Maria Stuart
(*
8. Dezember
1542
in
Linlithgow Palace
; † 8. Februar
jul.
/
18. Februar
1587
greg.
in
Fotheringhay Castle
), geboren als
Mary Stewart
, war vom 14. Dezember 1542 bis zum 24. Juli 1567 als
Maria I.
Konigin von Schottland
sowie durch ihre Ehe mit
Franz II.
von 1559 bis 1560 auch Konigin von
Frankreich
; sie entstammte dem
Hause Stuart
.
Da
Schottland
zur Zeit ihrer Geburt von politischen und religiosen Unruhen erschuttert war, wurde Maria Stuart im Alter von funf Jahren nach Frankreich gebracht und an der Seite ihres kunftigen Ehemanns Franz II. erzogen. Durch dessen fruhen Tod wurde sie bereits im Alter von 17 Jahren zur Witwe und kehrte 1561 nach Schottland zuruck. Dort gelang es ihr nicht, die zahlreichen Spannungen unter den konkurrierenden Adelsfamilien zu entscharfen. Nach der Ermordung ihres zweiten Gemahls
Lord Darnley
im Februar 1567, an der ihr eine Mittaterschaft angelastet wurde, geriet sie innenpolitisch verstarkt unter Druck. Infolgedessen wurde sie im Juni 1567 im
Loch Leven Castle
gefangen genommen und musste zugunsten ihres Sohnes
Jakob
abdanken. Nach ihrer Flucht und einer verlorenen Schlacht am 13. Mai 1568 bei Langside ging sie ins
Exil
nach England. Ihre zweite Lebenshalfte war gepragt von einem fortwahrenden Konflikt mit Konigin
Elisabeth I.
? ihrer Tante 2. Grades ?, der unter anderem auf einem gemeinsamen Anspruch auf den englischen Konigsthron basierte. Nachdem Maria Stuart verdachtigt worden war, an einem geplanten Attentat auf die englische Konigin beteiligt gewesen zu sein, wurde sie wegen
Hochverrats
1587 hingerichtet.
Aufgrund der zahlreichen
kunstlerischen Bearbeitungen ihrer Lebensgeschichte
gilt sie als eine der bekanntesten schottischen Monarchengestalten.
Maria war die Tochter Konig
Jakobs V.
von Schottland und seiner zweiten Ehefrau
Marie de Guise
. Ihre Großmutter vaterlicherseits war die englische Prinzessin
Margaret Tudor
, altere Schwester von
Heinrich VIII.
, weshalb Maria Stuart einen Anspruch auf den englischen Thron hatte. Diese Tatsache und besonders ihr Selbstverstandnis als Erbin der englischen Krone sollte sie zur gefahrlichsten Gegenspielerin von Konigin
Elisabeth
machen, die als Cousine ihres Vaters ihre Tante zweiten Grades war.
Konig Jakob V. starb im Alter von 30 Jahren im
Falkland Palace
. Schottland war gerade in der
Schlacht von Solway Moss
von den Englandern vernichtend geschlagen worden, und Marias Vater betrauerte auf dem Sterbebett noch seine beiden im Jahr zuvor verstorbenen Sohne, als ihn die Nachricht von der Geburt einer Tochter erreichte. Er soll das Ereignis mit den Worten kommentiert haben: ?Mit einem Madchen hat es begonnen, mit einem Madchen wird es enden! (It began with a lass, and it will end with a lass!)“. Dies war eine Anspielung auf die
Stewart-Dynastie
, die durch eine Heirat mit
Marjorie Bruce
, der Tochter von
Robert I.
, den Thron bestiegen hatte, und nun mit einer neugeborenen Konigin unterzugehen drohte.
Die erst sechs Tage alte Maria war nun Konigin von Schottland.
James Hamilton, 2. Earl of Arran
, der Nachste in der Thronfolge, war bis 1554
Regent
und wurde dann durch die Koniginmutter abgelost, die bis zu ihrem eigenen Tod im Jahr 1560 herrschte. Im Juli 1543, sechs Monate nach Marias Geburt, wurde vertraglich vereinbart, dass sie neun Jahre spater mit dem zukunftigen englischen Konig
Eduard VI.
vermahlt werden sollte und dass ihre Erben in
Personalunion
uber England und Schottland herrschen sollten. Am 9. September 1543 wurde Maria Stuart formell im
Stirling Castle
zur schottischen Konigin gekront, wobei sie konigliche Roben trug, die speziell auf ihre Korpergroße abgestimmt worden waren, sonst aber weitgehend dem Original entsprachen.
Der Vertrag mit England wurde Ende 1543, wenige Wochen nach der Kronung, durch das
schottische Parlament
aufgelost.
Heinrich VIII.
hatte verlangt, dass Schottland seine traditionelle
Auld Alliance
mit
Frankreich
(Defensivbundnis der beiden Lander gegen England) auflosen sollte, was abgelehnt wurde. Daraufhin befahl Heinrich, Schottland anzugreifen. Dieser Krieg zwischen Schottland und England wurde spater als ?
Rough Wooing
“ (dt.: Rude Brautwerbung) bezeichnet. Im Mai 1544 erreichte
Edward Seymour, 1. Duke of Somerset
, mit seiner Flotte den Hafen von
Leith
. Seine Aufgabe war es,
Edinburgh
einzunehmen und die junge Konigin zu entfuhren. Doch
Marie de Guise
versteckte ihre Tochter in den geheimen Raumen von Stirling Castle.
Am 10. September 1547 erlitten die Schotten in der
Schlacht bei Pinkie Cleugh
eine verheerende Niederlage. Marie de Guise brachte ihre Tochter zunachst in der
Priorei von Inchmahome
in Sicherheit und wandte sich dann an den franzosischen Botschafter. Der neue franzosische Konig
Heinrich II.
schlug die Vereinigung Schottlands mit Frankreich vor, indem Maria seinen erstgeborenen Sohn
Franz
heiraten sollte.
Im Februar 1548 schickte Marie de Guise ihre Tochter nach
Dumbarton Castle
. Mittlerweile hatten die Englander mehrmals schottisches Gebiet uberfallen. Sie eroberten die strategisch wichtige Stadt
Haddington
, wurden dort aber im Juni von der franzosischen Armee vertrieben. Am 7. Juli wurde in einem Nonnenkloster bei Haddington die Heiratsvereinbarung zwischen Maria und Franz II. unterzeichnet. Am 7. August 1548 legte die franzosische Flotte in
Dumbarton
ab und brachte die funfjahrige Konigin nach Frankreich. Die Uberfalle der Englander dauerten bis Juni 1551 an und schwachten das Land empfindlich.
