Jetstream

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
(Weitergeleitet von Jet Stream )
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strahlstromband (vereinfachte Darstellung)

Jetstream (von englisch jet stream , eine Ubersetzung des deutschen Wortes Strahlstrom oder Strahlstromung ) [1] ist in der Meteorologie der Anglizismus fur ein sich dynamisch verlagerndes Starkwindfeld , das meist im Bereich der oberen Troposphare bis hinunter zur Tropopause auftritt.

Jetstreams bilden sich infolge globaler Ausgleichsbewegungen zwischen verschiedenen Temperaturregionen sowie zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten . Jetstreams sind die starksten naturlich auftretenden Winde und im Vergleich zu anderen Wetterphanomenen sehr verlasslich und uber mehrere Tage stabil. Kurzfristig betrachtet trennen sie warme von kalten Luftmassen, letztendlich verwirbeln sie diese aber durch Vertikalbewegungen in bestimmten Bereichen. Die warmen Luftmassen werden auf ihrem Weg zum Nordpol durch die Erdrotation abgelenkt, wobei sie ihre hohe Bahngeschwindigkeit beibehalten.

Allgemeiner definiert sind Jetstreams atmospharische Windbander mit einer nahezu horizontalen Stromungsachse (?Jetachse“) und Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 m/s (540 km/h). Die Windgeschwindigkeit fallt, sowohl vertikal als auch horizontal, mit zunehmender Entfernung zum Stromungszentrum rasch ab. Jetstreams gehoren naherungsweise zur Gruppe der geostrophischen Winde , bei denen ein Gleichgewicht zwischen Druckgradient - und Corioliskraft herrscht.

Auftreten und Arten

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Verlauf eines Jetstreams

Es gibt vier wesentliche Jetstreams, wobei man zwischen zwei verschiedenen Arten und ihrer jeweiligen Erdhalbkugel unterscheiden muss. Da sie in großen Hohen auftreten, werden sie in isobaren Hohenwetterkarten dargestellt bzw. ausgewertet (meist in Bezug zur 200-hPa-Druckflache ).

  • Der polare Strahlstrom (PFJ ? Polarfrontjetstream ) verlauft je nach Großwetterlage zwischen 40° und 60° geographischer Breite im Bereich der 249- bis 300- hPa - Isobare im Verbund mit der oft bis zum Boden reichenden Polarfront . Er erreicht im Kernstrom, also seinem Zentrum, Geschwindigkeiten von 200 bis 500 km/h (bekanntes Maximum ~1970 in Japan 650 km/h) und stellt den wichtigsten Strahlstrom dar, wobei er gerade auch fur das europaische Wetter von maßgeblicher Bedeutung ist. Da sich in den mittleren Breiten aufgrund des Aufeinandertreffens von kalter Polarluft und gemaßigten warmeren Luftmassen ein vergleichsweise starker horizontaler Temperaturgradient ausbildet, tritt der PFJ ganzjahrig auf. Sein Geschwindigkeitsmaximum und die tiefsten Lagen werden jedoch im Winter erreicht, da dann in der Regel die Temperaturunterschiede zwischen Pol und Aquator großer sind als im Sommer sowie die Tropopause meist deutlich niedriger liegt. Durch dynamische Effekte in der Erdatmosphare tritt der Polarfrontjetstream nur in relativ kurzen Bandern von wenigen tausend Kilometern Lange auf.
  • Der subtropische Strahlstrom (STJ ? Subtropenjetstream ) ist ebenso ein Westwind-Jetstream in der Nahe der Wendekreise bzw. der Subtropen , also im Bereich von 20° bis 30° geographischer Breite und im Bereich der 150- bis 200-hPa-Isobare. Er tritt an der Obergrenze des abfallenden Astes der Hadley-Zelle auf, also uber dem subtropischen Hochdruckgurtel , und entwickelt sich aus dem Antipassat . Der STJ ist schwacher als der PFJ und kommt oft nur in den jeweiligen Wintermonaten (der Erdhalbkugeln) zur Ausbildung. Wie der PFJ ist er eng verknupft mit einem großen horizontalen Temperaturgradienten, der sogenannten Subtropenfront , die sich jedoch im Gegensatz zur Polarfront im Allgemeinen nicht bis zum Boden ausdehnt. Obwohl er schwacher ist als der Polarfrontjetstream, zeigt er eine wesentlich großere Bestandigkeit in Position und Intensitat und erstreckt sich zudem geschlossen um den gesamten Globus.

