Infektion

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Eine Infektion (wohl neuzeitliche Sekundarbildung [1] aus lateinisch inficere ‚anstecken‘ , ?vergiften‘; wortlich ?hineintun‘) oder Ansteckung ist das (passive) Eindringen von Krankheitserregern in einen Organismus , wo sie verbleiben und sich anschließend vermehren, bei Pflanzen spricht man dabei auch von einem Befall . Der rein mechanische Vorgang, bei dem Infektionserreger mit dem Wirt in Kontakt kommen, wird als Infizierung bezeichnet. Siedelt sich der Infektionserreger nach dem Kontakt nicht im Wirt an, kommt es also zu keiner Haftung des Erregers im Makroorganismus und das Infizierungsgeschehen ist beendet. [2] Konkret handelt es sich bei den Krankheitserregern um pathogene Lebewesen (z. B. Bakterien , Pilze und Parasiten ) oder um Molekule (z. B. Viren , Transposons und Prionen ), die zum Uberleben einen Wirt benotigen. [3] Krankheiten, die durch Ansteckung mit Krankheitserregern ( Pathogenen ) verursacht werden, nennt man Infektionskrankheiten .

Das unbeabsichtigte Eindringen von Mikroorganismen, Viren, Viroiden und Prionen in ein Nahrmedium wird als Kontamination bezeichnet, das absichtliche (aktive) Hineinbringen als Inokulation und das Vorhandensein und Wachstum ohne Virulenz als Besiedlung [2] oder Kolonisation (Beispiel Darmbakterien).

Infektionen werden grundlagenwissenschaftlich von der Infektionsbiologie erforscht und von der klinischen Infektiologie behandelt. Die statistische Erfassung von Infektionskrankheiten in einer Population ist ein Teilbereich der Epidemiologie .

Als erster wissenschaftlich haltbarer Erklarungsversuch der Lehre von der Ansteckung bzw. mit einer Theorie der Infektion [4] gilt die Schrift De Contagione et contagiosis morbis et eorum curatione libri tres von Girolamo Fracastoro aus dem Jahr 1546. [5] Der Nachweis des Zusammenhangs zwischen einem Infektionserreger und einer Infektionskrankheit wird bis heute durch Uberprufung der Henle-Koch-Postulate erbracht. Wundinfektionen fuhrte Robert Koch 1887 auf ganz bestimmte Bakterien zuruck. [6] Der Nachweis eines Erregers oder der Immunreaktion in einem Wirt erfolgt durch eine abgestufte Diagnostik .

Pathophysiologie

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Infektionen entstehen, wenn auf einen Organismus Pathogene wie Bakterien, Viren, Pilze, Einzeller (siehe auch Protozoen ), Parasiten (zum Beispiel bei Wurmerkrankungen ) oder Prionen von außen einwirken ( Infektionsdruck ), dann in den Korper eindringen, anhaften, sich in ihm vermehren und (außer bei latenten Infektionen) eine Reaktion der korpereigenen Abwehr ( Immunsystem ) auslosen. Ob es zu einer Vermehrung der Keime kommt und wie heftig die Infektion verlauft, hangt vom Verhaltnis zwischen dem Keim (?Gast“) und dem Immunsystem des Menschen (Wirt) ab. Bei den meisten Erregern ist fur eine Infektion eine bestimmte Anzahl notwendig ( minimale Infektionsdosis ), die in den Korper gelangen muss. Haufige Begleiterscheinungen einer Infektion sind Immunreaktionen und eventuell auch eine Pathogenitat bis hin zur Letalitat . Morbiditat und die Mortalitat in einer Population sind statistische Maßzahlen dafur.

Symptome einer Krankheit im Zusammenhang mit einer Infektion bezeichnet man als apparente Infektionskrankheit . Wenn eine Infektion keine Symptome hervorruft, spricht man von einer inapparenten oder auch asymptomatischen Infektion. Derartige Infektionen konnen dennoch eine Immunreaktion und eine Immunitat gegen weitere Infektionen mit dem gleichen Erreger hinterlassen ( stille Feiung ).

