Der
Internationale Frauenfriedenskongress
fand vom
28.
bis
30. April
1915
in
Den Haag
(
Niederlande
) mit 1136 Teilnehmerinnen aus zwolf Nationen statt.
[1]
Die Teilnehmerinnen setzten sich fur ein sofortiges Ende des
Ersten Weltkriegs
ein, fur die Einrichtung eines internationalen Gerichtshofes und einer internationalen Organisation fur die Sicherung des Friedens.
Der Kongress war auf Initiative der deutschen
Frauenrechtlerinnen
Anita Augspurg
(1857?1943),
Deutschlands
erster
Juristin
, und
Lida Gustava Heymann
(1868?1943), beides wichtige Vertreterinnen der
Deutschen Frauenbewegung
sowie auf Einladung der niederlandischen Arztin,
Pazifistin
und Frauenrechtlerin
Aletta Jacobs
mitten im
Ersten Weltkrieg
organisiert worden.
Im Rahmen des Kongresses wurde ein Forderungskatalog an die Nationen der Welt formuliert, der seiner Zeit weit voraus war und bis heute an Aktualitat nichts eingebußt hat.
[2]
Unter anderem wurden Forderungen nach der Einrichtung eines standigen
internationalen Gerichtshofes
(der heute seinen Sitz in Den Haag hat) und einer internationalen Organisation zur Friedenssicherung, einer weltweiten Kontrolle des
Waffenhandels
sowie der Einrichtung einer neuen
Weltwirtschaftsordnung
aufgestellt. An die neutralen Staaten wurde appelliert, zwischen den kriegfuhrenden Staaten einen sofortigen Friedensschluss ohne territoriale Anspruche zu vermitteln. Daruber hinaus wurden Massenvergewaltigungen als Mittel der Kriegsfuhrung angeprangert.
Die Aktion war unter den organisierten Frauenvereinen umstritten. Einige sahen es als ihre patriotische Pflicht an, dem Kongress fernzubleiben. Viele
Nationalstaaten
versuchten, die Teilnahme ihrer Staatsburgerinnen an dem Kongress zu verhindern oder zumindest zu erschweren. So war es in Deutschland den
Frauenvereinen
verboten, sich in das
politische
Geschehen einzumischen. Von 180 angemeldeten Teilnehmerinnen aus
Großbritannien
konnten nur drei beim Kongress erscheinen, da ihnen keine Passe zur Ausreise erteilt wurden. Teilnehmerinnen aus den zu dem Zeitpunkt noch neutralen
USA
nahmen trotz des
U-Boot-Kriegs
die Gefahr einer
Atlantikuberquerung
auf sich.
Hohepunkt des Kongresses war die Grundung des ?Internationalen Ausschusses fur dauernden Frieden“, der 1919 in
Women’s International League for Peace and Freedom
("Internationale Frauenliga fur Frieden und Freiheit", IFFF) umbenannt wurde. Dieses Gremium existiert bis heute und hat bei den
Vereinten Nationen
einen Beraterstatus. Daruber hinaus wurden in zahlreichen Staaten nationale Komitees gebildet. Nach dem Kongress reisten zwei Delegationen durch
Europa
und fuhrten dabei Gesprache mit den Vertretern von 13 Regierungen. Obendrein wurde ihnen eine
Audienz
bei
Papst
Benedikt XV.
gewahrt, der sich ebenfalls fur den Frieden einsetzte und dabei mehrere Forderungen der Frauen-Friedensbewegung aufnahm.
[3]
Die Kongressvorsitzende
Jane Addams
und spatere Prasidentin der ?Women’s International League for Peace and Freedom“, welche nach dem Kriegseintritt der
USA
als ?gefahrlichste Frau der Nation“ bezeichnet wurde, bekam 1931 fur ihr Engagement den
Friedensnobelpreis
verliehen. Dieselbe Auszeichnung erhielt ebenfalls fur ihre Prasidentschaft 1946
Emily Greene Balch
, die nach dem Ende des Kongresses wegen ihrer Teilnahme ihre Stelle als
Hochschuldozentin
verloren hatte.
Rosika Schwimmer
, die 1915 auch auf dem
Podium
saß, wurde 1920 aus
Ungarn
vertrieben, bei der Nobelpreisverleihung 1948 war sie unter den Kandidaten, verstarb aber, woraufhin der Preis gar nicht vergeben wurde.
-
US-amerikanische Delegierte im April 1915 an Bord der MS Noordam, darunter
Jane Addams
, Annie E. Malloy und
Emmeline Pethick-Lawrence
-
Die Kongressvorsitzende Jane Addams 1914
-
Titelblatt des Programmhefts
-
Deutsche Einladung zum Kongress, Fruhjahr 1915
Die Bedeutung dieses Kongresses kommt erst langsam ins offentliche Bewusstsein. Einen Anfang machte die Regisseurin
Jessica Glause
mit ihrem Theaterstuck
Anti War Women. Wie Frauen den Krieg bedrohten,
das am 31. Marz 2023 im Rahmen des von den
Munchner Kammerspielen
und der
Monacensia
initiierten
Female Peace Palace - Festivals
uraufgefuhrt wurde
[4]
.
Am 8. Marz 2024 erschien, auf dem Festival aufbauend, das Buch
Female Peace Palace. Schreiben, Widerstand und Pazifismus im Krieg
(hg. v.
Anke Buettner
, Oliva Ebert und Viola Hasselberg), in dessen erstem Teil der Kongress in Auszugen doumentiert und historisch bewertet wird.
- ↑
Jane Addams, Emily G. Balch, Alice Hamilton:
Women at The Hague: the International Congress of Women and its result.
Urbana, Ill. u. a.: Univ. of Illinois Press, 2003.
- ↑
Auf der Webseite der IFFF sind die [Resolutionen online
Archivlink
(
Memento
vom 5. Mai 2012 im
Internet Archive
)]
- ↑
Vgl. dazu die Informationen in den Erinnerungen von
Helene Stocker
, Helene Stocker (2015):
Lebenserinnerungen.
hrsg. von Reinhold Lutgemeier-Davin u. Kerstin Wolff, Bohlau, Koln, S. 186 f.
- ↑
Anti War Women - Programm - Kammerspiele.
Abgerufen am 1. April 2023
.