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historische, soziale und medizinische Krisen werden so gut wie gar nicht erwahnt. Siehe auch die Diskussionsseite.
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Eine
Krise
(lateinisch
Crisis
) ist im Allgemeinen ein Hohepunkt oder Wendepunkt einer gefahrlichen Konfliktentwicklung in einem naturlichen oder sozialen System, dem eine massive und problematische Funktionsstorung uber einen gewissen Zeitraum vorausging und der eher kurzer als langer andauert.
[1]
Die mit dem Wendepunkt verknupfte Entscheidungssituation bietet in der Regel sowohl die Chance zur Losung der Konflikte als auch die Moglichkeit zu deren Verscharfung.
[2]
Dass es sich hierbei um einen Wendepunkt handelt, kann jedoch oft erst konstatiert werden, nachdem die Krise abgewendet oder beendet wurde.
[3]
Nimmt die Entwicklung einen dauerhaft negativen Verlauf, so spricht man von einer
Katastrophe
(wortlich in etwa ?Niedergang“).
Die
Krise
wird in den Wissenschaftsdisziplinen auf sehr unterschiedliche Weise thematisiert: zunachst in der
Medizin
[4]
und
Psychologie
,
[5]
dann in der
Politikwissenschaft
, in den
Militarwissenschaften
, in den
Wirtschaftswissenschaften
und
Soziologie
(
Soziologie als Krisenwissenschaft
[6]
) wie auch in der
Okologie
(etwa als
Klimakrise
) und
Systemtheorie
.
Krise
ist ein aus dem Griechischen stammendes Substantiv (
Alt-
und
gelehrtes Griechisch
κρ?σι?
krisis
? ursprunglich ?
Meinung
‘, ?
Beurteilung
‘, ?
Entscheidung
‘ ? spater im Sinne von ?Zuspitzung‘ verwendet), das zum altgriechischen Verb
krinein
fuhrt, welches ?trennen“ und ?(unter-)scheiden“ bedeutet. Auf das gleiche Verb geht auch das Substantiv ?
Kritik
“ zuruck.
[7]
Ins Deutsche wurde das Wort von der
lateinischen
crisis
entlehnt
und ist seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar,
[8]
erst in medizinischen Zusammenhangen vor allem fieberhafter Erkrankungen, wo es die sensibelste Krankheitsphase bezeichnete, der bei glucklichem Verlauf der Infektion (ohne Moglichkeit der
Antibiotika
gabe) eine Entfieberung innerhalb eines Tages folgte und die endgultige Krankheitsabwehr (bei
Hippokrates
wahrend der sogenannten
Entscheidungstage
[9]
) einlautete,
[10]
spater auch in allgemeineren Zusammenhangen (siehe oben).
Das zugehorige Verb
kriseln
[8]
ist dagegen eher informell und in der
Hoch
- und
Schriftsprache
(noch) wenig gebrauchlich.
Als Krisen bezeichnet das Krisenforschungs-Institut
[11]
an der
Universitat Kiel
alle internen oder externen Ereignisse, durch die akute Gefahren drohen fur Lebewesen, fur die Umwelt, fur die Vermogenswerte oder fur die Reputation eines Unternehmens bzw. einer Institution. Unterschieden werden drei Arten von Krisen: Bilanzielle Krisen (?Pleiten“), kommunikative Krisen (?Skandale“) und operative Krisen (?Storungen“)
[12]
. Pro Jahr ereignen sich nach den Erhebungen des Instituts im deutschsprachigen Europa rund 25.000 bis 40.000 bilanzielle Krisen sowie ca. 250 bis 280 (offentlich gewordene) operative und kommunikative Krisen
[13]
.
Der
Krisenmanager
Steven Fink
sieht Unternehmenskrisen nicht als etwas notwendigerweise Negatives. Er definiert Vorlaufer der Krise aus dem Blickwinkel der Wirtschaft als jede ?prodromal situation“ (wortlich ?vorausgehende Situation“, also eine Phase, die Warnsignale fur das Auftreten einer Krise beinhaltet), welche die Gefahr birgt,
- sich so zuzuspitzen, dass sie schwer beherrschbar wird,
- den Argwohn der Massenmedien oder der Regierung auf sich zu ziehen,
- die regulare Geschaftstatigkeit zu beeintrachtigen.
[14]
Charakteristika einer Krise sind nach
Anthony J. Wiener
und
Herman Kahn
[15]
eine dringende
Notwendigkeit
von Handlungsentscheidungen, ein durch die
Entscheidungstrager
wahrgenommenes Gefuhl der Bedrohung, ein Anstieg an
Unsicherheit
, Dringlichkeit und
Zeitdruck
und das Gefuhl, das Ergebnis sei von pragendem Einfluss auf die Zukunft. Außerdem haben es die Entscheidungstrager oft mit unvollstandiger oder verfalschter Information zu tun.
