Dieser Artikel behandelt die tschechische Stadt Lovosice mit deutschem Namen
Lobositz
. Fur das gleichnamige Schiff siehe
Konigstein (Schiff, 1892)
.
Lovosice
(
Aussprache
ⓘ
/
?
; deutsch
Lobositz
) ist eine Industriestadt in der
Aussiger Region
in
Tschechien
.
Die Stadt liegt im nordlichen
Bohmen
in 151 m Hohe am Fuß des
Lovo?
(
Lobosch
, 570 m) im Suden des
Bohmischen Mittelgebirges
am linken Ufer der
Elbe
, deren Verlauf hier ein Knie bildet: Von Osten kommend, wendet sich der Fluss in einem 90°-Bogen nach Norden. Die Stadt befindet sich im Mundungsgebiet der
Modla
(Model) in die Elbe. Nach Suden zur Hauptstadt
Prag
sind es etwa 70 km, zur Staatsgrenze im Norden nach Zinnwald (Sachsen/Deutschland) etwa 40 km, bis zur ehemaligen Kreisstadt
Litom??ice
(Leitmeritz) im Osten etwa 10 km.
Fur Lovosice sind keine Ortsteile ausgewiesen. Grundsiedlungseinheiten sind Hlavni nadra?i, K Lukavci, Lovosice-st?ed, Lovo?ska, Na medii, Novy Klapy, Ostrov, Pod Lovo?em, Prosmyky (
Prosmik
), Stadion, Teplicka, Terezinska, U Labe, U zastavky, V ciheln? und Za trati
[3]
.
Das Stadtgebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Lovosice und Prosmyky
[4]
.
Erste Menschen siedelten in diesem Gebiet bereits Jahrtausende vor Christus: es gibt Ausgrabungen aus der
Fruhzeit
(3800?2000), aus der
Bronzezeit
und der folgenden
Eisenzeit
. Im ersten Jahrhundert nach Christus ließ sich der Stamm der
Markomannen
hier an der Elbe nieder, der im 5. und 6. Jahrhundert nach und nach durch
Slawen
verdrangt wurde.
Erste namentliche Erwahnung und wechselnde Eigentumer
[
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|
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]
Urkundlich wurde Lobositz erstmals am 12. April 1143 im Zusammenhang mit der Ubertragung des Dorfs an das neu gegrundete
Kloster Strahov
durch Herzog
Vladislav II.
erwahnt. 1248 kaufte es eine Familie aus dem nahen Leitmeritz, die Lobositz schon bald wieder an das
Kloster Altzella
bei Meißen abtrat. Dem Kloster gelang es 1348, das eintragliche
Fahrrecht
fur den Ort zu erlangen. Durch Verpfandung kam Lobositz 1415 zunachst an die Ritter vom Schloss
Kladno
und 1511 an den sachsischen Hofmarschall Heinrich
von Schleinitz
, wobei Altzella noch lange Zeit Anspruche auf den Ort geltend machte.
In den
Hussitenkriegen
erlitt Lobositz betrachtliche Zerstorungen, die vor allem Folge der Kampfe um die benachbarten kaisertreuen Burgen
Hasenburg
und
Kostial
waren. Ab 1545 erbaute Georg von Schleinitz am Platz einer alten
Feste
ein Schloss im
Renaissancestil
. Der Ort gelangte Ende des 15. Jahrhunderts an die Herren
von Waldstein
, die 1600 vom Kaiser
Rudolf II.
das Stadtrecht fur Lobositz erhielten, wogegen Leitmeritz erfolglos prozessierte. 1653 kam die Stadt zur
Markgrafschaft Baden
, 1783 an die
Schwarzenbergischen Fursten
.
Die erste Schlacht des
Siebenjahrigen Kriegs
, in der sich Preußen und Osterreicher gegenuberstanden, fand 1756 bei Lobositz statt (
Schlacht bei Lobositz
) und brachte der Stadt schwere Zerstorungen. Feuersbrunste in den Jahren 1787, 1796 und 1809 verursachten weitere Schaden. Im 19. Jahrhundert nahm die Stadt u. a. auch durch den fruhen Eisenbahnanschluss in Richtung Prag und
Aussig
einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung. Am Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Lobositz eine chemische Versuchsanstalt, mehrere Fabriken und Produktionsbetriebe, und es wurde Obst- und Weinanbau betrieben.
[5]
Auch die Bevolkerung nahm stark zu. Lobositz gehorte am Ende des 19. Jahrhunderts innerhalb der Habsburger Monarchie zur bohmischen
Bezirkshauptmannschaft
Leitmeritz und war Sitz eines Bezirksgerichtes.
Nach Entstehung der
Tschechoslowakei
1918 wurden die Fursten von Schwarzenberg teilenteignet, von einer Bodenreform 1926 profitierten in erster Linie die bohmischen (nun: tschechischen) Gutsarbeiter. Es gab bis zu Beginn der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Lobositz reges judisches Leben.
Nach dem
Munchner Abkommen
gehorte Lobositz vom 30. September 1938 bis 1945 als Teil des
Sudetenlands
zum
Landkreis Leitmeritz
,
Regierungsbezirk Aussig
, im
Reichsgau Sudetenland
des
Deutschen Reichs
.
Vom 20. Mai 1944 bis 7. Mai 1945 vor dem
Ende des Zweiten Weltkrieges
existierte im Ort ein
Außenlager
des
KZ Flossenburg
, dessen 84 Haftlinge
Zwangsarbeit
fur die
SS
Truppenbetreuung verrichten mussten.
[6]
Nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs
wurden die deutschen Einwohner auf Grund der
Bene?-Dekrete
enteignet und vertrieben.
