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Konzerthaus Berlin, 2015
Das
Schauspielhaus
am
Gendarmenmarkt
im
Berliner
Ortsteil
Mitte
, offizieller Name seit 1994
Konzerthaus Berlin
, ist seit 1984 die Spielstatte des Orchesters, das seit 2006 den Namen
Konzerthausorchester Berlin
tragt. Es wurde 1818 bis 1821 im Auftrag Konig
Friedrich Wilhelms III.
nach Planen
Karl Friedrich Schinkels
im Stil des
Klassizismus
errichtet. Im
Zweiten Weltkrieg
ausgebrannt, wurde das Schauspielhaus 1976 bis 1984 nach Planen
Ehrhardt Gißkes
als Teil des Gendarmenmarkts wiederaufgebaut.
Franzosisches Komodienhaus (links) und
Franzosischer Dom
am Gendarmenmarkt, Olgemalde von
Carl Traugott Fechhelm
, 1788
Konigliches Nationaltheater (rechts) und
Deutscher Dom
, 1815
Friedrich der Große
ließ in den 1770er Jahren den Gendarmenmarkt umgestalten. Nachdem die Pferdestalle des Reiterregiments ?Gens d’armes“ beseitigt waren, erbaute
Johann Boumann
hier bis 1776 das
Franzosische Komodienhaus
. Von 1778 bis 1786 stand das Haus leer. Friedrichs Nachfolger
Friedrich Wilhelm II.
erteilte 1786 dem Schauspieldirektor
Karl Theophil Dobbelin
, der bisher mit seiner Truppe im Theater in der Behrenstraße aufgetreten war, das Privileg, hier zu spielen. Die Mitglieder durften sich ?Koniglich Preußische allergnadigst generalprivilegierte National-Schauspieler“ nennen. Dobbelin geriet bald in finanzielle Schwierigkeiten und wurde 1787 entlassen. Danach setzte der Konig ein Direktorium ein, das u. a. aus
Johann Jakob Engel
und
Karl Wilhelm Ramler
bestand; in diesem Jahr wurde das Theater in
Konigliches Nationaltheater
umbenannt. Direktor des Hauses war von Dezember 1796 bis zu seinem Tod im September 1814
August Wilhelm Iffland
, der es durch verschiedene Reformen zum bedeutendsten Theater um 1800 machte. Auf seine Anregung hin ließ
Friedrich Wilhelm III.
im Jahr 1800 einen Neubau in Auftrag geben, der 1802 eroffnet wurde. Der Architekt war
Carl Gotthard Langhans
, der Erbauer des
Brandenburger Tors
.
Im Neubau, den die Zeitgenossen wegen seines auffalligen und asthetisch kritisierten
Bohlendaches
?Koffer“ nannten,
[1]
gab es einen großen Saal fur Schauspiele, einen uberwolbten Konzertsaal sowie in dem riesigen
Dachboden
einen
Malersaal
, in dem der Dekorationsmaler
Bartolomeo Verona
wirkte.
[2]
Seit 1811 war Iffland im Rang eines
Direktors der Koniglichen Schauspiele
.
[3]
[4]
Der Nachfolger Ifflands war
Carl Graf von Bruhl
aus
Seifersdorf bei Dresden
, ein Enkel des sachsisch-polnischen Premierministers
Heinrich Graf von Bruhl
. Von 1815 bis 1828 war er der
Intendant
der Koniglichen Schauspiele. Am 29. Juli 1817 brannte das von Langhans errichtete Theater wahrend der Proben zu Schillers
Die Rauber
vollstandig aus.
[5]
Entwurfszeichnung von
Karl Friedrich Schinkel
fur das Konigliche Schauspielhaus
Am 19. November 1817 vergab Konig Friedrich Wilhelm III. den Auftrag fur einen Neubau an Karl Friedrich Schinkel, der schon im April des folgenden Jahres seine Plane prasentierte; am 4. Juli 1818 wurde der Grundstein gelegt. Bei der Planung hatte der Architekt zahlreiche Auflagen berucksichtigen mussen. Alle wieder verwendbaren Teile des abgebrannten Theaters sollten genutzt werden, also die gesamten Fundamente, Teile des Mauerwerks sowie die Saulen des
Portikus
vor dem Haupteingang. Der Langhans-Bau hatte 2000 Zuschauerplatze gehabt; das neue Theater, als burgerliches Schauspielhaus konzipiert, sollte nur 1200 Zuschauern Platz bieten, um der Koniglichen Oper mit ihren 3000 Platzen auch nicht annahernd vergleichbar zu sein. Die fur den eigentlichen Theaterbetrieb notwendigen Raume ? Buhne und Zuschauerraum, Magazine, Werkstatten, Garderoben und Proberaume ? sollten erganzt werden durch einen Konzert- und Ballsaal, der auch privat angemietet werden konnte, durch Restaurant und Kuche, um moglichst okonomisch wirtschaften zu konnen und so das Konigshaus bei den laufenden Kosten zu entlasten. Auf wirksamen Brandschutz war besonders zu achten ? durch Wasserreservoirs, Wasserhebemaschinen und sichere Feuerstellen zur Beheizung der großen Raume.
Schauspielhaus, um 1825
Schinkel erfullte alle Forderungen und schuf dabei ein
asthetisch
uberzeugendes und richtungsweisendes Gebaude. Sein Konzept enthielt, in seinen eigenen Worten, ?1. alles das, was zum Theater und der Scenerie gehorte, 2. alles das, was zur Theater-Oeconomie gerechnet werden konnte, 3. alles das, was das Concert- und Festlokal bilden sollte“.