[16]
Auf
emotionaler
Ebene entsprechen ihr
Verzweiflung
oder Zorn/
Wut
. Die subjektive Seite der Krise ist ihre Wahrnehmung durch den Betroffenen, die objektive die (historisch zuruckblickende und) Einzelfaktoren zusammen bewertende, distanzierte Sicht.
Im Konzept der ?kritischen Situation“ darf nicht jede kritische
Situation
mit einer Krise gleichgesetzt werden. Krisen bestehen im Allgemeinen aber aus einer Ansammlung kritischer Situationen. Kritisch bedeutet hierbei, dass es sich um fur den weiteren Verlauf des Gesamtprozesses entscheidende Phasen handelt. Kritische Situationen konnen dabei geplant sein, vorhersehbar sein oder vollig unerwartet eintreten.
Eine
psychische Krise
(ungenauer auch ?psychologische Krise“) oder eine
Krisensituation
ist fur die
Psychotherapie
,
Klinische Psychologie
und
Psychiatrie
wie uberhaupt im gesamten psychosozialen Bereich ein durch ein uberraschendes Ereignis oder akutes Geschehen hervorgerufener schmerzhafter seelischer Zustand oder
Konflikt
innerhalb einer Person (innerpsychische Krise) oder zwischen mehreren beteiligten Personen. Er entsteht, wenn sich eine Person oder eine Gruppe Hindernissen auf dem Weg zur Erreichung wichtiger Lebensziele oder bei der Alltagsbewaltigung gegenubersieht und diese nicht mit den gewohnten Problemlosungsmethoden bewaltigen kann.
Eine Krise in diesem Sinne außert sich als plotzliche oder fortschreitende Verengung der Wahrnehmung, der Wertesysteme sowie der Handlungs- und Problemlosungsfahigkeiten. Eine Krise stellt bisherige Erfahrungen,
Normen
, Ziele und
Werte
in Frage und hat oft fur die Person einen bedrohlichen Charakter. Sie ist zeitlich begrenzt.
Eine langanhaltende Krise ohne entsprechende Bewaltigungsstrategien des Individuums ist haufig mit
psychosomatischen
Beschwerden und/oder
psychischen Erkrankungen
wie der
Angststorung
,
Personlichkeitsstorung
und
Depressionen
verbunden und kann unter Umstanden zu
Vermeidung
,
Prokrastination
,
Suizidalitat
,
Schlafstorung
,
Essstorung
,
Stress
,
Suchtverhalten
oder anderen negativen Begleiterscheinungen fuhren.
[17]
Die Psychoanalytikerin
Verena Kast
stellte ein Krisenmodell vor, das die kreativen Potentiale des Krisenprozesses in den Vordergrund stellt. Sie nimmt an, dass es bei den verschiedenartigsten Krisentypen (
Wachstumskrisen
, Reifungskrisen, Trauerkrisen usw.) einen typischen Verlauf gebe. Dieser lasse sich in einigen Phasen darstellen und ermogliche dem Therapeuten eine schnelle diagnostische Beurteilung zur Einleitung einer
Krisenintervention
. Kast unterscheidet ? in dieser Folge ? im Anschluss an die krisenhafte Situation eine
Vorbereitungsphase
, in der der Betroffene alles Material sowie Meinungen sammle, die fur ihn hilfreich sein konnten; eine
Inkubationsphase
, in der das Problem und das gesammelte Material unbewusst verarbeitet wurden; eine
Einsichtsphase
, in der die bisherige Entwicklung erstmals ruckblickend verstanden werde; und eine
Verifikationsphase
, in der die bis hierhin gewonnene Einsicht weiter geformt und gepruft werden konne.
[18]
Wie bei allen Phasenmodellen muss der Behandelnde/Begleiter der Indexperson sich daruber im Klaren sein, dass Phasenmodelle immer nur eine
idealisierte
Annaherung an die beobachtete Situation ermoglichen. Der Betroffene wird die Phasen in seinem Krisenprozess nicht in linearer Abfolge durchlaufen, sondern auch Ruckschritte erleben.
Der amerikanische Sozialpsychiater G. Caplan hat ebenso ein Modell fur die Lebenskrise aufgestellt.