Zeitgenossischen Berichten zufolge war Maria wahrend ihrer Kindheit lebhaft, hubsch und intelligent. In ihr Exil nach
Frankreich
wurde sie von ihrem eigenen kleinen Hofstaat begleitet, bestehend aus zwei Lords, zwei Halbbrudern und den ?vier Marys“, vier Madchen gleichen Alters, die alle den Namen Mary trugen und Tochter der angesehensten adligen Familien Schottlands waren: Beaton, Seton, Fleming und Livingston.
Nach Angaben von
Heinrich II. (Frankreich)
hatten sich Maria und
Franz II. (Frankreich)
augenblicklich so gut verstanden, als seien sie schon seit Jahren befreundet gewesen. Auch wuchs ihr Heinrichs alteste Tochter
Prinzessin Elisabeth von Valois
sehr ans Herz und die beiden wurden unzertrennlich ? sie waren sogar beste Freundinnen.
Der
Kardinal von Lorraine
schrieb an Marias Mutter, dass der
Konig
Konversationen mit der jungen Maria genoss, weil er das Gefuhl hatte, dass er mit einer funfundzwanzigjahrigen jungen Dame sprach ? so ausgesprochen hervorragend war ihre Kommunikationsstarke und sie schaffte es immer wieder, den Konig zu unterhalten, ohne dass ihm langweilig wurde.
[1]
Am franzosischen Hof erhielt sie die bestmogliche Erziehung und Unterricht in ihrem heimischen
Scots
,
Latein
,
Spanisch
,
Italienisch
und moglicherweise
Griechisch
.
[2]
Zu Beginn hatte die junge Schottin Schwierigkeiten, die franzosische Sprache zu erlernen, wurde mit den Jahren aber immer besser. Am interessantesten fand Maria Geographie und war fasziniert davon. Insgesamt waren alle Lehrer stets begeistert von Maria, weil sie Informationen schnell aufnahm und sehr klug war. Die
franzosische Sprache
war zeitlebens ihre Muttersprache. Sie erlernte auch zwei Musikinstrumente sowie Reiten, die
Falknerei
und
Nadelarbeiten
. Wahrend dieser Zeit nahm sie den Nachnamen Stuart an, die franzosische Schreibweise von Stewart.
In ihrer Freizeit war sie gerne gemeinsam mit den vier Marys oder
Elisabeth
an der frischen Luft. Sie verbrachte auch gerne die Zeit im Schloss, nahte, stickte oder kochte franzosische Marmelade. Am liebsten tanzte sie ? manche sagten sogar, es sei ihre Leidenschaft gewesen. Sie spielte zudem gerne mit
Franz
Karten
,
Schach
oder
Backgammon
.
[3]
Maria liebte Tiere aller Art, am besten gefielen ihr Hunde (insbesondere
Terrier
und
Spaniel
), die sie frei in den Garten oder im Schlafgemach herumlaufen ließ. Ihre zweitliebsten Tiere waren
Ponys
. Mit funfzehn Jahren bat sie ihre Mutter, ihr gute
Hackney-Pferde
aus Schottland zu schicken, vor allem, weil sie diese an Franz’ Bruder verschenken wollte.
[4]
Am 24. April 1558 heiratete sie vertragsgemaß den ein Jahr jungeren
Dauphin
Franz, den franzosischen Thronfolger. Die prachtvolle Hochzeitszeremonie fand in der Kathedrale
Notre-Dame de Paris
statt. Sie trug ein weißes Hochzeitskleid, das mit etlichen Diamanten und hochwertigen Steinen verziert war ? zur Uberraschung aller Anwesenden, denn Weiß war die traditionelle Farbe der Trauer in Frankreich. Historiker konnten ihrem Brief an ihre Mutter entnehmen, dass Maria glucklich uber die Heirat mit dem Dauphin war, denn sie schrieb ?All I can tell you is that I account myself one of the happiest women in the world“.
[5]
Die Hochzeitsfeierlichkeiten dauerten insgesamt mehrere Tage. Nach der Trauung in Notre Dame wurde zuerst im
Louvre
und danach im
Hotel des Tournelles
gefeiert.
Da sie mit ihrem nunmehrigen Ehemann aufgewachsen war, sah sie in ihm eher einen guten Freund oder kleinen Bruder und war demnach wohl nicht in ihn verliebt.
1559 starb ihr Schwiegervater Heinrich II. durch einen Turnier-Unfall und Marias Ehemann wurde als
Franz II.
inthronisiert. Damit wurde sie auch Konigin von Frankreich. Der funfzehnjahrige Konig war schwach, und die Regierungsgeschafte in Frankreich fielen uber Maria in die Hande ihrer Verwandten, der schon vorher sehr machtigen
Familie der Guise
.
Im Sommer des Jahres 1560 ging das Gerucht um, dass Maria schwanger sei, und fur sechs Wochen war sie guter Dinge, dass sie tatsachlich ein Kind unterm Herzen trug, jedoch stellte sich im September heraus, dass sie unter einer
Scheinschwangerschaft
gelitten hatte. Ihre Verwandten scherzten und sagten, dass die siebzehnjahrige Maria und der ein Jahr jungere Franz II. noch genug Zeit hatten, um Kinder zu zeugen.
[6]
Jedoch sollten sie diese Zeit nicht besitzen, denn der junge Konig kehrte an einem Novembertag desselben Jahres vom Jagen zuruck und klagte uber Schwindel und uber ein Summen im Ohr. Am nachsten Sonntag kippte er in der Kirche um. Danach litt er unter einem akuten Schmerz im Kopf und unter schmerzhaften Anfallen, sodass er mehrere Stunden lang weder reden noch sich bewegen konnte. In dieser gesamten Zeit wich Maria nicht von seiner Seite und geriet sogar mit ihrer Schwiegermutter
Caterina de’ Medici
in Streit, weil diese nicht wollte, dass sich Maria um Franz II. kummerte. Die Beziehung zwischen Caterina de’ Medici und Maria zerbrach langsam aber sicher, weil Caterina der Guise-Familie nicht vertraute.
[7]
Am 5. Dezember 1560 verstarb der junge Konig; niemand wusste genau wann, nur, dass er irgendwann spat abends gestorben sein musste. Wahrend Caterina die traurige Nachricht uber den Tod ihres Sohnes verbreitete, hielt Maria Totenwache und wich nicht von seiner Seite. Sie hatte nun ihren Kindheitsfreund, Ehemann und Konig verloren und mit seinem Tod auch ihren Titel als
Queen consort
. Von nun an war Maria eine
Koniginwitwe
und
Karl IX. (Frankreich)
loste seinen Bruder ab.
