Johann Friedrich I. von Sachsen
, auch
Friedrich der Großmutige
genannt, (*
30. Juni
1503
in
Torgau
; †
3. Marz
1554
in
Weimar
) aus dem Hause der
ernestinischen
Wettiner
war von 1532 bis 1547
Kurfurst
und
Herzog
von
Sachsen
und nach dem Verlust der Kurwurde 1547 bis zu seinem Tod nur noch Herzog des
ernestinischen Landesteils
. In der Stadt
Jena
, in der nach seinem Plan die noch heute bestehende
Universitat
gegrundet wurde, ist er als
Hanfried
bekannt.
:Johann Friedrich I. von Sachsen im Kurfurstenornat mit Kurhut und Reichserzmarschallschwert
Wappen Johann Friedrichs I. mit den Kurschwertern der
Reichserzmarschallswurde
im
Herzschild
(Holzschnitt von
Lucas Cranach d. A.
, 1546)
Johann Friedrich I. war der alteste Sohn des sachsischen Kurfursten
Johann des Bestandigen
(1468?1532) aus dessen erster Ehe mit
Sophie
(1481?1503), Tochter des Herzogs
Magnus II. zu Mecklenburg
. Johann Friedrich heiratete am 9. Februar 1527 in Torgau
Sibylle
(1512?1554), Tochter des Herzogs
Johann III. von Julich-Kleve-Berg
, mit der er bereits ein Jahr davor verlobt gewesen war.
Johann Friedrich forderte die
Reformation
wie vor ihm schon sein
Onkel
und sein Vater. Er konsolidierte die
Landeskirche
und forderte die
Universitat Wittenberg
. Seit dem Jahr 1539 errichtete er neue
Konsistorien
, um die Verwaltung der Kirchenguter zu regeln.
In der Zeit der
sachsischen Munztrennung
war die in der
Leipziger Hauptteilung
im Jahr 1485 zwischen den Ernestinern und Albertinern vereinbarte gemeinsame Munzpragung vorubergehend von 1530 bis Ende 1533 aufgehoben. Unter Johann Friedrich trat im Jahr 1534 die fruhere Munzgemeinschaft mit
Georg dem Bartigen
wieder in Kraft.
1534 griff er in die
Fehde
des
Hans Kohlhase
gegen den Ritter von Zaschwitz ein, indem er einen zwischenzeitlichen Kompromissvertrag annullierte.
Als Fuhrer des
Schmalkaldischen Bundes
stand er an der Spitze der
Protestanten
. Politisch wenig talentiert sowie durch sein erhebliches Gewicht und seinen Hang zum Alkohol korperlich benachteiligt, war Johann Friedrich eigensinnig und wenig staatsmannisch. Als Schutzherr des
Bistums Naumburg
ersetzte er den vom Kapitel rechtmaßig gewahlten,
katholischen
Bischof
Julius von Pflug
durch den lutherischen
Nikolaus von Amsdorf
, womit er den Kaiser reizte, Schritte gegen die Reformation zu unternehmen. Ahnlich eigenmachtiges Vorgehen wie in Naumburg erwog Johann Friedrich auch fur das
Stift Wurzen
, welches aber unter gemeinsamer Schutzherrschaft mit seinem Cousin
Herzog Moritz von Sachsen
stand, was zur Entfremdung beider Fursten fuhrte.
Im Jahr 1542 erließ Johann Friedrich am 15. April eine
Turkensteuerregelung
, ?dem Turcken zu widerstandt“.
[1]
Auf dem
Reichstag in Speyer
1544 bestatigte Kaiser Karl V. nach langerer Verweigerung den Ehevertrag Johann Friedrichs sowie die sachsische Erbfolge in den beiden Linien des Hauses Wettin.
