Janis Ian
(*
7. April
1951
als
Janis Eddy Fink
in
New York
) ist eine
US-amerikanische
Sangerin und Songschreiberin
. Sie ist zweifache Grammy-Preistragerin.
Janis Ian wuchs in
New Jersey
auf, bevor die Familie nach zahlreichen Umzugen 1965 nach New York zuruckkehrte. Ihre Kindheit und fruhe Jugend beschreibt Ian als eine schone, aber durch das Leben auf der abgelegenen Farm auch sehr einsame Zeit. Ungewohnlich fruh, mit sieben Monaten, begann sie zu sprechen, und mit zwei Jahren bat sie ihren Vater, sie das
Klavierspiel
zu lehren. Uberhaupt, so Ian, sei sie von ihren Eltern in jeder Hinsicht ermutigt worden, zu fragen, zu lernen, neugierig zu sein. Ihr Vater habe eigens einen Nebenjob als Verlagsvertreter angenommen, um seiner Tochter eine
Enzyklopadie
zu besorgen.
Mit zehn Jahren begann Ian, auf der Gitarre ihres Vaters zu spielen, schrieb zwei Jahre spater ihren ersten eigenen Song, auf den der Musikproduzent
George Morton
aufmerksam wurde. Am 3. August 1966 nahm er mit ihr
Society’s Child (Baby I’ve Been Thinking),
ein sehr kontroverses Lied uber eine interrassische Liebe, die von den Eltern und der Gemeinde nicht toleriert wird, auf. Ian wollte ihre Eigenkomposition mit dem Titel
Baby I’ve Been Thinking
versehen, doch Morton entschied sich fur
Society’s Child
. Fur Morton war es textlich die gleiche Grundlage wie bei den von ihm bisher aufgenommenen
Girlgroups
? ein Madchen verliebt sich und die Eltern sind dagegen. Nachdem
Atlantic
und einige andere Labels die Veroffentlichung ablehnten, brachte
Verve
den Song dreimal zwischen 1966 und 1967 heraus.
Erst als
Leonard Bernstein
ihn in seiner Fernsehsendung ?Inside Pop: The Rock Revolution“ am 26. April 1967 vorstellte, gab es Resonanz. Nach Veroffentlichung im Mai 1967 erreichte die Single Rang 14 der Pop-Charts und verkaufte trotz geringem
Airplay
600.000 Exemplare. Nur wenige Radiostationen wagten es in den USA der 1960er Jahre das brisante Stuck zu spielen. Die von Morton produzierte Debut-LP hieß
Janis Ian
und kam im Januar 1967 auf den Markt. Die in den
Mira Sound Studios
eingespielten Aufnahmen entstanden mit dem
Toningenieur
Brooks Arthur. Als Arrangeur fungierte Artie Butler. Die am 21. Dezember 1966 entstandene LP verkaufte 350.000 Exemplare.
[1]
Ebenfalls bei
Mira Sound
entstand am 20. Oktober 1967 und 26. Oktober 1967 Ians zweite LP
…For All the Seasons of Your Mind
. Auch die dritte LP
The Secret Life of J. Eddy Fink
(1968) entstand unter seiner Aufsicht, abgemischt in den
A & R Recording Studios
von
Phil Ramone
.
Die Songwriterin erhielt wegen
Society’s Child (Baby I’ve Been Thinking)
uber Jahrzehnte Mord- und Bombendrohungen, Rassisten storten ihre US-Konzerte mit Rufen wie ?Nigger Lover“ und ihre Tourneen in den Staaten waren ohne Bodyguards undenkbar. Endgultig wandelte sich das erst in den 1990er Jahren, als Ian ? u. a. uber das Forum ihrer
Website
? vermehrt den personlichen Kontakt mit ihren Fans suchte.
Mit 21 Jahren schrieb sie mit
Jesse
und
Stars
zwei Songs, die spater u. a. von
Roberta Flack
,
Joan Baez
und
Cher
gecovert wurden.
