Karl Ubl

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Karl Ubl (* 15. Mai 1973 in Wien ) ist ein osterreichischer Historiker . Er lehrt seit 2011 als Professor fur Mittelalterliche Geschichte mit dem Schwerpunkt Fruh- und Hochmittelalter an der Universitat zu Koln .

Karl Ubl studierte von 1991 bis 1995 Geschichte, Philosophie und Historische Hilfswissenschaften an der Universitat Wien . Von 1992 bis 1995 absolvierte er den Ausbildungslehrgang am Institut fur Osterreichische Geschichtsforschung . 1996/1997 folgte der Wehrdienst. 1999/2000 wurde er an der Universitat Heidelberg promoviert mit einer von Jurgen Miethke betreuten Untersuchung uber Engelbert von Admont . Ubl war von 2001 bis 2007 Assistent fur mittelalterliche Geschichte bei Wilfried Hartmann an der Universitat Tubingen . 2007 erfolgte in Tubingen seine Habilitation in mittelalterlicher Geschichte und Historischen Hilfswissenschaften. Seit 2008 war er in Tubingen Akademischer Rat fur mittelalterliche Geschichte. Im Sommersemester 2009 lehrte er fur Frank Rexroth als Vertretungsprofessor fur Geschichte des Hoch- und Spatmittelalters an der Universitat Gottingen . Im Wintersemester 2010/2011 und im Sommersemester 2011 war Ubl wegen eines Forschungsjahres am Institute for Advanced Study tatig.

Seit dem Wintersemester 2011/2012 lehrt er in der Nachfolge von Klaus Zechiel-Eckes als Professor fur mittelalterliche Geschichte mit Schwerpunkt Fruh- und Hochmittelalter an der Universitat zu Koln . Seit 2011 ist er im Wissenschaftlichen Beirat der Historischen Zeitschrift . Im Jahre 2014 war er Gastprofessor an der Ecole pratique des hautes etudes . Seit 2014 ist Ubl Mitglied des Konstanzer Arbeitskreises fur mittelalterliche Geschichte . Seit 2015 ist er Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica . Im Februar 2017 lehnte er den Ruf auf die mit der MGH -Prasidentschaft verbundene Professur fur Mittelalterliche Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universitat Munchen ab. [1] Ubl leitet zusammen mit Gudrun Gersmann die 2018 gegrundete ?Forschungsstelle Geschichte Kolns“. [2] Er ist Mitglied der Vereinigung fur Verfassungsgeschichte .

Im Jahr 2023 wurde Ubl zum korrespondierenden Mitglied der British Academy gewahlt und 2024 wurde er Corresponding Fellow der Medieval Academy of America .

Forschungsschwerpunkte

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Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der politischen Theorie, die Bildungsgeschichte im Spatmittelalter, die Geschichte der Stadt Koln im fruhen Mittelalter, die Edition der Gutachten des Jean de Pouilly zum Templerprozess sowie die Rechtsgeschichte im Fruhmittelalter. Mit seiner Dissertation veroffentlichte er die erste umfangreiche Arbeit zu Engelbert von Admont . [3] Er legte den Speculum virtutum Engelberts von Admont zum ersten Mal in einer kritischen Edition vor. Dieser war bis dahin nur in einem Abdruck des Melker Stiftsbibliothekars Bernhard Pez nach einer fehlerhaften Handschrift des Wiener Schottenklosters zuganglich. [4] Gemeinsam mit William J. Courtenay wurden zwei Quaestiones des Jean de Pouilly und ein Gutachten, das unter Vorbehalt dem koniglichen Rat Guillaume de Plaisians zugewiesen wird, erstmals in vollstandiger Edition vorgelegt. Mit der Edition liegt eine wichtige Veroffentlichung fur den Bereich der Templer-, Rechts- und Universitatsgeschichte vor. [5] Seine Habilitationsschrift behandelt die Entwicklung und die Geschichte des kanonischen Inzestverbotes im Zeitraum von 300 bis 1100. [6] Ubl begrundet den hohen Stellenwert des Inzestverbotes im Fruhmittelalter mit ?dem Bedurfnis nach der Herstellung einer offentlichen Ordnung in einem Zeitalter ihrer zunehmenden Erosion [...] weil Ehe und Familie unter den Bedingungen der Entdifferenzierung des Rechtswesens in hoherem Maße als Grundlagen der sozialen Integration angesehen wurden und infolgedessen einer hoheren Aufmerksamkeit und Regulierung in moralischer, theologischer und auch juristischer Hinsicht fur notig befunden wurden“. [7] Ludwig Schmugge wurdigte die Arbeit als einen ?Meilenstein in der Erforschung der Inzestgesetzgebung“. [8] Nach Johannes Fried kann die Bedeutung der Untersuchung ?fur die Sozial- und Adelsgeschichte der behandelten Epoche und damit fur die Allgemeingeschichte nicht hoch genug veranschlagt werden kann.“ [9]