[6]
Die Dreiteilung der Aufgaben fand sich im Gebaude wieder. Den mittleren Abschnitt des bisher streng in Nord-Sud-Richtung angelegten Hauses erweiterte Schinkel nach Osten und Westen und brachte darin den Theatersaal unter; den Gesamteindruck, auch die Wirkung in Hinblick auf die
stadtebauliche
Situation, verstarkte er durch einen Oberbau mit einem zweiten
Giebel
. Die beiden Flugel des Gebaudes, genau auf den alten Fundamenten errichtet, enthielten links den Konzert- und Ballsaal, rechts die Wirtschaftsraume.
Als Vorbild fur die Gestaltung der
Fassade
diente das Thrasyllos-Monument in
Athen
, das 320 v. Chr. erbaut worden war, um an die Erfolge des Musikers Thrasyllos im musischen Wettstreit zu erinnern. Schinkel schrieb daruber: ?Ueber den Styl der Architektur, welchen ich dem Gebaude gab, bemerke ich nur im Allgemeinen, daß ich mich […] den griechischen Formen und Constructionsweisen anzuschließen bemuhte. Alle Gewolbe in Bogenlinien sind im Aeußeren sowohl als in den Hauptraumen des Inneren vermieden […]“ und ?Die Construction der
Pilaster
[…] schien mir dem Charakter eines offentlichen Gebaudes mehr zu entsprechen und mit dem
Peristyl
der Hauptfacade mehr in Harmonie zu treten, als gewohnliche Fenster, wozu noch der Vortheil entstand, daß mehr Licht fur das, wegen seiner bedeutenden Tiefe sonst sehr schwer im Innern zu beleuchtende Gebaude gewonnen wurde“.
[6]
Nach diesen Prinzipien entstand eine von Zeitgenossen als ?eigentumlich“ bezeichnete Netzstruktur mit großen Fensterflachen, die seit dem fruhen 20. Jahrhundert aber von funktional denkenden Architekten als Vorlaufer der modernen Architektur angesehen wird.
Die fur den Bau verwendeten Saulen waren aus
Sandstein
; fur die ganze Fassade ware das Material zu teuer gewesen, da es in der Nahe Berlins keine geeigneten Steinbruche gab. Das aus
Backstein
erbaute Haus erhielt durch
Putzquaderung
das Aussehen eines
Werksteingebaudes
. Einzelne Elemente des Gebaudes wie das Gurt- und das Hauptegsims, der
Portikus
, die
Plinthe
und großere
Pilaster
waren planmaßig mit Werkstein verkleidet worden. Im Jahr 1882 beschloss der Magistrat, weitere Werksteinverblendungen vornehmen zu lassen.
[7]
Die geputzte Oberflache war sehr witterungsempfindlich und damit kostspielig in der Instandhaltung, so dass die Fassade 1883/1884 nachtraglich mit Sandstein oder Naturwerkstein verblendet wurde.
Die Baufuhrung hatte der Architekt und Mitarbeiter Schinkels,
Heinrich Burde
,
[8]
unter Mitwirkung von
Wilhelm Berger
. Intendant Bruhl begleitete die Bauarbeiten begleitete wahrend der gesamten Zeit. Er lud zudem im Sommer 1817
Karl Friedrich Schinkel
auf sein heimatliches
Schloss Seifersdorf
ein, um die dortigen Umbaumaßnahmen zu besprechen.
Der untere Fries trug die lateinische Inschrift ?FRIDERICUS GUILELMUS III THEATRUM ET ODEUM INCENDIO CONSUMTA MAIORE CULTA RESTITUIT MDCCCXXI“ (deutsche Ubersetzung:
Friedrich Wilhelm III. hat das ausgebrannte Schauspielhaus und den Konzertsaal in großerer Pracht 1821 wiederaufgebaut
).
[9]
Reliefs und
Plastik
Apollo
im
Greifenwagen
von Tieck uber dem Haupteingang
Bronzeplastik von Tieck am Haupteingang
Das Bildprogramm fur den reichen
skulpturalen
Schmuck des Schauspielhauses entwickelte Schinkel seit 1819 in enger Zusammenarbeit mit dem Bildhauer
Christian Friedrich Tieck
, den er dazu eigens aus Italien zuruckgerufen hatte. Grundlagen waren die Funktion des Gebaudes und die Vorstellungswelt der klassischen
Antike
. Die vier
Giebel
reliefs zeigen uber dem Portikus die Gruppe der
Niobiden
, im Giebel daruber Sinnbilder der Buhnenkunst, auf der Nordseite ein
Bacchanal
, auf der Sudseite
Orpheus
und
Eurydike
. Dazu kam eine Vielzahl von einzelnen Statuen und Gruppen fur innen und außen. Insgesamt arbeitete Tieck mit Unterbrechungen uber 30 Jahre lang an der Ausgestaltung des Schauspielhauses, der Bildhauer Johann Balthasar Jacob Ratgeber setzte manche seiner
Stuckmodelle
in Sandstein um. Tiecks letzte Arbeiten an diesem Projekt waren zwei
Bronze
skulpturen, die zu beiden Seiten der großen
Freitreppe
vor der Hauptfassade stehen und die Macht der Musik symbolisieren: Lowe und Panther tragen musizierende Figuren, sogenannte
Puttos
auf ihren Rucken. An der Restaurierung der Skulpturen war ab 2007 der Berliner
Kupferschmied
und
Metallrestaurator
Peter Trappen
beteiligt.
Gendarmenmarkt mit Schauspielhaus und
Franzosischem Dom
, um 1910
Am 26. Mai 1821 wurde die Buhne in Anwesenheit des Konigs mit dem Versdrama
Iphigenie auf Tauris
von
Johann Wolfgang von Goethe
eingeweiht.
