Kopialbuch

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Copiarium monasterii Huysburg

Ein Kopialbuch (veraltet Copeibuch ), auch Kopiar (von lat. copiarium ), Kartular oder Chartular (von lat. cartularium ), ist eine Quelle , die die Texte von Urkunden des Mittelalters und der Fruhen Neuzeit in Abschriften enthalt. Das alteste Kopialbuch ist aus dem 9. Jahrhundert im Rheinland nachgewiesen. Kopialbucher sind bis in das 18. Jahrhundert belegt. [1]

Entstehung und Zweck

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Ein Kopialbuch wurde vom Urkunden -Empfanger angefertigt, um der Beschadigung (zum Beispiel durch haufige Benutzung) der wertvollen Originale vorzubeugen. Außerdem sollten Kopialbucher einen schnellen und genauen Uberblick uber Rechtstitel und Besitztitel ermoglichen, was die Verwaltungsarbeit vereinfachte. Nicht zuletzt wollte man durch ein Kopialbuch auch Verlusten wichtiger Besitztitel (etwa durch Brand oder Kriegseinwirkungen) vorbeugen. Deshalb wurden Kartulare vielfach notariell beglaubigt.

Schon im Fruhmittelalter haben Kloster Abschriften von ihren Urkunden erstellt. Sie sind damit eine hervorragende Quelle fur fruhmittelalterliche Privaturkunden , die außer im Archiv des Stifts St. Gallen , das kein fruhmittelalterliches Kopialbuch kannte, kaum im Original uberliefert sind.

Kopialbucher waren in der spatmittelalterlichen und fruhneuzeitlichen Verwaltung von Archiven ein Mittel, um Angehorigen der eigenen Verwaltung und eventuellen weiteren Benutzern des Archivs einen geordneten Uberblick uber die vorhandenen Bestande zu ermoglichen. In die Bucher wurden die Urkunden, meistens nach ihrem Betreff, geordnet, mit ihrem Text eingetragen und oft auch bereits mit Registern versehen.

Der Eintrag in ein Kopialbuch ahnelt von der Form her der bei der Erstellung von Regesten verwandten Methode, bei der nur der juristisch relevante Teil der Urkunde aufgenommen wird, wahrend andere Teile der Urkunde, wie zum Beispiel das Eingangsprotokoll mit der Arenga , wegfallen konnen.

Verwandte Quellengattungen

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Mit den Kopialbuchern verwandt sind die Traditionsbucher , in denen Rechtsakte (meist Besitzubertragungen) aufgezeichnet sind, die haufig nicht anderweitig verschriftlicht wurden.

Kopialbucher als nachtraglich angelegte Sammlungen von Urkunden einzelner Bestande sind etwas anderes als Register , in die eingehende oder ausgehende Schriftstucke eingetragen werden (Ein- und Ausgangsverzeichnisse).

Vom Gesichtspunkt der Quellenkritik her sind Kopialbucher oft ein Ersatz fur mittlerweile verlorengegangene Ausfertigungen (Originale). Sie erlauben einerseits keine Untersuchung auf außere Echtheitskriterien mehr, unterliegen andererseits aber auch Abschreibfehlern. Da sie fur den eigenen Archivgebrauch hergestellt wurden, muss bei ihnen nicht von vornherein eine Falschungsabsicht unterstellt oder vermutet werden. Kopialbucher werden zudem als eigene Quellengattung erforscht. [1]

Edierte Kopialbucher (Auswahl)

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  • Otto Meyer , Renate Klauser (Hrsg.): Clavis mediaevalis. Kleines Worterbuch der Mittelalterforschung . Harrassowitz, Wiesbaden 1962, ISBN 978-3-447-00239-4 , S. 139.
  • Joanna Tucker: Reading and shaping medieval cartularies. Multi-scribe manuscripts and their patterns of growth. A study of the earliest cartularies of Glasgow Cathedral and Lindores Abbey (= Studies in Celtic history, 41). Woodbridge 2020.

Einzelnachweise

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  1. a b Joanna Tucker: Reading and shaping medieval cartularies. Multi-scribe manuscripts and their patterns of growth. A study of the earliest cartularies of Glasgow Cathedral and Lindores Abbey (=  Studies in Celtic history . Nr.   41 ). Woodbridge 2020, S.   1?12 .
  2. Francisco Miquel Rosell (Hrsg.): Liber feudorum maior. Cartulario real que se conserva en el Archivo de la Corona de Aragon . Band   2 . Barcelona 1945.
  3. Reiner Nolden (Hrsg.): Das ?Goldene Buch“ von Prum (Liber aureus Prumiensis). Faksimile, Ubersetzung der Urkunden . Prum 1997.
  4. Josef Dolle (Hrsg.): Das Rechnungs- und Kopialbuch der Kirche St. Jakobi in Gottingen 1416?1603. Einfuhrung und Edition (=  Veroffentlichungen des Instituts fur Historische Landesforschung der Universitat Gottingen . Nr.   59 ). Bielefeld 2014.
  5. Jill Redford (Hrsg.): The Cartulary of Alvingham Priory (=  Kathleen Major series of medieval records . Band   2 ). Woodbridge 2018.
  6. Christian Gastgeber , Otto Kresten (Hrsg.): Das Chartular des Paulos-Klosters am Berge Latros. Kritische Edition, Ubersetzung, Kommentar und Indices (=  Wiener byzantinistische Studien . Band   30 ). Wien 2015.
  7. Uwe Ohainski (Hrsg.): Urkundenbuch des Augustinerchorfrauenstiftes Dorstadt (=  Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Geschichte . Band   47 ). Hannover 2011.
  8. Theodore Evergates (Hrsg.): Littere Baronum. The Earliest Cartulary of the Counts of Champagne . Toronto 2015.