Als
Kalkstein
werden
Sedimentgesteine
bezeichnet, die uberwiegend aus dem
chemischen Stoff
Calciumcarbonat
(CaCO
3
) in Form der
Mineralien
Calcit
und
Aragonit
bestehen.
Kalkstein ist ein außerst variables Gestein; dies betrifft sowohl seine Entstehung als auch seine Eigenschaften, das Aussehen und die wirtschaftliche Verwendbarkeit. Es gibt daher innerhalb der
Geologie
eine eigene Fachrichtung, die
Karbonatsedimentologie
, die sich ausschließlich mit der Entstehung und den Eigenschaften der verschiedenen Kalksteintypen befasst. Die meisten Kalksteine sind biogener Herkunft (von Lebewesen gebildet), es gibt aber auch chemisch ausgefallte und
klastische
Kalksteine.
Kalksteine besitzen eine enorme wirtschaftliche Bedeutung als
Rohstoff
fur die Bauindustrie und als
Naturwerkstein
. Des Weiteren sind solche Lagerstatten
Speichergestein
fur Erdol und Erdgas.
Nicht zu den
Kalksteinen
im engeren Sinn werden
Umwandlungsgesteine
wie
Marmor
und
magmatisches Gestein
wie
Calcitkarbonatit
gezahlt, obwohl diese ebenfalls zum uberwiegenden Teil aus
Calcit
oder anderen Calciumcarbonaten bestehen.
Der Begriff
Kalkstein
wird sowohl in der Umgangssprache als auch in der technischen und der wissenschaftlichen Fachsprache verwendet, aber mit unterschiedlichen Bedeutungen. Wahrend man in der Wissenschaftssprache den Begriff relativ umfassend verwendet und außer den stark verfestigten Kalksteinen auch relativ murbe Gesteine wie die
Kreide
den Kalksteinen zurechnet, ist der Begriff in der Baustoffindustrie eher auf stark verfestigte Kalke eingeschrankt. Weiterhin bezeichnet man im
Steinmetz
- und
Steinbildhauerhandwerk
und in der Naturwerksteinindustrie polierfahige Kalksteine oft als ?Marmor“, obwohl sie im geologischen Sinne keine Marmore sind. Marmor ist in den Geowissenschaften ein
metamorphes Gestein
.
Kalkstein besteht uberwiegend aus den Mineralen
Calcit
und
Aragonit
, zwei Kristallisationsformen von Calciumcarbonat (
kohlensaures
Calcium
CaCO
3
). In unterschiedlichen Anteilen konnen andere Minerale wie
Tonminerale
,
Dolomit
(CaMg(CO
3
)
2
),
Quarz
oder
Gips
beteiligt sein. Uberwiegt der Dolomitanteil, so spricht man von
Dolomitstein
. Besitzt der Kalkstein einen relativ hohen Anteil an Tonmineralen, so bezeichnet man ihn als
Mergel
. Kalkstein kann bis zu mehreren Prozent organische Substanz enthalten und wird bituminoser Kalk (bei Vorhandensein von
Schwefelwasserstoff
auch Stinkkalk) genannt.
Kalkstein ist typisch hell, weiß bis ocker-farbig, je nach Gehalt an
Mangan-
,
Eisenoxiden
und anderen farbigen Mineralien. Mit
Harte nach Mohs
= 3 ist Kalkgestein relativ weich. Die Dichte von dichtem (= nicht porosem) Kalkstein ist 2,6 ? 2,9 kg/dm
3
.
[1]
Kalksteine konnen innerhalb der
Sedimentgesteine
mehreren Typen angehoren. Kalkstein erodiert, wird abgetragen, transportiert und an anderer Stelle als klastisches Sediment wieder abgelagert. Kalkstein kann ebenso auch durch chemische Prozesse (die wiederum von Lebewesen beeinflusst werden konnen) aus dem
Wasser
ausgefallt
werden.
