Martin Hairer
(*
14. November
1975
in
Genf
[1]
[2]
) ist ein
osterreichischer
Mathematiker
und
Fields-Medaillen-Trager
(2014), der sich mit stochastischen partiellen Differentialgleichungen (SPDE) mit Anwendungen in der statistischen Mechanik beschaftigt. Er ist Professor fur Mathematik am
Imperial College London
und an der
EPFL
(Ecole Polytechnique Federale de Lausanne).
Hairer ging in Genf zur Schule. Er ist der Sohn des Mathematikers
Ernst Hairer
(Professor in Genf) und von Evi Grobner. Er studierte Physik mit Mathematik als Nebenfach (Diplom in Physik 1998,
Systemes Mecaniques couples a des bains thermiques de temperatures differentes
) an der
Universitat Genf
, wo er 2001 in Physik bei
Jean-Pierre Eckmann
promoviert wurde (
Comportement Asymptotique d´Equations a Derivees Partielles Stochastiques
).
[3]
Danach war er Assistent am Institut fur Theoretische Physik in Genf und ab 2002 als
Post-Doktorand
an der
University of Warwick
, wo er 2004
Lecturer
wurde, 2006 Associate Professor, 2007
Reader
und 2010 mit voller
Professur
. Seit 2013 war er dort
Regius Professor of Mathematics
.
[4]
[5]
Er ist seit Oktober 2017 Professor am
Imperial College London
[6]
und seit 2023 Professor an der
EPFL
(Ecole Polytechnique Federale de Lausanne).
2009 war er Associate Professor am
Courant Institute of Mathematical Sciences of New York University
. Er war unter anderem Gastprofessor an der TU Berlin (2009), in Toulouse, Rennes, am Imperial College und in China.
2008 erhielt er den
Whitehead-Preis
und den Leverhulme Preis. 2009 erhielt er den Wolfson Research Merit Award der
Royal Society
. Er erhielt 2006 eine (auf funf Jahre vergebene) EPSRC (Engineering and Physical Sciences Research Council) Advanced Research Fellowship. 2013 wurde er mit dem
Fermat-Preis
ausgezeichnet
fur seine Beitrage zur Analyse stochastischer partieller Differentialgleichungen, insbesondere zur Wohlgestelltheit von Problemen, der Regularitat der Losungen und Konvergenz zum Gleichgewicht
(Laudatio). Insbesondere schuf er Methoden zur Behandlung nichtlinearer stochastischer PDEs, zum Beispiel der
KPZ-Gleichung
, die 1986 von den Namensgebern
Mehran Kardar
,
Giorgio Parisi
und
Yi-Cheng Zhang
eingefuhrt wurde und die in zufalliger Weise fluktuierende Grenzflache zweier Medien beschreibt. Sie stellte Mathematiker vor ein Problem wegen ihrer Nichtlinearitat, was zunachst die Betrachtung verallgemeinerter Losungen (
Distributionen
) unmoglich machte. Hairer entwickelte (aufbauend auf der
Rough Path Methode
von
Terry Lyons
fur gewohnliche
stochastische Differentialgleichungen
) dafur eine Theorie von sog.
Regularitatsstrukturen
(das heißt, er fand eine Methode, das
Rauschen
von der Dynamik abzutrennen und das System zu regularisieren), zuerst bei der KPZ-Gleichung, spater fur viele weitere nichtlineare stochastische PDEs, auch in hoheren Dimensionen (die KPZ-Gleichung beschreibt das Grenzflachenphanomen als eindimensionale Kurve). Nichtlineare stochastische partielle Differentialgleichungen haben viele Anwendungen, zum Beispiel im Finanzbereich.
Daneben erzielte er auch mit Jonathan Mattingly bedeutende Fortschritte bei der stochastischen Version der
Navier-Stokes-Gleichung
, der grundlegenden Gleichung der Hydrodynamik. Sie konnten die
Ergodizitat
in zwei Dimensionen nachweisen.
Er ist Mitherausgeber von Probability Theory and Related Fields (ab 2008), Nonlinear Differential Equations and Applications und der Annales Henri Poincare (Ser.B) des
Institut Henri Poincare
(ab 2011). 2014 wurde er in die
Royal Society
[7]
aufgenommen und erhielt den
Frohlich-Preis
der London Mathematical Society. 2014 erhielt er einen
Consolidator Grant
des
European Research Council
.
2014 war er Eingeladener Sprecher auf dem
ICM
in
Seoul
und erhielt dort die
Fields-Medaille
fur Beitrage zur Theorie stochastischer partieller Differentialgleichungen und insbesondere Entwicklung einer Regularitatsstruktur fur diese.
[8]
2015 wurde Hairer in die
Academia Europaea
[9]
und zum Mitglied der
Leopoldina
[10]
gewahlt, ebenfalls 2015 in die
Osterreichische Akademie der Wissenschaften
,
[11]
2016 in die
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
, 2019 in die
Akademie der Wissenschaften und der Literatur
.
[12]
Fur 2021 erhielt er den
Breakthrough Prize in Mathematics
fur bahnbrechende Beitrage zur Theorie der stochastischen Analysis, speziell fur die Regularitatsstruktur stochastischer partieller Differentialgleichungen
(Laudatio).
[13]
2022 wurde ihm der
Internationale Konig-Faisal-Preis
zugesprochen gemeinsam mit
Nader Masmoudi
.