In den 1950er Jahren wurden große Teile des ostlichen Nachbarortes Prosmyky (Prosmik) fur den Bau eines Kohlehafens abgetragen. Die
Verschiffung
der auf dem Schienenweg aus dem
Bruxer
Revier ankommenden Brennstoffe elbaufwarts nach Ostbohmen erwies sich als untaugliches Bemuhen, da die Lastschiffe flussabwarts ohne Ladung zuruckkehrten. Nach Einstellung des Kohlehafens entstand in den 1970er Jahren ein Industriegebiet fur das nunmehr eingemeindete Prosmyky, dessen alte Bebauung vollstandig abgerissen wurde.
Die Einwohnerschaft war seit dem
Dreißigjahrigen Krieg
durch die
habsburgische
Politik zunehmend deutsch gepragt. Die tschechische Zuwanderung nahm Ende des 19. Jahrhunderts zu und erreichte in der
Ersten Tschechoslowakischen Republik
ihren Hohepunkt. Unweit der Stadt verlief die
Sprachgrenze
.
Bevolkerungsentwicklung bis 1945
Jahr
|
Einwohner
|
Deutsche
|
Tschechen
|
Anmerkungen
|
1830
|
1.122
|
?
|
?
|
in 163 Hausern, darunter 117 Israeliten
[7]
[8]
|
1854
|
1.396
|
?
|
?
|
Stadtflache 1587 Joch 1270 Klafter
|
1880
|
4.273
|
3.687
|
522
|
(fur Stadtflache keine Angabe)
|
1890
|
4.269
|
3.721
|
?
|
Stadtflache 908 ha
|
1900
|
4.583
|
3.927
|
586
|
Stadtflache 908 ha, meist deutsche Einwohner
[5]
|
1910
|
5.076
|
4.212
|
789
|
Stadtflache 908 ha
|
1921
|
5.088
|
3.440
|
1.492
|
Stadtflache 908 ha
|
1930
|
5.929
|
3.711
|
1.999
|
Stadtflache 908 ha
|
1939
|
5.151
|
?
|
?
|
Stadtflache 908 ha
|
1943
|
6.245
|
?
|
?
|
Stadtflache 908 ha
|
Bevolkerungsentwicklung nach Ende des Zweiten Weltkriegs
[9]
(Stand: 31.12. des jeweiligen Jahres)
Jahr
|
Einwohner
|
1971
|
0
9.414
|
1980
|
11.772
|
1990
|
12.635
|
2000
|
0
9.451
|
|
Jahr
|
Einwohner
|
2010
|
8.816
|
2020
|
8.715
|
2022
|
8.803
|
|
- Kirche
Heiliger Wenzel
, 1745 eingeweiht
- Rathaus
- Schwarzenbergisches Schloss, bis 1848 Mittelpunkt der Herrschaft Schwarzenberg, ist vom historischen Baubestand erhalten, wurde nach dem Stadtbrand im
barocken
Stil wieder aufgebaut
- Autobahn D 8
(
E 55
):
Prag
?(Grenze zu Deutschland)?
Dresden
(Ausfahrten Lovosice-vychod [Ost] und Lovosice-zapad [West])
- Staatsstraße I/8 (E 55) Lovosice?Abzw. Straße 608-Teplice?Cinovec-Altenberg (Erzgebirge).
- Staatsstraße I/30 Lovosice?Usti nad Labem im Elbtal
- Staatsstraße I/15 Most?Lovosice (Elbebrucke)?Litom??ice
- Maximilian Bittner
(1869?1918), Orientalist
- Karl von Czyhlarz
(1833?1914), bohmisch-osterreichischer Jurist und Politiker
- Alfons Dopsch
(1868?1953), osterreichischer Historiker
- Klaus Ehrlich
(* 1941), deutscher Film- und Fernsehproduzent
- Eberhard Eysert (1868?1920), Maler in Leitmeritz
- Adolf Finze
(1833?1905), osterreichischer Unternehmer
- Rudolf Herlt
(1919?2005), deutscher Wirtschaftsjournalist
- Peter Krutzner
(1866?1923), osterreichischer Politiker
- Gustav Schropler
(1830?1901), deutscher Maler
- Karl Tutte (Okt. 1875 in Lobositz; † 6. Juli 1925
Groß Tschernitz
bei
Saaz
), Lehrer und Schulleiter in
Satkau
, Heimatforscher und Herausgeber des Standardwerkes ?Der politische Bezirk Saaz“ (Saaz 1904)
[10]
- ↑
http://www.uir.cz/obec/565229/Lovosice
- ↑
?esky statisticky u?ad ? Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023
(PDF; 602 kB)
- ↑
http://www.uir.cz/zsj-obec/565229/Obec-Lovosice
- ↑
http://www.uir.cz/katastralni-uzemi-obec/565229/Obec-Lovosice
- ↑
a
b
Lob?sitz
. In:
Meyers Großes Konversations-Lexikon
. 6. Auflage.
Band
12
:
L?Lyra
. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1908,
S.
645
(
zeno.org
).
- ↑
Webseite KZ-Gedenkstatte Flossenburg
Abgerufen am 6. Juli 2016
- ↑
Johann Gottfried Sommer
:
Das Konigreich Bohmen
. Band 1:
Leitmeritzer Kreis
, Prag 1833,
S. 98, Ziffer 1).
- ↑
Jahrbucher des bohmischen Museums fur Natur- und Landerkunde, Geschichte, Kunst und Literatur
. Band 2, Prag 1831,
S. 197, Ziffer 19).
- ↑
Database of Demographic Indicators for Selected Towns of the Czech Republic. Tab. 113.
In:
www.czso.cz.
Abgerufen am 6. November 2023
.
- ↑
Der Lehrer Karl Tutte
(tschech.) (abgerufen am 8. August 2015)