Juan de Torquemada
oder
Johannes de Turrecremata
OP
(* um
1388
in
Valladolid
; †
26. September
1468
in
Rom
) war ein
spanischer
Kardinal
und
Theologe
des 15. Jahrhunderts, der sich besonders durch seine eindrucklich geschlossene Kirchenlehre, in der er fur die absolute Oberhoheit des
Papstes
uber
Konzile
und
Fursten
eintrat, einen Namen gemacht hat.
Torquemada wurde im Jahr 1388 in Valladolid in ein
kastilisches
Adelsgeschlecht
geboren. Nach seinem Studium in
Salamanca
und
Paris
erhielt er 1425 seinen Magister der Theologie. Am
Konstanzer Konzil
nahm er 1417 in Begleitung seines
Provinzials
teil. Nachdem er
Prior
der
Konvente
zu San Pablo/Valladolid und San Pedro Martir/Toledo geworden war, vertrat er im Jahr 1431 die kastilischen
Dominikaner
bei einer Zusammenkunft ihres
Ordens
in
Lyon
. Schließlich ging er als Ordensdelegierter und Gesandter des
Konigs
von
Kastilien
,
Juan II.
, zum
Basler Konzil
, wo er zum herausragendsten Vertreter der papalistischen Positionen wurde. Als ?Gegenspieler“ von
Juan de Segovia
trat er fur die Oberhoheit des
Papstes
uber das
Konzil
ein. Dafur wurde er 1434 durch Papst
Eugen IV.
zum
magister sacri palatii
gemacht und 1439 mit der Bezeichnung
defensor fidei
geehrt. Er vertrat den Papst auch in Kastilien, auf dem
Reichstag
zu
Nurnberg
im Jahre 1438, in
Mainz
1439 und auf der
Klerusversammlung
in
Bourges
1438, bei der die
Pragmatische Sanktion von Bourges
gegen heftigste romische Opposition erlassenen wurden.
[1]
Am 18. Dezember 1439 kreierte Papst Eugen IV. Torquemada zum
Kardinal
. Im Januar 1440 erhielt er als
Kardinalpriester
die Titelkirche
San Sisto
. Zum
Kardinalbischof
von
Palestrina
(als Juan V.) wurde er 1660 erhoben, zudem im selben Jahr zum Bischof von
Leon
ernannt. Ab 1463 bis zu seinem Tod 1468 schließlich war er Kardinalbischof von
Sabina
(als Juan VI.).
Die
Abtei Subiaco
, die er schon 1455 ubernommen hatte, reformierte er in wenigen Jahren nach seinen Vorstellungen zur
Kommende
. Unter den folgenden Papsten
Nikolaus V.
und
Pius II.
tat Torquemada sich besonders als Widersacher des
Islams
hervor und folgerichtig auch als eifriger Befurworter der
Kreuzzugsidee
. Doch die schwache Resonanz auf der
Furstenversammlung von Mantua
im Jahre 1459/60 verhinderte geplante Kreuzzuge. Torquemada verstarb 1468 in Rom und wurde in
Santa Maria sopra Minerva
begraben.
Torquemada ist einer der vehementesten Widersacher des
Konziliarismus
und hat dazu sein Hauptwerk, die
Summa de Ecclesia
, als Antwort auf die zeitgenossische
Kirchenkritik
geschrieben. Darin entfaltet er eine eindrucklich geschlossene Theorie, die den Papst an der Spitze der
institutionalisierten
Kirche sieht und ihn mit der gesamten Gewaltenfulle ausgestattet sehen will. Damit hatte er einen weitreichendem Einfluss auf die
Theologie
seiner Zeit, auch wenn er sich argumentativ zumeist der
Kanonistik
bediente. Mit
thomistischen
Argumenten, also letztlich
aristotelisch
konstruiert, leitet er die Funktion des Papstes als eines
presidens
ab,
?der durch seine 'auctoritas' das gesamte Gemeinwesen zu richtigen Ziele leitet.“
[2]
Der Papst musse ?alles Notwendige“ zum Wohle des Gemeinwesens in Angriff nehmen konnen und daher stehe ihm ?volle Gewalt“ zu. Dies sei dadurch gerechtfertigt, dass er seine Amtsgewalt vor allen anderen, insbesondere auch vor den weltlichen Fursten und Konigen erhalten habe.
Personliche Amtsausubung ist fur Torquemada eine Selbstverstandlichkeit und Notwendigkeit. Die Herrschaft aus den Beherrschten abzuleiten lehnt er ebenso ab, wie
Ockhams
Vorstellung, dass ein beliebiges
Verbandsmitglied
im Notfalle ersatzweise die Lucke ausfullen konne. Torquemada fuhrt (zukunftsweisend) neben den klassischen Terminus fur die ?Fulle der Gewalt“, nun auch die
totalitas
der Gewalt, die naturlich dem Papst zustehe, ein. Mit dieser Fixierung auf eine Person stellt er den konziliaren Argumenten fur einen
Korporatismus
, den Papst, als von Gott eingesetztem,
monarchischem
Oberhaupt der Kirche entgegen. Die einzige Ausnahme, der Fall der
Haresie
oder des
Schismas
, in welcher der Papst dem Konzil unterworfen sei, schwacht dies nicht prinzipiell ab, und ist gewissermaßen der letzte Rest von dem, was jahrzehntelang auf den Konzilien so uberzeugt diskutiert worden war. Man kann Torquemadas Position als Konsequenz aus dem Scheitern des Basler Konzils begreifen. Inwieweit und ob dieses Ausbleiben der Reform der katholischen Kirche im 15. Jahrhundert die Reformation des 16. Jahrhunderts heraufzufuhren geholfen hat, ist eine interessante Frage.