Der uberwiegende Teil der Kalksteine ist aber biogenen Ursprungs, das heißt, er wurde von Lebewesen gebildet und abgelagert.
Bei biogener Herkunft wird Kalkstein meistens von
Mikroorganismen
oder
Steinkorallen
abgelagert. Untergeordnet findet man auch Kalksteine, die zum uberwiegenden Teil aus
Schnecken
,
Muscheln
oder
Schwammen
bestehen. In jedem Fall besteht das Gestein aus
Calciumcarbonat
, welches Bestandteil der Lebewesen war und zum Aufbau von
Außen
- oder
Innenskeletten
abgeschieden wurde.
Von Mikroorganismen abgelagerte Kalksteine ? auch die
Kreide
zahlt dazu ? sind fur gewohnlich feine, mikrokristalline Sedimentgesteine, die durch Ablagerung von Schalen
fossiler
Kleinstlebewesen, vor allem
Coccolithen
der Coccolithophoriden und Schalen der
Foraminiferen
, entstanden sind. Auch kalkabscheidende
Algen
und
Bakterien
(
Stromatolithen
) konnen gesteinsbildend sein. Aufgrund ihrer oft massigen Struktur werden sie auch als
Massenkalke
bezeichnet. Man findet im Gestein aber auch unmittelbar aus dem Meerwasser ausgefallten
Calcit
. Mehr oder weniger haufig und oft an eng begrenzte Lagen gebunden, finden sich mit bloßem Auge erkennbare Makrofossilien, die damit Ubergangsstufen zu den Fossilkalken anzeigen.
Das Gestein entsteht, wenn nach dem Tod der Lebewesen die Schalen zu Boden sinken und zunachst sogenannte Kalkschlamme bilden. Kalkschlamme konnen sich im offenen Ozean jedoch nur bis zu einer bestimmten Tiefe bilden. Unterhalb der sogenannten
Carbonatkompensationslinie
wird aufgrund des Wasserdruckes das Calciumcarbonat vollstandig gelost, so dass die Sedimente unterhalb dieser Linie stets carbonatfrei sind. Die Tiefe der Carbonatkompensationslinie schwankt; sie liegt in den Tropen zwischen 4500 und 5000 Meter Wassertiefe.
Durch die
Diagenese
der Schlamme entsteht fester Kalkstein. Wahrend der Verfestigung bilden sich neue Calcitkristalle. Dabei wird der großte Teil des ursprunglich vorhandenen
Aragonits
in Calcit umgewandelt. So konnen Hohlraume mit spater (sekundar) gebildeten Kristallen ausgefullt oder durch starke Umkristallisierung die bestehenden Sedimentstrukturen mehr oder weniger vollstandig verwischt werden.
Fossilkalke sind Gesteine oder Lagen innerhalb von sonst massigen Kalksteinen, die zum uberwiegenden Teil aus mit bloßem Auge sichtbaren Fossilien bestehen. Weltweit am haufigsten sind
Korallenkalke
, da durch das Wachstum an Korallenriffen bedeutende Gesteinsmachtigkeiten entstehen konnen. Andere, haufig zu findende Fossilkalke benennt man nach den uberwiegenden Gesteinsbildnern
Molluskenkalk
,
Foraminiferenkalk
(auch
Nummulitenkalk
),
Brachiopodenkalk
,
Bryozoenkalk
,
Goniatitenkalk
,
Crinoidenkalk
und anderen.
Nulliporenkalk
entsteht durch kalkabscheidende, mehrzellige Algen. Gestein aus Muschelschalen bezeichnet man als
Muschelkalk
oder, wenn die Struktur sehr deutlich sichtbar ist, als
Muschelschill
.
