Als
Kustenmeer
wird nach
Seerechtsubereinkommen
(SRU) ein an die
Landflache
eines
Kustenstaates
angrenzender Meeresstreifen bezeichnet, in dem der Kustenstaat volle
Souveranitat
ausubt (
Hoheitsgewasser
,
Territorialgewasser
). Es gilt auch
Seevolkerrecht
. Die seewartige Grenze des Kustenmeeres entspricht auch der
Seezollgrenze
.
Die Breite des Kustenmeers darf jeder Staat bis zu einer Grenze von hochstens 12
Seemeilen
von der
Basislinie
festlegen. Eine Besonderheit besteht laut Art. 12
Seerechtsubereinkommen
fur
Reeden
: Demnach durfen ?Reeden, die ublicherweise zum Laden, Entladen und Ankern von Schiffen dienen, in das Kustenmeer einbezogen werden, wenn sie ganz oder teilweise außerhalb der seewartigen Grenze des Kustenmeers gelegen waren“.
Die Frage der Freiheit der Meere war zu Beginn der
Neuzeit
umstritten. Der Niederlander
Hugo Grotius
sprach sich 1609 fur die Freiheit der Meere aus, der Englander
John Selden
vertrat dagegen die These, dass die Meere in Interessensspharen aufgeteilt werden konnen, von deren Nutzung man Dritte ausschließen konnte. Einen vermittelnden Standpunkt, mehr an der praktischen Durchsetzbarkeit als einer theoretischen Erorterung orientiert, vertrat schließlich
Cornelis van Bynkershoek
, womit er sich durchsetzen konnte: Die Geltung des Rechts ist nur durchsetzbar, wenn der Staat auch die Moglichkeit hat, innerhalb der Hoheitsgewasser gegen Rechtsbrecher erfolgreich vorzugehen. Ursprunglich orientierte sich die Breite der Hoheitsgewasser an der Kontrollierbarkeit mit Geschutzfeuer von Land aus (nach der Uberlegung
potestatem terrae finiri, ubi finitur armorum vis
, ubersetzt etwa:
Die territoriale Souveranitat endet dort, wo die Kraft der Waffen endet
). So einigte man sich auf die ungefahre Weite eines Kanonenschusses mit einheitlich drei Seemeilen (3 sm × 1,852 km/sm = 5,556 km). So entstand die
Drei-Meilen-Zone
.
[1]
[2]
Der restliche Teil der Weltmeere galt als
internationales Gewasser
.
[3]
Die Sechs-Meilen-Zone (gut 11 km) wurde beispielsweise von Griechenland und der Turkei ausgerufen (vergl.
Griechisch-turkische Streitigkeiten in der Agais
).
1921 beanspruchte die
Sowjetunion
eine Ausdehnung der Drei-Meilen-Zone auf
12 sm
(etwa 22 km). Ihr folgten spater andere Staaten, beispielsweise
Island
und
Danemark
(fur die
Faroer
-Inseln) seit 1958 fur die Fischereigrenze. Auf den ersten beiden
UN-Seerechtskonferenzen
in Genf (1958 und 1960) kam es diesbezuglich zu keiner Einigung. Das am 29. April 1958 geschlossene
Ubereinkommen uber das Kustenmeer und die Anschlusszone
regelte die Materie, ohne sich auf eine Breite festzulegen, begrenzte allerdings die Anschlusszone auf maximal 12 sm von der Basislinie.
Eine volkerrechtliche Regelung brachte erst das
Seerechtsubereinkommen
(SRU) der
UN
vom 10. Dezember 1982; hier wird festgelegt, dass
Kustenstaaten
das Recht haben, ihre Hoheitsgewasser auf bis zu 12 sm auszudehnen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass z. B. die
USA
das SRU bisher nicht unterzeichnet haben.
Das Kustenmeer zahlt zum
Staatsgebiet
des Kustenstaates (Art. 2 und 3
SRU
). Der Kustenstaat besitzt souverane Hoheitsrechte im Kustenmeer, das heißt, hier gilt das nationale Recht des jeweiligen Kustenstaates; insbesondere auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr (
Schifffahrtspolizei
), des
Umweltrechtes
und der Strafverfolgung. Diese konnen gegenuber Schiffen aller Flaggen ? mit Ausnahme von Kriegsschiffen ? geltend gemacht und durchgesetzt werden. Einschrankungen in den Hoheitsrechten des Kustenstaates bestehen nach SRU in folgenden Punkten:
- die Hoheitsgewalt des Kustenstaates muss in Ubereinstimmung mit volkerrechtlichen Verpflichtungen ausgeubt werden
- Recht der
friedlichen Durchfahrt
(SRU Art. 17)
Die
Bundesrepublik Deutschland
hat mit Proklamation vom 11. November 1994 die Breite des Kustenmeeres in der
Nordsee
auf 12 sm festgelegt. In der
Ostsee
ist die Festlegung auf ein 12 sm breites Kustenmeer fur die Anliegerstaaten aus topografischen Grunden nicht moglich; hier wird die seewartige Grenze des Kustenmeeres durch geografische Koordinaten festgelegt, die zum Teil deutlich weniger als 12 sm von der Kustenlinie bzw. der Basislinie entfernt ist.
[4]
[5]
Auf Grundlage des Art. 12 SRU wurde auch die
Tiefwasserreede
in der
Deutschen Bucht
30 Kilometer westlich von
Helgoland
zum Bestandteil des Kustenmeeres erklart.
[4]
Regionales:
- Europaisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche der Union; Juan Luis Suarez de Vivero:
Hoheitsgewasser im Mittelmeer und im Schwarzen Meer.
Studie, IPOL-PECH ET(2009)431602, Brussel 2009 (
Weblink auf downloads
, europarl.europa.eu).
- ↑
4. Einzelne Elemente des Staates
(
Memento
vom 21. Januar 2017 im
Internet Archive
)
- ↑
Christian Fahl:
Jura fur Nichtjuristen. Sieben unterhaltsame Lektionen
. C. H. Beck, Munchen 2010,
ISBN 978-3-406-59990-3
,
S.
222
(
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche).
- ↑
Schweizer Bundesrat
:
Botschaft uber das UNO-Seerechtsubereinkommen vom 10. Dezember 1982 sowie das Ubereinkommen vom 28. Juli 1994 zur Durchfuhrung des Teils XI des Seerechtsubereinkommens
vom 14. Mai 2008, S. 4078.
- ↑
a
b
Proklamation der Bundesregierung uber die Ausweitung des deutschen Kustenmeeres
vom 11. November 1994, BGBl. 1994 I, S. 3428;
Bekanntmachung der Proklamation der Bundesregierung uber die Ausweitung des deutschen Kustenmeeres
vom 11. November 1994
.
- ↑
12-Meilen-Zone in der Nord- und Ostsee