Johann von Lutz

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Johann von Lutz, 1871. Grafik von Hermann Scherenberg.
Johann von Lutz
Das Grab von Johann von Lutz und seiner Ehefrau Johanna geborene Schmidt-Osting auf dem Alten Sudlichen Friedhof in Munchen

Johann Lutz , ab 1866 Ritter von Lutz , seit 1883 Freiherr von Lutz , (* 4. Dezember 1826 in Munnerstadt ; † 3. September 1890 in Niederpocking ) war ein deutscher Politiker im Konigreich Bayern . Er war 1869?1890 Kultusminister und ab 1880 auch Vorsitzender im Ministerrat. In die Geschichte eingegangen ist Lutz vor allem als Vertreter des Kulturkampfs und durch seine Rolle beim Sturz Konig Ludwigs II.

Familie und fruhe Jahre

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Seine Eltern waren der Volksschul- und Musiklehrer Joseph Lutz (1801?1879) und dessen Ehefrau Magdalena, geborene Schedel (1809?1862). Sie war eine Tochter des Landarztes Karl Schedel aus Hammelburg. Ein Bruder von Johann Lutz war Caspar Lutz (1830?1898), der in Wurzburg Oberpflegeamtsdirektor des Juliusspitals [1] wurde.

Im Jahr 1853 heiratete Johann Lutz in Sommershausen Caroline Reuß (1828?1865), eine Tochter des Rentbeamten Lorenz Reuß und der Rosina Bechert. Das Paar hatte einen Sohn und eine Tochter, darunter:

  • Ernst (* 22. Februar 1859; † 19. Juli 1921) ? Julie Petzold (* 11. Juli 1863; † 11. Oktober 1950)

Nach ihrem Tod heiratete er 1867 in Munchen Anna von Schmidt-Osting (1838?1884), eine Tochter des Arztes Adolph von Schmidt-Osting und der Amalie von Habermann. Mit ihr hatte er zwei Sohne, darunter:

? Marie Grafin von Bothmer (* 14. September 1874; † 24. November 1913)
? Maria von Colln (* 6. Mai 1878; † 6. Juli 1974)

Nachdem auch seine zweite Gemahlin gestorben war, heiratete Lutz 1887 in Munchen Margareta Fretzscher (1845?1924) verwitwete Riedinger, eine Tochter des Chirurgen Georg Fretzscher und der Magdalena Langenmayr. Mit seiner letzten Frau hatte er keine weiteren Kinder.

Lutz besuchte das Johann-Philipp-von-Schonborn-Gymnasium in seiner Heimatstadt und studierte anschließend von 1843 bis 1848 an der Universitat Wurzburg Rechtswissenschaften. Er wirkte als bayerischer Delegierter an der Abfassung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches mit. 1866 wurde er mit dem Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayerischen Krone beliehen. Damit verbunden war die Erhebung in den personlichen Adelstand und er durfte sich nach der Eintragung in die Adelsmatrikel Ritter von Lutz nennen.

Regierung in Bayern

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1867 wurde Lutz Justiz- , 1869 Kultusminister und betrieb als solcher den bayerischen Kulturkampf , um die Suprematie des Staates gegenuber der Kirche durchzusetzen. So bot er im Auftrag der bayerischen Regierung dem Mediziner Carl Gerhardt 1872 eine Professur am Wurzburger Juliusspital , der Universitatsklinik Wurzburgs , an, obwohl dieser Protestant war und bis dahin fast ausnahmslos Katholiken dort Spitalarzte wurden. (Oberpflegeamtdirektor am Juliusspital war Caspar Lutz, der Bruder von Johann Lutz.) [2] Die bayerische Kulturkampf-Politik nach der Verkundung der Beschlusse des 1. Vatikanischen Konzils fuhrte 1873 zu einer Beschwerde des Papstes, der 1875 auch gegen die Einfuhrung der Zivilehe protestierte. Die bayerischen Bischofe brachten ihre Beschwerden 1875 offiziell vor (Plazet, Altkatholiken, Schul- und Ordenspolitik). All diese kirchlichen Initiativen prallten an der Haltung der bayerischen Regierung ab. [3] Zu einer direkten Unterstutzung der Altkatholiken kam es aber nicht. Spater brachte dann die Reichsratskammer die Beschlusse der Abgeordnetenkammer zur Beseitigung der Simultanschulen und der Zivilehe zu Fall.