Bei den im Kalkstein erhaltenen Fossilien wird zwischen
Lebensgemeinschaften
und
Grabgemeinschaften
unterschieden. Lebensgemeinschaften reprasentieren die an Ort und Stelle vorkommenden Organismen und werden unmittelbar nach ihrem Tod in das Sediment eingebettet oder sind als bodenbewohnende Lebewesen bereits eingebettet. Grabgemeinschaften werden durch Stromungen und andere Transportmechanismen verfrachtet und an bestimmten Stellen (z. B. im Stromschatten) wieder abgelagert. Die darin enthaltenen Lebewesen stammen oft nicht aus einem gemeinsamen
Biotop
.
Wahrend Korallen- und andere
Riffkalke
recht festen Kalkstein bilden, durchlaufen die anderen Fossilkalke zunachst eine diagenetische Verfestigung ahnlich den oben erlauterten Massenkalken. Durch nachtragliche Umkristallisierungen konnen sich alle Fossilkalke, auch die Riffkalke, deutlich verandern.
Naturlich vorkommendes Meer- und Sußwasser enthalt immer in mehr oder weniger großen Mengen
Calciumhydrogencarbonat
, das mit Calciumcarbonat,
Kohlendioxid
und Wasser in einem chemischen Gleichgewicht steht. Gelangt weiteres Calciumcarbonat in das Wasser (aber nicht mehr Kohlendioxid, das Voraussetzung zur Entstehung des -hydrogencarbonats ist), so
wird weiteres Calciumcarbonat zugefuhrt, etwa durch kalkhaltiges Flusswasser aus
Karstgebieten
, und durch Verdunstung aufkonzentriert, fallt das Calciumcarbonat aus. Damit konnen Kalksteine Bestandteil von
Evaporitserien
sein.
Innerhalb der
Eindampfungsfolge
wird Kalkstein wegen der vergleichsweise geringen Loslichkeit des Calciumcarbonats als erstes abgeschieden und tritt an der Basis der Gesteinsserie auf. Im Weiteren folgen meist
Gips
und die leicht loslichen Salzgesteine wie
Steinsalz
. Im Meer konnen Calcitkristalle nur in den obersten 200 m abgeschieden werden, da in großeren Tiefen durch den zunehmenden Wasserdruck die Loslichkeit fur Kohlendioxid zunimmt und sich das chemische Gleichgewicht hin zum gut loslichen Calciumhydrogencarbonat verschiebt. Calcit-Kristalle konnen aber bis zur
Carbonatkompensationslinie
absinken.
Der Fallung des Calciumcarbonats kann ohne Beteiligung von Lebewesen ablaufen, wird aber meist durch die Aktivitat von Lebewesen wie Algen und im Sußwasser auch Moosen unterstutzt. Die
Photosynthese
der Pflanzen verbraucht das
Kohlendioxid
im Wasser, wodurch sich das chemische Gleichgewicht zum Calciumcarbonat verschiebt, das als Calcit aus der Losung ausfallt.
Die Fallung des Calcits geschieht sowohl innerhalb der Wassersaule als auch am Grunde von Gewassern direkt auf den Untergrund. Im ersten Fall bilden sich im Wasserkorper mikroskopisch kleine Kristalle, die zu Boden sinken und Kalkschlamme bilden. Ihre Diagenese fuhrt zu einem festen Kalkstein. Im zweiten Fall wachsen die Calcitkristalle direkt auf andere Kristalle am Gewassergrund auf, so dass die Gesteinsbildung auch in Fließgewassern moglich ist. Dieser Mechanismus ist fur die Entstehung von
Travertin
und
Kalktuff
notwendig.
Zu den chemisch ausgefallten Kalksteinen zahlen auch die kalkigen
Oolithe
, bei denen die Carbonatabscheidung konzentrisch um Kristallisationskeime herum erfolgte.
Klastische Sedimentgesteine konnen unter bestimmten Bedingungen fast vollstandig aus Calciumcarbonat bestehen und werden dann als Kalkstein bezeichnet. Jedoch gehoren sie eine der Kategorien der klastischen Sedimente. Aufgrund der geringen mechanischen und chemischen Widerstandigkeit der Korner werden sie meist nur uber kurze Entfernungen transportiert. Oft verbleiben nur die groberen Sedimentpartikel.
