Loschpapier
Loschpapier
(auch
Vliespapier
oder
Fließpapier
,
Loschblatt
oder
Saugpapier
[1]
) ist ein
ungeleimtes
und wenig gepresstes
Papier
. Aufgrund dieses lockeren Aufbaus bildet es feine
Kapillaren
, die
Flussigkeiten
(beispielsweise
Tinte
) schnell aufsaugen.
Loschpapier in Rollenform
Das Loschblatt wird bereits im
Orbis sensualium pictus
(1658)
[2]
von
Johann Amos Comenius
erwahnt, jedoch wurde auch noch lange Zeit der
Schreibsand
(auch Streusand genannt) verwandt.
[3]
1827 findet sich eine Beschreibung von Loschpapier im
Brockhaus Konversations-Lexikon
.
[4]
Besondere Verbreitung findet Loschpapier in der
Schule
, da die Hersteller von Schreibheften fast jedem Heft ein lose eingelegtes Blatt Loschpapier beigeben. In Buros und Amtsstuben sind gelegentlich noch Loschpapierroller oder
Loschwiegen
in Gebrauch. Das Loschpapier hat die Aufgabe, uberschussige Flussigkeiten wie Tinte oder Druckerfarbe aufzunehmen und unerwunschtes Verwischen zu verhindern. Durch die vermehrte Nutzung von Kugelschreibern und Roller Pens insbesondere in Schulen oder den direkten Gebrauch von elektronischen Hilfsmitteln wie Personalcomputern ist die Verwendung von Loschpapier rucklaufig.
[5]
Die heute gebrauchlichen
Kaffeefilter
wurden ursprunglich aus Loschpapier hergestellt.
[6]
[7]
Loschwiege
Als eine Folge der Erfindung des Loschpapiers verbreiteten sich in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts sogenannte ?Tintenloscher“ oder ?Tintenwiegen“. Sie zahlten in der gehobenen Gesellschaft bald als reprasentative Schreibtischutensilien, die die bisherigen Streusanddosen mehr und mehr verdrangten.
Johann Wolfgang von Goethe
besaß beispielsweise eine Streusandbuchse. Auch die Bruder
Jacob
und
Wilhelm Grimm
hatten solche Dosen in Gebrauch, die in einer Ausstellung des
Germanischen Nationalmuseums
neben Exponaten wie dem Tintenloscher der deutschen
Kaiserin Auguste Viktoria
zu sehen sind. Solche Tintenloscher bestanden aus einer holzernen Wiege (Halbrundform), uber die ein Loschpapier gespannt wurde. Die Deckplatte konnte abgenommen werden, um das Loschpapier auszutauschen.
[8]
Loschpapierstruktur bei 200facher Vergroßerung
Loschpapier enthalt keinen Leim und saugt uber den
Kapillareffekt
die Tinte auf.
[9]
Da Schuler oft mit
Tintenfullfederhaltern
schreiben, dient das auf die noch feuchte Tinte aufgedruckte Loschblatt dem beschleunigten Trocknen der Tinte und verhindert so ein Verschmieren des Schriftbilds sowie die Verschmutzung von Handen und Kleidung. Fur die Herstellung von Loschpapieren werden gebleichte Fasern von
Baumwoll
-
Linters
verwendet. Sie sind besonders dauerhaft (lichtbestandig), weich und saugfahig, jedoch mechanisch nur gering belastbar. Fur weniger hochwertiges Loschpapier wird bis zu 50 % gemahlener Holzschliff von Pappeln oder Nadelgeholzen zugesetzt. Loschpapier hat die Eigenschaft, dass es sich bei der Aufnahme von Feuchtigkeit ausdehnen kann. Fur weißes Loschpapier wird eine chlorfreie Bleiche genutzt. Loschpapier wird bei der Herstellung und Trocknung nicht zusatzlich verdichtet.
[5]
Loschpapier eignet sich wegen seiner stark saugenden Eigenschaften zum Entfernen von Wachsflecken aus Textilien.
Der Einsatz von Loschpapier wird durchaus kontrovers diskutiert: Dem Vorteil, ein Verwischen noch feuchter Tinte zu vermeiden, steht der Nachteil entgegen, dass der Tinte wenig Zeit verbleibt, tief in die Papierfaser einzudringen. Tiefes Eindringen der Tinte in die Papierfaser ist aber eine wichtige Voraussetzung fur die Dauerhaftigkeit der Schrift. Dauerhaftigkeit der Schrift mag im taglichen Umgang mit Tinte eine geringe Rolle spielen, nicht aber, wo
Dokumentenechtheit
oder Urkundenechtheit eine Rolle spielt (Notare, Rechtsanwalte etc.).
- Wisso Weiß
:
Zur Geschichte des Loschpapiers.
In:
Gutenberg-Jahrbuch
.
1962, S. 13?18,
OCLC
724840061
.
- Klaus Muller:
Tintenfass und Loschpapier: Geschichte und Entwicklung einer Schreibflussigkeit.
Verlag Muller, Landau, 3. Auflage 1999,
ISBN 3-933423-21-X
.
- Ulrich Jost:
Lichtenberg, der Briefschreiber.
In:
Lichtenberg-Studien.
Band 5. Wallstein, Gottingen 1993,
ISBN 3-892-44011-5
.
- ↑
Loschpapier, das
auf Duden.de, abgerufen am 21. November 2013.
- ↑
Johann Amos Comenius
:
Orbis sensualium pictus. Die sichtbare Welt
. Nurnberg 1658, Kap. XCI,
Vers 11 (S. 187)
(Latein, deutsch,
Wolfenbutteler Digitale Bibliothek: Faksimile Bild 207
).
- ↑
Ulrich Jost:
Lichtenberg, der Briefschreiber.
Lichtenbergstudien Band 5.
- ↑
Allgemeine deutsche Real-Encyklopadie fur die gebildeten Stande …
In:
Brockhaus Konversations-Lexikon.
Band 8, S. 238.
auf google.de, abgerufen am 25. September 2013.
- ↑
a
b
Loschpapier
auf materialarchiv.ch, abgerufen am 21. November 2013.
- ↑
Florian Flaig:
Erfindungen ? Loschpapier gegen den Kaffeesatz.
Auf focus.de vom 13. September 2007, abgerufen am 25. September 2013.
- ↑
Wußten Sie schon? … dass der erste Kaffeefilter aus einer Konservenbuchse und Loschpapier entstand?
auf melitta.info, abgerufen am 21. November 2013.
- ↑
Prasent der deutschen Kaiserin Auguste Viktoria
(PDF; 14,9 MB) auf gnm.de, abgerufen am 21. November 2013.
- ↑
Karolin Kuntzel:
Warum die Dinge sind, wie sie sind: Antworten auf 555 Fragen.
S. 150. (
Online
).