Das
Erzherzogtum
Osterreich
, bis 1453
[1]
Herzogtum
Osterreich
, war ein
Reichslehen
des
Heiligen Romischen Reiches
. Wahrend die lehnsrechtliche Einheit bis zum Reichsende 1806 bestehen blieb, war bereits im 13. Jahrhundert eine landesrechtliche Teilung in
Osterreich ob der
Enns
und
Osterreich unter der Enns
erfolgt, woraus schließlich die heutigen
osterreichischen Lander
Oberosterreich
und
Niederosterreich
hervorgingen.
Das Herzogtum Osterreich entstand im land- und
lehensrechtlichen
Sinne auf dem
Reichstag von Regensburg 1156
, als die
Mark Osterreich
vom
Herzogtum Bayern
getrennt und zum selbstandigen
Territorialherzogtum
erhoben wurde. Die daruber von Kaiser
Friedrich I. Barbarossa
in der
Kreuzhofkapelle (Regensburg)
ausgestellte, spater
Privilegium minus
genannte Urkunde enthielt eine Reihe von Sonderrechten, teils eigens fur das erste mit diesem
Territorium
belehnte Herzogspaar,
Heinrich II. Jasomirgott
aus dem Haus der
Babenberger
und dessen Frau
Theodora
, teils fur deren Nachfolger, womit sie fur den gleichzeitig erfolgten Verzicht auf Bayern entschadigt wurden.
1192 erwarben die Babenberger auch das nach der Stadt
Steyr
im
Traungau
benannte
Herzogtum Steiermark
, starben jedoch 1246 im Mannesstamme aus. Die Steiermark fiel kurzzeitig an
Ungarn
, wahrend
Ottokar II.
von
Bohmen
das Herzogtum Osterreich und den Traungau erwarb. Dies war der Anlass dafur, dass die westlichen Landesteile Osterreichs von diesem abgetrennt und mit dem Traungau zu einem selbstandigen Land, Osterreich ob der Enns, zusammengefuhrt wurden, wahrend die Lander ostlich der
Enns
als Osterreich nid der Enns bezeichnet wurden.
Reichsrechtlich bildeten beide Lander weiterhin ein Lehen. Mit diesem wurden 1282 die
Habsburger
zur
gesamten Hand
belehnt, so dass alle Habsburger, nicht nur die jeweils regierenden, den Herzogstitel fuhrten. 1358/59 unternahm Herzog
Rudolf IV.
von Osterreich einen großangelegten Versuch, seine Stellung im Reich eigenmachtig zu verbessern, wozu er eine Reihe von gefalschten Urkunden, darunter das spater sogenannte
Privilegium maius
anfertigen ließ. Dieses sah fur den osterreichischen Landesfursten den Titel ?Pfalz-Erzherzog“ vor. Die Urkunden wurden zunachst Kaiser
Karl IV.
vorgelegt, der sie jedoch nicht anerkannte.
[2]
1442/1453 erfolgte jedoch die Anerkennung durch Kaiser
Friedrich III.
, der zugleich osterreichischer Landesfurst war und 1453 den Titel eines ?Erzherzogs“ annahm, den fortan alle Habsburger fuhrten.
Der Erzherzog von Osterreich behauptete im Reich den ersten Rang nach den
Kurfursten
. Er fuhrte am
Reichstag
das Direktorium im
Reichsfurstenrat
wahrend der Beratungen
(directorium agens);
sein Anspruch, auch die weltliche Bank anzufuhren, scheiterte am Widerstand Bayerns, das diese Position fur sich behauptete, weshalb der osterreichische Erzherzog kurioserweise die geistliche Bank anfuhrte, obwohl er weltlicher Reichsfurst war.
Die Einheit der beiden Lander ob und nid der Enns wurde auch wahrend der diversen habsburgischen Landerteilungen gewahrt (siehe
Habsburgermonarchie
). Die beiden Lander bildeten in diesem Zusammenhang die
niederosterreichische Landergruppe
und unterstanden einem gemeinsamen Regiment. Im Zuge der
theresianischen Verwaltungsreformen
ging diese Verwaltungseinheit unter; mit dem Ende des Heiligen Romischen Reiches 1806 endete auch das Reichslehen Osterreich, womit die letzten besonderen Verbindungen zwischen dem Land ob der Enns und dem Land unter der Enns untergingen. Das Erzherzogtum
Osterreich ob der Enns
und das Erzherzogtum
Osterreich unter der Enns
bildeten fortan zwei selbstandige
Kronlander
innerhalb der Habsburgermonarchie, in der sie bis zu deren Ende 1918 verblieben.
- Wilhelm Brauneder
:
Osterreichische Verfassungsgeschichte.
11. Auflage. Verlag Manz, Wien 2009.
- Richard van Dulmen
:
Weltgeschichte: Entstehung des fruhneuzeitlichen Europa 1550?1648.
Bd. 24, Weltbild Verlag, Augsburg 1998.
- Gunter Barudio
:
Weltgeschichte: Das Zeitalter des Absolutismus und der Aufklarung 1648?1779.
Bd. 25, Weltbild Verlag, Augsburg 1998.
Historische Monographien:
- Ignaz de Luca:
Das Erzherzogthum Oestreich.
1. Band von
Geographisches Handbuch von dem Oestreichischen Staate.
Verlag Joseph V. Degen, Wien 1791 (
Google eBook, vollstandige Ansicht
).
- ↑
Nach Heinrich Koller:
Kaiser Friedrich III.
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, S. 135, war die Bestatigung (und Erweiterung) der "Osterreichischen Freiheitsbriefe" im Jahr 1453 durch Kaiser Friedrich III. nicht die Erhebung des Landes bzw. des Herzogtums Osterreich zum Erzherzogtum. Dabei ging es nur um das Haus bzw. die Familie der Herzoge von Osterreich und deren Erhebung zu Erzherzogen. Die auch in serioser Sekundarliteratur weit verbreitete Annahme, dass das Land (Herzogtum) Osterreich bereits damals zum Erzherzogtum erhoben wurde, durfte die Folge einer Verwechslung des Osterreich-Begriffes sein, der im Spatmittelalter nicht nur das Land (Herzogtum) Osterreich meinte, sondern auch der Name jener Dynastie war, die heute als die Habsburger bezeichnet wird.
- ↑
Diese auch in serioser Sekundarliteratur verbreitete Meinung wurde inzwischen wissenschaftlich widerlegt. Fakt ist, dass Karl IV. zwar nicht alle Urkunden des
Privilegium maius
bestatigt hat, aber Teile von diesen sehr wohl. Der Titel ?Pfalz-Erzherzog“ gehorte zu jenen Teilen, denen er die Anerkennung verweigerte. Vgl. dazu die sehr informative Zusammenfassung von
Christiane Thomas:
Privilegium maius (1358/1359) als Erweiterung des Privilegium minus, 1156.
In:
uni-klu.ac.at.
Abgerufen am 4. Dezember 2021
.
Territorien und Stande des Osterreichischen Reichskreises im Heiligen Romischen Reich Deutscher Nation (1500?1806)
Regierungssysteme und Vorgangerstaaten Osterreichs