Irenaus von Lyon
(
altgriechisch
Ε?ρηνα?ο? ? Σμυρνα?ο?
Eirenaios ho Smyrnaios
?Irenaus aus Smyrna / der Smyrner‘; * um
135
; † um
200
), ein
Kirchenvater
, war zweiter uberlieferter
Bischof in Lugdunum
in
Gallien
, in der
romischen Provinz
Gallia Lugdunensis
(heute
Lyon
/
Frankreich
). Er gilt als einer der bedeutendsten Theologen des 2. Jahrhunderts und einer der ersten
systematischen Theologen
des Christentums. Seine Schriften waren in der fruhen Entwicklung der christlichen Theologie wegweisend, vor allem seine funf Bucher ?gegen die Haresien“
(adversus haereses)
. Er pragte den Begriff der
Regula fidei
, der ?Regel des Glaubens“.
Er wird als
Heiliger
verehrt. In evangelischen, anglikanischen und romisch-katholischen Kirchen wird seiner am
28. Juni
gedacht, in orthodoxen Kirchen und der armenischen Kirche am
23. August
.
Uber das Leben des Irenaus ist wenig bekannt.
[1]
Gemaß einer Angabe in
Eusebs
Historia Ecclesiastica
stammte er vermutlich aus Smyrna in
Kleinasien
, dem heutigen
?zmir
(
Turkei
) und der Heimatstadt von
Polykarp von Smyrna
. Er gilt als dessen Schuler, auch wenn er sich nie ausdrucklich als solchen bezeichnete. Er gibt an, Polykarp in seiner fruhen Jugend gesehen bzw. gehort zu haben, als jener bereits
ein sehr alter Mann
war. Irenaus erwahnt, dass Polykarp ?nicht nur durch die Apostel unterwiesen worden war und mit vielen sprach, welche Christus gesehen hatten, sondern auch von den Aposteln in
Asia
als Bischof der Kirche von Smyrna eingesetzt worden“ sei.
[2]
Irenaus war der Uberlieferung zufolge der zweite Bischof von Lyon. Der erste Bischof,
Pothinus
, erlitt 177 wahrend der
Christenverfolgungen
unter
Marcus Aurelius
das
Martyrium
. Irenaus war zu dieser Zeit in Rom, wo er gegen
gnostisch-christliche
Lehren kampfte und in Bezug auf den
Montanismus
den streitbaren romischen Bischof
Eleutherus
zum Frieden mahnte. Im
Osterfeststreit
zwischen
Viktor I.
von Rom (ca. 188?199) und den
Quartodezimanern
trat Irenaus erneut als Vermittler auf.
[1]
[3]
Irenaus starb vermutlich um 200 n. Chr.
[4]
Nach einer anderen Uberlieferung soll er die beiden Bruder
Ferreolus und Ferrutius
zu Priestern geweiht und auf Mission in die Gegend von
Besancon
entsandt haben; dort erlitten beide um das Jahr 215 das
Martyrium
.
Papst Franziskus kundigte am 7. September 2021 an, Irenaus zum
Kirchenlehrer
mit dem Titel
Doctor Unitatis
(Lehrer der Einheit) erheben zu wollen.
[5]
Der
Kardinalprafekt
der
Kongregation fur die Selig- und Heiligsprechungsprozesse
,
Marcello Semeraro
, legte dem Papst am 20. Januar 2022 die Zustimmung der Mitglieder der Kongregation zu dieser Absicht vor.
[6]
Einen Tag spater verfugte Papst Franziskus die Erhebung Irenaus’ zum Kirchenlehrer mit dem Ehrentitel
Doctor Unitatis
.
[7]
Irenaus verfasste zahlreiche Bucher, von denen nur wenige erhalten sind. Das wichtigste ist die funfbandige
Entlarvung und Widerlegung der sogenannten Erkenntnis
(
Lateinisch
Adversus haereses
, ?Gegen die Haresien“), ungefahr 180 n. Chr. veroffentlicht. Fragmente in der
griechischen
Originalsprache sind erhalten, außerdem eine kurz nach der griechischen Veroffentlichung entstandene, vollstandig erhaltene, aber ziemlich freie lateinische Ubersetzung. Die Bucher IV und V sind zudem in einer wortlichen
armenischen
Ubersetzung uberliefert.
