Lettgallen

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Karte Lettlands, Lettgallen in grun
Typische Seenlandschaft in Lettgallen
Wappen der Region Lettgallen
Flagge der Region Lettgallen

Lettgallen ( lettgallisch Latgola , lettisch Latgale , polnisch Łatgalia , russisch Латгалия ) ist eine der vier historischen Landschaften Lettlands und eine Region mit ausgepragt multikulturellem Charakter. Es umfasst den binnenlandischen, an Russland und Belarus grenzenden Sudostteil des Landes, in dem neben den Lettgallen traditionell Juden , Polen , Litauer , Belarussen und russische Altglaubige leben. Durch Lettgallen fließt die Daugava ( deutsch Duna ), außerdem ist die Landschaft reich an Seen .

Lettgallen ist jener Teil Livlands , der durch den Vertrag von Altmark im Jahre 1629 nicht zu Schweden kam, sondern unter polnischer Oberhoheit verblieb. [1] Es wurde fruher daher auch Polnisch-Livland genannt. Durch die Erste Teilung Polens 1772 fiel Lettgallen an das Russische Kaiserreich . Ab 1802 gehorte Lettgallen zum Gouvernement Witebsk , dessen westlicher, lettgallischer Teil sich in die drei Kreise Landkreis Daugavpils , Ludza und R?zekne gliederte. [2]

Anders als in anderen Teilen Lettlands spielten die Deutschen nur in der Stadt Dunaburg (Daugavpils) eine wesentliche Rolle. Daher konnte sich die Reformation hier nur zum Teil durchsetzen, bzw. wurde unter polnischer Herrschaft wieder durch die Gegenreformation zuruckgedrangt, so dass die Einwohner Lettgallens ? anders als ihre Landsleute in den anderen lettischen Landesteilen ? bis heute mehrheitlich Katholiken sind und eine eigene Regionalsprache, das Lettgallische , sprechen. Teilweise betrachten sich die Lettgallen als von den Letten unabhangige Volksgruppe.

Die stadtische Bevolkerung Lettgallens war teils schon im 18. Jahrhundert, teils seit dem 19. Jahrhundert mehrheitlich judisch. Die Volkszahlung von 1897 ergab beispielsweise, dass 75 % der Einwohner von Varak??ni Juden waren. [3] In R?zekne (deutsch Rositten ) und Ludza (deutsch Ludsen ) waren gemaß derselben Volkszahlung jeweils 54 % der Einwohner Juden. In der großten Stadt Lettgallens, in Daugavpils (deutsch Dunaburg ), lag der judische Bevolkerungsanteil bei 46 %. Einst gab es in Daugavpils etwa 40 Synagogen und judische Bethauser . Nach den gewaltigen Zerstorungen des Zweiten Weltkrieges und der nahezu vollstandigen Vernichtung der judischen Bevolkerung blieb nur eine Synagoge bestehen.

Heute ist der russische Bevolkerungsanteil relativ hoch (regional bis gegen 80 %), besonders in und um Daugavpils. Auch besitzt Lettgallen als Folge der langen polnischen Herrschaft eine nicht unbetrachtliche polnischsprachige Minderheit.

  • Gustaw von Manteuffel-Szoege: Polnisch-Livland . Nicolai Kymmel, Riga 1869.
    • polnische Ausgabe: Gustaw Manteuffel: Listy z nad Baltyku . Anczyc, Krakau 1886.
    • lettische Ausgabe: Gustavs Manteifels: Po?u Inflantija . Aus dem Polnischen ubersetzt von Ri?ards Labanovskis. Jumava, Riga 2020, ISBN 978-83-66172-21-0 .
  • Henriks Soms (Hrsg.): Regional Identity of Latgale (= Humanities and social sciences, Latvia; 3 (36), 2002), Riga 2002.
  • Edgars Cakuls: Lettgallen ? der unbekannte Sudosten Lettlands . In: Ost-West. Europaische Perspektiven . Bd. 10 (2009). ISSN   1439-2089 . S. 44?50.
  • Tilman Plath: Lettgallen . In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im ostlichen Europa (Stand 7. Juni 2021).