[19]
Er teilt diese dazu in vier Phasen ein: In der ersten Phase kampft der Betroffene gegen sein Unwohlsein und Unwohlbefinden an, vertieft sich damit allerdings jedes Mal starker in den personalen Konflikt. In der zweiten Phase bemerkt er, in welchem Zustand er sich befindet und dass die allgemeine Problemlosung nicht zum erhofften Ziel fuhrt. Diese beiden Phasen fallen bei den meisten Menschen in psychischen Krisen sehr ahnlich aus. Differenzierter ist dagegen der Ausweg, die dritte Phase. Dort kann der Betroffene zwei Wege einschlagen. In der einen Variante zieht sich der Betroffene vollkommen zuruck und distanziert sich von Menschen sowie von seinen Erwartungen und Zielvorstellungen, damit er keine Enttauschung mehr empfinden kann. Die andere Variante fuhrt dazu, dass der Betroffene genau das Gegenteil anstrebt und alle noch verbleibenden Krafte mobilisiert, um einen positiven Ausweg aus der Krise zu finden. Er kann unbekannte Fahigkeiten entwickeln und dadurch die Krise bewaltigen. Die vierte und damit letzte Phase tritt ein, wenn der vorherige Schritt ebenfalls keine Verbesserung der Lage hervorbringt. Hier befindet sich der Betroffene vollkommen in einer Krise, trotz sporadisch fehlender Anzeichen. Innerlich steht die Personlichkeit kurz vor einem Zusammenbruch. Dies fuhrt dann letztendlich zu Orientierungs- und Hilflosigkeit.
In Krisensituationen ist es geboten, sich Unterstutzung zu suchen. Das kann das Gesprach mit Vertrauten und Freunden sein oder die Inanspruchnahme professioneller Hilfe. Diese ist unabdingbar, wenn der Betroffene keinen Ausweg mehr aus seiner Situation sieht und er nicht in der Lage ist, eine neue Strategie zur Problemlosung zu entwickeln.
Der Soziologe
Ulrich Oevermann
hat eine krisentheoretische Begrundung der Soziologie vorgelegt, in der das Gegensatzpaar Krise und Routine zentral ist
[20]
. Der Ansatz versteht sich zugleich als Praxistheorie in der Tradition des
Strukturalismus
wie auch des
Pragmatismus
. Dabei wird zwischen drei grundlegenden Krisentypen unterschieden: 1.) ?Brute fact“ Krisen, die unmittelbar uber ein Subjekt hereinbrechen, wie z. B. bei einem Autounfall. 2.) Entscheidungskrisen, die schon sehr viel weniger unmittelbar sind und an ein gewisses Zeitfenster gebunden sind, in dem die bestehende krisenhafte Ungewissheit, welche Handlung die Richtige ware, zeitlich limitiert mit einer Entscheidung beendet werden muss, wobei gilt, dass auch eine Nicht-Entscheidung faktisch auf eine Entscheidung hinauslauft. 3.) ?Krisen durch Muße“, die sich ohne jede Fremdbestimmung und außere Zwange einstellen einfach deshalb, weil man sich mit einem Gegenstand zweckfrei um seiner selbst willen beschaftigt und bei dieser Versenkung in den Gegenstand Details an ihm entdeckt werden, die bisherigen Wahrnehmungsweisen widersprechen, sodass letztere in die Krise geraten. Oevermann versteht unter einer Krise generell die Infragestellung von Wahrnehmungsroutinen, das Aufbrechen von festen Pradikationen eines Gegenstands, das Auftauchen von Fraglichkeiten, die Entstehung von Ungewissheit. Wahrend bei einer Routine der Gegenstand X fest mit einem Pradikat P verbunden ist und somit auf eine spezifische Weise bestimmt wird, ruckt in einer Krise der Gegenstand wieder in seine unpradizierte ?X“-Haftigkeit zuruck, in seine unbestimmte Besonderheit, die es erst auf den Begriff zu bringen gilt. Aus der Sicht dieser Krisentheorie gibt es nicht nur negativ empfundene Krisen, sondern ebenso positive, etwa ein uberwaltigender Orgasmus, um nur ein Beispiel zu nennen.
Gerald Caplan
bezeichnete die Veranderungkrise (oder auch Ubergangskrise) im Jahr 1987 als eine Krise die auftritt, wenn die Person sich einer Veranderung bewusst wird und dadurch Verhaltensweisen wie Ruckzug, Resignation oder Zukunftsangst und Versagengefuhle zeigt. Sie ist meist vorubergehend, bis sich die Person an die Veranderung gewohnt hat. Als traumatische Krise (oder auch Schicksalskirse) bezeichnete
Johan Cullberg
1978 eine Krise, die auf ein traumatisches Ereignis und meist plotzlichen ?Schicksalsschlag“ zuruckzufuhren ist, die Personen einen Schock verspuren lasst und/oder zu Trauer, Wut, Verzweiflung, Suizidalitat oder Suchtverhalten fuhrt.