Anlasslich des dritten Todestages von Klaus Zechiel-Eckes fand im Februar 2013 eine Tagung an der Universitat zu Koln statt. Die Beitrage gab Ubl zusammen mit Daniel Ziemann 2015 heraus. [10] Im Jahr 2014 veroffentlichte er eine Uberblicksdarstellung uber die Karolinger . [11] Die Besonderheit des Karolingerreiches ist fur Ubl die ?enge Verschrankung von Religion und Politik, kirchlichen Institutionen und Konigtum, Theologie und Herrschaftsreprasentation“. [12] Die epochale Bedeutung der Karolinger fur die europaische Geschichte sieht Ubl vor allem darin, ?den ehemaligen Westen des romischen Reiches mit einer neuen Schicht kultureller Homogenitat uberzogen zu haben“. [13] Er veroffentlichte 2017 ein Buch uber die Lex Salica . [14] Dabei berucksichtigte er nicht nur die fruheste, sondern die Gesamtuberlieferung, die sich auf fast neunzig Handschriften stutzt. Er versteht seine Darstellung uber dieses Rechtsdokument ?als einen Beitrag zur Kulturgeschichte des Rechts. Es beruht auf der Annahme, dass sich die Bedeutung von Normen erst durch die Berucksichtigung der religiosen, moralischen, politischen und kulturellen Uberzeugungen einer Gemeinschaft erschließt“. [15] Die Lex Salica hat fur ihn eine ?gemeinschaftsbildende Funktion“, die einen bedeutenden ?Beitrag zur Integration und Stabilisierung“ leistete. [16]

Die Nordrhein-Westfalische Akademie der Wissenschaften und Kunste fordert ab 2014 mit insgesamt 5,28 Millionen Euro Ubls Neuedition der frankischen Herrschererlasse (? Kapitularien “) der Karolinger im Rahmen der Monumenta Germaniae Historica. Das Projekt hat eine Laufzeit von 16 Jahren. Die Kapitularien zahlen zu den wichtigsten Quellen in der Geschichte des Frankenreichs vom 6. bis zum 10. Jahrhundert. Die einzelnen Sammlungen von Kapitularien sollen digitalisiert werden, und es sollen die Kapitularien in der Form, in der sie vom Herrscher ausgingen, aus den einzelnen Sammlungen erschlossen werden. [17] Die Arbeit an der Neuedition der karolingischen Kapitularien bot auch den Anlass fur eine erneute Bestandsaufnahme Pippins des Jungeren , des ersten karolingischen Konigs. Zum 1250. Todestag Pippins des Jungeren wurde im September 2018 an der Universitat zu Koln eine Tagung mit Forschern aus dem In- und Ausland abgehalten. Dabei wurden die Veranderungen in der Zentrale der Konigsherrschaft sowie die Beziehungen zwischen dem Zentrum und der Peripherie des Frankenreichs thematisiert. [18] Damit widmete sich erstmals eine Tagung ausschließlich diesem Konig. Die Beitrage der Tagung gaben Ubl und Patrick Breternitz 2020 heraus. [19]