Postum 1578 von
Lucas Cranach d. J.
erstelltes Gemalde ? die gut erkennbare Narbe zog sich Johann Friedrich I. als Fuhrer der protestantischen Truppen in der
Schlacht bei Muhlberg
zu
Aufgrund seiner Ubergriffe gegen
Braunschweig-Wolfenbuttel
und der Gefangennahme Herzog Heinrichs verhangte Kaiser
Karl?V.
am 19. Juli 1546 die
Reichsacht
uber Johann Friedrich I. und die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes. Im folgenden
Schmalkaldischen Krieg
stellte sich sein ebenfalls lutherischer Vetter Herzog Moritz von Sachsen auf die Seite des Kaisers und fiel in Kursachsen ein. In der
Schlacht bei Muhlberg
waren die Truppen des Kaisers siegreich. Johann Friedrich wurde am 24. April 1547 von kaiserlichen Truppen auf der
Lochauer Heide
gefangen genommen und am 10. Mai zum Tode verurteilt. Er vernahm das Urteil sehr gleichmutig wahrend einer Schachpartie mit seinem Freund
Ernst von Braunschweig-Grubenhagen
.
[2]
Das Todesurteil wurde nach Furbitte einflussreicher Fursten (unter anderem auch Moritz) in lebenslanges Gefangnis umgewandelt. Johann Friedrich verlor die Kurwurde und einen Großteil seiner Lander an Moritz von Sachsen, siehe dazu auch die
Munzgeschichte des Herzogtums Sachsen (1547?1572)
der verbliebenen thuringischen Besitzungen der Ernestiner nach der Schlacht bei Muhlberg bis zur Landesteilung nach dem Erfurter Landesteilungsvertrag vom 6.?November 1572.
[3]
Johann Friedrich I. von Sachsen, Portrat um 1550 von
Tizian
(
Kunsthistorisches Museum
Wien)
Er blieb trotz dieser Niederlage optimistisch und ließ noch wahrend seiner kaiserlichen Gefangenschaft in Augsburg und Innsbruck das
Jagdschloss Frohliche Wiederkunft
errichten. Ebenso wahrend seiner Gefangenschaft hatte Johann Friedrich als Ersatz fur die verlorene Landesuniversitat
Wittenberg
die
Hohe Schule
in
Jena
grunden lassen, die aber erst 1558, nach seinem Tod, von Kaiser
Ferdinand I.
zur
Universitat Jena
erhoben wurde. Versuche Kaiser Karls, Johann Friedrich zur Annahme des
Augsburger Interims
zu bewegen, lehnte der Gefangene standhaft ab, weshalb seine Haft verscharft wurde.
Der
Taler der Sohne Johann Friedrichs des Großmutigen wahrend seiner Gefangenschaft
sollte den Kaiser milder stimmen. Der Taler zeigt das Kaiserbildnis statt das der Sohne Johann Friedrichs. Ein Kaiserbildnis auf Munzen der
Wettiner
ist in der
sachsischen Munzgeschichte
einmalig.
Johann Friedrichs Ruckkehr aus der Gefangenschaft und seine letzten Jahre (Unbekannter Maler vor 1630;
Deutsches Historisches Museum Berlin
)
Nach funf Jahren Gefangenschaft, dank des
Passauer Vertrages
seit dem 1.?September 1552 wieder in Freiheit, residierte Johann Friedrich wahrend seiner letzten Lebensjahre in
Weimar
.
Taler Johann Friedrichs des Großmutigen nach seiner Gefangenschaft
von 1552
Der
Taler Johann Friedrichs des Großmutigen nach seiner Gefangenschaft
mit der Jahreszahl 1552 oder 1553 ist sein erster und zugleich letzter Taler nach dem Kurwurdenwechsel. Die ungewohnlich gestaltete Ruckseite zeigt anstatt des sonst ublichen sachsischen Gesamtwappens einen doppelkopfigen Reichsadler. In dieser Ausfuhrung ließ der Herzog auch Doppeltaler, Halbtaler und Vierteltaler pragen.