Carl Graf von Bruhl
, der damalige Intendant, pflegte die Freundschaft, die zwischen seinen Eltern
Christina Grafin von Bruhl
und
Hanns Moritz Graf von Bruhl
und Johann Wolfgang von Goethe entstanden war, uber viele Jahre fort. So bemuhte er sich auch darum, dass Goethes Stuck bei der Einweihung zur Auffuhrung kam. In der Folge wurde das Haus zwar weit uberwiegend als Sprechtheater genutzt, es fanden aber immer wieder auch Konzerte und Opernauffuhrungen statt. So dirigierte
Carl Maria von Weber
hier am 18. Juni 1821 die Urauffuhrung seiner Oper
Der Freischutz
. Auch dort setzte Carl von Bruhl Akzente. Er sorgte dafur, dass Weber die Oper fertig stellte und ebnete den Weg, dass die Oper in Berlin aufgefuhrt wurde. 1826 gab es die Berliner Erstauffuhrung der
9. Sinfonie
von
Ludwig van Beethoven
, 1829 gastierte der Violinvirtuose
Niccolo Paganini
, 1842 dirigierte
Felix Mendelssohn Bartholdy
, 1843 gab der Komponist und Klaviervirtuose
Franz Liszt
ein Gastspiel. Am 7. Januar 1844 leitete
Richard Wagner
seine Oper
Der fliegende Hollander
.
Generalintendant
der Koniglichen Schauspiele in Berlin war von 1815 bis 1828 Graf
Carl von Bruhl
aus
Seifersdorf (Wachau)
bei Radeberg. Uber die Verwaltungsarbeit hinaus war er lebhaft an Fragen der Auffuhrungspraxis interessiert, insbesondere an der historisch korrekten Ausstattung der Stucke. Durch eigene Entwurfe sorgte er dafur, dass die Kostume nicht aussahen ?wie sie durch Zufall und Laune entstanden sind, sondern wie sie ? nach den moglichst besten Quellen ? wirklich seyn sollen“. Er fand, dass auch die Dekorationen ?architektonisch und historisch richtig komponirt und, was die Landschaften betrifft, selbst in Bezug auf Pflanzen und Baume nach den verschiedenen Himmelsstrichen charakteristisch dargestellt seyn“ mussten.
[10]
In diesem Punkt konnte er mit Schinkel rechnen, der wahrend Bruhls Intendanz uber hundert Dekorationsentwurfe zu mehr als dreißig Stucken lieferte.
Das
Konigliche Schauspiel
im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt und die
Konigliche Oper
im Opernhaus an der Prachtstraße Unter den Linden bildeten den Theaterverbund
Konigliche Schauspiele
. Dieser war bereits am 18. Juni 1811 gegrundet worden, als Konig Friedrich Wilhelm III. den Schauspieler August Wilhelm Iffland zum Generaldirektor der Koniglichen Schauspiele ernannte.
[11]
Konigshaus und Adel intervenierten wiederholt, um das
Repertoire
zu beeinflussen.
Die Rauber
von
Friedrich Schiller
? vom Konig wegen erkennbarer Kritik am Feudalsystem abgelehnt ? durften zwischen 1819 und 1825 nicht aufgefuhrt werden.
Heinrich von Kleists
Prinz Friedrich von Homburg
kam 1828 erstmals in Berlin auf die Buhne, wurde aber, obwohl schon vorsorglich gekurzt, auf Einspruch des Konigs nach der dritten Auffuhrung wieder abgesetzt; eigenmachtiges, wenn auch erfolgreiches Handeln eines Offiziers wurde seinerzeit selbst auf der Buhne nicht akzeptiert. Der Spielplan des Jahres 1848 nennt 33 verschiedene Stucke, darunter nun doch
Die Rauber
,
Prinz Friedrich von Homburg
und
Hamlet
von
William Shakespeare
. Absolut dominierend waren jedoch triviale Lustspiele, Schwanke und
Vaudevilles
mit Titeln wie
Der Weg durchs Fenster
,
Der Rechnungsrath und seine Tochter
oder
Ein Heirathsprojekt
von Autoren wie
Charlotte Birch-Pfeiffer
,
August von Kotzebue
,
Eugene Scribe
und anderen.
[12]
Nach diesem Muster wurden auch die Spielplane der folgenden Jahrzehnte gestaltet. Wenigen Glanzstucken ? wie den Urauffuhrungen des Dramas
Penthesilea
von Heinrich von Kleist 1876 und der Traumdichtung
Hanneles Himmelfahrt
von
Gerhart Hauptmann
1893 ? standen viele Belanglosigkeiten gegenuber. In einer heutigen Betrachtung des Spielbetriebs heißt es: ?Das Konigliche Hoftheater schwankt […] zwischen burgerlichem Geschafts- und feudalem Staatstheater.“ Es musse als ?bevorzugte Reprasentationsstatte fur die adligen und großburgerlichen Publikumsschichten gelten“ und stutze sich ?den Publikumswunschen entsprechend im wesentlichen auf dekorativ uberlastete und sprechtechnisch uberlebte Prunkauffuhrungen klassischer Werke und bringt ferner Historiendramen oder anspruchslose Konversationsstucke franzosischer und deutscher
Provenienz
auf die Buhne.“
[13]
Kunstlerisch maßgebliche Theater Berlins waren um die Jahrhundertwende das
Lessingtheater
und vor allem das
Deutsche Theater
unter seinen Leitern
Otto Brahm
und
Max Reinhardt
.
- Im Revolutionsjahr 1848, als der Gendarmenmarkt ein wichtiger Schauplatz der politischen Ereignisse war, tagte die
Preußische Nationalversammlung
von September an fur mehrere Wochen im Großen Saal des Schauspielhauses.
- Theodor Fontane
war seit dem 17. August 1870 bei der liberal burgerlichen
Vossischen Zeitung
als Theaterkritiker speziell fur die Auffuhrungen im Schauspielhaus angestellt, verfolgte sie von seinem Eckplatz Nr. 23 im Parkett aus und machte sich mit seinen kritischen Texten im Theater keine Freunde. ?Schlecht ist schlecht, und es muss gesagt werden“ war sein
journalistisches
Motto.
