Julius Adam Alwin Friedrich Curtius
(*
7. Februar
1877
in
Duisburg
; †
10. November
1948
in
Heidelberg
) war ein
deutscher
Jurist
und
Politiker
(
DVP
). Er wirkte als
Reichswirtschaftsminister
und
Reichsaußenminister
in der
Weimarer Republik
.
Julius Curtius entstammte einer Fabrikantenfamilie aus dem Bereich des
Duisburger Hafens
, die im 18. Jahrhundert ihren Namen von
Korte
in
Curtius
latinisiert hatte.
[1]
Sein Vater Friedrich Curtius (1850?1904), der Fabriken fur
Ultramarin
bzw. fur
Alaune
in und bei Duisburg besaß, war mit Adele Brockhoff (* 1857) verheiratet. Sein Großvater war der Duisburger Industrielle, Stadtrat und Handelskammerprasident
Julius Curtius
, sein Onkel der bekannte Chemiker
Theodor Curtius
, sein Urgroßvater der Unternehmer
Friedrich Wilhelm Curtius
.
Von 1885 bis 1895 besuchte er das Gymnasium in Duisburg. Anschließend studierte er bis 1898
Rechtswissenschaften
in
Bonn
,
Kiel
und
Straßburg
. Im Dezember 1898 legte er das Referendarexamen ab, 1900 wurde er in Berlin mit einer
Dissertation
uber
Die Rechtsstellung der
Komplementare
zum Dr. jur.
promoviert
. Vom Marz 1899 bis zum Mai 1905 war er in Berlin,
Hamm
, Kiel und
Duisburg
im preußischen Justizdienst tatig, von 1900 bis 1901 hielt er sich zu einem zehnmonatigen Studienaufenthalt in Paris auf. Das
Assessorexamen
bestand er Anfang des Jahres 1905.
Im selben Jahr heiratete er Adda Carp, die Tochter des Wirtschaftsjuristen Eduard Carp. Seine Tochter Barbara (* 7. Juli 1908; † 1. April 2006) war mit dem Widerstandskampfer
Hans Bernd von Haeften
verheiratet. Uber seine Schwiegermutter erlangte er Beziehungen zur Familie der Großindustriellen
Haniel
. Bei deren
Gutehoffnungshutte
AG nahm er spater eine Position im Aufsichtsrat wahr. Da er nunmehr finanziell sehr gut abgesichert war und ihm andererseits der juristische Staatsdienst nicht lag, nahm er in Duisburg vom 2. Oktober 1905 eine Tatigkeit als Rechtsanwalt auf. Im Jahr 1910 wurde sein Sohn
Wolfgang
geboren, der spater als Unternehmer ebenfalls mit der Familie Haniel verbunden war. 1911 siedelte die Familie nach Heidelberg um, wo Julius Curtius sich ganz seinen Studien der
Staatswissenschaften
zuwandte, wobei verfassungsrechtliche Fragen fur ihn eine große Bedeutung hatten. Auch begann er, auf diesem Gebiet zu veroffentlichen. Im
Ersten Weltkrieg
fuhrte er als
Reserveoffizier
im Rang eines
Hauptmanns
der
Infanterie
eine
Batterie
.
Da er aufgrund familiarer Pragung den Nationalliberalen nahestand, grundete er 1919 in Heidelberg eine Ortsgruppe der
Deutschen Volkspartei
(DVP) und ubernahm deren Vorsitz. In dieser Position kandidierte er fur den Heidelberger Stadtrat, dem er vom 25. Mai 1919 bis zum 31. Oktober 1921 als Fraktionsvorsitzender angehorte. Seit 1919 gehorte er auch dem Vorstand der Reichszentrale und dem geschaftsfuhrenden Ausschuss der DVP bis 1932 an.
Seine Studien veranlassten ihn, im Januar 1919 der Badischen Nationalversammlung eine Stellungnahme zu ubergeben, in der er sich fur eine Beteiligung der Bevolkerung an der Gesetzgebung und fur die Bildung einer Verfassung einsetzte. Die Verfassungskommission in Baden nahm diese Vorschlage auf und arbeitete sie in den Entwurf fur eine Verfassung ein. Der Kerngedanke seiner Vorschlage war, dass das Volk uber Referenden zu Fragen der Gesundheit, des Friedens, der Ordnung, Sicherheit und der Haushaltsgesetzgebung ein Votum abgeben sollte. Dieser Gedanke des Referendums wurde in die spatere Reichsverfassung aufgenommen. Dieser konkreten Umsetzung seiner Ideen stand er spater aber distanziert gegenuber.