Sein Herrschaftsgebiet vergroßerte sich, als er seinen Bruder
Johann Ernst von Coburg
beerbte. Erneut kam es zu Auseinandersetzungen mit Kurfurst Moritz, da Johann Friedrich weiterhin den kurfurstlichen Titel und das entsprechende
Wappen
benutzte (siehe
Munzstatte Gotha
). Am 24. Februar 1554 wurden im
Naumburger Vertrag
alle strittigen Punkte zwischen Kurfurst
August von Sachsen
und Johann Friedrich beigelegt. Johann Friedrich bekam somit kurz vor seinem Tod einige Amter mit
Altenburg
und den Titel ?geborener Kurfurst“ zugestanden. Noch am Tag vor seinem Tod unterschrieb der ehemalige Kurfurst den Vertrag.
Johann Friedrich ist an der Seite seiner Gemahlin Sibylle in der
Stadtkirche
in Weimar bestattet. Sein evangelischer Gedenktag ist der
3. Marz
. Den Beinamen ?der
Großmutige
“ erhielt er fur seinen Einsatz fur die Reformation und als Gonner
Martin Luthers
.
Steintafel am Schloss Friedenstein (Gotha)
Denkmal auf dem Jenaer Marktplatz
Zwei-
Mark
-
Gedenkmunze
zum 350. Jahrestag der Universitatsgrundung 1908 (Sachsen-Weimar-Eisenach) mit der Darstellung Johann Friedrich des Großmutigen (
Avers
)
5
Pf
-
Sondermarke
der
Deutschen Post (DDR)
von
1958
mit dem Siegel der Jenenser Universitat
Johann Friedrich I. war bereits zu Lebzeiten Gegenstand einer umfassenden Bildpropaganda mit zunehmend reformatorischer Ausrichtung. Die hierfur in der Werkstatt
Lucas Cranachs
geschaffenen und in verschiedenen Medien verbreiteten Bildnistypen pragten die Wahrnehmung der Personlichkeit Johann Friedrichs nachhaltig und wurden bis ins 20. Jahrhundert hinein rezipiert.
[4]
In den ersten Regierungsjahren uberwog die Absicht, den jungen Kurfursten in
Triptychen
als Nachfolger
Friedrichs des Weisen
und
Johanns des Bestandigen
zu etablieren. Spater gewannen die Einzeldarstellungen im kurfurstlichen Ornat an Gewicht. Nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg stand oft die Prasentation des Herzogs mit Gesichtsnarbe als protestantischer Martyrer im Vordergrund. In spateren Jahrhunderten wurden die Bildnistypen je nach Darstellungsabsicht aufgegriffen.
Die von 1542 bis 1547 gemeinschaftlich gepragten
Schmalkaldischen Bundestaler
Johann Friedrichs mit Philipp von Hessen zeigen das Brustbild des Kurfursten im Hermelinmantel mit geschultertem
Kurschwert
und das geharnischte Huftbild des Landgrafen mit Kommandostab auf der Gegenseite.
Aus dem Jahr 1551 stammt eine
Schaumunze
von
Matthes Gebel
(† 1574) auf deren Vorderseite ein bartiges Brustbild halblinks mit einer Narbe auf der linken Wange aus der Schlacht bei Muhlberg des Kurfursten zu sehen ist. Auf der Ruckseite ist ein dreifach behelmtes Wappen ohne den
Herzschild
mit den Kurschwertern dargestellt.
[5]
Noch im 16. Jahrhundert wurde eine Steintafel mit seinem Portrat als Kurfursten gefertigt, sie befindet sich heute in der Ostfassade des
Schloss Friedenstein
und wurde um die allegorische Darstellung des Glucksrades erganzt.
Als Gegenspieler von Hans Kohlhase wies ihm
Heinrich von Kleist
in seiner freien Bearbeitung des historischen Stoffes, der 1810 veroffentlichten Novelle
Michael Kohlhaas
, eine bedeutende, mit fiktiven Zugen ausgeschmuckte Rolle zu.
Auf dem Jenaer Marktplatz steht der ?
Hanfried
“, das Denkmal fur den Grunder der Hohen Schule, Johann Friedrich den Großmutigen. Es wurde von
Friedrich Drake
geschaffen und 1858 zur 300-Jahr-Feier der Universitat aufgestellt.