[14]
Neben anderen kleineren Anderungen baute 1865
Friedrich August Stuler
Schinkels Konzertsaal zu einem kleinen Theater um. In den Jahren 1888/1889 erfuhr unter
Reinhold Persius
die Buhnentechnik eine Modernisierung, die Holzkonstruktionen wurden durch
betonummantelte
Stahltrager ersetzt und das Haus erhielt eine elektrische Beleuchtung. Aufsehenerregende Theaterbrande wie der
Ringtheaterbrand
in Wien und schließlich der
Brand im Iroquois Theater
in
Chicago
veranlassten in den Jahren 1904/1905 aus Brandschutzgrunden einen Umbau durch
Felix Genzmer
, der nur den inzwischen als Foyer genutzten Konzertsaal unberuhrt ließ. Der Bauherr war Konig
Wilhelm II.
, der ganz in seiner Rolle als Deutscher Kaiser aufging. Er forderte von Genzmer bei dieser Gelegenheit etwas zu schaffen, das ?der gesteigerten Machtstellung des Kaiserreiches“ entsprechen sollte. Dae Ergebnis war eine Neugestaltung des Theaters im Stil des
Neobarocks
, durchsetzt mit Elementen des
Neorokokos
und des
Jugendstils
. Die Freitreppe war zur reinen Kulisse geworden.
[15]
Im Jahr 1840 außerte sich der Schriftsteller und Journalist
Karl Gutzkow
kritisch uber das Gebaude:
?Wenn an einem offentlichen Gebaude die Fassade nicht einmal als Ein- und Ausgang benutzt wird, wenn man auf einer großen Freitreppe Gras wachsen sieht, so regt sich unwillkurlich das Gefuhl, das Unbenutzte auch fur eine Uberladung zu halten. Doch mogen die Kenner uber den außern architektonischen Wert des Schauspielhauses entscheiden! Das Innere […] hat ganz jenen gedruckten Miniatur- und Privatcharakter, den ein Haus, das fruher Nationaltheater hieß, nicht haben sollte. Es ware vielleicht nicht notig gewesen, dies Theater großer als fur 1200 Menschen zu bauen; aber warum dieser wunderliche Charakter der Isolierung in der Anlage des Ganzen? Ein Rang ist dem andern unsichtbar. Das Parterre und die Parkettlogen sehen nichts von den Rangen. […] Man kann Bruder und Schwester im Theater haben und sieht sie nicht.“
?
Karl Gutzkow
:
Berlin ? Panorama einer Residenzstadt
[16]
Der einflussreiche Theaterkritiker
Alfred Kerr
schrieb in seinen
Berliner Briefen
am 20. Januar 1895 uber das ?Konigliche Schauspielhaus“:
?Die jungen Madchen sind hier am holdesten, zahlreichsten und dummsten. Sie werden in dieses Theater lieber als in irgendein anderes gefuhrt, weil es am tugendlichsten ist. Und sie bewundern schwarmerisch und verehren, ohne es allzu sehr merken zu lassen, den kompakten Gliederbau des hubschen Herrn
Matkowsky
. Der Rest ist ein Milieu von militarischen und rustikalen Elementen, versetzt mit Beamtentum und abonnierten reichen
Spießburgern
.“
?
Alfred Kerr
:
Berliner Briefe
Nach dem Ende der Monarchie begann fur das Theater im
Freistaat Preußen
eine Zeit neuer kunstlerischer Qualitat, die ? in zwei sehr unterschiedlich gepragten Phasen ? bis 1944 anhielt. Das bisher
Konigliche Schauspiel
erhielt im Oktober 1919 den Namen
Preußisches Staatsschauspiel
und eine eigenstandige Intendanz, die nur noch der Form nach der Generalintendanz der Preußischen Staatstheater (bis 1918: Konigliche Schauspiele) unterstellt war. 1923 kam das
Schillertheater
in
Berlin-Charlottenburg
als zweite Spielstatte des Staatsschauspiels hinzu; 1932 wurde es wieder reprivatisiert.
Johanna Hofer
und
Fritz Kortner
in
Othello
, 1921
Erster Theaterleiter wurde
Leopold Jessner
?
SPD
-Sympathisant und rigoroser Erneuerer der Klassiker-Regie. Mit ihm geriet sein Theater ins Zentrum heftiger offentlicher Kontroversen. Jessner bevorzugte einen Regie-Ansatz deutlicher politischer Zeitbezuge. Sein Ziel war zunachst die Abrechnung mit dem untergegangenen Kaisertum und den noch immer einflussreichen alten Eliten. Formal benutzte er fur seine Auffuhrungen klassischer Stucke auch Elemente des
expressionistischen
Theaters: radikale Zuspitzung auf einen bestimmten Ideengehalt, expressiven Sprechgestus und ausdrucksstarke Bewegungen. Jessner polarisierte sein Publikum, die Reaktionen waren entweder Skandal oder Begeisterung. Schon seine erste Premiere im Dezember 1919 verursachte Tumulte im Theater. Friedrich Schillers
Wilhelm Tell
hatte er als modernes Freiheitsdrama auffuhren lassen, ohne jede Alpendekoration auf einer weitgehend kahlen, abgestuften Buhne, der bald sogenannten ?Jessner-Treppe“. Nachwuchsdramatiker wie
Ernst Barlach
,
Arnolt Bronnen
,
Hans Henny Jahnn
und
Carl Zuckmayer
fanden am Staatstheater Gelegenheit, ihre Stucke aufzufuhren.
[17]
Unter den gesellschaftlichen Bedingungen der labilen
Weimarer Republik
formierte sich bald Widerstand gegen Jessners Theater, das hergebrachte Autoritaten und burgerliche Selbstzufriedenheit in Frage stellte. Wirtschaftskrisen und politische Radikalisierung vergifteten das kulturelle Klima. Burgerlich-konservative und volkisch-
nationalsozialistische
Kreise machten Front gegen Jessner als Person ?