Am weitesten verbreitet sind sogenannte Riffhangbrekzien, bei denen sich am Fuße eines Korallenriffes abgebrochenes, meist eckiges Riffmaterial ansammelt. Petrographisch handelt es sich dabei eher um eine
Brekzie
als um einen Kalkstein. Ein besonderer Fall ist der
Kalkarenit
, in dem fossile Bruchstucke mit Bruchstucken anderer Kalkgesteine vermischt sind, die in marinen Flachwasserzonen entstanden. In manchen Fallen bindet eine noch feinkornigere
mikritische
Masse die kleinen
Klasten
.
Einteilung der klastischen Kalksteine (nach der durchschnittlichen Korngroße):
Kalksteine besitzen in den meisten Fallen eine helle, graue bis graugelbe Farbe. Durch Beimengungen anderer Minerale wie Eisenverbindungen kommen aber auch kraftigere, vor allem rotliche Farbtone vor. Bituminose Kalksteine konnen dunkelgrau bis schwarz gefarbt sein. Chemisch ausgefallte Kalksteine oder von Mikroorganismen abgelagerte Kalksteine sind fur gewohnlich feinkornig und dicht. Je nach Entstehungsbedingungen findet man dort mehr oder weniger haufig Fossilien. Fossilkalke besitzen hingegen zahlreiche gut erkennbare Fossilien. Diese Kalke enthalten oft Poren und andere Hohlraume. Große Hohlraume sind in
Sußwasserkalken
,
Travertin
oder
Kalktuff
enthalten.
In der Praxis wird Kalkstein mittels 10%iger
Salzsaure
im sogenannten
Carbonattest
(Kalktest) nachgewiesen. Wird auf einen Kalkstein ein Tropfen Salzsaure gegeben, so braust dieser stark auf, da Kohlendioxid freigesetzt wird. Bei
Dolomit
verlauft derselbe Test ohne Aufbrausen. Eine Blaschenbildung wird bei Dolomit nur mit der Lupe sichtbar. Wird erhitzte Salzsaure auf Dolomit gegeben, braust dieser ebenfalls. Hiermit kann Kalkstein und Dolomit mit einfacher Methode unterschieden werden und Kalkstein eindeutig bestimmt. Der gesamte Calciumcarbonatgehalt eines Sedimentgesteins (oder auch kalkhaltigen Bodens) kann im Labor mit der ?Carbonatbestimmung nach Scheibler“ mit spezieller Apparatur bestimmt werden.
Wegen der vergleichsweise guten Loslichkeit des Carbonats ist Kalkstein ein fur die chemische
Verwitterung
anfalliges Gestein und bildet spezielle Losungsformen. Spater kann das geloste Carbonat wieder ausgefallt werden und Gesteine wie Kalktuff, Kalksinter und Travertin bilden. Beides Prozesse werden unter der Bezeichnung Verkarstung zusammengefasst. Durch Verkarstung gepragte Landschaftsformen werden als
Karst
bezeichnet.
Rendzina
-Boden bilden sich uber verwitterndem Kalkstein und sind fur Karstgebiete typisch.
In Karstgebieten bilden sich Hohlen, wenn Sickerwasser den Kalkgestein im Untergrund auflost. Im Zusammenspiel verschiedener Faktoren bilden sich
Tropfsteine
als
Kalksinter
.
Kalkstein verwittert leicht unter subarktischen und arktischen Klimaten sowie im Hochgebirge durch Frostsprengung und bildet dann kataklastische
Brekzien
. Der sprode Stein ist bei Wechselfrosten sowie hoher Feuchtigkeit anfallig. Er verwittert zu periglazialen Lagen, wie sie rezent in den Kalkhochgebirgen sowie seltener in den arktischen Breiten flachig gefunden werden. Periglazialer Kalkfrostschutt sammelt sich an Nordhangen oder in beschatteten Mulden; er ist kantig und zeigt klimabedingt kaum Zeichen chemischer Verwitterung. Die sukzessive Besiedlung durch Pflanzen fuhrt in den Alpen uber die Flora der Kalkschutt- oder Kalkschneetalchen und Spalierstrauchern zu Bergkiefergebuschen.