[21]
[22]
[17]
Die Krise wird in der
Psychoanalyse
als ein wichtiger Bestandteil fur die psychosoziale Entwicklung angesehen. So beschreibt der Psychoanalytiker
Erik H. Erikson
in seinem
Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung
8 Lebensabschnitte, in welchen sich das Individuum bestimmten Krisen stellen muss, die Auswirkungen auf die Zukunft des Individuums haben. Auch
Sigmund Freud
sieht die Krise als einen wichtigen Bestandteil der Entwicklung in seinem Modell der
psychosexuellen Entwicklung
an. In seinem
Strukturmodell der Psyche
beleuchtet er außerdem den innerpsyischen Konflikt bzw. Krise zwischen Ich, Es und Uber-ich.
[23]
Personliche Krisen lassen sich ebenfalls unterteilen in die
Existenzkrise
bei einer Gefahrdung grundlegender Bedurfnisse besteht, die
Identitatskrise
bei einer Infragestellung der eigenen Personlichkeit und die
Schaffenskrise
bei einer starken Kreativblockade. Im
philosophischen
Sinne lassen sich personliche Krisen auch in die
Sinneskrise
, die
Existenzkrise
(bei der Hinterfragung der eigenen Existenz) und die
Erkenntniskrise
unterteilen. Diese kann z. B. aufgrund der
Krankungen der Menschheit
bestarkt werden. Eine innere
moralische
oder
ethische
Krise, bei der beide Moglichkeiten zu einem unerwunschten bzw. verwerflichen Ergebnis fuhren, wird auch als
Dilemma
oder Zwickmuhle bezeichnet.
Eine
Midlife-Crisis
bezeichnet den psychischen Zustand der Unsicherheit im Lebensabschnitt von etwa 30 oder 40 bis 50 Jahren.
Bei intensiveren psychischen Problemen raten viele Arzte und Psychologen zu einer so genannten
Krisenintervention
. Gerade bei geringeren psychischen Auswirkungen kann die Krisenbewaltigung auch nur durch Familie und Freunde unterstutzt und ansonsten auf Selbstheilungskrafte vertraut werden. Das ist zugleich auch die haufigste Art der Krisenbewaltigung. Wie in der zweiten Variante der dritten Phase aus Caplans Krisenmodell beschrieben, konnen in Krisen neue Fahigkeiten entdeckt oder ?wiederbelebt“ werden. Ein populares Beispiel ist kunstlerische Arbeit, durch die sich die Betroffenen ausdrucken konnen. Unter anderem geschieht dies durch Musik, wie zum Beispiel in
Herbert Gronemeyers
Single
Mensch
zur Verarbeitung des Todes seiner Frau oder
Eric Claptons
Lied
Circus Left Town
, das die Trauer uber den Tod seines Sohnes Conor behandelt. Der Effekt der Verarbeitung durch musikalische Auseinandersetzung wird auch durch die
Musiktherapie
genutzt.
[24]
Nach erfolgreicher Krisenbewaltigung kann im auslosenden Ereignis ggf. ein
Sinn gefunden
werden. Als Folgereaktion auf eine nicht angemessen bewaltigte Krise kann die
posttraumatische Belastungsstorung
(PTBS) auftreten.
Die Fahigkeit, Krisen bewaltigen und ertragen zu konnen, wird auch als
Resilienz
bezeichnet.
Joe B. Hurst und John W. Shepard haben charakteristische Verlaufe unterschiedlicher Gefuhlsphasen im Rahmen einer
Krisenbewaltigung
als
Roller Coaster Ride
, als Achterbahnfahrt der Gefuhle beschrieben.
[25]
Folgende Phasen werden unterschieden:
[26]
1. Vorahnung: Der Betroffene antizipiert eine bevorstehende Krise (zum Beispiel eine mogliche Kundigung) und kalkuliert die (finanziellen und emotionalen) Kosten sowie seine Reaktionen.
2.
Schock
: Der Betroffene braucht Zeit, seine Situation vollstandig zu erfassen und zu realisieren.
3a.
Trauer
: Der Betroffene nimmt sich eine Auszeit und Zeit zur Trauer. Oft kommt es dabei ? nach einer Weile ? zur Erleichterung: Die Ungewissheit, das Warten hat ein Ende.
3b. Anstrengung: Neue Plane werden erstellt. Leichte Hoffnung setzt ein. Der Betroffene fasst Mut, strengt sich an. Gibt es erste Erfolgserlebnisse, geht es direkt uber zu Phase 6.