Antisemitismus
inbegriffen ?, und gegen seine Arbeit, die als Symbol fur die ungeliebte sozialdemokratische Kulturpolitik in Preußen galt. Wiederholte Anfragen im
Preußischen Landtag
operierten mit dem Verdacht von Misswirtschaft in der Fuhrung des Theaters. Jessner war verunsichert, machte inhaltliche und asthetische Konzessionen und verlor damit einigen Ruckhalt auch bei seinen Anhangern. Am 18. Januar 1930 zog er sich enttauscht vom Amt des Intendanten zuruck. Unmittelbarer Anlass war die vernichtende Kritik an der Auffuhrung des Stucks
Harte Bandagen
von Ferdinand Reyher. Im Theater am Gendarmenmarkt absolvierte er noch einige Regiearbeiten, bevor er 1933 ins
Exil
ging. Er starb 1945 in
Los Angeles
.
[17]
Nach dem Rucktritt Jessners ubernahm
Ernst Legal
die Intendanz des Schauspielhauses.
[18]
[19]
Vorubergehend ubernahm
Heinz Tietjen
, Generalintendant der Preußischen Staatstheater, zusatzlich die direkte Leitung des Schauspielhauses. Ihm wurden schon fur das Jahr 1932 enge Arbeitskontakte zu den Nationalsozialisten, den kommenden Machthabern nachgesagt ? was er in seinem spateren
Entnazifizierungsverfahren
bestritt.
[20]
Er behielt seinen Posten auch nach der ?
Machtergreifung
“ vom 30. Januar 1933 und verkundete wenige Tage spater die neuen Personalien: Intendant des Schauspielhauses wurde der politisch bislang eher neutrale
Weimarer
Intendant
Franz Ulbrich
, ihm beigeordnet als Chef
dramaturg
der engagierte NS-Schriftsteller
Hanns Johst
. Beide begannen noch im selben Jahr, das Ensemble von unerwunschten Mitgliedern im Sinne des neuen Regimes zu ?saubern“. Ihr Spielplan wurde beherrscht von Gegenwartsstucken, die der NS-Weltanschauung entsprachen. Die kunstlerische Substanz war unbefriedigend. Ein Ensemblemitglied, der Schauspieler
Hans Otto
, der in der Titelrolle des
Egmont
beruhmt geworden war, uberlebte das Jahr der ?Machtergreifung“ nicht ? er wurde als Mitglied der
KPD
von Nationalsozialisten ermordet.
Grundgens
als
Hamlet
, 1936
Gustaf Grundgens
hatte in der Saison 1932/1933 in Berlin den
Mephisto
in Goethes
Faust
gespielt. Der fuhrende Nationalsozialist
Hermann Goring
sah ihn, war nachhaltig beeindruckt und protegierte Grundgens bis zum Ende der
Zeit des Nationalsozialismus
. In seiner spateren Funktion als preußischer
Ministerprasident
berief Goring ihn am 26. Februar 1934 zum Intendanten des Theaters am Gendarmenmarkt, ernannte ihn zum
Preußischen Staatsrat
und 1937 zum Generalintendanten der preußischen Staatstheater. Grundgens’ kunstlerische Leistung war bei Freund und Feind unbestritten, aber fruhere Weggefahrten machten ihm aus dem Exil oder nach Kriegsende heftige Vorwurfe, weil er sich einem extremen Unrechtssystem um der eigenen Karriere willen angepasst habe. Grundgens erklarte dazu, er habe die Kunst schutzen wollen gegen die Politik. Erwiesen ist immerhin, dass er seine offiziellen Kontakte nutzte, um Ensemblemitgliedern zu helfen, die aus ?
rassischen
“ Grunden bedroht waren.
[21]
Als Grundgens am 7. November 1935 das Haus mit einer Inszenierung des
Egmont
mit Paul Hartmann in der Titelrolle und
Wilhelm Furtwangler
als Dirigenten der Musik
Beethovens
wiedereroffnen ließ, wurde dies von ?Antifaschisten und aufrechten Demokraten“ als ?Parallele zur finsteren Gegenwart“ und Bestarkung ihrer Haltung verstanden.
[22]
Das 1936 erschienene Buch
Mephisto ? Roman einer Karriere
von
Klaus Mann
enthalt sehr deutliche Anspielungen auf die ersten beiden Jahre des Wirkens Grundgens als
Generalintendant
am Schauspielhaus Berlin. Nach Grundgens’ Tod fuhrte ein von seinem Alleinerben
Peter Gorski
1966 erwirktes Verbot des Buches 1971 zu einer
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
, die noch heute maßgebliche Grundsatze fur die Schranken der Kunstfreiheit aufstellte. Grundgens wird politische Anpassung an die nationalsozialistischen Herrschaftsstrukturen vorgeworfen, er habe die Sympathien Gorings als beispielloser Opportunist zu seinem Aufstieg ausgenutzt und seine vorherigen Mitarbeiter eliminiert. Grundgens holte aber auch 1943
Bettina Moissi
an die Preußischen Staatstheater.
[21]
Kern der Erneuerung des Theaterwesens unter dem NS-Regime sollten ?
werkgetreue
“ Auffuhrungen der Klassiker sein. Der
Volkische Beobachter
vom 26. Marz 1936 beschrieb ruckblickend die Situation der
Weimarer
Verfallszeit
, in der nicht nur die falschen Stucke, sondern auch verfehlte Inszenierungen das Theater als moralische Anstalt zerstort hatten: ?Nur eine kleine Gemeinde intellektueller
Snobs
erfreute sich an diesem Experimentier-Kabarett […] Verschwunden war der ehrlich kampfende und sich dem Dichtwerk verbunden fuhlende Schauspieler und Theaterleiter […]“ Damit war im Wesentlichen auch Grundgens’ offizielle Einstellung beschrieben. Ein
Dusseldorfer
Manifest
, das er 1952 initiierte, richtete sich ?gegen eine willkurliche Interpretation der Dichtung durch ungerechtfertigte Experimente, die sich zwischen Werk und Zuhorer drangen“.