Neben den bekannten großen Jetstreams gibt es aber auch noch

  • den Tropical Easterly Jet (TEJ): Er erstreckt sich ausgehend von der tibetischen Hochebene bis zur innertropischen Konvergenzzone (ITC) und ist hier vor allem als Hohenostwind bis in den Norden Afrikas wetterwirksam. Insbesondere handelt es sich also nicht um einen Westwind wie beim PFJ oder STJ, sondern um einen Ostwind. Seine starkste Auspragung erfahrt er im Nordsommer, also wahrend des indischen Sommermonsuns .
  • die Low Altitude Jets: Sie treten in der Nahe von Wirbelsturmen auf (low altitude = geringe Hohe).
  • den Nocturnal Jet: Ein nachtlicher low-altitude-Jetstream.
  • stratospharische bzw. mesospharische Jetstreams.
  • Ein Supersturm ist eine Jetstreamverwirbelung aus einem polaren Strahlstrom (PFJ ? Polarfrontjetstream) und einem subtropischen Strahlstrom (STJ ? Subtropenjetstream).

Entstehungsursachen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die vergleichsweise starke Sonneneinstrahlung am Aquator sorgt hier fur eine Erwarmung der bodennahen Luftmassen und eine positive Energiebilanz , wahrend diese an den Polen aufgrund der Breitengradabhangigkeit der durch die Sonne bedingten Strahlungsenergie negativ ist. Es handelt sich folglich im bodennahen Bereich des Aquators um relativ warme Luftmassen, die im Vergleich zu den kalteren Luftmassen der Pole eine geringere Dichte besitzen. Die Luft der Troposphare ist deswegen entlang der den ganzen Erdball umspannenden innertropischen Konvergenzzone (ITC) lockerer gepackt als an den Polen, was zur Folge hat, dass der vertikale Druckgradient wesentlich geringer ist als bei niedrigen Temperaturen und der Luftdruck daher langsamer mit zunehmender Hohe absinkt, als dies sudlich oder nordlich der ITC der Fall ist. Unter anderem deswegen kann sich die Troposphare entlang des Aquators bis in eine Hohe von ungefahr 18 km und auch noch in den gemaßigten Breiten bis etwa 12 km erstrecken, wahrend sie an den Polen nur eine mittlere Machtigkeit von 8 km erreicht. [2] Diese Luftdichte ­verminderung am Aquator ist dabei mit einer relativen Druck ­erniedrigung und somit einem stabilen ?Tiefdruckgurtel“ verbunden (siehe Planetarische Zirkulation ): der schon angesprochenen innertropischen Konvergenzzone. Dabei ist zwischen ITC und Aquator zu unterscheiden. In der Hohe herrscht dagegen aufgrund des geringen Druckgradienten ein Hochdruckgebiet , weshalb man am Aquator zwischen Bodentief und Hohenhoch unterscheidet.

Uber den Polen sind die Luftmassen hingegen wesentlich dichter gepackt. Durch die geringe Sonneneinstrahlung ist die Luft hier kalt und lagert aufgrund der hoheren Dichte schwerer auf der Erdoberflache. Der Druckgradient ist hier folglich wesentlich starker ausgepragt und es existieren stabile Hochdruckgebiete am Boden. Man spricht deshalb von einem Bodenhoch und dementsprechend auch von einem Hohentief .

Die Luftdruck- bzw. Temperaturunterschiede zwischen dem Aquator und den Polen sind also thermisch bedingt. Sie resultieren aus der Breitenabhangigkeit der Sonneneinstrahlung , die sich rein geometrisch aus den verschieden großen Einfallswinkeln der Sonnenstrahlung ergibt. Der Antriebsmotor des entstehenden dynamischen Wetter- und Windsystems und somit auch der Jetstreams lasst sich demnach, trotz aller anderen Einflussfaktoren, in der Sonne finden.

