhaltung der Flachenregel erkennbar

Das Cockpit der YF-23 wurde von der F-15C Eagle ubernommen. Der Pilot saß auf einem ACES-II-Schleudersitz und steuerte das Flugzeug mit einem Steuerknuppel zwischen den Fußen. Uber das Cockpit einer Serienversion ist nichts bekannt, durfte aber dem Glascockpit der YF-22 ahnlich sein.

Die Avionik basierte wie bei Lockheed auf den Erkenntnissen des Pave-Pillar -Programmes. Dabei wurde untersucht, wie sich eine Integrierte Modulare Avionik (IMA) physisch uber ein Flugzeug verteilen ließe, um die Schadenstoleranz im Gefecht zu erhohen. Durch den gleichen Aufbau der Rechenmodule konnen so auch Kosten gespart werden. Das Avioniksystem der YF-23 basierte wie bei IMA ublich auf Recheneinheiten, die jede beliebige Aufgabe innerhalb des Datenverarbeitungssystems ubernehmen konnen. Die Recheneinheiten benutzten ein 32-Bit-GPPE (General Purpose Processing Element) von Unisys . Die Signalverarbeitung der Elemente erfolgte durch einen Prozessor, der zwischen zwei großen Steckplatzen mit je 75 Karten untergebracht war. Die Module in den Steckplatzen waren redundant ausgelegt, um die Schadenstoleranz zu erhohen. Im Gegensatz zu Lockheed wurde auf eine Flussigkuhlung verzichtet.

Die Prototypen besaßen weder das AN/APG-77-Radar noch fortschrittliche Elektronik. Northrop und McDonnell Douglas bauten jedoch das gesamte Avioniksystem und ließen es in einer modifizierten BAC 1-11 von Westinghouse testfliegen.

Im Gegensatz zur YF-22 wurden mit der YF-23 keine Waffentests durchgefuhrt. Hinter dem Bugfahrwerk sollten vier radargelenkte Luft-Luft-Raketen in einem internen Waffenschacht zur Bekampfung von Zielen auf große Entfernung mitgefuhrt werden. Neben der bereits etablierten AIM-120 AMRAAM ware auch die damals in Entwicklung befindliche Mach 4+ schnelle Stealth-Lenkwaffe Have Dash II dafur in Frage gekommen. Zur Mitfuhrung von vier Kurzstreckenwaffen (damals AIM-132 ASRAAM ) gibt es unterschiedliche Angaben. Wahrend einerseits von einem verlangerten Rumpf mit mehr Platz fur einen weiteren kleinen Waffenschacht hinter dem Cockpit die Rede ist, wird andererseits von seitlichen Waffenschachten an den Lufteinlassen gesprochen. Auf der oberen Steuerbordseite auf Hohe des Hauptwaffenschachtes sollte noch eine M61-Vulcan -Maschinenkanone eingebaut werden. Die eher maßige Bewaffnung fur Luftgefechte außerhalb der Sichtweite des Piloten durfte einer der Grunde gewesen sein, die YF-22 zum Gewinner des ATF-Wettbewerbs zu erklaren.

Technische Daten

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YF-23 im Flug
YF-23 von vorne
YF-23 auf einem Rollweg

Die offizielle Fluggeschwindigkeit der Prototypen YF-22/23 ist unrealistisch niedrig angegeben. So besitzt eine Raptor dieselbe Schubkraft wie eine YF-23 und etwa denselben Luftwiderstand, die offiziellen Marsch- und Hochstgeschwindigkeiten sind jedoch weit voneinander entfernt. Die Geschwindigkeitsangabe in der Tabelle wurde deshalb von den Werten der F-22 Raptor abgeschatzt.

Kenngroße Daten
Typ Prototyp fur einen Luftuberlegenheitsjager
Lange 20,26 m
Spannweite 13,21 m
Hohe 4,20 m
Flugelflache 87,80 m²
Flugelstreckung 1,99
Leermasse 16.783 kg
normale Startmasse 23.327 kg
max. Startmasse 29.029 kg
Treibstoffkapazitat 10.886 kg
Tragflachenbelastung
  • minimal (Leermasse): 191 kg/m²
  • nominal (normale Startmasse): 266 kg/m²
  • maximal (maximale Startmasse): 331 kg/m²
g -Limits: 7 g (Prototyp)
Hochstgeschwindigkeit
  • offiziell > Mach 1,8
  • vermutlich Mach 2,45
Marschgeschwindigkeit
  • offiziell Mach 1,58
  • vermutlich Mach 1,92
Dienstgipfelhohe 19.811 m
Einsatzradius
  • mit YF119: 1.474 km
  • mit YF120: 1.380 km
Triebwerk
Schub-Gewicht-Verhaltnis
  • maximal (Leermasse): 1,89
  • nominal (normale Startmasse): 1,36
  • minimal (maximale Startmasse): 1,09
Bewaffnung keine (Prototyp)
  • James C. Goodall: America's Stealth Fighters and Bombers, B-2, F-117, YF-22, and YF-23. MBI Publishing Company, St. Paul, Minnesota 1992, ISBN 0-87938-609-6 .
  • Steve Pace: F-22 Raptor. McGraw-Hill, New York 1999, ISBN 0-07-134271-0 .
  • Bill Sweetman: YF-22 and YF-23 Advanced Tactical Fighters. Motorbooks International Publishing, St. Paul, Minnesota 1991, ISBN 0-87938-505-7 .
Commons : Northrop YF-23  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Gerhard Lang: Taschenbuch Militar-Jets. Geschichte, Typen, Technik. GeraMond Verlag, Munchen 2001, ISBN 978-3-7654-7220-6 , S. 132?133.
  2. David C. Aronstein, Michael J. Hirschberg, Albert C. Piccirillo: Advanced tactical fighter to F-22 raptor. Origins of the 21st century air dominance fighter. American Institute of Aeronautics and Astronautics, Inc., Reston, Virginia, USA 1998, ISBN 1-56347-282-1 , S. 7 (englisch).
  3. Englisch: Concept of Operations (CONOPS) .
  4. Gerhard Siem: Das große Buch der Flugzeugtypen. Zivil & Militar. 2. Auflage. Heel Verlag, Konigswinter 2015, ISBN 978-3-86852-709-4 , S. 211. Die S. 211 widmet sich dem Flugzeugtyp Northrop YF-23 ?Black Widow II“.
  5. YF-23 page ( Memento des Originals vom 27. August 2012 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.dfrc.nasa.gov NASA Dryden Flight Research Center, 20 January 1996.
  6. Popular Science April 1991 ? Supercruisers