Lettgallische Geschichte

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  • Erik Amburger : Das Gouvernement Vitebsk und Lettgallen im Russischen Kaiserreich . In: Inge Auerbach, Andreas Hillgruber , Gottfried Schramm (Hrsg.): Felder und Vorfelder russischer Geschichte. Studien zu Ehren von Peter Scheibert . Rombach, Freiburg 1985, ISBN 3-7930-9038-8 , S. 94?110.
  • Bogusław Dyba?: Polnisch-Livland (Lettgallen) im 18. Jahrhundert. Ein Land zwischen Staaten und Nationen . In: Michael Schwidtal (Hrsg.): Das Baltikum im Spiegel der deutschen Literatur. Carl Gustav Jochmann und Garlieb Merkel. Beitrage des Internationales Symposions in Riga vom 18. bis 21. September 1996 zu den kulturellen Beziehungen zwischen Balten und Deutschen . Heidelberg 2001. ISBN 3-8253-1216-X . S. 241?246.
  • Norbert Angermann: Die russische Herrschaft im ostlichen und mittleren Livland 1654-1667. In: Bernhart Jahnig (Hrsg.): Aus der Geschichte Alt-Livlands. Festschrift fur Heinz von zur Muhlen zum 90. Geburtstag. Munster 2004 (= Schriften der Baltischen Historischen Kommission, Bd. 12). ISBN 3-8258-8066-4 , S. 351?367.
  • Geoffrey Swain: Between Stalin and Hitler. Class War and Race War on the Dvina 1940-1946 . London 2004.
  • Tilman Plath: Die lettische Region Latgale unter deutscher Besatzung 1941 bis 1944. Reaktionen der Bevolkerung . In: Sebastian Lehmann (Hrsg.): Reichskommissariat Ostland. Tatort und Erinnerungsobjekt . Ferdinand Schoningh, Paderborn 2012. ISBN 978-3-506-77188-9 . S. 101?115.
  • Valent?ns Luka?evi?s, Inta Vingre: ?Deutschtum“ in der Region Latgale . In: Dirk Baldes, Inta Vingre (Hrsg.): Deutsch-baltischer Kulturtransfer . Daugavpils Universit?tes Akad?miskais Apg?ds Saule, Daugavpils 2013, ISBN 978-9984-14-655-3 , S. 107?115.

Lettgallische Religionsgeschichte

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  • Ernst Benz : Zwischen konfessioneller, regionaler und nationaler Identitat. Die Katholiken in Lettgallen und Lettland im 19. und 20. Jahrhundert . In: Nordost-Archiv , Jg. 7 (1998), S. 443?495.
  • Inge Luk?aite: Reformation und Gegenreformation in ihrer historischen Bedeutung fur Litauen, Lettgallen und Kurland . In: Carsten Goehrke (Hg.): Die baltischen Staaten im Schnittpunkt der Entwicklungen: Vergangenheit und Gegenwart (= Texte und Studien der Arbeitsstelle fur Kulturwissenschaftliche Forschungen, Bd. 4). Schwabe, Basel 2002, ISBN 3-7965-1937-7 , S. 59?73.

Judisch-lettgallische Geschichte

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  • Mendel Bobe (Hrsg.): The Jews in Latvia . Tel Aviv 1971.
  • Josifs ?teimans: Latgales ebreju v?stures historiogr?fija . Latgales Kult?ras centra izdevniec?ba, R?zekne 2000.
  1. Reinhard Wittram: Baltische Geschichte. Die Ostseelande Livland, Estland, Kurland 1180?1918 . Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1973. ISBN 3-534-06475-5 . S. 87.
  2. J?zeps Jank?vi?s: Die regionale Gliederung . In: Thomas Maess (Hrsg.): Lettland . Mundo-Verlag, Leer 1993, ISBN 3-87322-058-X , S. 20?23, hier S. 20.
  3. J?nis Pi?puks: Ebreju kopiena Varak??nos . In: Konr?ds Sondors (Red.): Varak??ni un Varak??niesi. Kult?rv?sture, atmi?as, apcer?jumi . Latgales Kult?ras centra izdevniec?ba, R?zekne 2002, ISBN 9984-29-036-0 , S. 52?54, hier S. 54 (lettisch).