Im Jahr 1974 erhielt Ian bei
CBS
erstmals einen Plattenvertrag bei einem großen Label. In rascher Folge brachte sie nun bis 1980 jedes Jahr mindestens ein Album heraus, zehn Alben insgesamt. 1976 wurde sie mit einem
Grammy Award
ausgezeichnet. Es folgten Jahre, in denen Ian jahrlich zwischen 250 und 300 Konzerte in den USA, England, Sudafrika, Australien, den Niederlanden und Japan gab.
Das 1983 eingespielte Album
Uncle Wonderful
erschien im Jahr darauf nur in Australien.
[2]
Ian hatte zwischenzeitlich geheiratet und wollte eine Familie grunden, konnte aber keine Kinder bekommen. Die folgenden Jahre nutzte sie zum Schreiben neuer Songs und besuchte die Schauspielschule von
Stella Adler
in New York, nahm aber keine neuen Alben auf. Wahrend dieser Zeit lebte sie von den Einnahmen aus ihren Platten und davon, dass andere Interpreten mit ihren Songs erfolgreich waren, bis 1986 ihr Buchhalter spurlos verschwand und mit ihm ihr gesamtes Vermogen. Stattdessen schuldete sie den Finanzbehorden 1,3 Millionen Dollar. Bis auf ihre Buhnenkleidung und zwei Gitarren wurde ihr gesamter Besitz gepfandet.
So kam sie 1986 aus dem teuren
Los Angeles
nach
Nashville
, Tennessee. Ihre Ehe war zwischenzeitlich gescheitert. Hinzu kamen wiederholt schwerwiegende gesundheitliche Probleme, die sie Ende der 1980er Jahre fur einige Jahre arbeitsunfahig machten. Obwohl der Umzug von Los Angeles nach Tennessee ? also in die
Sudstaaten
? einen Kulturschock bedeutet habe, so Ian, habe sie sich dort sofort zu Hause gefuhlt, und die dortige Musikszene habe sie mit offenen Armen aufgenommen.
Nach drei Jahren in Nashville lernte Ian 1989 die Strafverteidigerin Patricia Snyder kennen, ihre spatere Lebensgefahrtin, die sie im August 2003 in
Toronto
heiratete.
Die Begegnung mit Pat stellte einen Wendepunkt dar. Sie begann wieder zu schreiben und aufzutreten und produzierte 1993 ihr Comeback-Album
Breaking Silence
. Der Titel war programmatisch, denn die Veroffentlichung des Albums fiel zusammen mit ihrem offentlichen
Coming-out
, zu dem sie sich entschloss, nachdem eine Studie belegt hatte, dass die meisten Selbstmorde von Jugendlichen in den USA aus Angst begangen werden, homosexuell zu sein. Daruber hinaus handeln die Texte dieses Albums von einer ganzen Reihe gesellschaftlicher Tabuthemen.
Am Anfang des Comebacks stand die Selbsterkenntnis, dass sie musikalisch seit Anfang der 1970er Jahre keine wesentliche Entwicklung durchgemacht hatte.
?Ich wurde keine Platte von mir kaufen. Ich wurde diese Songs nicht kaufen, wurde sie nicht interessant finden.“
Sie gestand sich ein, dass sie weder eine herausragende Stimme hatte, noch mit ihrer Korpergroße von 1,55 Meter eine uberragende Buhnenshow bieten konnte. Was sie wollte, war kein um jeden Preis kommerziell erfolgreiches Album, sondern eines, das aus der Sicht der Texterin und Komponistin fehlerlos war, dem die Menschen zuhoren wurden. Sie erkannte, dass sie in ihren Liedern
?uber Dinge sprechen konnte, die zu thematisieren fur andere Menschen zu schmerzhaft war, auf eine Weise, die diese befahigte, diese Dinge zu erforschen“
. Diese Fahigkeit zieht sich durch Ians gesamtes Werk.