Fur die von Werner Eck herausgegebene Geschichte der Stadt Koln verfasste er den Band zwischen der Spatantike und dem Hochmittelalter . Es steht in seiner Darstellung nicht die Formierung der bischoflichen Stadtherrschaft, sondern die Entwicklung der Stadt zum ?Heiligen Koln“ im Mittelpunkt. Ubl legte mit diesem Werk nicht nur eine umfassende Arbeit zur Geschichte dieser Stadt fur die Zeit von 400 bis 1100 vor, sondern zeigt auch beispielhaft, wie mit den methodischen Herausforderungen einer quellenarmen Zeit umzugehen ist. [20]

Monographien

  • Koln im Fruhmittelalter (400?1100). Die Entstehung einer heiligen Stadt (= Geschichte der Stadt Koln. Bd. 2). Greven, Koln 2022, ISBN 978-3-7743-0440-6 .
  • Sinnstiftungen eines Rechtsbuchs. Die Lex Salica im Frankenreich (= Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter. Bd. 9). Thorbecke, Ostfildern 2017, ISBN 978-3-7995-6089-4 .
  • Die Karolinger. Herrscher und Reich (= Beck’sche Reihe. Bd. 2828). Beck, Munchen 2014, ISBN 978-3-406-66175-4 .
  • mit William J. Courtenay: Gelehrte Gutachten und konigliche Politik im Templerprozeß (= Monumenta Germaniae historica. Bd. 51). Hahn, Hannover 2010, ISBN 978-3-7752-5711-4 .
  • Inzestverbot und Gesetzgebung. Die Konstruktion eines Verbrechens (300?1100) (= Millennium-Studien. Bd. 20). De Gruyter, Berlin u. a. 2008, ISBN 978-3-11-020296-0 (Zugleich: Tubingen, Universitat, Habilitations-Schrift, 2007).
  • Die Schriften des Alexander von Roes und des Engelbert von Admont. Teil 2: Speculum virtutum , Hahn, Hannover 2004, ISBN 3-7752-0300-1 .
  • Engelbert von Admont. Ein Gelehrter im Spannungsfeld von Aristotelismus und christlicher Uberlieferung. Oldenbourg, Wien 2000, ISBN 3-7029-0449-2 (Zugleich: Heidelberg, Universitat, Dissertation, 1999/2000).