[7]
Caterina lehnte jegliche Versuche ab, Maria mit dem neuen Konig von Frankreich zu verheiraten, und so wurde der jungen Koniginwitwe klar, dass Caterina sie nicht mehr bei sich haben wollte. Stattdessen ubernahm diese die Regentschaft fur ihren dritten Sohn
Karl IX. (Frankreich)
. Maria bezeichnete Caterina verachtlich als ?Kramerstochter aus Florenz“, eine Anspielung auf deren italienische Wurzeln aus einer einstigen Kaufmannsfamilie. Nach den Klauseln des
Vertrages von Edinburgh
, der im Juni 1560 nach dem Tod von Marie de Guise geschlossen wurde, zog Frankreich seine Truppen aus Schottland ab und erkannte die Herrschaft
Elisabeths I.
uber England an. Die achtzehnjahrige Maria Stuart, die in Frankreich ihre geliebte Heimat gefunden hatte, weigerte sich, den Vertrag zu unterzeichnen. Sie gab freiwillig all ihren Schmuck ab und verließ sogar ihre koniglichen Gemacher, um sich in einem privaten Zimmer zuruckzuziehen, in dem sie vierzig Tage lang um den Tod ihres verstorbenen Ehemannes trauerte. In den ersten funfzehn Tagen verweigerte sie jeglichen Besuch (außer ihre Onkel und enge Freunde) und bekam immer wieder neue Heiratsangebote, die sie ablehnte. Sie entschied sich schweren Herzens, nach Schottland zuruckzukehren.
[8]
Als das Schiff sich in Bewegung setzte und Maria die Kuste Frankreichs langsam schwinden sah, brach sie in Tranen aus und weinte bitterlich. Sie hatte Frankreich immer geliebt und Schottland konnte niemals mit Frankreich mithalten. Ihre letzten Worte lauteten: ?Adieu Frankreich. Alles ist vorbei. Adieu Frankreich, wahrscheinlich werde ich Deine Kusten nie wieder sehen.“
[9]
Die junge Witwe kehrte bald darauf uber
Calais
nach Schottland zuruck und betrat am 19. August 1561 in
Leith
schottischen Boden. Sie beabsichtigte, alles so zu belassen, wie sie es vorgefunden hatte. Gleichzeitig nahm sie aber fur sich die Freiheit in Anspruch, ihren katholischen Glauben zu praktizieren. Trotz ihrer Talente war sie nicht auf die gefahrliche und komplexe politische Situation vorbereitet, die in Schottland herrschte. Die
Reformation
spaltete das Volk. Ihr illegitimer Halbbruder
James Stewart, 1. Earl of Moray
, war Anfuhrer der Protestanten. Viele ihrer Untertanen und auch
Elisabeth I.
, die Monarchin des protestantischen Nachbarlandes England, begegneten der strengglaubigen Katholikin Maria mit Misstrauen. Der Reformator
John Knox
wetterte offentlich gegen sie und ihren Lebenswandel. Sie hatte einige sturmische personliche Begegnungen mit ihm.
Zur Enttauschung der Katholiken setzte sich Maria Stuart aber nicht aktiv fur deren Anliegen ein. Sie tolerierte die neue protestantische Mehrheit und machte ihren protestantischen Halbbruder James Stewart zu ihrem wichtigsten Berater. Unter seiner Fuhrung bereiste sie auch den Norden ihres Reiches und unterwarf dort ihren Cousin
George Gordon, 4. Earl of Huntly
, den Anfuhrer der katholischen Opposition.
Elisabeth Tudor
war 1558 nach dem Tod ihres jungeren Halbbruders
Eduard VI.
und ihrer alteren Halbschwester
Maria I.
Konigin von England geworden. Ihr Vater
Heinrich VIII.
hatte ihre Mutter
Anne Boleyn
noch zu Lebzeiten seiner ersten Frau
Katharina von Aragon
geheiratet. Die katholische Kirche erkannte Heinrichs Scheidung von Katharina nicht an, betrachtete die Ehe mit Anne Boleyn als ungultig und Elisabeth somit als uneheliches Kind. Uneheliche Kinder waren jedoch nicht erbberechtigt, weshalb aus katholischer Sicht die Krone nach dem Aussterben von Heinrichs legitimen Nachkommen auf die Nachkommen seiner Schwester
Margaret Tudor
ubergehen sollte. Entsprechend hatte Heinrich II. von Frankreich nach dem Tod von Maria I. von England 1558 seine Schwiegertochter Maria Stuart zur Konigin von England proklamieren lassen. Maria fuhrte von nun an das konigliche Wappen Englands neben dem schottischen und franzosischen.
[10]
Sie weigerte sich auch spater stets, ihren Anspruch auf den englischen Thron aufzugeben, was auch durch ihr Festhalten an der Ablehnung des Vertrags von Edinburgh zum Ausdruck kam. Viele Katholiken in England betrachteten Elisabeth als unrechtmaßige Thronfolgerin. Sie glaubten, dass Maria als legitime Urenkelin
Heinrichs VII.
rechtmaßig auf den englischen Thron gehore. Da sie obendrein von Margaret Tudor abstammte, der altesten Tochter Heinrichs VII., stand sie laut dem Gesetz der Primogenitur dem Thron naher als die Nachkommen der jungeren Tochter
Mary Tudor
, wie zum Beispiel die protestantischen Schwestern
Mary
und
Catherine Grey
. Aus diesen Grunden war die katholische Maria fur Elisabeth und ihren protestantischen Hof eine standige Bedrohung. Dies vor allem, nachdem Papst
Pius V.
Elisabeth I. 1570 exkommuniziert hatte und die katholische Minderheit in England aufforderte, sich der ?Ketzerin“ auf dem Thron zu entledigen, um mit Hilfe Maria Stuarts die alte katholische Kirche wieder einzusetzen (Bulle
Regnans in Excelsis
).