Nach dem auch von Reichskanzler Otto von Bismarck 1880 erzwungenen Rucktritt des Ministerratsvorsitzenden Adolph von Pfretzschner ubernahm Lutz dessen Position, die er bis zu seinem Tode behielt. Es war das einzige Mal, dass der Ministerratsvorsitzende nicht auch der Minister fur auswartige Angelegenheiten war. Lutz machte die erst 1863 auch in Bayern gegrundete linksliberale Deutsche Fortschrittspartei zur Stutze der Regierung und versuchte, die Stellung des Konigs zu bewahren, indem er sich nachhaltig dagegen wehrte, ihn ?zur bloßen Unterschreibmaschine in den Handen der verantwortlichen Minister“ werden zu lassen. [4] Lutz war dennoch maßgeblich am Sturz Konig Ludwigs II. beteiligt. Anfang 1886 verweigerte das Kabinett Konig Ludwig die Burgschaft fur einen Kredit in Hohe von sechs Millionen Mark, worin manche Biografen den Hauptanlass fur die Entmundigung sehen. Es soll private finanzielle Hilfsangebote von Bankiers gegeben haben, die Ludwig aber nicht erreichten. Ludwig wandte sich daraufhin an Bismarck, der ihm am 14. April 1886 schrieb, er solle seinem Ministerium befehlen, die Bewilligung der erforderlichen Summen beim Landtag zu beantragen. Tatsachlich forderte Ludwig daraufhin die Vorlage des Anliegens im Landtag. Stattdessen leitete das Ministerium aber seine Entmundigung ein. Lutz hatte bereits im Marz Obermedizinalrat Bernhard von Gudden , Spezialist fur Gehirnanatomie, beauftragt, ein Gutachten uber Ludwigs Geisteszustand zu erstellen.

Auch unter Prinzregent Luitpold blieb Lutz im Amt. Er sprach sich fur eine umfassende Revision des bayerischen Staatskirchenrechts aus. 1889 verteidigte er zum letzten Mal in einer großen kirchenpolitischen Debatte vor der Kammer der Abgeordneten den von ihm seit Jahrzehnten konsequent vertretenen staatskirchlichen Standpunkt, im Folgejahr drangte der Prinzregent das Ministerium Lutz zum Frieden mit der katholischen Kirche. Lutz Nachfolger im Vorsitz im bayerischen Ministerrat wurde 1890 Außenminister Friedrich Krafft von Crailsheim , als Kultusminister folgte Ludwig August von Muller .

Lutz wurde am 21. August 1880 in den erblichen Adelsstand und am 28. Dezember 1883 (Immatrikulation am 24. Februar 1884) in den Freiherrnstand erhoben.

Einzelnachweise

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  1. Andreas Mettenleiter : Das Juliusspital in Wurzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Wurzburg anlasslich der 425jahrigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Wurzburg, Wurzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0 , S. 832 und ofter.
  2. Andreas Mettenleiter : Das Juliusspital in Wurzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Wurzburg anlasslich der 425jahrigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Wurzburg, Wurzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0 , S. 270?271, 355 und 832.
  3. Dieter Albrecht: Von der Reichsgrundung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871?1918) , in: Alois Schmid (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Geschichte Band IV, 1, Munchen 2003, S. 375?376.
  4. Deutsche Biographie: Lutz, Johann Freiherr von (bayerischer Personaladel 1866, erblicher Adel 1880, Freiherr 1884)