4a. Sorge: Die Hoffnung mischt sich mit Selbstzweifeln: Was, wenn ich es nicht schaffe? Aus temporaren Sorgen konnen großere (Existenz-)Angste erwachsen.
4b. Leugnung: Die Bewaltigungsbemuhungen bleiben erfolglos, trotzdem wird die Situation positiv gedeutet.
4c. Wut: Fehlender Erfolg fuhrt zu Frustration und Wut. Schuldzuweisungen dominieren.
4d. Aufgabe: Weitere Erfolglosigkeit fuhrt zur Resignation.
4e.
Depression
: Andauernder Misserfolg fuhrt zu Selbstwertverlust und depressiven Reaktionen.
5. Hoffnung: Durch aussere Ereignisse mobilisieren Hoffnung und neue Krafte. Bei erneutem Misserfolg setzt ein neuer 4er-Zyklus ein.
6. Enthusiasmus: Bei erstem Erfolg werden physische und psychische Ressourcen aktiviert. Euphorische Gefuhlszustande treten auf.
7a. Uberwindung: Die Krise ist uberstanden. Der Betroffene hat seine
Katharsis
durchlebt und ist daraus vielleicht
resilienter
hervorgegangen.
7b. Neuer Zyklus: Gelingt die Uberwindung nicht, kann es erneut zu einem Absturz auf Stufe 4 kommen. Gegebenenfalls wird psychotherapeutische Unterstutzung notwendig.
[27]
Ein Krisendienst, der Tag und Nacht zur Verfugung steht, ist z. B. die
Telefonseelsorge
mit landesweit einheitlicher kostenloser Rufnummer
Dort kann man auch Adressen von ortlichen Beratungsstellen erfahren. In vielen Stadten gibt es spezielle Krisendienste fur psychosoziale Probleme, die den Hilfesuchenden auch zuhause aufsuchen konnen. Auch bei Gewalt und Gewaltdrohung (
Hausliche Gewalt
) und bei Vergewaltigung gibt es entsprechende direkte Hilfen. Besondere Krisendienste gibt es fur psychisch Kranke, fur Alkoholiker, fur Frauen, Manner, Kinder, Jugendliche und fur viele andere Gruppen.
Der Eskalationsbegriff ist erst in den 1960er Jahren in seinem internationalen Zusammenhang definiert worden, wie der US-Politologe Herman Kahn feststellte.
[28]
In der Literatur wird mit Eskalation der Ubergang zu einem hoheren Intensitatsgrad in internationalen Konfliktsituationen bezeichnet.
Gegensatzliche Interessen und Bedurfnisse rufen
Spannungssituationen
hervor, die sich auf einer bestimmten Stufe zu
außeren Konflikten
entwickeln konnen. So mussen auch
internationale Konflikte
beschrieben werden, deren scharfe Form als
internationale Krise
bezeichnet wird, sobald latent oder akut die Gefahr der bewaffneten Austragung droht.
In der Praxis wird das ?Messen“ des jeweiligen Eskalationsgrades davon abhangen, welche Kriterien man zugrunde legt. Nach Kahn konnen das im Sinne der Eskalationsspirale sein: der Grad der erkannten Bedrohung oder selbst beabsichtigten Drohung; das Ausmaß der (erwarteten) Gewaltanwendung; der bereits eingetretene Schaden; der entschlossene und/oder rucksichtslos bewiesene eigene Wille; die uberschrittenen Prazedenzfalle, der Grad der Provokation; die Wahrscheinlichkeit eines gewaltsamen Ausbruchs; der offenkundige Abstand zum Ausbruch eines bewaffneten Konfliktes (Krieges).
Charakteristika einer Krise sind nach
Anthony J. Wiener
und
Herman Kahn
die Ungewissheit und die Intensitat der Konfrontation, ?bei der die verschiedenen Beteiligten glauben, dass es sich um einen bedeutsamen Wendepunkt im geschichtlichen Ablauf handelt.[…] Das Ergebnis wird bis zu einem gewissen Grade fur ungewiss gehalten; wenn es gewiss ware, brauchte man keine Krisenmaßnahmen zu treffen. Schließlich gibt es gewohnlich schwerwiegende Entscheidungen zu kritischen Zeitpunkten zu treffen.“
[29]
Zu ihrem Charakter gehort ein gewisses unkontrollierbares Element, das nicht berechenbar ist, weil unubersehbar viele Faktoren und die Multipolaritat der politischen Interessen der Beteiligten (Betroffenen) schwer einzuschatzen ist. Mit dieser Unberechenbarkeit hat sich bereits
Carl von Clausewitz
im 19. Jahrhundert mit dem Blick auf die Anwendung der außeren Gewaltelemente beschaftigt. ?Hier verlasst also die Tatigkeit des Verstandes das Gebiet der strengen Wissenschaft, der Logik und Mathematik und wird im weiten Verstand des Wortes zur Kunst, d. h. zur Fertigkeit, aus einer unubersehbaren Menge von Gegenstanden und Verhaltnissen die wichtigsten und entscheidenden durch den Takt des Urteils herauszufinden.“
[30]
Außerdem haben es die Entscheidungstrager oft mit unvollstandiger oder verfalschter Information zu tun.