Maria Stuart versuchte oft, die Spannungen zwischen sich und Elisabeth zu losen. Noch wahrend sie in Frankreich gelebt hatte, hatte Maria ihrer Cousine Elisabeth ein Miniatur-Portrat von sich geschickt, mit der Erwartung, dass Elisabeth auch eins von sich schickte. Jedoch tat Elisabeth das nie. Als Maria erfahren hatte, dass Elisabeth an Windpocken erkrankt war, hatte sie ihr einen Brief zukommen lassen, in dem sie ihr Trost spendete und ihr gute Besserung wunschte. So oft hatte Maria Elisabeth ?ihre Schwester“ genannt, in der Hoffnung, sich mit der Konigin von England zu vertragen. Maria Stuart lud Elisabeth sogar nach
Edinburgh
ein. Diese weigerte sich jedoch die Einladung anzunehmen, und die Spannungen blieben. Sir
William Maitland of Lethington
wurde mit dem Hintergedanken als Botschafter an den englischen Hof gesandt, ihr Vorteile auf den englischen Thron zu sichern. Elisabeths Antwort wird wie folgt uberliefert: ?Bei der Wurde der Krone glaube ich, dass sie sie in meiner Zeit niemals erlangen wird.“ In einem Brief an ihren Onkel mutterlicherseits,
Francois de Lorraine
, schreibt Maria Stuart jedoch, Maitland habe ihr berichtet, dass Elisabeths wortliche Ansicht war, dass ?ich meiner Uberzeugung nach niemanden besseres kenne, noch wurde ich ihr jemanden vorziehen.“
Im Dezember 1561 wurde ein Treffen beider in England vorbereitet, doch Elisabeth anderte kurzfristig ihre Meinung. Das Treffen hatte in
York
?oder einer anderen Stadt“ im August oder September 1562 stattfinden sollen. Im Juli 1562 jedoch schickte Elisabeth Sir
Henry Sidney
nach Edinburgh, um das Treffen wegen des
franzosischen Burgerkriegs
abzusagen. 1563 versuchte Elisabeth erneut, Maria Stuart zu neutralisieren, indem sie eine Heirat mit
Robert Dudley, 1. Earl of Leicester
vorschlug, ihrem eigenen
Favoriten
und Vertrauten. Dudley war Englander und Protestant und hatte so beide Probleme gelost. Elisabeth schickte einen weiteren Botschafter zu Maria Stuart mit der Nachricht, dass, wenn sie jemanden nach der Wahl Elisabeths (gemeint war Lord Robert Dudley) heiraten wurde, sie selbst ? Elisabeth ? ?dafur sorgen wurde, dass sie [Maria Stuart] die verbriefte Bestatigung als nachste Cousine und Erbin des Thrones bekame“. Dieser Vorschlag verlief im Sande, nicht zuletzt, weil Robert Dudley selbst alles tat, um das Heiratsprojekt zu verhindern.
[11]
Der verwitweten Maria Stuart wurden die Konige von Schweden, Danemark und Frankreich, Erzherzog
Karl
von Osterreich,
Don Carlos
von Spanien, die Herzoge von Ferrara, Namur und Anjou, der
Earl of Arran
und der Earl of Leicester als potenzielle Ehemanner angetragen. An Don Carlos, dem spanischen Thronfolger, zeigte sie ernsthaftes Interesse, doch entschied
Philipp II.
sich schließlich gegen eine solche Verbindung, die ihn zu sehr in Gegensatz zu England gebracht hatte.
1565 verliebte sie sich Hals uber Kopf in ihren neunzehnjahrigen Cousin
Henry Stuart, Lord Darnley
, den Sohn des
Earl of Lennox
. Dieser hatte durch diese Ehe seinen Sohn in die unmittelbare Nahe des englischen Throns gebracht. Darnleys Mutter war
Margaret Douglas
, Marias Tante und uber ihre Mutter Margaret Tudor Nichte
Heinrichs VIII.
Doch außer diesem Thronanspruch und seinem guten Aussehen gab es nichts, was fur Darnley sprach. Er war von wankelmutigem Charakter und neigte zu jugendlichen Eskapaden. Zudem war er drei Jahre junger als Maria. Die Hochzeit wurde jedoch eilig fur den 29. Juli 1565 anberaumt und fand im
Holyrood Palace
statt.
Diese Eheschließung mit einem Katholiken fuhrte dazu, dass sich Marias Halbbruder,
James Stewart, 1. Earl of Moray
, mit anderen protestantischen Adligen zusammentat und offen rebellierte. Maria begab sich am 26. August 1565 nach
Stirling
, um den Rebellen entgegenzutreten, und kehrte im darauf folgenden Monat nach Edinburgh zuruck, um weitere Truppen zu organisieren. Die Rebellion wurde rasch niedergeschlagen und Moray floh mit seinen Anhangern ins Exil.
Die Ehe verargerte auch Elisabeth. Sie war der Ansicht, dass die Heirat nur mit ihrer Erlaubnis hatte stattfinden durfen, weil Darnley ein englischer Untertan war. Die Ehe stellte aufgrund des koniglichen Blutes von Darnley eine Bedrohung fur Elisabeth dar. Ein Kind aus dieser Ehe hatte einen gerechtfertigten Anspruch sowohl auf den schottischen als auch auf den englischen Thron gehabt.
Schon wenige Monate nach der Hochzeit berichtet der englische Botschafter von zunehmenden Spannungen zwischen dem jungvermahlten Herrscherpaar. Lord Darnleys Lebenswandel sorgte in Edinburgh fur Skandale, und Marias Desinteresse war unubersehbar. Darnley forderte immer deutlicher die Gewahrung der tatsachlichen Rechte eines Konigs seitens des Parlaments. Maria gewahrte ihm zwar den koniglichen Titel
(crown matrimonial)
, wollte ihm aber keine Machtbefugnisse einraumen.
Die enge Freundschaft und Vertrautheit zwischen Maria und ihrem Privatsekretar
David Rizzio
schurte Darnleys Eifersucht. Er schien Geruchten Gehor zu schenken, dass Rizzio Marias Liebhaber sei. So ging er einen Pakt mit fuhrenden protestantischen Adligen ein. Es war vermutlich Darnleys Ziel, Titel und Position eines Konigs von Schottland zu ergreifen. Die Ziele der Mitverschworer blieben undeutlich. Gewalttaten vonseiten schottischer Lords waren nicht ungewohnlich, politische Seitenwechsel an der Tagesordnung.
Am Abend des 9. Marz 1566 drangen sie unter Fuhrung Darnleys gemeinsam in das kleine Esszimmer der Konigin in Holyrood Palace ein. Darnley hielt die schwangere Konigin fest, wahrend die anderen Rizzio im Vorzimmer erstachen. Als einer der Verschworer sich gegen die Konigin wenden wollte, stellte sich Darnley schutzend vor sie. Die Verschworer stellten die Konigin unter Hausarrest, doch sie entkam mit der Hilfe ihres Mannes, dem sie eingeredet hatte, sie wurde seinen Forderungen nachkommen. In Sicherheit gelangt, distanzierte sich Maria jedoch von ihrem Mann. Er hatte sich durch sein Vorgehen von der Konigin entfremdet und war aus Sicht der adligen Mitverschworer kompromittiert.
Am 19. Juni 1566 wurde ihr Sohn, der zukunftige Konig
Jakob VI.
