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Ein
Madchengymnasium
(auch
Lyzeum
bzw.
Oberlyzeum
genannt) ist ein
Gymnasium
oder eine andere
hohere Schule
, in dem bzw. der nur
Madchen
zugelassen sind. Das Konzept des Madchengymnasiums ist, wie das des
Jungengymnasiums
, eine Form der
Monoedukation
. Ursprunglich wurden
spezielle Gymnasien
fur Madchen zumeist privat und mit dem Ziel gegrundet, auch fur Madchen Gelegenheiten zum Erwerb hoherer Bildung zu schaffen, die das allgemeine
Bildungssystem
nicht vorsah. Heute werden sie ? bei erreichter formaler
Chancengleichheit
im Bildungswesen ? vor allem als Alternative zum
koedukativen Unterricht
verstanden.
Der heute in Deutschland nur noch selten verwendete Begriff
Lyzeum
(auch
Lyceum
, Mehrzahl
Lyzeen
) kommt aus dem
Lateinischen
und geht auf das
Altgriechische
Λ?κειον
Lykeion
zuruck, den Namen fur das
Gymnasion
am
Lykeion
in
Athen
.
Im Zuge der allmahlichen Institutionalisierung des hoheren Bildungswesens im 18. und 19. Jahrhundert durch die Einfuhrung der
Schulpflicht
und die Einrichtung von Gymnasien hatte sich uberall ein Schulsystem entwickelt, das bevorzugt fur
Knaben
gedacht war. Fur Madchen endete der Bildungsweg spatestens mit dem Abschluss der
Hoheren Tochter- oder Madchenschule
(bis zum etwa 15./16. Lebensjahr) oder mit dem Besuch eines
Lehrerinnenseminars
. Erst als gegen Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der
Frauenbewegung
der Ruf nach einer hoheren und berufsqualifizierenden Bildung fur Frauen laut wurde, richtete man nach und nach
studiumsvorbereitende
?Gymnasialkurse“ fur Madchen und eigene Madchengymnasien ein.
Im System der
Humanistischen Gymnasien
waren lateinische Begriffe ublich, und so wurden allgemein ? vor allem in den
preußischen
Staaten ? die Madchengymnasien als Lyzeum bezeichnet. Im Zuge der Gleichstellung ist diese Bezeichnung im Laufe der Zeit seltener geworden. Nicht zu verwechseln sind damit die gleichnamigen Hochschulen im
Konigreich Bayern
(siehe
Lyzeum (Hochschule)
).
Ein großer Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung der Madchenbildung war die Petition von 1887 an das Preußische Unterrichtsministerium mit der Bitte um Gleichstellung der Madchenausbildung mit der hoheren Knabenausbildung. Begleitet wurde diese Petition von der Schrift
Uber die hohere Madchenschule und ihre Bestimmung
, der sogenannten
Gelben Broschure
von
Helene Lange
, in der sie eindringlich Kritik an der bestehenden Form der hoheren Madchenbildung ubte.
[1]
Die ersten Madchengymnasien entstanden ausschließlich aufgrund privater Initiativen, ohne staatliche Unterstutzung. Den Anfang machte die Eroffnung des tschechischsprachigen
Madchengymnasiums Minerva
1890 in
Prag
. Es bot einen zweijahrigen Vorbereitungskurs und einen vierjahrigen Oberkursus an. Die Schlussprufung wurde gastweise an einem Knabengymnasium abgehalten. Es folgte die Grundung eines Madchengymnasiums durch den
Verein fur erweiterte Frauenbildung
1892 in
Wien
, zu welcher der zustandige Unterrichtsminister zwar seine Zustimmung gab, sich jedoch die Entscheidung daruber, ob die
Reifeprufung
des Madchengymnasiums auch die Zulassung zu einem anschließenden Hochschulstudium gewahrleisten sollte, noch vorbehielt. Das
erste Madchengymnasium auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland
wurde vom Verein
Frauenbildungs-Reform
unter Leitung von
Hedwig Kettler
1893 in
Karlsruhe
gegrundet. Bedingung fur die Aufnahme war der sechsjahrige Besuch einer hoheren Madchenschule.
[2]
[3]
Ebenfalls 1893 wurden in
Berlin
drei- bis vierjahrige Gymnasialkurse fur Frauen angeboten, zu denen junge Frauen, die mindestens das 16., den Empfehlungen zufolge jedoch bevorzugt sogar das 18. Lebensjahr vollendet hatten, nach einer
Eignungsfeststellungsprufung
zugelassen wurden. 1894 folgten Gymnasialkurse in
Leipzig
, gegrundet vom
Allgemeinen Deutschen Frauenverein
(ADF).
In
Preußen
begann die Einrichtung solcher
Madchengymnasien
um 1902/1903.
[4]
Entscheidend war hier jedoch das Jahr 1908, in dem sich der Staat dazu verpflichtete, sich auch um die hohere Madchenbildung zu sorgen und damit den Frauen einen umfassenden universitaren Zugang zu ermoglichen.
[5]
Kampfspiele
der
Lubeckischen
Madchenschulen am 13. September 1925 auf dem
Buniamshof
Im Laufe des 20. Jahrhunderts setzte sich in den unteren
Schulstufen
zunehmend das Prinzip der Koedukation durch, wahrend im Sektor der Gymnasialbildung in der alten Bundesrepublik ? anders als in der DDR ? bis in die 1950/1960er Jahre hinein der getrennte
Unterricht
der Normalfall blieb. Erst mit der umfassenden
Bildungsreform
nach 1968 etablierte sich auch hier die Koedukation als allgemeiner Standard. Madchengymnasien ebenso wie Jungengymnasien verschwanden jedoch nie ganz aus der Bildungslandschaft, sondern konnen noch heute als Alternative gewahlt werden.
- ↑
Hildegard Kullchen, Sonja Koch, Brigitte Schober,
Susanne Schotz
(Hrsg.):
Frauen in der Wissenschaft.
Leipziger Universitatsverlag, 2010, S. 27.
- ↑
Grunderin der ersten deutschen Madchengymnasien
Kalenderblatt von Ulrike Ruckert,
Deutschlandradio Kultur
, 5. Januar 2012
- ↑
Geschichte des Lessing-Gymnasiums
- ↑
Die Madchen-Gymnasien
. In:
Vossische Zeitung
.
11. Januar 1903.
- ↑
Angelika Schaser:
Frauenbewegung in Deutschland 1848?1933
. Darmstadt 2006, S. 24?37.