Irenaus von Lyon

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Buntglasfenster in der Kirche St-Irenee (von Lucien Begule, 1901)

Irenaus von Lyon ( altgriechisch Ε?ρηνα?ο? ? Σμυρνα?ο? Eirenaios ho Smyrnaios ?Irenaus aus Smyrna / der Smyrner‘; * um 135 ; † um 200 ), ein Kirchenvater , war zweiter uberlieferter Bischof in Lugdunum in Gallien , in der romischen Provinz Gallia Lugdunensis (heute Lyon / Frankreich ). Er gilt als einer der bedeutendsten Theologen des 2. Jahrhunderts und einer der ersten systematischen Theologen des Christentums. Seine Schriften waren in der fruhen Entwicklung der christlichen Theologie wegweisend, vor allem seine funf Bucher ?gegen die Haresien“ (adversus haereses) . Er pragte den Begriff der Regula fidei , der ?Regel des Glaubens“.

Er wird als Heiliger verehrt. In evangelischen, anglikanischen und romisch-katholischen Kirchen wird seiner am 28. Juni gedacht, in orthodoxen Kirchen und der armenischen Kirche am 23. August .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Uber das Leben des Irenaus ist wenig bekannt. [1] Gemaß einer Angabe in Eusebs Historia Ecclesiastica stammte er vermutlich aus Smyrna in Kleinasien , dem heutigen ?zmir ( Turkei ) und der Heimatstadt von Polykarp von Smyrna . Er gilt als dessen Schuler, auch wenn er sich nie ausdrucklich als solchen bezeichnete. Er gibt an, Polykarp in seiner fruhen Jugend gesehen bzw. gehort zu haben, als jener bereits ein sehr alter Mann war. Irenaus erwahnt, dass Polykarp ?nicht nur durch die Apostel unterwiesen worden war und mit vielen sprach, welche Christus gesehen hatten, sondern auch von den Aposteln in Asia als Bischof der Kirche von Smyrna eingesetzt worden“ sei. [2]

Irenaus war der Uberlieferung zufolge der zweite Bischof von Lyon. Der erste Bischof, Pothinus , erlitt 177 wahrend der Christenverfolgungen unter Marcus Aurelius das Martyrium . Irenaus war zu dieser Zeit in Rom, wo er gegen gnostisch-christliche Lehren kampfte und in Bezug auf den Montanismus den streitbaren romischen Bischof Eleutherus zum Frieden mahnte. Im Osterfeststreit zwischen Viktor I. von Rom (ca. 188?199) und den Quartodezimanern trat Irenaus erneut als Vermittler auf. [1] [3]

Irenaus starb vermutlich um 200 n. Chr. [4] Nach einer anderen Uberlieferung soll er die beiden Bruder Ferreolus und Ferrutius zu Priestern geweiht und auf Mission in die Gegend von Besancon entsandt haben; dort erlitten beide um das Jahr 215 das Martyrium .

Papst Franziskus kundigte am 7. September 2021 an, Irenaus zum Kirchenlehrer mit dem Titel Doctor Unitatis (Lehrer der Einheit) erheben zu wollen. [5] Der Kardinalprafekt der Kongregation fur die Selig- und Heiligsprechungsprozesse , Marcello Semeraro , legte dem Papst am 20. Januar 2022 die Zustimmung der Mitglieder der Kongregation zu dieser Absicht vor. [6] Einen Tag spater verfugte Papst Franziskus die Erhebung Irenaus’ zum Kirchenlehrer mit dem Ehrentitel Doctor Unitatis . [7]

Werk [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Irenaus verfasste zahlreiche Bucher, von denen nur wenige erhalten sind. Das wichtigste ist die funfbandige Entlarvung und Widerlegung der sogenannten Erkenntnis ( Lateinisch Adversus haereses , ?Gegen die Haresien“), ungefahr 180 n. Chr. veroffentlicht. Fragmente in der griechischen Originalsprache sind erhalten, außerdem eine kurz nach der griechischen Veroffentlichung entstandene, vollstandig erhaltene, aber ziemlich freie lateinische Ubersetzung. Die Bucher IV und V sind zudem in einer wortlichen armenischen Ubersetzung uberliefert.