[3]
- Die internationale Krise stellt eine scharfe, konfrontative Form der Austragung von politischen Widerspruchen und Gegensatzen zwischen Staaten (Staatengruppen) dar, in der gewaltfreie und in zunehmendem Maße gewaltsame Mittel und Methoden angewendet werden, ohne dass zum außersten Mittel, dem bewaffneten Kampf, gegriffen wird.
- Das Entstehen einer Krise zeigt an, dass sich der internationale Konflikt bis zu einem Kulminationspunkt bzw. bis zu einer gefahrlichen Grenze entwickelt hat, von der aus eine gewaltsame bewaffnete Auseinandersetzung zwischen den Staaten (Staatengruppen) droht.
- Die internationale Krise bezeichnet einerseits einen bestimmten Spannungszustand (Status) und wird andererseits durch die politischen Prozesse (Verlaufsformen) in der Gegenwart und Zukunft charakterisiert.
- Weltpolitische Krisen sind nur solche, die uber den Kreis der unmittelbar Beteiligten hinauswirken und die Gefahr der globalen Eskalation in sich tragen.
[31]
Winston Churchill
verwendete die Bezeichnung Krise (en. crisis) fur die unmittelbare Periode vor Ausbruch des 1. Weltkrieges (die Woche vom 24.?30. Juli 1914):
[32]
der strategische Aufmarsch von Heer und Flotte ist abgeschlossen und in den spannungsgeladenen Tagen vor Ausbruch der Feindseligkeiten steht die Entscheidung uber Frieden und Krieg auf Messers Schneide. In dieser Situation war ein Wendepunkt erreicht, an dem uber die Preisgabe oder die bewaffnete Durchsetzung geltend gemachter Interessen von der einen oder anderen Seite entschieden werden musste.
In der
Geschichtsforschung
und der
Politologie
spricht man von Krisen meist im Sinne einer Zuspitzung von Konflikten, die zu
Rebellionen
,
Revolutionen
oder auch
Kriegen
fuhren konnen. Ein prominentes Beispiel aus der Gegenwartsgeschichte bietet der Wikipedia-Artikel
Krieg in der Ukraine seit 2014
, der zunachst als ?Krise in der Ukraine 2014“ begann. Auch die
Fluchtlingskrise in Europa ab 2015
ist noch nicht beendet. Dauerhaftere Beispiele finden sich in dem Buch ?Quantitative Soziologie“ von
Wolfgang Weidlich
. Ferner wird, vor dem Hintergrund der
Weltwirtschaftskrise ab 2007
und weiteren damit zusammenhangenden Krisenprozessen, auch von einer
Multiplen Krise
oder Vielfachkrise gesprochen.
Der Begriff
Krise
ist
legal definiert
. Die
Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV)
der Europaischen Union definiert in Paragraf
§ 4
eine Krise als jede Situation, in der ein Schadensereignis eingetreten ist, das deutlich uber die Ausmaße von Schadensereignissen des taglichen Lebens hinausgeht und
- dabei Leben und Gesundheit zahlreicher Menschen erheblich gefahrdet oder einschrankt,
- eine erhebliche Auswirkung auf Sachwerte hat oder
- lebensnotwendige Versorgungsmaßnahmen fur die Bevolkerung erforderlich macht.
[33]
Eine Krise bestehe auch, wenn konkrete Umstande dafur vorliegen, dass ein solches Schadensereignis unmittelbar bevorsteht.
Bewaffnete Konflikte
und
Kriege
sind Krisen im Sinne dieser EU-Verordnung.
Im 19. Jahrhundert setzt sich uber die politischen Lager hinweg die Auffassung durch, dass Industriegesellschaften und somit auch jede
kapitalistische
Wirtschaft periodisch von Krisen heimgesucht wird, die entweder aus liberaler Sicht ? so bei
Henry George
? als Preis des Fortschritts oder in der
marxistischen Krisentheorie
als dessen Hindernis. Marx und Engels stellen in
Zur Kritik der politischen Okonomie
[34]
die Krise als Logik jeglicher wirtschaftliche Entwicklung des Kapitalismus dar, der durch immer heftigere
Konjunkturkrisen
und
Disproportionen
(wie zwischen der
Realwirtschaft
und der
Finanzwirtschaft
) gekennzeichnet ist.