Curtius gehorte zum rechten Flugel der DVP und befurwortete im Marz 1920 sogar den
Kapp-Putsch
.
[2]
Im Juni 1920 kandidierte er im Wahlkreis 35 fur die DVP zum
Reichstag
und gewann das Mandat, das er bis zum Mai 1924 vertrat. In der Reichstagsfraktion trat er konsequent einer Beteiligung der DVP an der Reichsregierung entgegen, solange die SPD darin vertreten war. Da er auch Positionen der Schwerindustrie vertrat, entwickelte er sich zum politischen Gegner von
Gustav Stresemann
. Nach dem
Hitlerputsch
legte er Stresemann in einer verhaltenen Stellungnahme auf dem Parteitag der DVP im November 1923 nahe, das Amt des Parteivorsitzenden niederzulegen.
Curtius war inzwischen Anfang November 1921 nach Berlin verzogen und hatte sich dort als Rechtsanwalt niedergelassen, wobei er am Kammergericht wirkte. Innerhalb der DVP und in den Reichstagsausschussen erwarb er sich einen guten Ruf als Fachmann fur Fragen der Wirtschaft und des Verfassungsrechts. So trat er als Berichterstatter des jeweiligen Ausschusses im Reichstag auf und konnte 1924 zum stellvertretenden Vorsitzenden der Reichstagsfraktion der DVP aufsteigen. Im gleichen Jahr wurde sein Mandat im Reichstag fur den badischen Wahlkreis 32 bestatigt, er hatte dies bis zum September 1930 inne.
Die DVP nominierte ihn Anfang 1926 als Reichswirtschaftsminister unter dem Reichskanzler
Hans Luther
, am 19. Januar wurde er ernannt. In seinem neuen Amt beschaftigten ihn die Probleme der
Reparationen
. Weiterhin wirkte er am Programm der Arbeitsbeschaffung mit, wobei die
Reichsbahn
der Schwerindustrie Auftrage erteilen sollte. Durch Exportkredite und Subventionen wollte er den Export von Waren fordern. Auch setzte er sich fur Liefergeschafte in die Sowjetunion ein.
Am 10. Januar 1927 beauftragte der Reichsprasident ihn mit einer Neubildung der Reichsregierung, da die Regierung von
Wilhelm Marx
im Dezember 1926 gesturzt worden war. Doch Curtius hatte keinen Erfolg. Nach schwierigen Verhandlungen konnte am 28. Januar 1927 eine neue Regierung gebildet werden, in der Curtius weiterhin das Amt des Wirtschaftsministers hatte. Auch in den folgenden Regierungen bis 1929 vertrat er dieses Amt. Als Stresemann am 3. Oktober 1929 verstarb, wurde Curtius am nachfolgenden Tag einstweilig mit der Amtsfuhrung des Reichsaußenministers betraut und am 8. November 1929 zum Außenminister ernannt.
In seine Amtszeit fallt der Abschied von der verstandigungsorientierten
Locarno
-Politik seines Vorgangers Stresemann und der Ubergang zu einer deutlicheren
Revisionspolitik
, die auf eine Konfrontation mit Frankreich ausgerichtet war. Großen Einfluss auf die Außenpolitik hat er aber nie genommen, da Reichskanzler
Heinrich Bruning
sich die wichtigsten Entscheidungen und vor allem die bedeutsame
Reparationspolitik
selbst vorbehielt.
Mit nur geringem Geschick initiierte er den Versuch, eine
Zollunion zwischen Osterreich und Deutschland
zu bilden, mit der das
Anschlussverbot
des
Versailler Vertrags
umgangen werden sollte. Bevor Curtius jedoch die ersten Schritte in dieser Angelegenheit veranlasste, unterrichtete er Bruning. Beide stimmten ab, im Falle eines Misserfolgs werde Curtius allein die volle politische Verantwortung ubernehmen. Somit blieben die Konsequenzen kontrollierbar. Nur Curtius war, sofern das Projekt scheitern sollte, zum Zurucktreten aufgefordert, nicht jedoch der Kanzler.
[3]
Diese einzige selbststandige Initiative seiner Amtszeit rief tatsachlich die internationale Missbilligung hervor und wurde offiziell durch den permanenten Internationalen Gerichtshof abgelehnt. Daraufhin musste er am 3. Oktober 1931 sein Amt als Außenminister niederlegen.