[14]
2023 wurde Hairer ausgewahlt, eine
Gauß-Vorlesung
zu halten, 2024 die
Lars Onsager Lecture
. Hairer ist Ehrenmitglied der
Osterreichischen Mathematischen Gesellschaft
.
[15]
Er ist mit der Mathematikerin
Xue-Mei Li
verheiratet und entwickelt auch Software fur den Macintosh (Audiobearbeitung,
Amadeus
bei HairerSoft, ab 1997). Die Anfange der Entwicklung dieser Software brachten ihm 1995 den Jugend-Forschungspreis der Schweiz.
[16]
- mit
Jean-Pierre Eckmann
:
Uniqueness of the invariant measure for a stochastic PDE driven by degenerate noise.
Comm. Math. Phys. 219 (2001), no. 3, 523?565.
- mit Jonathan Mattingly:
Ergodicity of the 2D Navier-Stokes equations with degenerate stochastic forcing.
Ann. of Math. (2) 164 (2006), no. 3, 993?1032.
- Solving the KPZ equation.
Ann. of Math. (2) 178 (2013), no. 2, 559?664.
- A theory of regularity structures
. Inv. Math. (2014)
doi:10.1007/s00222-014-0505-4
- mit Peter Friz:
A Course on Rough Paths: With an Introduction to Regularity Structures
, Springer 2014
- ↑
Fields-Medaille fur Mathematiker Martin Hairer.
In:
wienerzeitung.at.
Wiener Zeitung
, archiviert vom
Original
am
14. August 2014
;
abgerufen am 27. Januar 2017
.
- ↑
Angaben nach seinem Curriculum Vitae, abgerufen von seiner Homepage in Warwick am 2. Juli 2012
- ↑
Mathematics Genealogy Project
- ↑
Mathematik-"Nobelpreis" an Osterreicher Martin Hairer
; auf Nachrichten.at vom 13. August 2014.
- ↑
The Work of Martin Hairer
auf der Webseite der International Mathematical Union; abgerufen am 21. Dezember 2015.
- ↑
News: scienceImperial College London HomeCollege and CampusScienceEngineeringHealthBusiness Fields medallist mathematician joins Imperial.
Abgerufen am 8. Oktober 2017
(englisch).
- ↑
Biografie von
Martin Hairer
auf der Webseite der Royal Society; abgerufen am 21. Dezember 2015.
- ↑
http://www.mathunion.org/fileadmin/IMU/Prizes/2014/news_release_hairer.pdf
- ↑
Eintrag
auf der Internetseite der Academia Europaea
- ↑
Mitgliedseintrag von
Martin Hairer
(mit CV) bei der
Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
, abgerufen am 11. Juni 2016.
- ↑
Korrespondierende Mitglieder der OAW: Martin Hairer.
Osterreichische Akademie der Wissenschaften,
abgerufen am 27. Marz 2022
.
- ↑
Neue Mitglieder in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur
, Mainzer Akademie der Wissenschaften vom 6. April 2020, abgerufen am 15. Februar 2022
- ↑
For transformative contributions to the theory of stochastic analysis, particularly the theory of regularity structures in stochastic partial differential equations.
(Laudatio),
Breakthrough Prize 2021
- ↑
Konig-Faisal-Preis 2022
- ↑
OeMG Ehrenmitglieder.
Abgerufen am 28. August 2023
.
- ↑
Mathematiker Martin Hairer - Die Feuergleichung
Artikel in der Zeit
1936:
Lars Valerian Ahlfors
,
Jesse Douglas
|
1950:
Laurent Schwartz
,
Atle Selberg
|
1954:
Kodaira Kunihiko
,
Jean-Pierre Serre
|
1958:
Klaus Friedrich Roth
,
Rene Thom
|
1962:
Lars Hormander
,
John Milnor
|
1966:
Michael Atiyah
,
Paul Cohen
,
Alexander Grothendieck
,
Stephen Smale
|
1970:
Alan Baker
,
Heisuke Hironaka
,
Sergei Nowikow
,
John G. Thompson
|
1974:
Enrico Bombieri
,
David Mumford
|
1978:
Pierre Deligne
,
Charles Fefferman
,
Grigori Margulis
,
Daniel Quillen
|
1982:
Alain Connes
,
William Thurston
,
Shing-Tung Yau
|
1986:
Simon Donaldson
,
Gerd Faltings
,
Michael Freedman
|
1990:
Vladimir Drinfeld
,
Vaughan F. R. Jones
,
Shigefumi Mori
,
Edward Witten
|
1994:
Jean Bourgain
,
Pierre-Louis Lions
,
Jean-Christophe Yoccoz
,
Efim Zelmanov
|
1998:
Richard Borcherds
,
Timothy Gowers
,
Maxim Konzewitsch
,
Curtis McMullen
|
2002:
Laurent Lafforgue
,
Wladimir Wojewodski
|
2006:
Andrei Okunkow
,
Grigori Perelman
,
Terence Tao
,
Wendelin Werner
|
2010:
Elon Lindenstrauss
,
Ngo B?o Chau
,
Stanislaw Smirnow
,
Cedric Villani
|
2014:
Artur Avila
,
Manjul Bhargava
,
Martin Hairer
,
Maryam Mirzakhani
|
2018:
Caucher Birkar
,
Alessio Figalli
,
Peter Scholze
,
Akshay Venkatesh
|
2022:
Hugo Duminil-Copin
,
June Huh
,
James Maynard
,
Maryna Viazovska