Je nach ihren Eigenschaften sind Kalksteine außerst vielseitig verwendbar. Auch dichte Kalksteine sind meist leicht zu bearbeiten und werden als
Naturwerksteine
verwendet.
Fur die Baustoffindustrie ist Kalkstein einer der wichtigsten Rohstoffe. Dafur wird er in
Kalkwerken
aufbereitet und zu
Branntkalk
umgesetzt. Je nach Lagerstatte hat der Kalkstein beim Brennen ein unterschiedliches Verhalten hinsichtlich der Kinetik, des Energieverbrauchs und der entstehenden Branntkalkqualitat.
[2]
Er wird gemahlen und mit tonigen Materialien vermischt zu
Zement
gebrannt, welcher das Bindemittel fur die Herstellung von Beton (Gemisch aus Zement, Wasser und
Zuschlagstoffen
wie Sand und Kies) ist. Kalkstein wird in der Glasindustrie verwendet, da es Calcium in die Glasschmelze einbringt.
Als Carbonat dient Kalkstein der
Rauchgasentschwefelung
. Fein gemahlener Kalkstein wird in der Land- und Wasserwirtschaft gegen die Versauerung von
Boden
und Gewasser benutzt. Die Calciumverbindung findet als Zuschlag in der Glasindustrie und zur Schlackebildung in der Huttenindustrie Verwendung. Auf Grund seiner Zusammensetzung wird Kalkstein auch als
Dungemittel
eingesetzt.
Sehr reine Kalksteine (
Weißkalk
) sind Rohstoff fur die chemische Industrie oder werden zu Terrazzo weiterverarbeitet (Ulmer Weißkalk).
Porose Kalksteine, vor allem die Fossilkalke, sind eines der wichtigsten Speichergesteine fur
Erdol
und
Erdgas
. Die reichsten Erdollagerstatten der Erde auf der
Arabischen Halbinsel
befinden sich in Riffkalken, die im
Jura
und in der
Kreidezeit
entstanden sind. Deshalb dient Kalkstein als Indikator bei der Prospektion von Lagerstatten.
Kalksteine geringerer Qualitat, die normalerweise als Abfallprodukte betrachtet wurden, wurden in den letzten Jahren verstarkt zur Herstellung von
Steinpapier
eingesetzt.
[3]
Kalksteine sind auf den Kontinenten und Schelfen sehr weit verbreitete Gesteine. Nach Angaben von Paul Williams und Derek Ford bedecken Karbonatsteine 10?15 % der nicht vereisten Landflache.
[4]
Man findet sie sowohl auf relativ alten geologischen
Tafeln
als auch in geologisch jungen
Gebirgen
. Innerhalb der sehr alten
Schilde
und den tiefen Meeresbecken treten sie jedoch zuruck. Der allergroßte Teil der Kalksteine wurde ursprunglich im (Flach-)Meer gebildet und durch tektonische Prozesse uber den Meeresspiegel gehoben. Terrestrische (auf dem Festland gebildete) Kalksteine benotigen fast immer altere Kalksteinvorkommen in der Nahe, die als Liefergebiet des Calciums notwendig sind. Zum Beispiel sind die Kalktuffvorkommen in Thuringen immer an das Vorhandensein der Kalksteine aus dem Muschelkalk gekoppelt.