, im
Edinburgh Castle
geboren. Darnley zog zunehmend den Hass der schottischen Lords auf sich und floh nach
Glasgow
zu seinem Vater, wo er schwer erkrankte (vermutlich an
Syphilis
oder den
Pocken
). Auf Marias Wunsch hin kehrte er aus Glasgow zuruck nach Edinburgh und erholte sich im Haus Kirk o’Field, wo Maria ihn haufig besuchte. So entstand der Eindruck, die Versohnung zwischen den Eheleuten stehe bevor.
Am 10. Februar 1567 ereignete sich im Haus eine gewaltige Explosion, und Darnley wurde tot im Garten gefunden. Er war unbekleidet und wies keine Verletzungen auf, es wird angenommen, dass er auf der Flucht erdrosselt wurde. Es war klar, dass er im Rahmen eines Komplotts ermordet worden war: Bereits im November 1566 hatten wichtige Adlige in Anwesenheit Marias auf
Craigmillar Castle
einen Schwur geleistet
(bond of manrent)
, Darnley zum Wohle des Staates zu beseitigen.
[12]
Marias Mitwisserschaft an dem Plan wird oft bestritten, ist jedoch kaum ernsthaft zu bezweifeln.
Darnleys Ermordung beschadigte ihr Ansehen enorm. Hauptdrahtzieher war sehr wahrscheinlich
James Hepburn, 4. Earl of Bothwell
, den sie bereits im Oktober zuvor auf seiner Burg
Hermitage Castle
spontan besucht hatte, als sie von seiner Erkrankung erfuhr. Es fand ein Scheinprozess gegen Bothwell statt, in dem er am 12. April 1567 freigesprochen wurde. Die Bevolkerung Edinburghs war dadurch aber nicht zufriedenzustellen.
Am 24. April 1567 besuchte Maria zum letzten Mal ihren Sohn auf
Stirling Castle
. Auf dem Weg zuruck nach Edinburgh ließ sie sich offenbar ohne Widerstand von Hepburn und seinen Mannern entfuhren und verbrachte einige Tage im Schloss von
Dunbar
. Nun uberschlugen sich die Ereignisse: Am 3. Mai 1567 ließ sich Bothwell von seiner Frau scheiden und kehrte drei Tage spater mit Maria nach Edinburgh zuruck. Am 12. Mai 1567 vergab Maria ihrem Entfuhrer offentlich, indem sie ihn zum
Duke of Orkney
erhob. Am 15. Mai 1567, nur drei Monate nach der Ermordung Darnleys, heiratete sie im Holyrood Palace denjenigen Mann, den viele fur den Morder hielten. Diese Heirat erwies sich sehr bald als großer Fehler; denn es kam zu einem Aufstand der ihr zuvor treu ergebenen Adligen, die ihre Abdankung forderten.
Am 15. Juni 1567 versuchte Maria zwar nochmals bei Carberry, in der Nahe von Edinburgh, das Ruder zu ihren Gunsten herumzureißen. Doch selbst das Heer, das sie mit Bothwell um sich geschart hatte, weigerte sich, fur sie zu kampfen. Es blieb ihr nichts anderes ubrig, als sich den Fursten ihres Landes zu ergeben. Sie wurde im
Loch Leven Castle
gefangengesetzt, auf einer Insel im
Loch Leven
, unter der Herrschaft von
William Douglas, 6. Earl of Morton
und der Aufsicht seiner Mutter
Margaret Erskine
, die zugleich die Mutter von Marias Halbbruder James Stewart war. Dieser ubernahm nach seiner Ruckkehr aus Frankreich im August die Regentschaft, nachdem Maria am 24. Juli 1567 ihre Abdankung zugunsten ihres Sohnes unterzeichnet hatte. Der gut einjahrige Junge wurde funf Tage spater in der
Holy Rude Church
in Stirling als Konig Jakob VI. gekront.
Im Loch Leven Castle erlitt Maria nach eigenen Angaben
[13]
auch eine
Fehlgeburt
von Zwillingen. Mit der Hilfe ihres jungen Gefangniswarters Willie Douglas, nicht zu verwechseln mit dem Burgherrn William Douglas, gelang ihr am 2. Mai 1568, knapp ein Jahr nach ihrer Gefangennahme, die Flucht. Wenige Tage danach fuhrte Maria eine Armee von etwa 6000 Getreuen an. Diese wurde jedoch am 13. Mai bei Langside (heute ein Stadtteil von
Glasgow
) vernichtend geschlagen. Maria floh und erreichte sechs Tage spater
Carlisle
. Dort ersuchte sie Elisabeth um Unterstutzung gegen die rebellierenden schottischen Adligen.
Elisabeth war im Prinzip nicht abgeneigt, Maria wieder auf ihren schottischen Thron zu helfen, jedoch war Maria immer noch nicht bereit, den
Vertrag von Edinburgh
zu akzeptieren und auf ihren englischen Thronanspruch formell zu verzichten. Elisabeth schwankte also weiter zwischen der Anerkennung des Regimes der antimarianischen Lords in Schottland und ihrer eventuellen Hilfe fur Maria. Zunachst wollte sie pro forma klaren lassen, ob Maria fur den Mord an Lord Darnley verurteilt werden sollte. Elisabeth ordnete eine Untersuchung an, die zwischen Oktober 1568 und Januar 1569 in
York
vorgenommen wurde. Die Untersuchung war politisch beeinflusst: Elisabeth wunschte weder eine Verurteilung wegen Mordes noch einen Freispruch.
Maria berief sich darauf, dass sie eine rechtmaßige Konigin sei und daher von keinem Gericht verurteilt werden konne. Ihr Halbbruder, der Earl of Moray, hatte inzwischen die Regierungsgeschafte ubernommen und war bestrebt, Maria aus Schottland herauszuhalten und ihre Anhanger zu kontrollieren.
Um sie zu belasten, prasentierten Marias schottische Gegner der Kommission die sogenannten
Kassettenbriefe
(Casket Letters)
, acht Briefe, die Maria angeblich an den Earl of Bothwell geschrieben haben sollte.
James Douglas, 4. Earl of Morton
, behauptete, sie seien in Edinburgh in einer silbernen Schatulle mit einem eingravierten F (angeblich fur
Franz II.
) gefunden worden, zusammen mit anderen Dokumenten (darunter die Heiratsurkunde von Maria und Hepburn). Maria weigerte sich, vor Gericht zu erscheinen. Sie wollte erst dann eine schriftliche Verteidigung abgeben, wenn Elisabeth ihr den Freispruch garantierte; dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Obwohl die
Casket Letters
nach einer Untersuchung der
Handschrift
und des Inhalts als echt befunden wurden, kam die Kommission zu dem Schluss, dass damit der Mord an Lord Darnley nicht bewiesen werden konnte. Dieses Ergebnis entsprach genau den Wunschen Elisabeths.