[35]
Dabei wird als allgemeine Ursache hierfur der durch den
technischen Fortschritt
und durch wachsende
Akkumulation
bedingte tendenzielle Ruckgang der
Profitrate
angesehen.
Die
Konjunkturtheorie
setzt sich mit der Krise einer
Volkswirtschaft
auseinander. Die
Konjunkturphasen
bestehen dabei
Gottfried Haberler
zufolge aus
Expansion
(
Prosperitat
) und Kontraktion (
Depression
), wobei die letztere durch einen
Wendepunkt
(Krise) eingeleitet werde.
[36]
Die
Rezession
selbst ist noch keine Krise im strengen Sinne. In einer großen konjunkturellen Krise geht das
Absatzvolumen
zuruck, die
Produktion
sinkt, der
Preisauftrieb
lasst nach,
Investitionen
sind nicht mehr
rentabel
, es kommt zu
Insolvenzen
,
Massenentlassungen
und
Arbeitslosigkeit
. Die moderne Konjunkturtheorie sieht die Ursachen der endogenen Krisen im Zusammenwirken verschiedener Faktoren, wobei
monetare Einflusse
von besonderer Bedeutung sein konnen. Durch
Konjunkturforschung
, Politik der
Zentralbanken
, Eingriffsmoglichkeiten des Staates und internationale Zusammenarbeit sollen scharfe Konjunkturausschlage abgemildert und große endogene Krisen kunftig vermieden werden.
Je nach Umfang und Ausmaß einer Krise unterscheidet man weltweit auch durch
Contagion-Effekte
um sich greifende Krisen (
Weltwirtschaftskrise
oder die globale
Finanzkrise ab 2007
), auf einen Staat begrenzte
Wirtschaftskrisen
wie die
Griechische Staatsschuldenkrise
, die auf einen
Markt
oder
Wirtschaftszweig
begrenzte
Strukturkrise
oder
Marktstorung
wie die
Kursaussetzung
, die
Unternehmenskrise
oder die
Bankenkrise
.
Finanzkrisen
wiederum konnen auf einen Staat begrenzt sein oder weltweite Auswirkungen haben.
In der
Mathematik
und
Physik
hat der Begriff der
Kritischen Punkte
bzw. allgemeiner der
Kritischen Phanomene
bzw. der
Kritischen Exponenten
eine feste Bedeutung, die vom Begriff des
Wendepunktes
einer Funktion ausgehend allgemeinere Strukturen beschreibt, wie z. B. die sogenannten
Renormierungsgruppen
, die u. a. in der Theorie der
Phasenubergange
und Kritischen Phanomene
[37]
bzw. in der
Quantenfeldtheorie
[38]
eingesetzt werden. Charakteristisch fur diese Phanomene ist das Auftreten großer Fluktuationen an den kritischen Grenzen. Bei Uberschreiten derselben treten Phasenubergange auf, die vorhersagbare Folgen haben.
[37]
Diese Folgen sind nicht auf Quantitatives beschrankt, sondern betreffen vor allem die relevanten
qualitativen
Eigenschaften.
Klimakrise
beschreibt die okologische, politische und gesellschaftliche Krise im Zusammenhang mit der
menschengemachten globalen Erwarmung
. Es wird, ahnlich wie
Klimakatastrophe
, im offentlichen
Diskurs
zunehmend anstelle von harmloser klingenden Begriffen wie
Klimawandel
gebraucht, um die Tragweite der globalen Erwarmung zu verdeutlichen.
Energiekrise
nennt man eine durch Energieknappheit verursachte Krise; sie hat negative okonomische und soziale Folgen (siehe auch
Olpreiskrise
).
Bei einem starken Wassermangel in einer Region wird auch von einer
Wasserkrise
gesprochen.
Der Begriff Polykrise (franz.
polycrise
, engl.
polycrisis
) wurde erstmals 1993 im Buch
Terre-Patrie
von dem franzosischen Soziologen
Edgar Morin
und der Journalistin Anne-Brigitte Kern eingefuhrt. Dort argumentierten sie, dass in der Gegenwart nicht mehr einzelne Bedrohungen herausgegriffen werden konnten, sondern verschiedene Probleme miteinander verbunden seien.
[39]
Der damalige
EU-Kommissionsprasident
Jean-Claude Juncker
adaptierte 2018 den Begriff in einer Rede, um die aus seiner Sicht zahlreichen Krisen, die die
EU
in den 2010er-Jahren erschuttert hatten, zu beschreiben.