Der Zweck von Adversus haereses besteht in der Abgrenzung von gnostischen und anderen Lehren und Lehrern. Sie sollen als irrefuhrend erwiesen werden. Das Werk wurde als eine Goldmine fur die Geschichte der Gnosis des 2. Jahrhunderts bezeichnet; es bleibe auch nach Entdeckung der Bibliothek von Nag Hammadi im Jahr 1945 eine der wichtigsten Quellen fur die Kenntnis des Gnosis . [8]

Besondere Bedeutung haben Irenaus’ Auseinandersetzungen mit dem Judasevangelium gewonnen, nachdem 1976 ein Codex mit einer koptischen Ubersetzung des Judasevangeliums aus dem 4. Jahrhundert aufgefunden wurde.

Wirkung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Irenaus von Lyon ubte aufgrund seines Intellekts und seiner Schaffenskraft großen Einfluss auf das gesamte Abendland aus.

Er ist der Urheber des oft zitierten Satzes

?Die Herrlichkeit Gottes ist der lebende Mensch, das Leben des Menschen die Gottesschau. [9]

( Gloria Dei vivens homo … )

Irenaus wird als Martyrer verehrt . Sein Martyrium ist nur bei Gregor von Tours bezeugt. [10] Irenaus wurde unter der Kathedrale Saint-Jean (Kirche zu Ehren Johannes des Taufers ) in Lyon begraben, die spater zu seinen Ehren in Saint-Irenee umbenannt wurde. Sein Grab samt Reliquien wurde 1562 von Hugenotten zerstort. Ebenfalls in Lyon befindet sich die Kirche St-Irenee .

Theologie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Zentrum der Theologie des Irenaus, der als Begrunder der christlichen Dogmatik gilt, ist die Einheit Gottes , im Gegensatz zur Aufteilung des gnostischen Gottes in eine Zahl gottlicher ?Aonen“ und die gnostische Unterscheidung zwischen einem transzendenten ?hochsten Gott“ und einem niederen ? Demiurgen “, der die Welt erschaffen habe. Irenaus verwendet die Logostheologie , die er von Justin dem Martyrer ubernimmt, aber zieht es vor, vom Sohn und vom Geist als den beiden ?Handen Gottes“ zu sprechen. Christus ist fur ihn derjenige, welcher den unsichtbaren Vater fur uns sichtbar gemacht hat.

Seiner Betonung der Einheit Gottes entspricht eine Betonung der Einheit der Heilsgeschichte . Irenaus besteht darauf, dass Gott die Welt erschaffen habe und sie seitdem beherrsche. Alles, was geschehen ist, ist ein Teil seines Planes fur die Menschheit.

Alles, was geschieht, ist folglich von Gott geplant, der Menschheit zu helfen, ihre Unreife zu uberwinden und aufzuwachsen. Diese Welt ist von Gott entworfen worden als eine Problemzone, wo die Menschen gezwungen sind, moralische Entscheidungen zwischen Gut und Bose zu treffen ? nur auf diese Art konnen sie reifen (siehe: Willensfreiheit ). Irenaus vergleicht den Tod mit dem Wal , der laut Bibel den Jona verschluckte: Dieser fand sich nur dazu in der Tiefe des Bauches des Wals wieder, damit er sich Gott zuwenden und dessen Willen tun konnte. Tod und Leiden sind offenkundig das Bose , aber ohne dieses ist der Weg zur Erkenntnis Gottes nicht gangbar.

Hochster Punkt der Heilsgeschichte ist Christus . Irenaus legt Christi Rolle als Erloser fest. Er sieht Christus als den neuen Adam, der das ungeschehen machte, was Adam durchkreuzte: Wo Adam wegen der Frucht eines Baums ungehorsam war, war Christus sogar bis zum Tod auf dem Holz eines Baums gehorsam. Irenaus zieht als erster den bei spateren Christen immens popularen Vergleich zwischen Eva und Maria und kontrastiert die Pflichtvergessenheit der ersteren mit dem Pflichtgefuhl der letzteren: ?Eva mußte notwendigerweise in Maria wiederhergestellt werden, damit eine Jungfrau, indem sie zur Anwaltin einer Jungfrau werde, durch ihren jungfraulichen Gehorsam den jungfraulichen Ungehorsam ruckgangig mache.“ (Zum Erweis der apostolischen Verkundigung [Epideixis], 33)

Weiterhin sieht Irenaus an Christus die Rekapitulierung des menschlichen Lebens. Dies heißt, Christus durchlauft das Stadium menschlichen Lebens und heiligt es durch sein Leben mit seiner Gottlichkeit.

