Miriam Cahn

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Brutalitatenskultur von Miriam Cahn (2007/2008) im Skulpturenpark Kloster Schonthal
Brutalitatenskulptur (Detailansicht)

Miriam Cahn (* 21. Juli 1949 in Basel ) ist eine Schweizer Kunstlerin .

Miriam Cahn ist die Tochter des judischen Numismatikers und Kunsthandlers Herbert A. Cahn . Sie besuchte von 1968 bis 1973 die Grafikfachklasse der Kunstgewerbeschule in Basel . 1978/1979 wurde ihr von der Stadt Basel ein Atelierstipendium in Paris verliehen. [1]

1982 wurde Cahn zur documenta 7 eingeladen. Sie brach ihre Teilnahme jedoch ab, weil der Kurator Rudi Fuchs zu ihren Bildern entgegen der Absprache noch Werke eines anderen Kunstlers hangen wollte. [2] Eine Einladung zur Biennale Venedig erhielt sie 1984. Es folgte 1985 ein DAAD-Stipendium fur einen einjahrigen Arbeitsaufenthalt in Berlin , [3] wo sie bis 1989 blieb. Im Jahr 2017 wurde ihr Werk auf der documenta 14 gezeigt. [2]

Sie lebt und arbeitet in Basel und Maloja .

Kleine Familie
Miriam Cahn , 2012
Ol auf Leinwand
84 × 70 cm
Museum fur moderne Kunst, Warschau

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atombombe (blutungsarbeit)
Miriam Cahn , 1999
Aquarell auf Papier
145 × 200 cm
Museum fur Moderne Kunst , Frankfurt am Main

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working girl/unklar
Miriam Cahn , 1999
Ol auf Leinwand
97,6 × 55,5 cm
Museum fur Moderne Kunst , Frankfurt am Main

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Miriam Cahn ist eine figurative Malerin, deren Werk vor allem mit Kohle- und Bleistiftzeichnungen, Pastellzeichnungen, Rauminstallationen und Performances hervortrat. Mediale Beachtung erhielt sie im Winter 1979/1980 durch eine illegale nachtliche Kunstaktion, bei der sie an die Betonpfeiler der Basler Nordtangente mit Kohle Wandzeichnungen anbrachte. Dies fuhrte zu einem Gerichtsprozess. [4] Viele Jahre spater versuchte die Stadt die Verurteilung wieder gut zu machen, indem sie ihr anbot, die Wande nach ihrer Vorstellung zu gestalten. [5]

In fruhen Perioden ihres Schaffens zog sie es vor, ihre grossformatigen Arbeiten am Boden auszufuhren, um mit Einsatz ihres ganzen Korpers den raumlichen Abstand und die damit verbundene mentale Distanz aufzugeben. In dieser Phase entstanden monumentale Kreide- und Kohlezeichnungen mit symbolhaften Darstellungen von Menschen, Tieren und Pflanzen. In einem weiteren Schritt ging sie dazu uber, Serien von Zeichnungen mit geschlossenen Augen auszufuhren.

Gepragt wurde Miriam Cahn von der Friedens- und Frauenbewegung , in der sie auch aktiv beteiligt war. Ihre Themen bewegen sich oftmals um die Rolle der Frau oder auch um Krieg und dessen Darstellung in den Massenmedien . In den 1990er Jahren beschaftigte sie sich in zwei Zyklen mit dem Golfkrieg und dem Krieg auf dem Balkan . [6]

Miriam Cahns Werk pendelt zwischen extremen Polen menschlicher Emotionen. Ihre inhaltlichen und stilistischen Hauptthemen sind ?die Verletzlichkeit des Korpers und die Anziehungskraft von Lust und Gewalt“. [2] Nach Cahns Anschauung hat Moral ?sowieso nichts zu suchen in der Kunst“. [2] In ihren Bildern ist das Thema ? Flucht “ seit den Jugoslawienkriegen prasent, in ihren neuesten Serien spiegelt sich die aktuelle Fluchtlingskrise . [2] Till Briegleb sah Cahns Werk ?im Rang von Kolleginnen wie Maria Lassnig oder Marlene Dumas “. [2] Es erganze deren kunstlerische Positionen gegenstandlicher Malerei ?mit einer dunklen Liebe zum Instinkthaften “; eine Wiederentdeckung ihres Werks sei dringend geboten. [2]