[40]
Prominente Personen, die zu Polykrisen forschen, sind der Wirtschaftshistoriker
Adam Tooze
und der Politologe
Thomas Homer-Dixon
. Auch der
Global Risks Report 2023
des
Weltwirtschaftsforums
nutzt den Begriff.
[41]
Angesichts zeitgleicher Weltereignisse wie der
Klimakrise
, der
COVID-19-Pandemie
und des
Russisch-Ukrainischen Krieges
wird vermehrt fur ein neues Verstandnis miteinander verwobener Krisen als eine komplexe ?Polykrise“ geworben. Durch die
Synchronisation
der Krisenphanomene konne von deren gegenseitiger
Beschleunigung
und
Verstarkung
ausgegangen werden.
[42]
Außerdem sei es moglich, dass aktuell bestehende Krisen durch einen
Dominoeffekt
neue Krisen hervorrufen, welche ihrerseits wiederum durch
Ruckkopplungen
diese bereits existierende Krisen weiter verscharfen.
[43]
Neben einem zunehmenden Interesse in den
Politikwissenschaften
gewinnt die Polykrise auch in Publikationen der
neoklassischen
Wirtschaftswissenschaft
zunehmend an Bedeutung. Christian Breuer charakterisiert in der Zeitschrift
Wirtschaftsdienst
die Polykrise als
Gefangenendilemma
bzw. ?ungelostes Koordinierungsproblem“ zwischen globale Akteuren.
[44]
?Die Krise besteht gerade in der Tatsache, dass das Alte stirbt und das Neue nicht zur Welt kommen kann: in diesem Interregnum kommt es zu den unterschiedlichsten Krankheitserscheinungen.“ (Antonio Gramsci)
[45]
- Henry George
:
Fortschritt und Armuth. Eine Untersuchung uber die Ursache der industriellen Krisen und der Zunahme der Armuth bei zunehmendem Reichthum.
Deutsch von C. D. F. Gutschow, Staude, Berlin 1890.
- Reinhart Koselleck
:
Krise.
In:
Otto Brunner
,
Werner Conze
, Reinhart Koselleck (Hrsg.):
Geschichtliche Grundbegriffe
. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland.
Band 3, Klett-Cotta, Stuttgart 1982, S. 617?650.
- Rainer Bohme:
Konflikte, Krisen, Streitkrafte. Studie uber internationale Konflikte und Krisen, deren Verhutung und Beilegung sowie Auswirkungen auf den Streitkrafteauftrag.
Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1991,
ISBN 3-89228-669-8
.
- Annika Goeze, Korinna Strobel:
Krisenrhetorik
.
In:
Gert Ueding
(Hrsg.):
Historisches Worterbuch der Rhetorik
.
WBG, Darmstadt 1992 ff., Band 10 (2011), Sp. 511?530.
- Dieter Farwick
(Hrsg.):
Krisen, die große Herausforderung unserer Zeit.
Report Verlag, Frankfurt am Main (u. a.) 1994,
ISBN 3-9802828-9-9
.
- Rainer Bohme:
Internationale Konflikte und Krisen ? ihre Entstehung, Entwicklung, Verhutung bzw. Regelung.
Thesen des Referats zum Symposium der Karl-Theodor-Molinari-Stiftung e. V. am 25. November 1993.
DSS-Arbeitspapiere.
Heft 10, Dresden 1994 (
online
).
- Thomas Mergel
(Hrsg.):
Krisen verstehen. Historische und kulturwissenschaftliche Annaherungen.
Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2012,
ISBN 978-3-593-39307-0
.
- Carla Meyer,
Katja Patzel-Mattern
,
Gerrit Jasper Schenk
(Hrsg.):
Krisengeschichte(n). ?Krise‘ als Leitbegriff und Erzahlmuster in kulturwissenschaftlicher Perspektive
(=
Vierteljahrschrift fur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte.
Band 210). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2013,
ISBN 978-3-515-09659-1
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- Jorg H. Trauboth (Hrsg.):
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Die Wendepunkteigenschaft mit dem Verschwinden sowohl der ersten als auch der zweiten Ableitung der betrachteten Funktion, d
1
f/dx
1
=d
2
f/dx
2
=0, ist auch im Sinne einer allgemeinen
Entscheidungstheorie
wichtig, weil die Entscheidungstrager an dieser Stelle bestimmen konnen, ob es ?nach Oben“ oder ?nach Unten“ weitergehen soll. Oft hangt die Entscheidung daruber von schwer zu kontrollierenden Kleinigkeiten ab.
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