Druckgradientkraft

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
1. Die Hohenluft bewegt sich, der Gradientkraft folgend, vom Aquator zum Pol

Zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten stellt sich eine Ausgleichskraft ein, die man als Gradientkraft oder auch Druckgradientkraft bezeichnet. Im Bestreben, die Druck- bzw. Temperaturunterschiede auszugleichen, bewegt sich die Hohenluft, der Gradientkraft folgend, uber die Breitengrade hinweg vom Hohenhoch des Aquators in Richtung des Hohentiefs der Pole, also vom Ort des hoheren zum Ort des niedrigeren Druckes. Je starker nun diese Druck- und Temperaturunterschiede sind, desto starker ist auch die Gradientkraft und der aus ihr resultierende Wind . Diese Unterschiede sind nur selten, etwa bei tropischen Wirbelsturmen , groß genug, um die Luft in Nahe des Erdbodens ausreichend zu beschleunigen, und fuhren dabei auch meist nur zu Rotationsbewegungen, welche jedoch sehr unbestandig sind und aufgrund der fehlenden horizontalen Stromungsachse, trotz teilweise hoher Drehgeschwindigkeiten, keine Jetstreams darstellen. Diese selbst konnen sich nur bei den mit der Hohe zunehmenden Druckunterschieden und ohne Reibungseinflusse ( Freie Atmosphare ) bilden. Die Druckunterschiede nehmen jedoch auch nahe der Tropopause bzw. in der Stratosphare wieder stark ab. Das erklart, warum sich die sehr starken Jetstreams vor allem an scharfen Luftmassengrenzen entwickeln und zudem vertikal auf eine bestimmte Hohe begrenzt sind, im Endeffekt also die Erscheinungsform eines Windschlauches besitzen. Diese idealisierte Darstellung muss jedoch um den sogenannten Corioliseffekt erweitert werden.

2. Horizontale Corioliskraft lenkt Luftmassen ab

Aufgrund der Erdrotation wirkt auf die polwarts fließende Luft die Corioliskraft . Diese Scheinkraft bewirkt, dass bewegte Luftmassen auf der Nordhalbkugel stets nach rechts und auf der Sudhalbkugel stets nach links abgelenkt werden. Fur polwarts fließende Luftmassen bedeutet das auf beiden Erdhalbkugeln eine Ablenkung nach Osten. Dadurch werden aus polwarts stromenden Gradientenwinden die ostwarts stromenden Jetstreams.

Die oben beschriebene (horizontale) Corioliskraft nimmt vom Aquator zu den Polen hin zu. Am Aquator verschwindet sie. Das nebenstehende Schema veranschaulicht die Ostablenkung der polwarts stromenden Hohenwinde.

Im Ubrigen besitzt die Corioliskraft auch eine vertikale Komponente, die auf- bzw. absteigende Luftmassen beeinflusst. Durch sie werden aufsteigende Luftmassen nach Westen und absteigende Luftmassen nach Osten abgelenkt. Die vertikale Komponente nimmt vom Aquator zu den Polen hin ab. An den Polen ist sie Null.

Entdeckungsgeschichte

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Durch Kondensationseffekt sichtbarer Jetstream uber Kanada (Foto NASA)

Im spaten 19. Jahrhundert gelangte man durch die Beobachtung von hochgelegenen Wolkenformationen zu dem Schluss, dass es in deren Umgebung starke Hohenwinde geben musse. Diese konnten jedoch nur in sehr unregelmaßigen Abstanden beobachtet werden, sodass ihre Regelmaßigkeit und vergleichsweise gleichbleibende Starke noch nicht erkannt wurden. 1924 erforschte der japanische Meteorologe Oishi Wasaburo diesen Hohenwind sehr genau. Unabhangig von Oishi entdeckte Johannes Georgi in 10 bis 15 km Hohe starke Hohenwinde, die sich nicht direkt mit dem Bodendruckfeld erklaren ließen, als er 1926 und 1927 Ballonsondierungen an der Nordspitze Islands durchfuhrte.