Die traumatischen finanziellen Erfahrungen der 1980er Jahre ließen in Ian den Entschluss reifen, sich von der kommerziellen
Musikindustrie
unabhangig zu machen und sich selbst zu managen ? eine der frappierend zahlreichen musikalischen und biographischen Parallelen, die sie mit der befreundeten Kollegin
Laura Nyro
gemeinsam hatte. Sie begann die Rechte an ihren Songs nach und nach von den großen Plattenfirmen zuruckzukaufen und grundete 1992
Rude Girl Records
, ihr eigenes Label. Bis heute hat sie uber zwanzig Platten, das sind alle bis auf die ersten funf aus den Jahren 1967 bis 1971, auf
Rude Girl Records
als CDs in digital uberarbeiteten und um Live-Versionen erganzten Fassungen neu herausgebracht und damit wieder zuganglich gemacht.
Wahrend des Jahres 2007 gab Ian nur einzelne Konzerte in Nashville und schrieb ihre
Autobiografie
, die im Juli 2008 unter dem Titel
Society’s Child - My Autobiography
erschien.
Ein wesentlicher Baustein der Geschaftsphilosophie von
Rude Girl Records
liegt neben dem Besitz bzw. Leasing der Rechte an den uber 400 eigenen Songs in der Uberzeugung, dass das Internet nicht Feind, sondern Freund und Helfer von Musikern sei.
In einem international viel beachteten und diskutierten Artikel fur das US-amerikanische Musikmagazin
Performing Singer Songwriter
vertrat Ian 2002 die These, dass der freie Download von mp3-Files die Musikindustrie nicht schadige, sondern im Gegenteil Fans und Neugierigen das Kennenlernen neuer Musik ermogliche und zur Steigerung der Verkaufszahlen fuhre. In diesem Artikel und im Folgeartikel
Nachbeben
fuhrt sie aus ihrer eigenen Geschaftserfahrung Beispiele an, die ihre Thesen stutzen. Sie zitiert andere Kunstler und Verlage aus anderen Bereichen (wie
Baen Books
), die damit ihre Umsatze steigern konnten; die Autorin
Mercedes Lackey
berichtet, dass sich, nachdem Baen den ersten Teil einer ihrer Buchreihen kostenlos im Internet zur Verfugung stellte, ihre gesamte
Backlist
signifikant besser verkaufte.
Jahr
|
Titel
Musiklabel
|
Hochstplatzierung, Gesamtwochen, Auszeichnung
Chartplatzierungen
Chartplatzierungen
[3]
(Jahr, Titel,
Musiklabel
, Platzierungen, Wochen, Auszeichnungen, Anmerkungen)
|
Anmerkungen
|
UK
|
US
|
1967
|
Janis Ian
Verve
|
—
|
US
29
(28 Wo.)
US
|
|
1968
|
For All The Seasons Of Your Mind
Verve
|
—
|
US
179
(5 Wo.)
US
|
|
1974
|
Stars
Columbia
|
—
|
US
83
(20 Wo.)
US
|
|
1975
|
Between The Lines
Columbia
|
—
|
US
1
(64 Wo.)
US
|
|
1976
|
Aftertones
Columbia
|
—
|
US
12
(19 Wo.)
US
|
|
1977
|
Miracle Row
Columbia
|
—
|
US
45
(12 Wo.)
US
|
Erstveroffentlichung: Januar 1977
|
1978
|
Janis Ian (II)
Columbia
|
—
|
US
120
(11 Wo.)
US
|
Erstveroffentlichung: 30. Mai 1978
|
1981
|
Restless Eyes
Columbia
|
—
|
US
156
(3 Wo.)
US
|
|
1995
|
Revenge
Beacon / Rude Girl
|
UK
81
(1 Wo.)