[21]
[23]
Die nationalsozialistische Theaterpolitik benutzte jenseits der reinen Propaganda einen traditionellen, auf die Bedurfnisse staatlicher Reprasentation und die kulturellen Vorlieben der burgerlichen Bevolkerungsteile zugeschnittenen ?unpolitischen“ Kunstbegriff. Der ?
Reichsminister fur Volksaufklarung und Propaganda
“
Joseph Goebbels
, fruher durchaus fasziniert von
agitatorischem
Theater, stellte schon 1933 fest, dass
weltanschaulich
korrekte, aber kunstlerisch durftige Stucke dem Prestige des Regimes schaden wurden. In diesem Punkt sicherte Grundgens sich besonders ab, nach einem Gesprach mit Goebbels notierte er: ?Keine
Tendenzstucke
, sondern Dichtungen mit Tendenz. Hier stellten wir beide ubereinstimmend fest, daß es im Grunde Kunst ohne Tendenz nicht gabe.“
[23]
So enthielten die Spielplane unter Grundgens zwar keineswegs vorwiegend Klassiker ? dieser Eindruck ist erst im Ruckblick entstanden ? aber auch kaum besagte Tendenzstucke. Das Repertoire war vielseitig ? mit einem großen Anteil an relativ leichter Unterhaltung ?, dabei politisch moglichst indifferent, und wurde mit hochkaratigen Schauspielern in ?werkgetreuen“ Auffuhrungen auf kunstlerisch hohem Niveau prasentiert.
[21]
Bekannte Schauspieler am Preußischen Staatstheater waren:
Axel von Ambesser
,
Charlotte Baste
,
Paul Bildt
,
Claus Clausen
,
Kathe Dorsch
,
Berta Drews
,
Erich Dunskus
,
Karl Etlinger
,
Elisabeth Flickenschildt
,
Werner Finck
,
Albert Florath
,
Walter Franck
,
Kathe Gold
,
Otto Graf
,
Gustaf Grundgens
,
Kathe Haack
,
Gunther Hadank
,
Paul Hartmann
,
Clemens Hasse
,
Elfriede Heisler
,
Paul Henckels
,
Marianne Hoppe
,
Malte Jaeger
,
Friedrich Kayssler
,
Eugen Klopfer
,
Gustav Knuth
,
Maria Koppenhofer
,
Hermine Korner
,
Viktor de Kowa
,
Werner Krauß
,
Hannsgeorg Laubenthal
,
Albert Lieven
,
Theo Lingen
,
Ursula Meißner
Bernhard Minetti
,
Lola Muthel
,
Franz Nicklisch
Heinz Ruhmann
,
Hans Stiebner
,
Walter Tarrach
,
Wolf Trutz
,
Aribert Wascher
,
Franz Weber
,
Pamela Wedekind
,
Paul Wegener
,
Antje Weisgerber
und
Walter Werner
.
Unter der Intendanz Grundgens erfuhr durch
Hans Grube
von Mai bis November 1935 die Buhnentechnik mit dem Einbau einer Drehbuhne eine durchgreifende Modernisierung. Zugleich verlangerte Grube die
Hinterbuhne
in voller Hohe als
Gebaudebrucke
zum gegenuberliegenden Haus
Charlottenstraße
55?56, wo sich, weit in den Hauserblock hineinziehend, Magazinraume fur Kulissen und Dekorationen anschlossen. Im Haus selbst stellte er durch Ruckbau die Innenraumgestaltung Schinkels in den Vorsalen und im Zuschauerraum weitgehend wieder her und das Treppenhaus bekam seine Verbindung zur Freitreppe zuruck.
[24]
Am 23. November 1943 brannte durch einen
alliierten Bombentreffer
der Sudflugel mit dem Konzertsaal aus. Der Spielbetrieb musste ab September 1944 infolge der
Theatersperre
eingestellt werden. Das bis dahin fast unversehrte Innere des Hauses verbrannte bei Kampfhandlungen in den letzten Tagen der
Schlacht um Berlin
.
[25]
Grubes Gebaudebrucke zum gegenuberliegenden Hauserblock an der Charlottenstraße wurde nach dem Krieg abgetragen.
Schauspielhaus und Franzosischer Dom, 1951
Schauspielhaus wahrend der Entkernung
Im Jahr 1976 beschloss die
SED
-Fuhrung, den seit 1950
Platz der Akademie
genannten Gendarmenmarkt zu einem ?geistig-kulturellen Zentrum der Kunst und Wissenschaft“ zu
rekonstruieren
, wobei das Schauspielhaus, da ausreichend Sprechtheater vorhanden waren, zum bisher vermissten Konzerthaus
Ost-Berlins
werden sollte. Die Leitung des Projekts hatten
Erhardt Gißke
,
Manfred Prasser
und Klaus Just.
[26]
Der
entkernte
Bau erhielt ein
Stahl
gerust, das die alten Mauern versteifte und dessen Maße aus dem Raster der Schinkelschen Außenfassade resultierten. Die Decken wurden in Beton gegossen, die Wande und Pfeilerverkleidungen aufgemauert. Der plastische Dekor wurde aus
Gips
oder
Stuck
gearbeitet.
[27]
Am Interieur arbeiteten ohne Rucksicht auf die Kosten rund 90 Bau- und Spezialfirmen fast drei Jahre. Im Ergebnis vermittelt die historisierende Neuschopfung des Innenlebens eine gute Vorstellung vom Charakter des Originals.