Die Authentizitat der
Casket Letters
ist bis heute unter Historikern umstritten, da die Originale 1584 vernichtet wurden und keine der vorhandenen Kopien einen kompletten Satz bildet. Auch handelt es sich bei den Kopien bis auf einen Fall um Ubersetzungen aus dem franzosischen Original. Maria argumentierte, es sei nicht schwierig, ihre Handschrift zu imitieren. In spateren Jahrhunderten wurde vermutet, dass die Briefe komplette Falschungen seien, dass verdachtige Passagen vor der Konferenz von York eingefugt worden sind oder dass die Briefe an Bothwell von einer anderen Person geschrieben worden sind. Es ist heute unmoglich, die Echtheit oder Falschung der Briefe eindeutig festzustellen. Auch ist die Bedeutung dieser Briefe fur die Frage nach Marias Mitschuld an der Ermordung ihres Gemahls Lord Darnley maßlos uberschatzt worden.
Es folgten 18 Jahre Haft, zum Teil unter angenehmen Bedingungen, in verschiedenen englischen Burgen und Schlossern (z. B.
Bolton Castle
,
Chatsworth House
,
Sheffield
,
Buxton
,
Tutbury Castle
,
Chartley
und zuletzt
Fotheringhay
). Diese Anlagen wurden deshalb gewahlt, weil sie sowohl von Schottland als auch von
London
weit genug entfernt waren. Die meiste Zeit befand sich Maria unter der Obhut von
George Talbot, 6. Earl of Shrewsbury
und seiner Ehefrau
Bess of Hardwick
. Marias dritter Ehemann, der
Earl of Bothwell
, war in
Norwegen
verhaftet und nach
Danemark
gebracht worden, wo er eingekerkert wurde und dem Wahnsinn anheimfiel. Er starb 1578.
1570 wurde Elisabeth durch die Reprasentanten
Karls IX. von Frankreich
erneut uberzeugt, Maria wieder auf den schottischen Thron zu bringen. Ihre Vorbedingung war jedoch die Ratifikation des
Vertrages von Edinburgh
, dessen Unterzeichnung Maria jedoch weiterhin ablehnte. Dennoch verhandelte
William Cecil
auf Weisung Elisabeths hin weiter mit Maria. Elisabeth wich einer personlichen Begegnung mit Maria, die letztere stets herbeisehnte, immer aus. Die
Ridolfi-Verschworung
(ein Plan zur Ermordung Elisabeths und zur Einsetzung Maria Stuarts als englische Konigin durch spanische Truppen, in den Maria eindeutig verwickelt war) ließ Elisabeth erneut ihr Vorgehen uberdenken. 1572 verabschiedete das Parlament auf Veranlassung der Konigin ein Gesetz, das Maria von der englischen Thronfolge ausschloss. Unerwartet verweigerte Elisabeth jedoch die Zustimmung zu dem Gesetz, da sie erneut ihre Meinung geandert hatte.
Maria wurde fur Elisabeth zu einer untolerierbaren Last, da sie sich in immer mehr Komplotte verwickeln ließ, was ihre abgefangenen Briefe bewiesen. Nach der Hinrichtung der Babington-Verschworer (20.?21. September 1586) wurde Maria Stuart Ende September 1586 nach Fotheringhay gebracht. Eine vom 15. bis 16. Oktober 1586 tagende Kommission aus 40 (teils katholischen) Adeligen befand uber Marias Schuld. Am 25. Oktober 1586 wurde Maria Stuart des
Hochverrats
fur schuldig befunden, da sie an der
Babington-Verschworung
? einem geplanten Anschlag auf Elisabeths Leben ? beteiligt war. Auf der Parlamentsversammlung vom 29. Oktober 1586 forderten Ober- und Unterhaus per Petition einstimmig die sofortige
Hinrichtung
. Diese
Petition
wurde Elisabeth I. am 12. November 1586 in Richmond uberreicht. Maria Stuart erfuhr am 16. November 1586 von der Entscheidung des Parlaments und der drohenden Hinrichtung.
Doch erst am 1. Februar 1587 unterzeichnete Elisabeth die Hinrichtungsurkunde; sie hatte vorher noch versucht, den Gefangniswarter Sir
Amyas Paulet
dazu zu bringen, Maria zu ermorden (fur die herrschende Klasse war der Gedanke unertraglich, eine gesalbte Konigin vor Gericht abzuurteilen und hinzurichten ? man bevorzugte Mord), um die Hinrichtung zu umgehen. Am 7. Februar 1587 wurde Maria Stuart uber das
Todesurteil
und den Hinrichtungstermin unterrichtet. Einen Tag spater (fast auf den Tag 20 Jahre nach der Ermordung ihres zweiten Ehemannes Lord Darnley), am Mittwoch, dem 8. Februar 1587 (laut heutigem Gregorianischen Kalender am 18. Februar), wurde Maria Stuart um 10 Uhr in der Großen Halle von
Schloss Fotheringhay
hingerichtet.
Der Ablauf der Hinrichtung ist uberliefert. Sie erschien wie eine Nonne an der Hinrichtungsstatte, in einem schwarzen
Satinkleid
, das mit schwarzem
Samt
gesaumt war. Am Gurtel trug sie zwei Rosenkranze. Ein weißer Schleier bedeckte ihr Haar. Als sie am Schafott den Schleier und die dunkle Uberbekleidung ablegte, sah man, dass sie darunter einen dunkelroten Samtunterrock und ein dunkelrotes
Satinmieder
trug. Die rote Farbe ihrer Unterkleidung war vermutlich bewusst gewahlt. Im europaischen Kulturkreis symbolisierte
Rot
Martyrertum
,
Mut
und konigliches Blut.
[14]
Der Scharfrichter war ungeubt und nervos; er benotigte drei Schlage mit der Axt, um Marias Kopf vom Korper zu trennen. Der erste Schlag traf den Hinterkopf. Da Maria keine Reaktion zeigte, fuhrte dieser Schlag vermutlich schon zu Bewusstlosigkeit oder Tod. Der zweite Schlag traf zwar den Hals, durchtrennte aber nicht alle Muskelstrange. Erst der dritte Schlag trennte den Kopf vom Rumpf.
Eine Legende berichtet, dass nach der Hinrichtung der
Henker
mit den Worten ?
Es lebe die Konigin
“ den Kopf von Maria Stuart an den Haaren emporhob, um ihn der Menge zu prasentieren. Es blieb dabei aber nur die Perucke in seiner Hand, wahrend ihr Kopf, mit kurzgeschorenem grauem Haar, herunter fiel und auf das
Schafott
rollte.
Oft erzahlt wird auch, dass der Schoßhund der Konigin sich in ihren Gewandern versteckt habe und nach der Hinrichtung blutuberstromt von der Leiche entfernt wurde.