In den 1930er Jahren erfolgten dann erstmals international abgestimmte Vertikalsondierungen. [3] Dies veranlasste Richard Scherhag ab dem Jahr 1935 regelmaßig Hohenwetterkarten zu erstellen. [3] Im Jahr 1937 untersuchte Scherhag ein Sturmtief uber der Labrador-Halbinsel . Er berechnete fur 5000 m Hohe einen Gradientwind von 275 km/h und kam zu dem Schluss, dass man im Ursprungsgebiet der atlantischen Sturmzyklonen in Hohe der Tropopause mit Windgeschwindigkeiten von uber 300 km/h rechnen muss. [4] Deutsche Wetterflieger flogen am 20. Februar 1937 von Frankfurt/M. in den Jetstream und dabei flog ihre Heinkel He 46 oberhalb von 5500 m ruckwarts von Mainz bis Frankfurt, wobei eine mittlere Stromungsgeschwindigkeit von 280 km/h gemessen wurde. [5] Heinrich Seilkopf benutzte 1939 den Begriff der ?Strahlstromung“ fur eine Schicht maximaler Windgeschwindigkeit in der Nahe der Tropopause im Ubergangsbereich zwischen Hohenhoch und -tief. [6] Hermann Flohn erwahnt in seinen Erinnerungen, dass der belarussische Meteorologe Mironovitch vor 1939 in der franzosischen Zeitschrift La Meteorologie ebenfalls einen Beitrag zu starken Windgeschwindigkeiten in der oberen Troposphare veroffentlicht hat. [3]

Diese Veroffentlichungen erfolgten jedoch nur auf Deutsch und Franzosisch, was den Wissensaustausch mit den britischen und amerikanischen Meteorologen stark einschrankte. [3] Die Ubersetzung von Seilkopfs Veroffentlichung in andere Sprachen war sogar explizit verboten. [6] Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war der Erfahrungsaustausch zwischen Deutschland und den anderen Nationen dann ganz unterbunden. Die weitere Entdeckungsgeschichte ist daher sehr inhomogen und stark durch die Erfahrungen und Bedingungen in den jeweiligen Landern gepragt.

Ein weiterer Grund fur die spatere Entdeckung in den USA ist nach Angaben von Hermann Flohn , dass die Forschung sich dort zunachst auf andere Analysemethoden konzentrierte, mit denen die fur die Fliegerei wichtigen Hohenwinde nicht direkt hergeleitet werden konnten. [3] Daher mussten in den USA mit dem Eintritt in den Zweiten Weltkrieg zunachst die Verfahren zur Erstellung von Hohenwetterkarten und die Ausbildung der Wetterberater umgestellt werden. Hier leistete Carl-Gustaf Rossby Pionierarbeit, indem er ein großes Ausbildungsprogramm fur Wetterberater initiierte, in welchem im weiteren Verlauf etwa 8000 Wetterberater (Weather Officers) ausgebildet wurden, welche auch eng mit den Briten zusammenarbeiteten. [7]

1942 wies der norwegische Meteorologe Sverre Petterssen ebenfalls die Existenz des Jetstreams nach und untersuchte die Mechanismen hinter seiner Entstehung. Der norwegische Meteorologe Jacob Bjerknes erwahnte 1943 den Begriff Jetstream bei einem Vortrag in England. [7] Obwohl es bereits Berichte uber Probleme der Flugzeugbesatzungen mit hohen Windgeschwindigkeiten in der oberen Troposphare gab, wurde dieser Sachverhalt zunachst nicht systematisch untersucht. [7] Im Jahre 1944 wurde dann mit der B-29 erstmals ein Bomber fertiggestellt, welcher dazu konzipiert war, eine hohe Bombenlast in großen Hohen zu transportieren. Zur Vorbereitung der Luftangriffe gegen Japan stießen die Meteorologen der US Air Force nun regelmaßig auf Starkwindfelder in großer Hohe. Manche hatten zunachst Probleme, dies ihren Vorgesetzten klarzumachen. [8] Aufgrund dieser Erfahrungen begann Rossby, nun intensiv an der Erforschung des Jetstreams und an der Vorhersage seiner Verlagerung zu arbeiten. In der Folge setzte sich die Bezeichnung im englischsprachigen Raum zunehmend durch.