Nach Irenaus kommt das Heil im Wesentlichen durch die Inkarnation des Sohnes Gottes als Mensch. Tod und Verganglichkeit sieht er als Strafe fur die Sunden an. Gott aber ist unsterblich und unverganglich; mit der menschlichen Natur in Christus vereinigt, ubermittelt er uns diese Qualitaten. Die Ansichten des Irenaus haben besonders die Theologie der Orthodoxen Kirche bis heute maßgeblich gepragt, wahrend im Westen (bei Katholiken wie Protestanten) die Ansichten des Augustinus sich als die wirkmachtigeren erweisen sollten.

Irenaus zitiert aus den meisten Buchern, die im Kanon des Neuen Testaments enthalten sind, und zahlt zudem den 1. Clemensbrief und den Hirt des Hermas dazu. Seine Schriften zitieren nicht Philemon , 2. Petrus , 3. Johannes und Judas . Irenaus hob als erster christlicher Autor alle vier auch heute gultigen kanonischen Evangelien als gottlich inspiriert hervor, vielleicht in Reaktion auf Marcions redigierte Version des Lukasevangeliums , das dieser als das einzige gultige Evangelium propagierte.

Schriften [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Herausgegeben, ubersetzt und eingeleitet von Norbert Brox (griechisch-lateinisch-deutsch)
  1. Epideixis ? Adversus haereses = Darlegung der apostolischen Verkundigung ? Gegen die Haresien I . Herder, Freiburg u. a. 1993 ( Fontes Christiani , Band 8/1), ISBN 3-451-22225-6 .
  2. Adversus haereses = Gegen die Haresien II . Herder, Freiburg u. a. 1993 (Fontes Christiani, Band 8/2), ISBN 3-451-22226-4 .
  3. Adversus haereses = Gegen die Haresien III . Herder, Freiburg u. a. 1995 (Fontes Christiani, Band 8/3), ISBN 3-451-22227-2 .
  4. Adversus haereses = Gegen die Haresien IV . Herder, Freiburg u. a. 1995 (Fontes Christiani, Band 8/4), ISBN 3-451-22228-0 .
  5. Adversus haereses = Gegen die Haresien V . Herder, Freiburg u. a. 2001 (Fontes Christiani, Band 8/5), ISBN 3-451-22229-9 .

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Irenaus von Lyon  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b Wolfgang A. Bienert , Art. Irenaus von Lyon , in: Evangelisches Lexikon fur Theologie und Gemeinde (ELThG). Brockhaus, Wuppertal/Zurich 1993, S. 963f.
  2. Irenaus: Adversus haereses , III, 3.4.
  3. Euseb, Historia Ecclesiastica , V, 24,13
  4. Hans-Jochen Jaschke : Art. Irenaus von Lyon in: Theologische Realenzyklopadie 16, 1987, S. 258?268, dort 258.
  5. DISCORSO DEL SANTO PADRE FRANCESCO AL GRUPPO MISTO DI LAVORO ORTODOSSO-CATTOLICO “SANT'IRENEO” Sala Clementina Giovedi, 7 ottobre 2021. In: Vatikan. Presseamt des Heiligen Stuhls , 7. Oktober 2021, abgerufen am 8. Oktober 2021 (italienisch).
  6. Sant’Ireneo Dottore della Chiesa Universale. In: Tagliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 20. Januar 2022, abgerufen am 20. Januar 2022 (italienisch).
  7. Decreto del Santo Padre per il conferimento del titolo di Dottore della Chiesa a Sant’Ireneo di Lione. Presseamt des Heiligen Stuhls, 21. Januar 2022, abgerufen am 21. Januar 2022 (italienisch).
  8. Ivor V. Davidson: The Birth of the Church , Baker History of the Church. Grand Rapids 2004, ISBN 0-8010-1270-8 , S. 226.
  9. Irenaus von Lyon, Adversus Haereses IV, 20, 7
  10. Gregor von Tours, Decem libri historiarum , I, 29
Vorganger Amt Nachfolger
Pothinus Bischof von Lyon
177?202
Zacharias