Maria Stuart wurde am 31. Juli 1587 vorerst in der
Kathedrale von Peterborough
beigesetzt. Doch wurde der Leichnam im September 1612
exhumiert
, als ihr Sohn, der als
Jakob I.
in
Personalunion
auch uber England herrschte, die Beisetzung in der
Westminster Abbey
anordnete. Dort ruht sie noch heute, neun Meter vom Grab ihrer Tante zweiten Grades, Elisabeth I., entfernt.
Dieser Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung:
unsachliche, fast belletristische Formulierungen, teils unzureichende Belege
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, und entferne anschließend diese Markierung.
Maria Stuart kam am 8. Dezember 1542 in
Linlithgow Palace
zur Welt. In ihrer Kindheit erkrankte sie an den
Windpocken
, erholte sich aber im Gegensatz zu anderen Kindern vollstandig, sodass man ihr spater nicht ansah, dass sie diese Krankheit erlitten hatte.
[15]
Maria Stuart hatte helle Haut und langes, rotbraunes Haar.
Antoinette de Bourbon
schrieb an Marias Mutter, dass Maria das hubscheste Madchen von allen sei und dass sie spater noch bezaubernder sein wurde. Maria besaß laut Aussagen von Antoinette eine schone Gesichtsform mit einem etwas langen Kinn.
[16]
Ihre Nase war lang und glich stark der ihrer Mutter
Marie de Guise
.
Vor allem am franzosischen Hof entsprach Maria dem Schonheitsideal: eine große Stirn, feine Augenbrauen, kleine (braune) Augen und ein zierlicher Mund mit feinen Lippen. Als
Heinrich II. (Frankreich)
Maria zum ersten Mal begegnete, sagte er, dass sie sowohl makellose Manieren als auch makellose Schonheit besaß und das perfekteste Kind war, das er jemals zu Gesicht bekommen hatte. Seit jenem Tag bezeichnete er die kleine Maria als seine eigene Tochter.
[17]
Mit vierzehn Jahren stach Maria aus der Menge heraus. Besonders war ihre uberdurchschnittliche Korpergroße. Berichten zufolge wurde sie etwa ein Meter achtzig groß, wahrend die Frauen in Frankreich im Durchschnitt ungefahr 1,62 m maßen.
[18]
Sie hatte gut geformte Bruste, eine schmale Taille und so helle Haut, dass sie mit weißem Marmor verglichen wurde. Mit den Jahren begann ihr volles, langes Haar sich etwas zu locken und krauseln. Etwas mangelhaft war laut Berichten ihre Korperhaltung. Als kleines Kind hatte Maria sich oft gestraubt, sich aufrecht hinzusetzen. Der Historiker John Guy schreibt, dass dies wohl eher an Nachlassigkeit lag, als an der Tatsache, dass sie sich fur ihre Große schamte. Man hatte Maria noch am Tag ihrer Ankunft am Hof zeichnen lassen, jedoch ist dieses Portrat verschwunden.
[18]
Der Dichter
Ronsard
sah an Maria Stuart eine Ahnlichkeit mit der romischen Gottin
Aurora
und meinte, Maria sei ?noch schoner [als Aurora].“
[19]
Maria wurde als fruhreifes und lebhaftes Madchen beschrieben, das bestrebt war, seine Emotionen zu beherrschen. Wahrend sie am franzosischen Hof unterrichtet wurde, zeigte sie sich stets motiviert und fleißig.
Die junge Konigin von Schottland setzte oft ihren Willen durch, so etwa, als ihre Hofdame Parois den Haushalt Marias verließ. Parois schien neidisch auf die kleine Maria gewesen zu sein und schickte allzu gerne Briefe an
Marie de Guise
, immer wenn Maria sich widersetzte oder ungehorsam war. Einmal berichtete Parois, dass Maria sich weigerte, Schmuck abzulegen, als sie angeblich ?viel zuviel Schmuck“ getragen hatte. Dann schrieb auch Maria einen Brief an ihre Mutter, in dem sie sie anflehte, der Hofdame nicht zu glauben; sie hatten sich uber Marias Kleiderschrank gestritten, da Maria der Meinung war, dass sie nicht genug Kleider besaß, die ihr noch passten, weil sie schnell heranwuchs.
[20]
Noch kaum eine Jugendliche, begann sie, sich wie eine junge Dame zu benehmen, besonders bei Konfrontationen oder Diskussionen. Ihr ganzes Leben lang war Maria zu naiv und leichtglaubig. Sie vertraute zu schnell und den falschen Menschen.
Als junge Erwachsene zuruck in Schottland, zeigte sie lebhaftes Interesse an den Bewohnern ihres Landes, dabei ließ sie auch die
Highlander
nicht außer Acht und lauschte deren Musik, wahrend sich die Schotten der
Lowlands
gegenuber den Highlandern eher abschatzig verhielten.
Meist genoss Maria Stuart eine stabile Gesundheit. Mit 13 Jahren erkrankte sie fur mehrere Monate. Zu den Symptomen zahlten Fieber, Kalteschauer, stechende Kopfschmerzen. Dies waren die Symptome einer Krankheit, die im 16. Jahrhundert ?sweat“ (?Schwitzen/ Schweiß“) genannt wurde. Sie glich der
Schweißkrankheit
, die in England wahrend der
Tudor-Dynastie
epidemisch auftrat.
Von klein auf litt Maria Stuart periodisch an
Porphyrie
. Dieses Leiden wurde durch Angstzustande und Stress verursacht, und Maria hatte oft Stimmungsschwankungen. Sie trug deswegen einen
Amethyst
, da sie glaubte, dass er magische Heilkrafte gegen
Melancholie
besitze. Sie war oft depressiv und brach gelegentlich unvermittelt in Tranen aus.
[21]
Maria Stuarts Leben und insbesondere ihr Konflikt mit Konigin Elisabeth I. von England ist seit ihrem Tod ein beliebter Stoff der
kunstlerischen
Rezeption. Fruhe Werke uber sie entstanden bereits in den ersten Jahren nach der Hinrichtung, vor allem motiviert durch katholische Autoren, die sie als Martyrerin glorifizierten.