Kolonisation und Symbiose

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Eine Infektion unterscheidet sich von einer ?Ansiedlung“ oder ?Besiedlung“ ( Kolonisation ) durch kommensale Bakterien und Pilze, welche auf deren Haut bzw. Schleimhauten leben, ohne in den Organismus einzudringen. Eine derartige Standortflora verdrangt uber die Platz- und Nahrungskonkurrenz sogar pathogene (krankmachende) Keime und bildet dadurch einen sehr wichtigen Teil der Krankheitsabwehr bzw. Krankheitsvermeidung.

Bei geschadigter Haut oder Schleimhaut oder bei Immunschwache konnen allerdings auch diese Keime eine Infektion verursachen (endogene Infektion). In diesem Zusammenhang ist besonders Staphylococcus aureus bedeutend, der sehr haufig kleinere Entzundungen verursacht, aber in Verbindung mit Multiresistenzen und geschwachten Patienten lebensbedrohend wird.

Tiere benotigen Mikroorganismen zur Verdauung ihrer Nahrung in Darm (und den Vormagen bei Wiederkauern ), so wie manche von diesen ihren Wirt brauchen, um sich zu ernahren und zu vermehren (siehe Symbiose ). Meist bleibt diese Symbiose im Gleichgewicht . Es gibt aber Keime, die aus diesem Gleichgewicht ausbrechen und dann gefahrlich werden, was als opportunistische Infektion bezeichnet wird. Daneben existieren noch Kommensale, die im Gegensatz zu Symbionten dem Wirt keinen Nutzen erbringen, aber auch nicht in einen gesunden Wirt eindringen.

Eine Beobachtung bei der Pathogenese in naturlichen Wirten ist, dass an den Wirt angepasste Krankheitserreger ihm meist nicht sehr schaden, da sie ihn fur ihre eigene Entwicklung benotigen und das Immunsystem durch Zellschaden und Apoptose aktiviert wird. Die Vermeidung einer Immunreaktion erleichtert die Replikation und die Ubertragung (synonym Transmission ) an weitere Wirte. Beispielsweise erreichen Herpes-simplex-Viren Infektionsquoten (synonym Durchseuchung ) von uber 90 % der deutschen Bevolkerung mit wenig ausgepragten Symptomen. Das simiane Immundefizienz-Virus erzeugt in seinen naturlichen Wirten kein AIDS , im Gegensatz zu HIV im Menschen. Dagegen loschen sich Infektionen mit Ebolavirus im Menschen, nicht aber in ihren naturlichen Wirten, gelegentlich durch ihre hohe Virulenz selbst aus, bevor eine effiziente Transmission erfolgt, da der Wirt stark geschwacht ist und bald verstirbt; folglich sind sein Bewegungsradius und somit die Verbreitung des Virus begrenzt. Ein schwerer Infektionsverlauf mit hoher Sterblichkeit (siehe Letalitat und Mortalitat ) ist zumeist ein Anzeichen dafur, dass der verursachende Erreger noch nicht an den betreffenden Organismus als seinen Reservoirwirt angepasst ist. Der Ubergang von Pathogenen mit einer hohen Replikation (und erzeugten Schaden) zu einer dauerhaften Infektionsquote ( Infect and persist , unter Vermeidung von Schaden) ist fließend. Anders ausgedruckt, neigen angepasste infektiose Objekte zur Persistenz und einer regulierten Reproduktionsrate , wahrend weniger angepasste Pathogene tendenziell zur vorzeitigen Beendigung der Infektionskette fuhren. [7] [8] [9] Ausnahmen sind z. B. H5N1-Viren in Vogeln, Yersinia pestis und humane Pockenviren im Menschen. Die Anpassung erfolgt jedoch meistens seitens des Wirts, da die Pathogene mit ihren Artgenossen in Konkurrenz stehen und ein weniger reproduktives Pathogen schneller untergehen wurde. [10] Daher tritt eine Minderung der Pathogenitat bei Pathogenen vor allem in Verbindung mit einer erhohten Reproduktionsrate auf. [7]