Der Zweck von
Adversus haereses
besteht in der Abgrenzung von gnostischen und anderen Lehren und Lehrern. Sie sollen als irrefuhrend erwiesen werden. Das Werk wurde als eine Goldmine fur die Geschichte der
Gnosis
des 2. Jahrhunderts bezeichnet; es bleibe auch nach Entdeckung der Bibliothek von
Nag Hammadi
im Jahr 1945 eine der wichtigsten Quellen fur die Kenntnis des
Gnosis
.
[8]
Besondere Bedeutung haben Irenaus’ Auseinandersetzungen mit dem
Judasevangelium
gewonnen, nachdem 1976
ein Codex mit einer koptischen Ubersetzung des Judasevangeliums
aus dem 4. Jahrhundert aufgefunden wurde.
Irenaus von Lyon ubte aufgrund seines Intellekts und seiner Schaffenskraft großen Einfluss auf das gesamte Abendland aus.
Er ist der Urheber des oft zitierten Satzes
?Die Herrlichkeit Gottes ist der lebende Mensch, das Leben des Menschen die Gottesschau.
[9]
“
- (
Gloria Dei vivens homo …
)
Irenaus wird als
Martyrer verehrt
. Sein Martyrium ist nur bei
Gregor von Tours
bezeugt.
[10]
Irenaus wurde unter der
Kathedrale Saint-Jean
(Kirche zu Ehren
Johannes des Taufers
) in Lyon begraben, die spater zu seinen Ehren in
Saint-Irenee
umbenannt wurde. Sein Grab samt
Reliquien
wurde 1562 von
Hugenotten
zerstort. Ebenfalls in Lyon befindet sich die Kirche
St-Irenee
.
Zentrum der
Theologie
des Irenaus, der als Begrunder der christlichen
Dogmatik
gilt, ist die
Einheit Gottes
, im Gegensatz zur Aufteilung des gnostischen Gottes in eine Zahl gottlicher ?Aonen“ und die gnostische Unterscheidung zwischen einem
transzendenten
?hochsten Gott“ und einem niederen ?
Demiurgen
“, der die Welt erschaffen habe. Irenaus verwendet die
Logostheologie
, die er von
Justin dem Martyrer
ubernimmt, aber zieht es vor, vom
Sohn
und vom
Geist
als den beiden ?Handen Gottes“ zu sprechen. Christus ist fur ihn derjenige, welcher den unsichtbaren Vater fur uns sichtbar gemacht hat.
Seiner Betonung der Einheit Gottes entspricht eine Betonung der Einheit der
Heilsgeschichte
. Irenaus besteht darauf, dass Gott die Welt erschaffen habe und sie seitdem beherrsche. Alles, was geschehen ist, ist ein Teil seines Planes fur die Menschheit.
Alles, was geschieht, ist folglich von Gott geplant, der Menschheit zu helfen, ihre Unreife zu uberwinden und aufzuwachsen. Diese Welt ist von Gott entworfen worden als eine Problemzone, wo die Menschen gezwungen sind, moralische
Entscheidungen
zwischen Gut und Bose zu treffen ? nur auf diese Art konnen sie reifen (siehe:
Willensfreiheit
). Irenaus vergleicht den
Tod
mit dem
Wal
, der laut Bibel den
Jona
verschluckte: Dieser fand sich nur dazu in der Tiefe des Bauches des Wals wieder, damit er sich Gott zuwenden und dessen Willen tun konnte. Tod und Leiden sind offenkundig das
Bose
, aber ohne dieses ist der Weg zur Erkenntnis Gottes nicht gangbar.