In der
Mariologie
widersprach Torquemada der Lehre von der
Unbefleckten Empfangnis
.
- Meditationes, seu Contemplationes devotissimae
(Rom, 1467)
[3]
- In Gratiani Decretum commentarii
(4 vols., Venedig, 1578)
- Decretum Gratiani
. Girolamo Mainardi, Rom 1727 (Latein,
beic.it
).
- Expositio brevis et utilis super toto psalterio
(Mainz, 1474)
- Quaestiones spirituales super evangelia totius anni
(Brixen, 1498)
- Quaestiones Evangeliorum de tempore et de sanctis.
Petrus in Altis de Olpe, Koln 23. VIII. 1478 (
Digitalisat
)
- Symbolum pro informatione Manichaeorum (El bogomilismo en Bosnia)
(Publicaciones del Seminario Metropolitano de Burgos. Serie B)
[4]
[5]
- Tractatus contra Madianitas et Ismaelitas: defensa de los judios conversos
, (Publicaciones del Seminario Metropolitano de Burgos. Serie B, v. 2) (Burgos, 1957).
- Summa ecclesiastica
(Salamanca, 1550) [or
Summa de ecclesiastica potestate
] or
"Summa de ecclesia
(
Summa de Ecclesia una cum eiusdem apparatu nunc primum in lucem edito, super decreto Papae Eugenii IIII in concilio Florentino de Unione Graecorum
- Venetiis [Venedig]: apud Michaelem Tramezinum, 1561).
- Summa de Ecclesia contra impugnatores potestatis Summi Ponteficis
. Johann Trechsel, Lyon 1496 (Latein,
beic.it
).
- Responsio invectiva ad decretum damnationis Basiliensium (Tadelnde Entgegnung auf das Verurteilungsdekret der Basler Konzilsvater)
1439/1440
[6]
- Stephan Lederer
:
Der spanische Cardinal Johann von Torquemada, sein Leben und seine Schriften.
Gekronte Preisschrift. Herder, Freiburg (Breisgau) 1879.
- Jurgen Miethke
:
Politische Theorien im Mittelalter.
In:
Hans-Joachim Lieber
(Hrsg.):
Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart
(=
Bundeszentrale fur Politische Bildung.
Schriftenreihe Bd. 299,
Studien zur Geschichte und Politik
). 2., durchgesehene Auflage. Bundeszentrale fur Politische Bildung, Bonn 1993,
ISBN 3-89331-167-X
.
- Ansgar Frenken:
Juan de Torquemada.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 12, Bautz, Herzberg 1997,
ISBN 3-88309-068-9
, Sp. 338?342
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
.
- Reinhold F. Glei
, Concetta Finiello:
Eher auf dem Weg des Friedens als des Krieges ... Polemik contra Verstandigung ? zwei Stimmen zum ?islamischen Problem“ um die Mitte des 15. Jahrhunderts.
(PDF; 2,4 MB)
In:
Rubin. Wissenschaftsmagazin.
Herbst 2008,
ISSN
0942-6639
, S. 26?32.
- Ulrich Horst
,
Kardinal Juan de Torquemada und sein Traktat zur Verteidigung der Neuchristen
, in:
Dominikaner und Juden. Personen, Konflikte und Perspektiven vom 13. bis 20. Jahrhundert / Dominicans and Jews. Personalities, Conflicts, and Perspectives from the 13th to the 20th Century
, hrsg. von Elias H. Fullenbach OP und Gianfranco Miletto, Berlin / Munchen / Boston 2015 (= Quellen und Forschungen zur Geschichte des
Dominikanerordens
, Neue Folge, Bd. 14), S. 251ff.
- Thomas M. Izbicki:
Protector of the faith: Cardinal Johannes de Turrecremata and the Defense of the Institutional Church.
Catholic University of America Press, Washington D.C. 1981,
ISBN 0-8132-0558-1
(
online
).
- ↑
vergl.
Klerusversammlung zu Bourges 1438
in:
Heribert Muller
:
Cum res ageretur inter tantos principes: Der Streit um das Bistum Tournai (1433-1438)
S. 253 in: Muller,
Frankreich, Burgund und das Reich im spaten Mittelalter
Tubingen (2011) p. 232?253
- ↑
Miethke 1993, S. 136
- ↑
Meditations, or the Contemplations of the Most Devout.
In:
World Digital Library
.
1479,
abgerufen am 2. September 2013
.
- ↑
Symbolum pro informatione manichaeorum : (el bogomilismo en Bosnia) (Book, 1958).
[WorldCat.org], 4. Januar 2010,
abgerufen am 2. September 2013
.
- ↑
Symbolum pro informatione Manichaeorum (El bogomilismo en Bosnia) (Publicaciones del Seminario Metropolitano de Burgos. Serie B): Juan de Torquemada: Amazon.com: Books.
Amazon.com, 1. Januar 1958,
abgerufen am 2. September 2013
.
- ↑
Widerspruch gegen die Verurteilung Papst Eugens IV. durch das Konzil von Basel, verfasst 1439/40 fur die Klerusversammlung von Bourges (Cher).
Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters