Niederlothringen im Heiligen Romischen Reich um 1000
Das Herzogtum
Niederlothringen
(
lateinisch
Lotharingia inferior
,
franzosisch
Basse-Lotharingie
) war eines der ersten vertraglich festgelegten Herrschaftsgebiete. Tatsachlich gab es weder ein niederlothringisches Stammesherzogtum noch naturliche Grenzen, die eine selbstandige Genese Niederlothringens zur Folge gehabt hatten.
Die Grenzen und Ausmaße fußten zunachst auf dem, im Wesentlichen im
Vertrag von Verdun
(843) bestimmten, Territorium
Lotharingiens
.
Das
Herzogtum Lothringen
zerfiel im Jahre 959 in zwei Herzogtumer (Niederlothringen und
Oberlothringen
), zwischen denen der Grenzverlauf sehr undeutlich war, aber trotzdem wenig diskutiert.
Fruheste fassbare Herzoge von Lothringen:
In den Jahren 965?977 ist kein Herzog uberliefert, was den Ruckschluss zulasst, dass die
Ottonen
die Eingliederung des Herzogtums in ihren Machtkomplex abgeschlossen hatten. In den Jahren 977?1005 besaßen zwei westfrankische
Karolinger
das Herzogsamt und im Anschluss daran folgte eine erneute Vakanz des Herzogsthrones (1005?1012).
Seit dem fruhen
11. Jahrhundert
losten sich Teilfurstentumer aus dem Herzogtum und eine Reihe bewaffneter Konflikte zeichneten sich im westlichen Teil des Imperiums ab. Der deutsche Konig reagierte daraufhin mit der Schaffung dreier Markgrafschaften (
Antwerpen
,
Ename
und
Valenciennes
), die die Grenze zu
Frankreich
schutzen sollten und das wichtige Land zwischen Rhein und Schelde kontrollieren mussten. Daruber hinaus wurden die ortsansassigen Bistumer
Koln
,
Utrecht
,
Luttich
und
Cambrai
zu geistlichen Furstentumern des Reiches ernannt, deren Oberherren faktisch vom Kaiser eingesetzt wurden. Im Jahre 1012 erhielt Niederlothringen wieder einen Herzog, der die sich auflosenden Gebiete endgultig zusammenhielt und sicherte.
Im 11. Jahrhundert hatte besonders die Familie der
Grafen von Verdun
, die
Dynastie Ardenne
, die Herzogswurde inne. Eine Erblichkeit der Herzogskrone wurde in diesem Zeitraum vermieden und man beobachtete deshalb unterschiedliche Familien um den niederlothringischen Thron.
Im
12. Jahrhundert
verfiel das Herzogtum. Nach dem Tod
Gottfrieds von Bouillon
(† 1100) verlor das Amt des Herzogs in Niederlothringen an Bedeutung und litt auch unter dem Streit zwischen Konig
Heinrich IV.
und seinem Sohn
Heinrich V.
So erhob Heinrich IV. den Grafen von
Limburg
zum Herzog von Niederlothringen, wahrend sich Heinrich V. fur
Gottfried von Lowen
, Landgraf von
Brabant
, einsetzte. Auf Kosten der Reichspolitik verfolgten beide ihre eigenen Interessen im Gebiet ihres neuen Herzogtums.
Nach dem Tod Gottfrieds III. von Lowen († 1190) erstellte
Heinrich VI.
eine radikale Neuordnung. Auf dem Hoftag zu
Schwabisch Hall
(24. September 1190) fertigte er die ?Sterbeurkunde“ des Herzogtums aus, indem er
Heinrich I. von Brabant
, Sohn des verstorbenen Gottfrieds und seit 1183/1184 faktisch Herzog von
Brabant
, bestatigte, dass ganz Niederlothringen ihm nicht mehr zugestanden war. Die niederlothringische Herzogswurde wurde zum reinen Titel ohne territoriale Machtanspruche, den die Herzoge von Brabant bis zu ihrem Aufgehen im Burgunderstaat als ?Duc de Lothier“ fuhrten.
Da die Herzoge von Lothringen oftmals andere Herrschaften innehatten, kann die Zahlweise variieren
- Gottfried I. von Hennegau
, 959?964
- Karl von Frankreich
, 977?991 (
Karolinger
)
- Otto
991?1012 (
Karolinger
)
- Gottfried II.
, 1012?1023
- Gotzelo I.
, 1023?1044
- 1044?1046: vakant oder
Gotzelo II.
?
- Friedrich II. von Luxemburg
, 1046?1065
- Gottfried III.
,
der Bartige
, 1065?1069
- Gottfried IV.
,
der Bucklige
1069?1076
- Konrad von Franken
, 1076?1088
- Gottfried V., von Bouillon
, 1088?1100
- Heinrich I. von Limburg
, 1100?1106
- Gottfried VI.
, (Graf Gottfried I.
von Lowen
) Herzog zwischen 1106 und 1128, † 1139
- Walram von Limburg
, 1128?1139
- Gottfried VII.
, (Graf Gottfried II.
von Lowen
), 1139/1140?1142
- Gottfried VIII.
, (Graf Gottfried III.
von Lowen
), 1142?1190
- Heinrich I.
, 1190?1235 (ab 1183/1184 schon Herzog von Brabant)
- Heinrich II.
, 1235?1248 (heiratete
1240
Sophie von Thuringen
)
- Heinrich III.
, 1248?1260
- Johann I.
, 1260?1294
- Johann II.
, 1294?1312
- Johann III.
, 1312?1355
- Johanna 1355?1404 (heiratete
Wenzel von Luxemburg
1355?1383)
- Margarete von Flandern
1404?1405 (heiratete
Philipp den Kuhnen
aus dem
Haus Burgund
1404)
- Anton von Burgund
1405?1415
- Johann IV.
, 1415?1427
- Philipp von Saint-Pol
, 1427?1430
- Philipp der Gute
von Burgund, 1430?1467
- Karl der Kuhne
von Burgund, 1467?1477
- Maria von Burgund
, 1477?1483 (heiratete;
Maximilian I.
, Kaiser. Das Herzogtum fallt zusammen mit allen Landern der Herzoge von Burgund an das Haus
Habsburg
)
- W. Kienast:
Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert).
Munchen 1968.
- R. Barth:
Der Herzog in Lotharingen im 10. Jahrhundert.
Sigmaringen 1990.
- M. Werner:
Der Herzog von Lothringen in salischer Zeit. Die Salier und das Reich 1.
Sigmaringen 1991, S. 375?377.
- P. Ilisch: Die Munzpragung im Herzogtum Niederlothringen I: Die Munzpragung in den Raumen Utrecht und Friesland im 10. und 11. Jahrhundert. = Jaarboek voor Munt- en Penningkunde 84?85, 1997/98, 274 S.
- P. Ilisch: Die Munzpragung im Herzogtum Niederlothringen II: Die Munzpragung im sudwestlichen Niederlothringen und in Flandern im 10. und 11. Jahrhundert. =Jaarboek voor Munt- en Penningkunde 100 Special, Amsterdam 2014.