Karl der Kahle

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Stifterbild aus dem Gebetbuch Karls des Kahlen , dem altesten uberlieferten Gebetbuch eines Konigs des Mittelalters
 Reich Karls des Kahlen nach dem Vertrag von Verdun 843
 Reich Karls des Kahlen nach dem Vertrag von Meerssen 870
Karl II. thront zwischen zwei Waffentragern und weiblichen Personifikationen der Lander Francia und Gothia , Miniatur aus dem Codex aureus von St. Emmeram , Reims um 870. Daran angelehnt ist die Darstellung Kaiser Heinrichs II. in seinem Sakramentar
Der von Leibwachtern und Begleitern umgebene Karl empfangt eine Delegation von Monchen aus dem Kloster Tours , die im Auftrag ihres Abts Vivian eine Bibel uberbringt (Widmungsbild der Vivians-Bibel , 875; Paris, Bibliotheque nationale de France, Ms. lat. 1, fol. 423r).
Miniatur aus dem Sakramentar Karls des Kahlen : der Herrscher zwischen den Papsten Gregor IV. und Johannes VIII.

Karl II. (* 13. Juni 823 in Frankfurt ; † 6. Oktober 877 in Avrieux bei Modane ), auch: Karl der Kahle (franzosisch: Charles II dit le Chauve), aus dem Adelsgeschlecht der Karolinger war von 843 bis 877 westfrankischer Konig und von 875 bis 877 Konig von Italien und Romischer Kaiser .

Karl war der jungste Sohn Ludwigs des Frommen aus dessen zweiter Ehe mit Judith . Nach der von Karl veranlassten Hinrichtung des Grafen Bernhard von Septimanien im Jahr 844 kam jedoch die Vermutung auf, er sei wegen Ehebruchs mit Karls Mutter getotet worden. Vor allem Karls rivalisierende Bruder schurten das Gerucht, dass Karl moglicherweise gar nicht Ludwigs Sohn sei, sondern der Nachkomme von Bernhard aus dessen Beziehung zu Judith.

Seine seitens der Wissenschaft stets angenommene Erziehung durch Walahfrid Strabo , der im Jahr 829 nach Aachen an den Hof Ludwigs des Frommen berufen worden war, scheint durch die neuere Forschung widerlegt. [1]

Sein Beiname der Kahle konnte darauf hindeuten, dass Karl vor dem Reichstag in Worms 829 im Gegensatz zu seinen alteren Brudern bei der Aufteilung des Frankenreiches nicht berucksichtigt worden war, bis zu diesem Zeitpunkt also kahl im Sinne von landlos/besitzlos war.

Im Alter von sechs Jahren wurde Karl im August 829 zum dux Alemanniae ernannt. Bereits 838 wurde er zum Unterkonig von Neustrien (nordliches Frankreich) gekront. Nach dem Tod Kaiser Ludwigs 840 und dem gemeinsam mit Ludwig dem Deutschen errungenen Sieg uber den altesten Bruder Lothar I. in der Schlacht von Fontenoy 841 fiel im Vertrag von Verdun 843 das westliche Drittel des Reichs von den Pyrenaen bis zur Schelde an Karl. Wenig spater wurde ihm von seinen Getreuen der ihn in seiner Machtfulle stark einschrankende Vertrag von Coulaines (November 843) aufgezwungen. Dem dadurch konsolidierten Westfrankenreich fugte er 848 schließlich, nach der Absetzung seines Neffen Pippin II. , die direkte Herrschaft uber Aquitanien hinzu.

Er erließ 864 das Edictum Pistense , in dem erstmals in Europa gesetzlich festgeschrieben wurde, welche Eigenschaften Geldmunzen haben mussten, um als umlauffahiges Zahlungsmittel anerkannt zu werden. [2]

Nach dem Tod Lothars II. 869, des Herrschers im nordlichen Drittel des 855 von Lothar I. geteilten Mittelreiches , versuchte er, dessen gesamtes Gebiet seinem Westreich anzuschließen, musste es jedoch 870 im Vertrag von Meerssen mit seinem Halbbruder Ludwig dem Deutschen teilen.