Wetter und Klima

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
3. Rossby-Wellen im Jetstream:
a, b: Einsetzende Wellenbildung
c: Beginnende Abtrennung eines Kaltlufttropfens
blau/orange: kalte/warme Luftmassen
Ausscherende Druckgebiete (Jetstream: blaue Linie)

Jetstreams sind maßgeblich fur die Luftdruckverteilung und somit fur die Ausbildung der Wind- und Luftdruckgurtel auf der Erde verantwortlich. Sie stellen eine wesentliche Ursache fur die Wetterentwicklung und ein wichtiges Element fur den globalen Warmeubergang zwischen Tropen und Polen dar:

Bei ausreichend großen Temperaturunterschieden der Luftmassen aus den Subtropen (z. B. Wusten ) und den Polen wird der Windstrom an der Polarfront aufgrund der hoheren Dynamik der Polarfront stark abgelenkt. Hindernisse wie die Hochgebirge des Himalaya und der Rocky Mountains verstarken dies. Dadurch bilden sich die in der oberen Abbildung blau dargestellten Rossby-Wellen . Die Darstellung ist idealisiert, da die Faltung des Jetstreams uneinheitlich ist und sich der Polarfrontjetstream nicht geschlossen um die gesamte Erde windet. Der Jetstream befindet sich zwischen warmer Luft mittlerer Breiten und kalter Luft hoherer Breiten. Ein realistischeres Bild der maandrierenden Bander des PFJ ist in den Weblinks einsehbar.

Der Jetstream reißt Luftschichten darunter mit, wobei entsprechend der Verwirbelung der Rossby-Welle dynamische Tiefdruckgebiete ( Zyklonen ) in Richtung Pol (im Gegenuhrzeigersinn verdreht uber den ?Wellentalern‘, sogenannte Troge ) und in Richtung Aquator Hochdruckgebiete (im Uhrzeigersinn verdreht unter den ?Wellenbergen‘, sogenannte Rucken ) ausscheren. Rossby-Wellen sind auf der Nordhalbkugel wegen einiger sehr großer Gebirge, welche als Barriere wirken, wesentlich ausgepragter als auf der Sudhalbkugel .

Ein typisches Merkmal des polaren Jetstreams ist die Stabilisierung seiner Rossby-Wellen im Sommer: Wie weit sudlich sie dabei vordringen und in welcher Zahl und Form sie sich manifestieren, bestimmt dann maßgeblich die Wetterlage in Mitteleuropa . Diese Erfahrung spiegelt sich auch in der Bauernregel uber den Siebenschlafertag wider.

Video: Jetstream & Extremwetter (Quelle: Tagesschau)

Ein ?Resonanzmechanismus, der Wellen in den mittleren Breiten festhalt und sie deutlich verstarkt“, [9] wurde 2014 als Ursache unter anderem fur die ab 2003 gestiegene Anzahl der Wetterextreme im Sommer in Bezug gebracht. Dazu zahlt auch die Omegalage im Jahr 2010 mit Uberschwemmungen in Pakistan und Mitteleuropa sowie der Ernteeinbußen und verheerenden Waldbranden u. a. um Moskau . [10]

Klimamodelle stellen einen Zusammenhang zwischen Kalteeinbruchen in den USA unter anderem Anfang 2019 [11] und lang anhaltenden Hitzeperioden in Europa 2003 , 2006 , 2015 , 2018 und 2019 aufgrund der Jetstream-Abschwachung und Verwirbelung durch den menschengemachten Klimawandel her. Dies zahlt zu den Folgen der globalen Erwarmung in der Arktis [12] ? ?quasi als Resonanz-Verstarkung“. [13] [14]

Ein Zusammenhang ( Kausalitat oder Korrelation ) zwischen dem abgeschwachten oder instabilen Jetstream und langere Zeit ortsfesten Hoch- und Tiefdruckgebieten, die z. B. im Sommer 2021 die Hitzewelle in Nordamerika bzw. die extremen Niederschlage mit der Folge des Hochwassers in West- und Mitteleuropa verursachten, wird diskutiert. [15] Neuere Studien sehen insbesondere die Teilung des Jetstreams in einen Ast uber Sud- und einen Ast uber Nordeurasien (sogenannter Doppel-Jet ) als mogliche Ursache der Hitzewellen in Europa. [16] [17] [18]

Hinzu kommt die menschengemachte Beeinflussung der Ozonschicht (→ Ozonloch ). [19]