Hochster Punkt der Heilsgeschichte ist
Christus
. Irenaus legt Christi Rolle als
Erloser
fest. Er sieht Christus als den neuen Adam, der das ungeschehen machte, was Adam durchkreuzte: Wo Adam wegen der Frucht eines Baums ungehorsam war, war Christus sogar bis zum Tod auf dem Holz eines Baums gehorsam. Irenaus zieht als erster den bei spateren Christen immens popularen Vergleich zwischen Eva und
Maria
und kontrastiert die Pflichtvergessenheit der ersteren mit dem Pflichtgefuhl der letzteren: ?Eva mußte notwendigerweise in Maria wiederhergestellt werden, damit eine Jungfrau, indem sie zur Anwaltin einer Jungfrau werde, durch ihren jungfraulichen Gehorsam den jungfraulichen Ungehorsam ruckgangig mache.“ (Zum Erweis der apostolischen Verkundigung [Epideixis], 33)
Weiterhin sieht Irenaus an Christus die Rekapitulierung des menschlichen Lebens. Dies heißt, Christus durchlauft das Stadium menschlichen Lebens und heiligt es durch sein Leben mit seiner Gottlichkeit.
Nach Irenaus kommt das Heil im Wesentlichen durch die
Inkarnation
des Sohnes Gottes als Mensch. Tod und
Verganglichkeit
sieht er als
Strafe
fur die
Sunden
an. Gott aber ist unsterblich und unverganglich; mit der menschlichen Natur in Christus vereinigt, ubermittelt er uns diese Qualitaten. Die Ansichten des Irenaus haben besonders die Theologie der
Orthodoxen Kirche
bis heute maßgeblich gepragt, wahrend im Westen (bei Katholiken wie Protestanten) die Ansichten des
Augustinus
sich als die wirkmachtigeren erweisen sollten.
Irenaus zitiert aus den meisten Buchern, die im
Kanon des Neuen Testaments
enthalten sind, und zahlt zudem den
1. Clemensbrief
und den
Hirt des Hermas
dazu. Seine Schriften zitieren nicht
Philemon
,
2. Petrus
,
3. Johannes
und
Judas
. Irenaus hob als erster christlicher Autor alle vier auch heute gultigen kanonischen
Evangelien
als gottlich inspiriert hervor, vielleicht in Reaktion auf
Marcions
redigierte Version des
Lukasevangeliums
, das dieser als das einzige gultige Evangelium propagierte.
- Herausgegeben, ubersetzt und eingeleitet von
Norbert Brox
(griechisch-lateinisch-deutsch)
- Epideixis ? Adversus haereses = Darlegung der apostolischen Verkundigung ? Gegen die Haresien I
. Herder, Freiburg u. a. 1993 (
Fontes Christiani
, Band 8/1),
ISBN 3-451-22225-6
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- Adversus haereses = Gegen die Haresien II
. Herder, Freiburg u. a. 1993 (Fontes Christiani, Band 8/2),
ISBN 3-451-22226-4
.
- Adversus haereses = Gegen die Haresien III
. Herder, Freiburg u. a. 1995 (Fontes Christiani, Band 8/3),
ISBN 3-451-22227-2
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- Adversus haereses = Gegen die Haresien IV
. Herder, Freiburg u. a. 1995 (Fontes Christiani, Band 8/4),
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- Adversus haereses = Gegen die Haresien V
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(
Memento
vom 13. Juli 2012 im
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). Ein systemtheoretischer Zugang zur fruhchristlichen Ausgrenzung der Gnosis
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DISCORSO DEL SANTO PADRE FRANCESCO AL GRUPPO MISTO DI LAVORO ORTODOSSO-CATTOLICO “SANT'IRENEO” Sala Clementina Giovedi, 7 ottobre 2021.
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Vatikan.
Presseamt des Heiligen Stuhls
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- ↑
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In:
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Presseamt des Heiligen Stuhls, 20. Januar 2022,
abgerufen am 20. Januar 2022
(italienisch).
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Decreto del Santo Padre per il conferimento del titolo di Dottore della Chiesa a Sant’Ireneo di Lione.
Presseamt des Heiligen Stuhls, 21. Januar 2022,
abgerufen am 21. Januar 2022
(italienisch).
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Ivor V. Davidson:
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, Baker History of the Church. Grand Rapids 2004,
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Irenaus von Lyon,
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- ↑
Gregor von Tours,
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