Besonders verbreitet sind Kalksteine in der nordlichen Hemisphare. Die alten Gondwana-Kontinente sind durch relativ kleine Vorkommen besetzt, außer an ihren Randern mit flachig jungeren kreidezeitlichen Kalkserien wie den Nullarbor Plain in Australien. Karbonate finden sich in allen Breitengraden sowie in allen Hohen der Erdoberflache, vom nordlichen Sibirien und dem arktischen Kanadischen Schild bis zum Mount Everest sowie Florida oder Papua-Neuguinea. So ist auch der Gipfel des Mount Everest uberwiegend aus Kalkstein aufgebaut.
[5]
Große Kalksteinvorkommen befinden sich in Mitteleuropa im mittleren und sudlichen Teil Deutschlands (dort vor allem Kalksteine aus dem
Muschelkalk
und dem oberen Jura), im Schweizer und Franzosischen Jura sowie in den nordlichen und sudlichen
Alpen
. Weiterhin sind Kalksteine auch als
eiszeitliches
Geschiebe
in Norddeutschland haufig zu finden. Die Kalksteingeschiebe stammen dabei meist aus Sud- und Mittelschweden sowie aus dem mittleren und nordlichen Ostseebecken.
Großlandschaften, die ganz uberwiegend von Kalkstein gepragt werden, sind zum Beispiel die
Schwabische
und die
Frankische Alb
sowie die nordlichen
Kalkalpen
oder die Kuste
Dalmatiens
. Das in Deutschland bekannteste Abbaugebiet befindet sich im Altmuhltal mit dem
Solnhofener Plattenkalk
und dem
Jurakalkstein
.
Bedeutende Travertinvorkommen befinden sich in Deutschland in
Stuttgart-Bad Cannstatt
und im
Thuringer Becken
(z. B. Weimar-Ehringsdorf).
Kreide tritt an zahlreichen Standorten entlang des europaischen Kreidegurtels zutage. Der Gurtel reicht von
Großbritannien
uber
Frankreich
bis in die mittlere
Ostsee
und wird stellenweise auch abgebaut.
Mindestens seit der romischen Antike wird Kalkstein abgebaut, wie auf der Insel
Bra?
(Baumaterial des
Diokletianspalastes
in
Split
). Zu einer der altesten Abbaustatten fur Kalkstein in Deutschland zahlt der historische
Kalksteinbruch Rudersdorf
in
Brandenburg
, der auf die Arbeit der
Zisterzienser
im 13. Jahrhundert zuruckgeht.
Im Alten Agypten fand Kalkstein seit der
ersten Dynastie
als Baumaterial fur die Graber
Mastaba
und in der dritten bis sechsten Dynastie fur die
Pyramiden
Verwendung. Dabei wurde der weniger gute, meist porose Kalkstein fur Fundamente und Kernbauten, der meist weiße, feine Kalkstein von ostlichen Nilufer aus Mokkatam und Tura fur Außenverkleidungen verwendet.
[6]
Eine ausfuhrliche Bestimmung der altagyptischen Kalksteinbruche wurde von
Dietrich Klemm
und
Rosemarie Klemm
vorgenommen.