[28]
Bei der Neugestaltung des Gendarmenmarktes konnten die dort erhalten gebliebenen Teile des Magazin- und Funktionsbereichs des Schauspielhauses in seine Rekonstruktion einbezogen werden. Seither befinden sich im wiederaufgebauten Intendanzgebaude in der Hauserreihe Charlottenstraße 55?59 und den angrenzenden Grundstucken des Hauserblocks vis-a-vis dem Buhneneingang des Konzerthauses erneut Betriebs- und Verwaltungsraume des Schauspielhauses sowie Probesale und Studioraume des
Berliner Sinfonie-Orchesters
(beziehungsweise spater Konzerthausorchester), darunter Vorratsraume, zum Beispiel fur die Bestuhlung, die durch Tunnels und Spezialfahrstuhle unterirdisch mit dem Schauspielhaus verbunden sind. Die
Hochschule fur Musik Hanns Eisler
wurde 1987 aus der
Otto-Grotewohl-Straße
in den nordlichen Teil des Hauserblocks verlegt, wodurch Grubes Kulissenmagazin zu ihrem großen Saal ausgebaut werden konnte.
[29]
Am 1. Oktober 1984 wurde das rekonstruierte Schauspielhaus feierlich eingeweiht. Es dient seither als Sitz des Konzerthauses.
Das Schauspielhaus war die
Spielstatte
folgender
Ensembles
:
Konigliches Schauspiel
(1821?1918),
Preußisches Staatsschauspiel
(1918?1933),
Staatliches Schauspiel
(1933?1945),
Konzerthaus Berlin
(seit 1984).
[30]
Buhne des Großen Saales bei einem Konzert
Der Haupteingang fur den Konzertalltag befindet sich, wie schon zu Schinkels Zeiten, ebenerdig unter der Treppe. Die Passage diente ursprunglich als Vorfahrt. Von der Eingangshalle fuhrt der Weg uber die Garderoben seitlich in die Treppenhauser, die die drei Teile des Hauses separieren. Der Mitteltrakt wird uber der Eingangshalle vom Großen Saal ausgefullt, im Sudflugel befinden sich ubereinander der Musikclub, der Ludwig-van-Beethoven-Saal (Foyer) und der Kleine Saal, im Nordflugel der Besucherservice mit Cafe, der Carl-Maria-von-Weber-Saal (Foyer) und der Werner-Otto-Saal.
Der rechteckige Große Saal bietet im Parkett und den zwei Rangen rund 1500 Zuschauern Platz. Er ist eine vergroßerte Adaption des Schinkelschen Konzertsaals, von dem zahlreiche Einzelheiten des Dekors wie die Gestaltung der Wandfelder, der Balkone, der Decke und die ionischen Saulen an den Schmalseiten abgeschaut sind. 16 der 28 lebensgroßen Plastiken antiker Mythenfiguren wurden nach historischen Vorbildern modelliert. Die Konzert
orgel
uber dem Orchesterpodium stammt von der traditionsreichen Dresdner Orgelbaufirma
Jehmlich
, sie zahlt 74
Register
und 5801 klingende Pfeifen.
Der Große Saal des Konzerthauses gehort akustisch zu den besten symphonischen Konzertsalen der Welt. Die
Nachhallzeit
liegt mit 2,0 Sekunden bei mittleren
Frequenzen
mit Publikum und 2,2 Sekunden bei den tiefen Frequenzen nur wenig uber den Werten, die Raumakustiker als Optimum fur einen symphonisch genutzten Konzertsaal ansehen.
[31]
Beiderseits des Großen Saals, auf einer Ebene mit dem Parkett, befinden sich die beiden Foyers: Der Carl-Maria-von-Weber-Saal im Nordflugel wird von korinthischen Saulen und olivgrunen Wandflachen bestimmt, der hell gehaltene Ludwig-van-Beethoven-Saal im Sudflugel ist gepragt von zwei ionischen Saulenreihen. Uber den Foyers, in Hohe des zweiten
Balkons
des Konzertsaals, liegen zwei weitere Konzertsale: der
neo-schinkelsche
Kleine Saal und, am Ort des einstigen Probensaals, der nach dem Versandhausgrunder und Mazen benannte Werner-Otto-Saal, eine ganz in Schwarz gefasste, bei Bedarf fensterlose und durch Hubpodien flexibel zu gestaltende
Black Box
, die insbesondere fur zeitgenossische Konzert- und Musiktheaterauffuhrungen genutzt wird.
Die kleinste Auffuhrungsstatte ist der rund 80 Zuschauer fassende Musikclub im Erdgeschoss des Sudtrakts, der vor allem fur szenische Produktionen, Lesungen und Kindervorstellungen genutzt wird. 2004 wurde im Erdgeschoss des Nordtrakts der neue Besucherservice mit dem Cafe eroffnet, ein schlichter, ganz in Schwarz und Weinrot gehaltener Raum. An der Ruckfront des Hauses liegen, uber alle Geschosse verteilt, die Musikerzimmer, die Solisten- und Dirigentengarderoben, wenige Buros und die den Kunstlern und Mitarbeitern des Konzerthauses vorbehaltene Kantine.
Im Jahr 1952 als
Berliner Sinfonie-Orchester
(BSO) gegrundet, erfuhr das heutige
Konzerthausorchester Berlin
von 1960 bis 1977 unter Chefdirigent
Kurt Sanderling
seine entscheidende Profilierung und internationale Anerkennung.
[32]
Feste Spielstatte war ab 1984 das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, das 1994 in Konzerthaus Berlin umbenannt worden war. ? Das Orchester tragt seit 2006 den Namen
Konzerthausorchester Berlin
. Chefdirigent von 2012 bis 2018 war
Ivan Fischer
. Seit 2018 ist er dem Klangkorper als Ehrendirigent verbunden. Von 2017 bis 2022 ubernahm
Juraj Val?uha
die Position des Ersten Gastdirigenten. Ab 2019 war
Christoph Eschenbach
fur vier Spielzeiten Chefdirigent des Konzerthausorchesters. Seit der Saison 2023/24 leitet
Joana Mallwitz
das Orchester als Chefdirigentin.