Besonders auf Linienflugen uber großere Entfernungen, beispielsweise zwischen Nordamerika und Europa , ist der Effekt des Jetstream deutlich spurbar. Da es sich um einen starken und recht verlasslichen Hohenwind handelt, konnen Flugzeuge ihn nutzen, um eine hohere Geschwindigkeit uber Grund und auch einen niedrigeren Treibstoffverbrauch zu erreichen. Sowohl Flughohen als auch Reiserouten werden deshalb an den Verlauf des Jetstream so angepasst, dass man ihn als Ruckenwind nutzen oder als Gegenwind meiden kann. Aus diesem Grund konnen je nach Hohe des Jetstream und der Reiseroute Flughohen von zehn bis zwolf Kilometern weit abseits einer direkten ?Luftlinie“ favorisiert werden. Bei einem Flug uber den Atlantik nach Europa beispielsweise verlauft die Route meist abseits der Orthodrome (Großkreise) und kann eine Zeitersparnis von mehreren Stunden bringen. Allerdings stellen solche Optionen zusatzliche Anforderungen bezuglich der Navigation und der Flugsicherung .

Ein Jetstream in Gegenrichtung verlangsamt die tatsachliche Fluggeschwindigkeit im Verhaltnis zur Erdoberflache. Bleiben solche starken Hohenwinde unberucksichtigt, kann es bei einfacher Koppelnavigation (ohne Tragheitsnavigationssystem ) und schlechter Sicht zu groben Fehleinschatzungen hinsichtlich der erreichten Position kommen. Dies kann fatale Folgen haben, wie beim Flugunfall der Star Dust 1947, die wahrend der Andenuberquerung zu fruh in den Sinkflug uberging und in einen Berghang flog.

Auch fur die Ballonfahrt konnen Jetstreams von Bedeutung sein. Mithilfe dieser Starkwindfelder gelang es so Japan gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, das amerikanische Festland mit Sprengstoff fuhrenden Ballons anzugreifen (allerdings ohne großere Erfolge). Die Wirkung der Hohenwinde wurde auch fur die erste Ballon-Weltumrundung 1999 durch Bertrand Piccard mit Copilot Brian Jones genutzt. Mit Navigationsunterstutzung durch Bodenstationen konnte anhand von Wetterdaten die passende Route gewahlt werden, ein Stuck abseits des Aquators.

Jetstreams werden von Gebieten mit verstarkter Turbulenz begleitet. Dieser Umstand muss bei Flugen mit berucksichtigt werden.

In der Astronomie spielt das Seeing bei der visuellen Beobachtung und der Astrofotografie eine wichtige Rolle. Eine der Hauptursachen des Seeings ist der Jetstream, indem in der Ubergangsschicht zu tieferen Luftschichten aufgrund von Geschwindigkeitsunterschieden Turbulenzen entstehen. Diese Turbulenzen verursachen schnelle Anderungen im optischen Brechungsindex der Luft und somit eine verminderte Abbildungsqualitat. [20]

Produktion elektrischer Energie

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Nutzung des Hohenwindes bzw. der Jetstreams als Primarquelle von Erneuerbaren Energien durch Flugwindkraftwerke hat das Forschungs- und Entwicklungsstadium bisher nicht uberschritten.