[7]
Besondere Varietaten:
Sußwasserkalke:
Kalkstein wird weltweit in großem Maßstab abgebaut, im Jahr 2020 entsprach das einer Menge von 427 Millionen Tonnen. Mit Abstand großter Produzent ist dabei die
Volksrepublik China
, deren Anteil im Jahr 2020 fast 72 % entsprach. Die vorhandenen Reserven an Kalkstein werden als sehr groß beschrieben. Eine Knappheit ist nicht zu befurchten. Einen Uberblick uber die Verteilung des weltweiten Abbaus gibt folgende Tabelle:
[8]
Fordermengen und Reserven
Land
|
Fordermenge (in t)
|
2019
[9]
|
2020
[8]
|
Australien
Australien
|
1.980.000
|
1.980.000
|
Belgien
Belgien
|
1.560.000
|
1.500.000
|
Brasilien
Brasilien
|
8.100.000
|
8.000.000
|
Bulgarien
Bulgarien
|
1.460.000
|
1.280.000
|
China Volksrepublik
Volksrepublik China
|
310.000.000
|
310.000.000
|
Deutschland
Deutschland
|
7.100.000
|
7.100.000
|
Frankreich
Frankreich
|
2.600.000
|
2.600.000
|
Vereinigtes Konigreich
Vereinigtes Konigreich
|
1.500.000
|
1.500.000
|
Indien
Indien
|
16.000.000
|
15.000.000
|
Iran
Iran
|
3.450.000
|
3.600.000
|
Italien
Italien
|
3.500.000
|
3.400.000
|
Japan
Japan
(Nur
Branntkalk
)
|
7.320.000
|
5.820.000
|
Kanada
Kanada
|
1.710.000
|
2.060.000
|
Malaysia
Malaysia
|
1.600.000
|
1.480.000
|
Polen
Polen
(geloschter und Branntkalk)
|
2.700.000
|
1.680.000
|
Rumanien
Rumanien
|
1.960.000
|
1.280.000
|
Russland
Russland
(Baukalk und industriell)
|
11.000.000
|
11.400.000
|
Slowenien
Slowenien
|
1.190.000
|
1.200.000
|
Spanien
Spanien
|
1.800.000
|
1.700.000
|
Sudafrika
Sudafrika
|
1.300.000
|
1.200.000
|
Korea Sud
Sudkorea
|
5.200.000
|
5.100.000
|
Turkei
Turkei
|
4.600.000
|
4.700.000
|
Ukraine
Ukraine
|
2.250.000
|
2.340.000
|
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
|
16.900.000
|
15.800.000
|
Vereinte Nationen
Andere Lander
|
15.500.000
|
15.000.000
|
Summe (gerundet)
|
432.000.000
|
427.000.000
|
- Walter Maresch, Olaf Medenbach:
Gesteine.
(=
Steinbachs Naturfuhrer.
). Mosaik, Munchen 1996,
ISBN 3-576-10699-5
.
- Rosemarie Klemm, Dietrich Klemm:
Steine und Steinbruche im Alten Agypten.
Springer, Berlin 1993,
ISBN 3-540-54685-5
.
- ↑
Kalkstein Mineralien-Steckbrief
steine-und-minerale.de, abgerufen am 10. Oktober 2018.
- ↑
Hartmut Kainer:
Kopplung von Warme- und Stoffaustausch mit chemischer Kinetik bei der Zersetzung von naturlichen Karbonaten.
Dissertation. TU Clausthal, Dezember 1982.
- ↑
Das Papier, das richtig rockt.
auf:
taz.de
, abgerufen am 7. Juli 2014.
- ↑
Paul W. Williams, Derek C. Ford:
Global distriguion of carbonate rocks.
In:
Karl-Heinz Pfeffer
(Hrsg.):
Karst Sheets 18?21. International Atlas of Karst Phenomena
(=
Zeitschrift fur Geomorphologie.
Supplementband 147). Gebruder Borntrager, Berlin u. a. 2006,
ISBN 3-443-21147-X
, S. 1?2.
- ↑
Paul W. Williams, Derek C. Ford:
Global distriguion of carbonate rocks.
In:
Karl-Heinz Pfeffer
(Hrsg.):
Karst Sheets 18?21. International Atlas of Karst Phenomena
(=
Zeitschrift fur Geomorphologie.
Supplementband 147). Gebruder Borntrager, Berlin u. a. 2006,
ISBN 3-443-21147-X
, S. 1?2, hier S. 2.
- ↑
Dieter Arnold
:
Lexikon der agyptischen Baukunst.
Artemis & Winkler, Munchen 1997,
ISBN 3-7608-1099-3
, S. 119.
- ↑
Rosemarie Klemm, Dietrich D. Klemm:
Steine und Steinbruche im Alten Agypten.
Springer, Berlin 1993,
ISBN 3-540-54685-5
, S. 29?198.
- ↑
a
b
U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries 2022: LIME
.
- ↑
U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries 2021: LIME
.