UK
|
—
|
Erstveroffentlichung: 16. Mai 1995
|
Weitere Studioalben
- 1968:
The Secret Life of J. Eddy Fink
(Verve)
- 1969:
Who Really Cares
(Verve)
- 1971:
Present Company
(Capitol)
- 1979:
Night Rains
(Columbia)
- 1986:
Uncle Wonderful
(veroffentlicht 1984 in Australien) jetzt Rude Girl
- 1993:
Breaking Silence
(Morgan Creek / Rude Girl)
- 1995:
Simon Renshaw Presents: Janis Ian Shares Your Pain
(Rude Girl)
- 1997:
Hunger
(Windham Hill / Rude Girl)
- 2000:
God & the FBI
(Windham Hill / Rude Girl)
- 2002:
Lost Cuts 1. Five New Cuts
(Rude Girl)
- 2004:
Billie's Bones
(Rude Girl)
- 2006:
Folk is the New Black
(Rude Girl)
- 2014:
Strictly Solo
(Rude Girl)
- 2022:
The Light at the End of the Line
(Rude Girl)
- 1978:
Remember
(JVC / jetzt Rude Girl)
- 1980:
Best of Janis Ian
(CBS)
- 1980:
My Favourites
(CBS)
- 1990:
At Seventeen
(CBS)
- 1992:
Up ’Til Now
(Sony)
- 1995:
Society’s Child. The Verve Recordings
(Polydor)
- 1995:
Live on the Test 1976
(BBC Whistle Test)
- 1998:
Unreleased 1: Mary’s Eyes
(Rude Girl)
- 1999:
The Bottom Line Encore Collection (Live 1980)
(Bottom Line)
- 1999:
Unreleased 2: Take No Prisoners
(Rude Girl)
- 2001:
Unreleased 3: Society’s Child
(Rude Girl)
- 2002:
Best of Janis Ian
(Festival)
- 2003:
Live: Working Without a Net
(Rude Girl)
- 2004:
Souvenirs: Best of Janis Ian 1972?1981
(Rude Girl)
- 2007:
Ultimate Best
(JVC)
- 2008:
Best of Janis Ian: The Autobiography Collection
(Rude Girl)
- 2009:
The Essential Janis Ian
(Sony)
- 2017:
The Essential 2.0
(Sony)
- 2021:
Hope. 12 Unreleased Tracks 1976-2011
(Rude Girl)
- 2023:
Worktapes & Demos Vol.1
(Rude Girl)
- 2023:
Live at the Calderone Theater 1975
(Rude Girl)
Jahr
|
Titel
Album
|
Hochstplatzierung, Gesamtwochen, Auszeichnung
Chartplatzierungen
Chartplatzierungen
[3]
(Jahr, Titel,
Album
, Platzierungen, Wochen, Auszeichnungen, Anmerkungen)
|
Anmerkungen
|
UK
|
US
|
1967
|
Society’s Child (Baby I’ve Been Thinking)
Society’s Child
|
—
|
US
14
(12 Wo.)
US
|
|
1975
|
At Seventeen
Between The Lines
|
—
|
US
3
(20 Wo.)
US
|
|
1979
|
Fly Too High
Night Rains
|
UK
44
(7 Wo.)
UK
|
—
|
|
1980
|
The Other Side of the Sun
Night Rains
|
UK
44
(3 Wo.)
UK
|
—
|
|
1981
|
Under The Covers
Restless Eyes
|
—
|
US
71
(4 Wo.)
US
|
|
- 2005:
Live at Club Cafe
(Rude Girl)
- 2005:
Janismania
(Rude Girl)
- 2007:
Through the Years ? A Retrospective
(Rude Girl)
- 2008:
Janis Ian '79 ? Live in Japan & Australia
(Rude Girl)
Goldene Schallplatte
- Kanada
Kanada
- 1976: fur das Album
Between The Lines
|
Anmerkung: Auszeichnungen in Landern aus den Charttabellen bzw. Chartboxen sind in ebendiesen zu finden.
- Janis Ian about her life and her music
(Interview mit Rosemary Welsh), Live at Club Cafe, Rude Girl Records 2004 (DVD Video)
- Janis Ian in conversation with John R. Killacky at the Association of Performing Arts Presenters’ conference, New York City, January 22, 2006
- The Best Revenge
, Interview mit Melissa Etheridge, 1995, In: The Advocate, Nr. 5 (1995), S. 12
- The Internet Debacle ? An alternative View
, in: Performing Songwriter Magazine, Nr. 5 (2002)
- ↑
Life Magazine vom 27. Oktober 1967, S. 53
- ↑
Janis Ian - American songwriter, singer, musician, author and multiple Grammy-winning writer of "At 17," "Jesse" and "Society's Child": Listening Room: Uncle Wonderful.
Archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
22. September 2020
;
abgerufen am 24. Marz 2021
.
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