1908 wurden im
Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach
anlasslich des Jubilaums der Friedrich-Schiller-Universitat zwei
Silbermunzen
mit Nominalen zu zwei und funf
Mark
gepragt, die ein Brustbild Johann Friedrich des Großmutigen mit Kurschwert und
Hermelin
zeigen.
Seit 1993 nennt sich in Anlehnung an den Namen des Kurfursten ein American-Football-Verein in Jena
Jenaer Hanfrieds
.
Johann Friedrich hatte aus seiner Ehe mit
Sibylle von Julich-Kleve-Berg
folgende Kinder:
- ? 1. 1555 Prinzessin
Agnes von Hessen
(1527?1555)
- ? 2. 1558 Pfalzgrafin
Elisabeth von Pfalz-Simmern
(1540?1594)
- ? 1560 Pfalzgrafin
Dorothea Susanne von Pfalz-Simmern
(1544?1592)
Sein Gedenktag ist der 3. Marz im
Evangelischen Namenkalender
.
- Joachim Bauer, Birgitt Hellmann (Hrsg.):
Verlust und Gewinn. Johann Friedrich I., Kurfurst von Sachsen
(= Bausteine zur Jenaer Stadtgeschichte, 8). Weimar, Jena 2003;
ISBN 3-89807-058-1
- Heinrich Theodor Flathe
:
Johann Friedrich (Kurfurst von Sachsen)
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 326?330.
- Thomas Klein
:
Johann Friedrich (I.) der Großmutige.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974,
ISBN 3-428-00191-5
, S. 524 f. (
Digitalisat
).
- Heiko Wulfert:
Johann Friedrich von Sachsen.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 3, Bautz, Herzberg 1992,
ISBN 3-88309-035-2
, Sp. 345?346.
- Volker Leppin
,
Georg Schmidt
,
Sabine Wefers
(Hrsg.):
Johann Friedrich I. ? der lutherische Kurfurst
(= Schriften des Vereins fur Reformationsgeschichte, 204) Gutersloh 2006;
ISBN 978-3-579-01729-7
- Georg Mentz
:
Johann Friedrich der Grossmutige 1503?1554.
Teil 1 in: Festschrift zum 400jahrigen Geburtstage des Kurfursten namens des Vereins fur Thuringische Geschichte und Altertumskunde (= Beitrage zur neueren Geschichte Thuringens, 1). Jena 1903, Teil 2, 3, 1908
- Bernhard Rogge
:
Johann Friedrich Kurfurst von Sachsen, genannt ?der Großmutige“. Eine Gedenkschrift zur vierhundertjahrigen Wiederkehr seines Geburtstages
. Halle a.S. 1902.
- Frank-Lothar Kroll
(Hrsg.):
Die Herrscher Sachsens: Markgrafen, Kurfursten, Konige 1089?1918
. Verlag C. H. Beck 2004, S. 70 ff. (
Digitalisat
)
- ↑
Gottfried August Arndt:
Archiv der Sachsischen Geschichte
, 2. Teil, Verlag Weidmanns Erben und Reich, Leipzig 1785, S. 317?332
Digitalisat
, abgerufen am 27. Januar 2015.
- ↑
Johann Sebastian Muller:
Des chur- und furstlichen Hauses Sachsen Ernestin- und Albertinischer Linien, Annales von Anno 1400 bis 1700
, Gleditsch 1701, S. 106
- ↑
Paul Arnold, Harald Kuthmann, Dirk Steinhilber:
Großer Deutscher Munzkatalog von 1800 bis heute
(1997), S. 288
- ↑
Michael Enterlein, Franz Nagel:
Katalog der Darstellungen Johann Friedrichs des Großmutigen
. In: Joachim Bauer, Birgitt Hellmann (Hrsg.):
Verlust und Gewinn. Johann Friedrich I. Kurfurst von Sachsen
. Hain-Verlag, Weimar 2003,
ISBN 3-89807-058-1
, S. 119?292.
- ↑
Habich I, 2, 1245. Unicum, Silber: 47,2 mm, 53,93 gr.