Das Westfrankenreich wurde in seiner Regierungszeit mehrmals von Wikingerangriffen heimgesucht. 845 erschien eine große Wikingerflotte vor Paris, angefuhrt von einem gewissen Ragnar ; die Wikinger zogen erst nach der Zahlung eines hohen Geldbetrags wieder ab. Dem sollten noch weitere Belagerungen durch Wikinger in den Jahren 856, 865 und 866 folgen. Karl erwies sich als unfahig, eine effektive und nachhaltige Verteidigung zu organisieren, was wahrend der Zeit seiner Herrschaft mit zum Niedergang der politischen Macht des Konigtums und zum Erstarken des hohen Adels beitrug.

Nach dem Tode seines kinderlos gebliebenen Neffen Ludwig II. von Italien im Jahre 875 erbte er dessen italienisches Konigreich, zu dem seit dem Tode seines Neffen Karl von der Provence im Jahre 863 auch der Großteil Burgunds gehorte. Am 25. Dezember 875 wurde Karl in Rom zum romischen Kaiser gekront. Anfang 876 erfolgte im Beisein des Erzbischofs Ansbert von Mailand die Kronung zum Konig der Langobarden.

Karl selbst starb im Oktober 877 und wurde in Nantua bestattet, spater in die Basilika Saint-Denis umgebettet. Bei der Plunderung der Konigsgraber von Saint-Denis wahrend der Franzosischen Revolution wurde sein Grab am 18. Oktober 1793 geoffnet und geplundert, seine Uberreste wurden in einem Massengrab außerhalb der Kirche beerdigt.

Karls Erben waren im Westfrankenreich sein Sohn Ludwig der Stammler und in Italien sein ostfrankischer Neffe Karlmann , altester Sohn des ostfrankischen Konigs Ludwig des Deutschen; in Burgund begrundete 879 Boso von Vienne das Konigreich Niederburgund .

Karl hat zweimal geheiratet:

Von Irmentrud hatte er neun Kinder:

Von Richildis hatte er mindestens drei Kinder: [3]

  • Rothild (* wohl 871; † 928/929), ? um 890 Graf Roger von Maine († 900)
  • unsicher: Drogo (* 872/873; † 873/874)
  • unsicher: Pippin (* 872/873; † 873/874)
  • ein Kind (* 23. Marz 875; † bald nach der Geburt)
  • Karl (* 10. Oktober 876; † vor 7. April 877)
Commons : Karl der Kahle  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Irmgard Fees: War Walahfrid Strabo der Lehrer und Erzieher Karls des Kahlen? In: Matthias Thumser. Annegret Wenz-Haubfleisch, Peter Wiegand (Hrsg.): Studien zur Geschichte des Mittelalters. Jurgen Petersohn zum 65. Geburtstag. Theiss, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1448-4 , S. 42?61.
  2. ?Edictum Pistense 864“. In: Alfred Boretius, Victor Krause edd. MGH , Capitularia regum Francorum, 2. Hannover 1897.
  3. Nachkommen aus der Ehe mit Richildis nach Brigitte Kasten : Kaiserinnen in karolingischer Zeit . In: Amalie Foßel (Hrsg.): Die Kaiserinnen des Mittelalters . Pustet, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7917-2360-0 , S.   11?34, hier S. 24 .
Vorganger Amt Nachfolger
Reichsteilung Konig des Westfrankenreiches
843?877
Ludwig der Stammler
Pippin I. Konig der Franken / Teilreich Aquitanien
838?845
Pippin II.
Ludwig II. Konig von Italien / Konig der Langobarden
875?877
Karlmann
Ludwig II. Romischer Kaiser
875?877
Karl der Dicke