  • Valerie Trouet, Flurin Babst und Matthew Meko: Recent enhanced high-summer North Atlantic Jet variability emerges from three-century context. In: Nature Communications. Bd. 9, Artikel-Nr. 180, 2018, doi:10.1038/s41467-017-02699-3 (Volltext frei zuganglich; kommentierte Zusammenfassung ; englisch).
  • Hermann Flohn , 1992, Hrsg. H. Kraus: Meteorologie im Ubergang, Erfahrungen und Erinnerungen (1931?1991). Bonner Meteorologische Abhandlungen , Heft 40, Dummler Verlag, Bonn, ISSN   0006-7156 .
  • J. F. Fuller, 1990: Thor’s Legions. Weather Support to the U. S. Air Force and Army, 1937?1987. American Meteorological Society , Historical Monographs , ISBN 0-933876-88-2 , ISBN 978-0-933876-88-0 (englisch).
  • N. A. Phillips, 1998, Carl-Gustav Rossby : His times, personality and actions. Bulletin of the American Meteorological Society , Vol. 79, Nr. 6, S. 1097?1112 (englisch).
  • Elmar R. Reiter, 1963: Jet-stream meteorology. University of Chicago Press , Chicago (englisch).
  • R. Scherhag, 1937: Wetterskizzen Nr. 17: Die aerologischen Entwicklungsbedingungen einer Labrador-Sturmzyklone. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, Februar 1937, S. 90?92.
  • H. Seilkopf, 1939: Maritime Meteorologie. Handbuch der Fliegerwetterkunde , Vol. 2, Hrsg.: R. Habermehl, Radetzke, 359 S.
Wiktionary: Jetstream  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. The Jet Stream (ThoughtCo) (englisch).
  2. Klett Buch : TERRA Geographie Bayern 11, S. 10, Z. 40.
  3. a b c d e Flohn, Hermann, 1992, Meteorologie im Ubergang, Erfahrungen und Erinnerungen (1931?1991), Ed. Kraus, H., Bonner Meteorologische Abhandlungen, Heft 40, Dummler Verlag, Bonn. ISSN   0006-7156 .
  4. Scherhag, R., 1937: Wetterskizzen Nr. 17: Die aerologischen Entwicklungsbedingungen einer Labrador-Sturmzyklone. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie , Februar 1937, S. 90?92.
  5. Vocke, E., 2002: Von Temp zu Temp. Die Geschichte der Wetterflieger.
  6. a b Seilkopf, H., 1939: Maritime Meteorologie. Handbuch der Fliegerwetterkunde , Vol. 2, Herausgeber. R. Habermehl, Radetzke, 359 S.
  7. a b c Phillips, N. A., 1998, Carl-Gustav-Rossby: His times, personality and actions. In: Bulletin of the American Meteorological Society , Vol. 79, Nr. 6, S. 1097?1112 (englisch).
  8. Fuller, J. F., 1990; Thor’s Legions. Weather Support to the U. S. Air Force and Army , 1937?1987 (American Meteorological Society ? Historical Monographs), ISBN 0-933876-88-2 , ISBN 978-0-933876-88-0 (englisch).
  9. Mehr Wetterextreme durch Aufschaukeln riesiger Wellen in der Atmosphare. Potsdam-Institut fur Klimafolgenforschung, Pressemitteilung vom 11. August 2014.
  10. Dim Coumou et al.: Quasi-resonant circulation regimes and hemispheric synchronization of extreme weather in boreal summer. In: PNAS . Bd. 111, Nr. 34, 2014, S. 12331?12336, doi:10.1073/pnas.1412797111 .
  11. Jens Voss: Rekordhitze und Durre: Der Sommer 2019 war extrem. nationalgeographic.de, 10. September 2019, abgerufen am 3. Dezember 2019 .
  12. Extremwetter und Klimawandel. Uber den Wolken aus der Puste . In: Der Tagesspiegel , 9. August 2018. Abgerufen am 10. August 2018.
  13. Michael E. Mann, Stefan Rahmstorf, Kai Kornhuber, Byron A. Steinman, Sonya K. Miller: Projected changes in persistent extreme summer weather events: The role of quasi-resonant amplification . In: Science Advances . Band   4 , Nr.   10 , 1. Oktober 2018, ISSN   2375-2548 , S.   eaat3272 , doi : 10.1126/sciadv.aat3272 ( sciencemag.org [abgerufen am 11. November 2018]).
  14. Jose L. Lozan, Siegmar-W. Breckle, Hartmut Grassl & Dieter Kasang (2019): Klimawandel und Wetterextreme: Ein Uberblick (PDF, 10 S.).
  15. Siehe zum Beispiel Andreas Schlenkhoff (2020): Ein Blick auf das Wasserdargebot in Zeiten des Klimawandels in Nordrhein-Westfalen , S. 11.
  16. NATURSTROM AG: Doppelter Jetstream sorgt fur haufigere Hitzewellen in Europa. Abgerufen am 8. August 2022 .
  17. Sind Jetstreams an Hitzewellen schuld? 18. Juli 2022, abgerufen am 8. August 2022 .
  18. Rousi, E., Kornhuber, K., Beobide-Arsuaga, G: Accelerated western European heatwave trends linked to more-persistent double jets over Eurasia . In: Nat Commun . Nr.   13 , Juli 2022.
  19. Erik Romanowsky, Dorthe Handorf, Markus Rex et al.: The role of stratospheric ozone for Arctic-midlatitude linkages , 28. Mai 2019, doi : 10.1038/s41598-019-43823-1 (englisch).
  20. Abenteuer Astronomie: Was ist eigentlich Seeing , 12. Oktober 2018, abgerufen am 4. Juni 2020.