Der britische Botschafter
Horace Rumbold
schrieb in einem Bericht ans
Foreign Office
anlasslich Curtius’ Rucktritt, er habe ?weder […] den weiten Horizont noch das politische Genie seines Vorgangers“ besessen, sei aber im zwischenmenschlichen Umgang ?angenehm“ gewesen. Curtius’ Mitarbeiter
Ernst von Weizsacker
beschreibt ihn in seinem Tagebuch als ?holzern“, ?etwas phantasielos“ und ?ein bißchen naiv“.
[4]
Sein Dolmetscher
Paul Schmidt
erinnert sich in seinen Memoiren vor allem an Curtius’ ?etwas kuhle Unnahbarkeit, die eine enge, personliche Fuhlung mit seinen auslandischen Gesprachspartnern […] erschwerte“, und an die Art eines Rechtsanwalts, mit der er in diplomatische Gesprache gegangen sei.
[5]
Im Jahr darauf wurde der konservativ-liberal denkende Curtius im Februar 1932 wegen innerparteilicher Differenzen und personlicher Aversionen aus der ins rechtsradikale Lager driftenden DVP-Fraktion ausgeschlossen und wechselte zur
Deutschen Staatspartei
. Als Anwalt vertrat er gegenuber Polen die Interessen seines Klienten Heinrich von Pless. Aber auch hier hatte er keinen Erfolg, da die Reichsregierung im Herbst 1933 gegenuber Polen keine Spannungen fordern wollte und Curtius zum Ruckzug zwang.
Von 1932 bis 1936 arbeitete Curtius in Berlin als Vermogensverwalter und danach wieder als Rechtsanwalt bis 1943. Daneben verwaltete er seinen Landsitz in
Grammertin
bei
Wokuhl
in
Mecklenburg-Strelitz
, wo er 1450
Morgen
Land besaß. Der Sicherheitsdienst (SD) der SS berichtete uber ihn im Jahre 1939, dass er ein Jahreseinkommen von 44.256 RM habe und ein Vermogen von etwa 1.648.000 RM verwalte. Weiterhin bezog er aus der Legationskasse des Auswartigen Amtes ein Ruhegehalt von 16.075 RM im Jahr.
Im Oktober 1945 wurde Curtius enteignet. Er ubersiedelte in den Westen und ließ sich in Heidelberg nieder. Curtius arbeitete in den folgenden Jahren in Heidelberg und in West-Berlin als Rechtsanwalt. Er fand seine letzte Ruhestatte auf dem Bergfriedhof in Heidelberg.
- Uber die Einfuhrung von Volksinitiativen und Volksreferendum in den neuen Verfassungen der deutschen Staaten.
Heidelberg 1919.
- Bismarcks Plan eines deutschen Volkswirtschaftsrats.
Heidelberg 1919.
- Was im Haag erreicht wurde.
Berlin 1929.
- Innere Konsolidierung und außenpolitische Aktionsfahigkeit.
Berlin 1930.
- Germany and the Polish Corridor.
Berlin 1933.
- Bemuhungen um Osterreich. Das Scheitern des Zollunionsplans von 1931.
Carl Winter Universitatsverlag, Heidelberg 1947.
- Sechs Jahre Minister der deutschen Republik.
Carl Winter Universitatsverlag, Heidelberg 1948.
- Der
Young-Plan
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Franz Mittelbach Verlag, Stuttgart 1950.
- Hermann Graml
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Zwischen Stresemann und Hitler. Die Außenpolitik der Prasidialkabinette Bruning, Papen und Schleicher
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- Franz Knipping
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Hermann Graml
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Zwischen Stresemann und Hitler., Die Außenpolitik der Prasidialkabinette Bruning, Papen und Schleicher.
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Statist auf diplomatischer Buhne 1923?1945. Erlebnisse des Chefdolmetschers im Auswartigen Amt mit den Staatsmannern Europas. Von Stresemann und Briand bis Hitler, Chamberlain und Molotow.
Athenaum Verlag, Bonn 1949, S. 190.
Reichswirtschaftsminister des Deutschen Reiches (1919?1945)
Kabinett Luther II ? 19. Januar 1926 bis 12. Mai 1926
Kabinett Marx III ? 16. Mai 1926 bis 17. Dezember 1926