Herausgeberschaften

  • mit Bernhard Jussen : Die Sprache des Rechts. Historische Semantik und karolingische Kapitularien (= Historische Semantik. Bd. 33). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2022, ISBN 978-3-525-31141-7 .
  • mit Patrick Breternitz: Pippin der Jungere und die Erneuerung des Frankenreichs (= Relectio. Bd. 3). Thorbecke, Ostfildern 2020, ISBN 978-3-7995-2803-0 .
  • mit Daniel Ziemann: Falschung als Mittel der Politik? Pseudoisidor im Licht der neuen Forschung. Gedenkschrift fur Klaus Zechiel-Eckes (= Monumenta Germaniae historica. Studien und Texte. Bd. 57). Harrassowitz, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-447-10335-0 .
  1. Marc-Aeilko Aris: Monumenta Germaniae Historica. Bericht uber das Jahr 2016/17. In: Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 73 (2017), S. I?XVII, hier: S. I.
  2. Oliver Jungen: Heimatforschungsstelle. Colonia neglecta. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung , 13. Juni 2018, Nr. 134, S. N3.
  3. Vgl. dazu die Besprechung von Alexander Fidora in: Historische Zeitschrift 277 (2003), S. 183?185.
  4. Vgl. dazu die Besprechung von Lotte Kery in: Historische Zeitschrift 285 (2007), S. 178?180.
  5. Vgl. dazu die Besprechungen von Matthias Heiduk in: Historische Zeitschrift 294 (2012), S. 494; Wolfram Benzinger in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 91 (2011), S. 517?518 ( online ); Piotr Gotowko in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung fur Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 99 (2013), S. 444?450.
  6. Vgl. dazu die Besprechungen von Ludolf Kuchenbuch in: Historische Anthropologie 20 (2012), S. 259?262; John Moorhead in: Francia-Recensio (2010), 3 ( online ); Ludwig Schmugge in: H-Soz-Kult , 28. September 2009 ( online ); Johannes Fried : Kanonistik und Mediavistik. Neue Literatur zu Kirchenrecht, Inzest und zur Ehe Pippins von Italien. In: Historische Zeitschrift 294 (2012), S. 115?141; Detlev Jasper in: Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 66 (2010), S. 829?830 ( online ); Christof Rolker in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung fur Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 97 (2011), S. 512?514.
  7. Karl Ubl: Inzestverbot und Gesetzgebung. Die Konstruktion eines Verbrechens (300?1100). Berlin u. a. 2008, S. 498.
  8. Ludwig Schmugge in: H-Soz-Kult , 28. September 2009 ( online ).
  9. Johannes Fried: Kanonistik und Mediavistik. Neue Literatur zu Kirchenrecht, Inzest und zur Ehe Pippins von Italien. In: Historische Zeitschrift 294 (2012), S. 115?141, hier: S. 125.
  10. Vgl. dazu die Besprechungen von Gregor Patt in: Nassauische Annalen 127 (2016), S. 394?395; Lotte Kery in: Historische Zeitschrift 304 (2017), S. 473?476; Edward Roberts in: The Catholic Historical Review 103 (2017), S. 112?114; Sebastian Scholz in: Theologische Revue 112, 2015, S. 38?39.
  11. Vgl. die Besprechungen von Wolfram Drews in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung fur Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 134 (2017), S. 520?522; Lars Hagemeier in: H-Soz-Kult , 14. Januar 2015, ( online ); Felix Grollmann in: Das Mittelalter 22 (2017), S. 254.
  12. Karl Ubl: Die Karolinger. Herrscher und Reich. Munchen 2014, S. 13.
  13. Karl Ubl: Die Karolinger. Herrscher und Reich. Munchen 2014, S. 121.
  14. Vgl. dazu die Besprechungen von Laury Sarti in: Francia-Recensio (2019), 1 ( online ); Ludolf Kuchenbuch in: H-Soz-Kult , 14. November 2018, ( online ); Rudolf Schieffer in: Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 74 (2018), S. 251?253; Michael Borgolte in: Historische Zeitschrift 308 (2019), S. 782?783; Immo Eberl in: Zeitschrift fur Wurttembergische Landesgeschichte 78 (2019), S. 437?439 ( online ); Peter Kreutz in: Das Mittelalter 24 (2019), S. 505?506; Daniel Foller in: Early Medieval Europe 28 (2020), S. 504?506; Caspar Ehlers in: Rechtsgeschichte ? Legal History 26 (2018), S. 390?392 ( online ); Hendrik Hess in: Rheinische Vierteljahrsblatter 84 (2020), S. 345?346 ( online ); Wilfried Hartmann in: Bulletin of medieval canon law 35 (2018), S. 389?400.
  15. Karl Ubl: Sinnstiftungen eines Rechtsbuchs. Die Lex Salica im Frankenreich. Ostfildern 2017, S. 29 f.
  16. Karl Ubl: Sinnstiftungen eines Rechtsbuchs. Die Lex Salica im Frankenreich. Ostfildern 2017, S. 30.
  17. Dirk Riße: Auf den Spuren der Franken. In: Kolner Stadt-Anzeiger , 25. Februar 2014; Projektseite .
  18. Karl Ubl: Vorwort. In: Karl Ubl, Patrick Breternitz (Hrsg.): Pippin der Jungere und die Erneuerung des Frankenreichs. Ostfildern 2020, S. 7?9, hier: S. 9.
  19. Vgl. dazu die Besprechung von Timo Bollen: Es geht auch ohne Karl den Großen! Anmerkungen zu vier Neuerscheinungen zu den (fruhen) Karolingern. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 102, 2022, S. 544?550, hier: S. 546 f.
  20. Vgl. dazu die Besprechung von Matthias Becher in: Historische Zeitschrift 318, 2024, S. 433?434.