Bereits 1587 erschien von einem Jesuiten ein Gedicht zu Ehren Maria Stuarts. Weitere Gedichte und Geschichten folgten im ausgehenden 16. und im 17. Jahrhundert. Eines der wichtigsten Werke uber Maria Stuarts Leben ist
Friedrich Schillers
Tragodie
Maria Stuart
(1800). Einen auch ins Englische ubersetzten Maria-Stuart-Roman verfasste
Margarete Kurlbaum-Siebert
. Die bekannteste Biographie Maria Stuarts im deutschsprachigen Raum schrieb
Stefan Zweig
1935. In seiner Biografie wertet Zweig zeitgenossische englische, schottische und franzosische Quellen aus. Die große Aufmerksamkeit, die Maria Stuart in der europaischen Literatur erzeugt hat, erklart Zweig mit der Vielfalt an Deutungsmoglichkeiten zum Leben der Konigin: ?Als das geradezu klassische Kronbeispiel fur solchen unausschopfbaren Geheimreiz eines historischen Problems darf die Lebenstragodie Maria Stuarts gelten.“
[22]
Eine weitere, neuere Biographie gibt es vom Autor
Michel Duchein
(2003).
Anka Muhlstein
und
Sylvia Jurewitz-Freischmidt
veroffentlichten jeweils Doppelbiographien der Rivalinnen Maria Stuart und Elisabeth I. Ein historischer Roman von
Margaret George
basiert ebenfalls auf Maria Stuarts Leben. Der historische Roman
Das Fundament der Ewigkeit
von
Ken Follett
behandelt unter anderem auch ausfuhrlich das Leben von Maria Stuart.
Uber Maria Stuart gibt es außerdem Theaterstucke, etwa von
Wolfgang Hildesheimer
,
Mary Stuart
(1970), oder von
Elfriede Jelinek
,
Ulrike Maria Stuart
(2006), und ein Broadway-Stuck von
Maxwell Anderson
.
Robert Bolt
schrieb 1971 ein Theaterstuck, bei dessen Urauffuhrung seine Ehefrau
Sarah Miles
Maria Stuart darstellte.
Bereits im 17. Jahrhundert komponierte
Giacomo Carissimi
ein
Lamento
in morte di Maria Stuarda
, in dem die Konigin aus der eigenen Sicht, bzw. derjenigen des katholischen Sudeuropa, als eine Art
Martyrerin
dargestellt wird.
[23]
Die beruhmteste Oper uber die Konigin ist die 1835 sehr frei nach Friedrich Schillers Tragodie entstandene Oper
Maria Stuarda
von
Gaetano Donizetti
. Auf der Opernbuhne erscheint sie unter anderem auch in
Maria Stuarda, regina di Scozia
von
Saverio Mercadante
(1821), der gleichnamigen Oper von
Carlo Coccia
(1827) und in
Mary Queen of Scots
von
Thea Musgrave
(1977) (siehe auch: ?Vorgangerwerke und Nachfolger“ im Artikel
Maria Stuarda
).
Am 26. Marz 1840 komponierte
Richard Wagner
(1813?1883) in Paris das Lied
Adieux de Marie Stuart
auf einen Text von
Pierre-Jean de Beranger
(1780?1857).
[24]
1852 komponierte
Robert Schumann
(1810?1856) funf Lieder auf Gedichte von Maria Stuart, op. 135 und schenkte sie im selben Jahr seiner Frau
Clara
zum Weihnachtsfest. Die Lieder auf Ubersetzungen von
Gisbert von Vincke
tragen die Titel:
Abschied von Frankreich
,
Nach der Geburt ihres Sohnes
,
An die Konigin Elisabeth
,
Abschied von der Welt
und
Gebet
,
[25]
wobei nur das dritte und vierte als authentisch gelten.
[26]
1899 wurde in der von
Max Runze
besorgten Gesamtausgabe samtlicher Lieder und Balladen von
Carl Loewe
(1796?1869) zum ersten Mal ein Lied mit dem Titel
Gesang der Konigin Maria Stuart auf den Tod Franz II. (nach Art der altfranzosischen Volkslieder)
veroffentlicht. Im Vorwort zum zweiten Band der Gesamtausgabe, in dem sich das Lied befindet, heißt es: ?Den Text des 1560 gedichteten Liedes hat der franzosische Historiker
Pierre de Brantome
(1540?1614) in seinen
Dames illustres
(Oeuvres 5,88) uberliefert; danach Le Roux de Lincy,
Recueil de chants historiques francais
2, 225 (1842).“ Gewidmet hat Loewe das Lied seiner Tochter Julie von Bothwell. Der Herausgeber bemerkt außerdem: ?Offenbar stutzt sich Loewe in diesem Gesang auf altfranzosische Melodien und Rhythmen. Komponiert vermutlich in spaterer Zeit.“ Die Ausgabe des Liedes bei Breitkopf & Hartel in
Leipzig
ist zweisprachig ? ein deutscher Text stammt aus der Feder von A. R.
An diesem heutigen Tage
(1975), Monodram fur eine Schauspielerin und Schlagzeug von
Wilfried Hiller
. Text von
Elisabet Woska
nach Briefen der Maria Stuart in der deutschen Ubertragung von Hans-Henning von Voigt-
Alastair
. Urauffuhrung als
Fernsehoper
im
ZDF
1974.
Maggie Reilly
sang das Lied
To France
auf
Mike Oldfields
Album
Discovery
aus der Sicht von Maria. Weitere Rezeptionen in der modernen Rock- und Pop-Musik stammen von
Lou Reed
(
Sad Song
1973 mit Maria Stuart gewidmeten Versen),
Fairport Convention
(Fotheringay 1969 uber Maria Stuarts Haft) und
Grave Digger
(zwei Songs uber die Zeit im Gefangnis und die letzten Tage vor der Hinrichtung).
Am 4. April 2008 fand im
Waldau-Theater
in
Bremen
die Urauffuhrung des
Musicals
Maria Stuart, Konigin der Schotten
als Inszenierung der
Bremer Musical Company
statt. Die Musik stammt von
Thomas Blaeschke
, das Libretto von
Kerstin Tolle
.
Zu den Verfilmungen ihres Lebens gehoren:
Im
Tafelservice beruhmter Frauen
von
Vanessa Bell
und
Duncan Grant
von 1934 ist ihr ein Teller gewidmet.
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findet sich im Booklet zur CD:
Virtuoso Italian Vocal Music
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Catherine Bott
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Wagner-Chronik. Daten zu Leben und Werk
zusammengestellt von Martin Gregor-Dellin, dtv-Barenreiter 1983; Richard Wagner:
Samtliche Lieder mit Klavierbegleitung
, Schott Mainz
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Robert Schumann:
Lieder fur Singstimme und Klavier
, Band III, herausgegeben von Alfred Dorffel. Edition Peters, Leipzig
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Hans-Joachim Zimmermann:
Die Gedichte der Konigin Maria Stuart. Gisbert Vincke, Robert Schumann und eine sentimentale Tradition.
In:
Archiv fur das Studium der neueren Sprachen und Literaturen
, herausgegeben von Suhnel et al., Westermann-Verlag, 1977, S. 308?319