Im Fruhjahr 2023 zeigte das Palais de Tokyo in Paris unter dem Titel Ma pensee serielle (Mein serieller Gedanke) die erste grossere Retrospektive der Kunstlerin. [7] Gegen das gezeigte Bild Fuck abstraction! klagten nach dem Aufruf eines franzosischen Kritikers sechs Vereinigungen wegen ?Verherrlichung von Kinderpornografie “. Das Bild zeigt laut einer Stellungnahme des Palais de Tokyo die Silhouette eines Mannes mit einem sehr machtigen, gesichtslosen Korper und den zerbrechlichen Korper einer vor ihm knienden Figur mit auf den Rucken gefesselten Handen, die an dem Korper des Mannes eine Fellatio durchfuhrt. [8] Die Kunstlerin erklarte, dass sich das Bild ?auf die Ereignisse rund um die ukrainische Stadt Butscha wahrend der russischen Invasion “ beziehe: ?Hier geht es um eine Person mit gefesselten Handen, die vergewaltigt wurde, bevor sie getotet und auf die Strasse geworfen wurde. Die Wiederholung von Bildern der Gewalt in Kriegen soll nicht schockieren, sondern anprangern.“ [9] Am 29. Marz 2023 wies das Pariser Verwaltungsgericht die Klage gegen das Bild ab, [8] das Urteil wurde am 14. April 2023 von der hochsten verwaltungsgerichtlichen Instanz, dem Conseil d’Etat bestatigt. [10] [11] Am 7. Mai 2023 wurde das Bild in der Ausstellung von einem 81-jahrigen Mann mit violetter Farbe uberschuttet und beschadigt. Am Folgetag ausserte sich der franzosische Staatsprasident Emmanuel Macron zu der Tat. Er verurteilte den Akt von Vandalismus als Angriff auf die Werte Frankreichs und betonte die Freiheit der Kunst sowie den Respekt vor kulturellem Schaffen. Das Bild verblieb in beschadigtem Zustand in der Ausstellung bis zu deren Beendigung. [12] [13]

Cahns Arbeiten sind in zahlreichen offentlichen Kunstsammlungen beheimatet, unter anderem im Museum of Modern Art in New York, in der Tate Modern in London, im Museo Reina Sofia in Madrid, im Kunstmuseum Basel , [14] im Kunsthaus Zurich , in der Stadtischen Galerie im Lenbachhaus in Munchen und im Museum fur Moderne Kunst in Warschau.

Einzelausstellungen

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Gruppenausstellungen (Auswahl)

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  • 2011: 6 Kunstler aus Basel x 2 , Kunsthalle Basel
  • 2018 : I’m a Believer. Pop Art und Gegenwartskunst aus dem Lenbachhaus und der KiCo Stiftung , Stadtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau Munchen