Im Jahr 2019 hatte das Konzerthausorchester uber 12.000 Abonnenten, was mit die großte Stammhorerschaft eines klassischen Orchesters in Deutschland ist. Daruber hinaus ist es regelmaßig national und international auf Tourneen und Festivals zu horen. An der 2010 gegrundeten heutigen
Kurt-Sanderling-Akademie
wird hochbegabter Orchesternachwuchs ausgebildet.
Die
Orgel
im Großen Saal des Konzerthauses Berlin, 1983/1984 von der Firma
Jehmlich Orgelbau
Dresden
erbaut, verfugt auf vier
Manualen
und
Pedal
uber 74 klingende
Register
mit insgesamt 5811 Pfeifen. Im Jahr 1994 wurde die Orgel durch einige
Zusatzregister
(Glockenspiel, zwei
Zimbelsterne
, Vogelgeschrei und Kuckuck) erweitert und erhielt eine neue
Setzeranlage
mit nun insgesamt 256 Setzerkombinationen. Außerdem steht seitdem neben dem mechanisch angespielten Hauptspieltisch ein elektrischer Podiumsspieltisch zur Verfugung, der je nach Bedarf installiert werden kann.
[33]
Die Orgel war hauptsachlich dafur gedacht, Choren und Orchestern bei klassisch-
romantischer
und
zeitgenossischer Musik
als Partner zu dienen, war aber von vornherein auch fur den solistischen Einsatz vorgesehen. Die Erbauerfirma aus
Dresden
steht in der Tradition des
sachsischen
, auf
Gottfried Silbermann
fußenden Orgelbaus, was in der Berliner Konzerthausorgel mit ihrem weichen Klang seinen Ausdruck findet. Auf dem Instrument ist ein breites Repertoire darstellbar, der Schwerpunkt wurde auf die Musik des 19.?21. Jahrhunderts gelegt. Der in klassizistischen Formen gehaltene Prospekt fugt sich organisch in das Raumganze ein.
I Positiv
C?c
4
|
Holzgedackt
|
0
8′
|
Quintaton
|
0
8′
|
Prastant
|
0
4′
|
Rohrflote
|
0
4′
|
Oktave
|
0
2′
|
Blockflote
|
0
2′
|
Oktave
|
0
1′
|
Terzian II
|
Zimbel III
|
Vox humana
|
0
8′
|
Tremulant
|
|
II Hauptwerk
C?c
4
|
Prinzipal
|
16′
|
Oktave
|
0
8′
|
Koppelflote
|
0
8′
|
Viola di Gamba
|
0
8′
|
Oktave
|
0
4′
|
Spitzflote
|
0
4′
|
Quinte
|
0
2
2
⁄
3
′
|
Oktave
|
0
2′
|
Waldflote
|
0
2′
|
Mixtur IV?V
|
Scharf IV
|
Cornett V
(ab g
0
)
|
0
8′
|
Trompete
|
16′
|
Trompete
|
0
8′
|
Span. Regal
|
0
8′
|
|
III Oberwerk
C?c
4
|
Quintade
|
16′
|
Prinzipal
|
0
8′
|
Weitgedackt
|
0
8′
|
Oktave
|
0
4′
|
Blockflote
|
0
4′
|
Nasat
|
0
2
2
⁄
3
′
|
Oktave
|
0
2′
|
Terz
|
0
1
3
⁄
5
′
|
Quinte
|
0
1
1
⁄
3
′
|
Sifflote
|
0
1′
|
Tonus fabri II
|
Scharfzimbel V
|
Holzdulzian
|
16′
|
Cromorne
|
0
8′
|
Rohrschalmei
|
0
4′
|
Tremulant
|
|
IV Schwellwerk
C?c
4
|
Lieblich Gedackt
|
16′
|
Zartgeige
|
16′
|
Flotenprinzipal
|
0
8′
|
Querflote
|
0
8′
|
Salicional
|
0
8′
|
Schwebung
|
0
8′
|
Oktave
|
0
4′
|
Dulzflote
|
0
4′
|
Schweizerpfeife
|
0
2′
|
Rep. Septime
|
0
4
⁄
7
′
|
Sesquialtera II
|
0
|
Plein jeu V?VI
|
Terzzimbel III
|
Cor anglais
|
16′
|
Trompette harmonique
|
0
8′
|
Hautbois
|
0
8′
|
Clairon
|
0
4′
|
Tremulant
|
|
Pedal
C?f
1
|
Prinzipal
|
16′
|
Subbass
|
16′
|
Zartbass
|
16′
|
Quinte
|
10
2
⁄
3
′
|
Oktavbass
|
0
8′
|
Holzflote
|
0
8′
|
Choralbass
|
0
4′
|
Koppelflote
|
0
4′
|
Nachthorn
|
0
2′
|
Hintersatz IV
|
Pedalmixtur IV
|
Kontrafagott
|
32′
|
Posaune
|
16′
|
Dulzian
|
16′
|
Trompete
|
0
8′
|
Feldtrompete
|
0
4′
|
Singend Cornett
|
0
2′
|
|
- Koppeln
:
I/II, III/II, IV/II, IV/III, I/P, II/P, III/P, IV/P
- Nebenregister
:
Zwei
Zimbelsterne
,
Kuckuck
, Vogelschrei, Glockenspiel (Oberwerk, g
0
?g
2
)
- Spielhilfen
:
256-fache
Setzeranlage
, Tutti, diverse Absteller,
Crescendowalze
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des
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vom 20. Juli 2012 im
Internet Archive
)
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52.513611111111
13.392222222222
Koordinaten:
52° 30′ 49″
N
,
13° 23′ 32″
O