Veroffentlichungen

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  • Miriam Cahn ? ohne Umwege . Regie Edith Jud, CH 2005
Commons : Miriam Cahn  ? Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Miriam Cahn. In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz. Abgerufen am 26. April 2020 .
  2. a b c d e f g Till Briegleb: Nackter Apostelkreis. Miriam Cahns Lebensthema ist die Verletzlichkeit des Korpers. Werke der 66 Jahre alten Malerin sind in Kiel zu sehen. Sie durfte ein Star der nachsten Documenta werden . In: Suddeutsche Zeitung . 22. Marz 2016, abgerufen am 21. Juli 2018 .
  3. Eintrag zu Cahn, Miriam beim Berliner Kunstlerprogramm des DAAD. Katalog zu ihrer Ausstellung in der DAAD-Galerie vom 15. Marz bis 20. April 1986 erschienen beim DAAD, Berlin 1986.
  4. Miriam Cahn. In: Neue Frauenbewegung 2.0. Abgerufen am 15. Mai 2020 .
  5. Ludmila Vachtova : Miriam Cahn, Kunstlerin. In: NZZ Folio . 1. Januar 1992, abgerufen am 28. Mai 2023 .
  6. Annelise Zwez: Miriam Cahn: Mir gefiel immer das Freche und das Wilde ( Memento vom 14. Juli 2002 im Webarchiv archive.today ). Auf: xcult.org , 2002.
  7. Ma pensee serielle , palaisdetokyo.com, abgerufen am 29. Marz 2023.
  8. a b Verherrlichung von Kinderpornografie: Klage gegen Schweizer Kunstlerin abgelehnt , Berliner Zeitung, 29. Marz 2023.
  9. Miriam Cahn et l’invraisemblable polemique qui s’abat sur son expo a Paris , Le Temps, 8. Marz 2023.
  10. Olga Grimm-Weissert: Frankreich verteidigt die Kunstfreiheit: Drastisches Gemalde soll hangen bleiben. In: Handelsblatt . 11. Mai 2023, abgerufen am 28. Mai 2023 .
  11. Le tableau ≪ Fuck abstraction ! ≫ de Miriam Cahn peut rester expose au Palais de Tokyo. Pressemeldung des Conseil d’Etat . 14. April 2023, abgerufen am 28. Mai 2023 (franzosisch).
  12. Taylor Dafoe: An Elderly Man Spray-Painted a Miriam Cahn Painting at a Paris Museum After Right-Wing Attempts to Censor It Failed. In: Artnet News . 8. Mai 2023, abgerufen am 11. Mai 2023 (englisch, Artikel zeigt das Bild vor und nach der Beschadigung).
  13. Niklas Bender: Missbrauch anklagendes Bild Miriam Cahns mit Farbe beworfen. In: FAZ . 11. Mai 2023, abgerufen am 11. Mai 2023 .
  14. Werkeverzeichnis in der Sammlung Online. In: kunstmuseumbasel.ch. Abgerufen am 11. Mai 2023 .
  15. Kunsthalle Kiel 2016 ( Memento vom 15. Marz 2016 im Internet Archive ), www.kunsthalle-kiel.de, abgerufen am 26. Marz 2016.
  16. Miriam Cahn erste Preistragerin des neuen Basler Kunstpreises . TagesWoche , 7. Oktober 2013
  17. Gemeinsame Pressemitteilung des Museums fur Gegenwartskunst Siegen und der Stadt Siegen: Miriam Cahn erhalt den 14. Rubenspreis der Stadt Siegen. In: siegen.de. 1. Juli 2021, abgerufen am 13. August 2021 .
  18. Goslarer Kaiserring 2024 geht an Kunstlerin Miriam Cahn. In: Tagesschau . 12. Januar 2024, abgerufen am 12. Januar 2024 .
  19. Oskar Kokoschka-Preis geht an Schweizer Kunstlerin Miriam Cahn. In: Kurier.at . 4. Februar 2024, abgerufen am 4. Februar 2024 .
  20. Universitat fur angewandte Kunst Wien: Oskar-Kokoschka-Preis 2024 geht an MIRIAM CAHN. In: ots.at. 4. Februar 2024, abgerufen am 4. Februar 2024 .
  21. Text Mare Nostrum von Miriam Cahn , www.documenta14.de, abgerufen am 26. Marz 2016.
  22. Enthalt: Armin Boehm , Miriam Cahn, Thomas Dillmann, Peter Doig , Marlene Dumas , Johannes Huppi , Michael Kunze , Daniel Richter , Norbert Schwontkowski , Luc Tuymans
  23. https://www.hoerspielundfeature.de/das-zornige-schreiben-100.html