Die Anpassung des Wirts an das Pathogen wird als Wirtsrestriktion oder -resistenz bezeichnet. Zu den bekannten antiviralen und antibakteriellen Mechanismen gehoren beim Menschen z. B. der Myxovirus-Resistenzfaktor Mx1 , die PAMP-Rezeptoren , der dsRNA-aktivierte Inhibitor der Translation DAI, das MDA5 , die Oligoadenylatsynthase OAS1 , das Langerin , das Tetherin , das APOBEC3 , das TRIM5alpha und die Proteinkinase R . Daruber hinaus erfolgt die Immunantwort .

Kriterien zur Einteilung

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Infektionen konnen nach verschiedenen Aspekten eingeteilt werden.

Reihenfolge des Auftretens

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  • Primarinfektion (Erstinfektion): die erstmalige Ubertragung, also der erste Kontakt des Organismus mit einem Krankheitserreger.
  • Sekundarinfektion (Zweitinfektion): eine Erregerubertragung nach der Erstinfektion, zusatzlich und mit anderen Erregern. Eine solche zusatzliche Infektion kann das Immunsystem vor erhebliche Probleme stellen und auch die Therapie und Medikation (Auswahl und Anwendung von Medikamenten ) erschweren. Der Verlauf der Erkrankung ist zumeist heftiger und zeigt vielfaltige Symptome.
  • Superinfektion (Suprainfektion):
    • In der Virologie : eine erneute Infektion mit demselben Virus ( Neuinfektion ) nach einer bereits bestehenden Primarinfektion.
    • In der Medizin und Bakteriologie : eine weitere (meist bakterielle) Infektion auf der Grundlage einer (meist viralen) Infektion.
Auch eine Superinfektion kann das Immunsystem vor erhebliche Probleme stellen. Therapie und Medikation sind erschwert, der Krankheitsverlauf ist zumeist heftiger mit vielfaltigen Symptomen.
  • Doppelinfektion : eine gleichzeitige Ubertragung von zwei verschiedenen Erregern.
  • Koinfektion: die gleichzeitige Prasenz von mindestens zwei verschiedenen Erregern oder Varianten (Subtypen) des gleichen Erregers.
  • Reinfektion: Neuansteckung mit dem gleichen Erreger nach Abheilen einer Erstinfektion (Primarinfektion).

Infektionsverlauf

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  • Transiente Infektion: siehe Hit and Run
  • Persistente Infektion: siehe Infect and persist
  • Infektionsattribute nach zeitlichem Ablauf der Krankheitserscheinungen:
    • foudroyant , perakut : schnell und gefahrlich, da nachfolgend schwerer, oft todlicher Krankheitsverlauf.
    • akut : plotzlich beginnend, heftige Auswirkungen
    • subakut : weniger heftig
    • chronisch : allmahlich beginnend, sich langer erstreckend
    • rezidivierend : sich wiederholend mit demselben Erreger
    • latent , persistierend : uber einen langen Zeitraum mit dazwischenliegenden, klinisch stummen Phasen

Krankheitserreger

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Nach atiologischen Gesichtspunkten werden unterschieden:

Herkunft und Ubertragung der Erreger

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  • Endogene Infektion (Autoinfektion): Der Erreger stammt aus der korpereigenen, normalerweise vollig harmlosen Flora. Er gelangt bei geschwachtem Immunsystem z. B. uber die Haut, aus der Lunge oder aus dem Darm in den Blutkreislauf.
  • Exogene Infektion: Der Erreger stammt aus der Umgebung. Bedeutende Infektionswege sind:
    • Tropfcheninfektion (die an Sekretpartikelchen haftenden Erreger werden vor allem beim Husten, Niesen, Schreien und Sprechen ubertragen)
    • Inhalationsinfektion (etwa bei Varicellen, Lungenpest und Lungenmilzbrand)
    • Schmierinfektion (Kontaktinfektion, Schmutzinfektion) durch Beruhrung verunreinigter Gegenstande
    • Infektion uber Austausch von Korperflussigkeiten
    • Infektion uber blutsaugende Insekten
    • Wundinfektion (bei etwa 10 Prozent aller Operationen [11] )
    • Nahrungsmittelinfektion
  • Nosokomiale Infektion : Die Infektion findet im Krankenhaus, in einer Arztpraxis oder einer anderen medizinischen Einrichtung statt, und der Erreger stammt aus dem fur diese Orte typischen Keimspektrum. Haufig zeigen die typischen bakteriellen Erreger aus dem Bereich Arztpraxis oder Krankenhaus ? z. B. Pseudomonaden  ? eine hohe Resistenz gegenuber gebrauchlichen Antibiotika (Medikamente zur antimikrobiellen Therapie von Infektionen). Nosokomiale Infektionen sind zugleich auch iatrogene Infektionen, wenn der Erreger bei der Durchfuhrung medizinischer Eingriffe ubertragen wird, beispielsweise durch Katheter oder Intubation .
  • Iatrogene Infektion : Wie bei der nosokomialen Infektion wird der Erreger in einer medizinischen Einrichtung bei einem medizinischen Eingriff ubertragen (auf den Patienten oder auch auf das Personal), jedoch kann es sich auch um andere als die krankenhaustypischen Erreger handeln. Sollte sich beispielsweise ein Arzt oder das Pflegepersonal im Krankenhaus oder in einer Praxis nach einer intravenosen Injektion bei einem HIV -Patienten hinterher mit der kontaminierten Kanule verletzen und sich dabei mit HIV infizieren, bezeichnet man dies als iatrogene Infektion, aber nicht als nosokomiale Infektion. Wenn durch Unachtsamkeit ein anderer Patient mit einer kontaminierten Nadel infiziert wird, spricht man ebenfalls von einer iatrogenen Infektion.
  • Polymer -assoziierte Infektion: Erreger besiedeln die Kunststoffoberflachen von Kathetern, kunstlichen Herzklappen oder kunstlichen Gelenken.

Eintrittspforte der Erreger

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  • Enterale Infektion: Die Krankheitserreger dringen uber den Darm in den Organismus ein. Der gesamte Verdauungstrakt (Mund, Rachen, Speiserohre, Magen und der gesamte Darm) wird dabei als das Innere eines Tunnels betrachtet, das selbst nicht zum Korperinneren gezahlt wird. Der Darm, aus dem die Infektionserreger in das eigentliche Korperinnere eindringen, gilt hier als Eintrittspforte.
    • Fakal-orale Infektion: Erreger aus Fakalien gelangen durch den Mund in den Organismus, z. B. durch verunreinigtes Trinkwasser.
  • Parenterale Infektion: Im wortlichen Sinn handelt es sich um eine Infektion, bei der die Krankheitserreger ?am Darm vorbei“, also nicht uber den Verdauungstrakt in den Organismus gelangt sind. Im medizinischen Sprachgebrauch ist parenteral gleichbedeutend mit ?direkt ins Blut“.
    • Perkutane Infektion: Die Erreger gelangen uber die Haut in den Organismus.
    • Permukose Infektion: Die Erreger gelangen uber die Schleimhaute in den Organismus.
    • Inhalationsinfektion: Die Erreger gelangen uber die Atemwege in den Organismus.
    • Urogenitale Infektion: Die Erreger gelangen uber den Harntrakt in den Organismus.
    • Genitale Infektion: Die Erreger gelangen uber die Geschlechtsorgane in den Organismus.
    • Intrauterine Infektion: Die Erreger gelangen wahrend der Schwangerschaft in den Korper des ungeborenen Kindes.

Ausdehnung der Infektion

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  • Lokalinfektion : Die Erreger bleiben dort, wo sie den Korper zuerst infiziert haben (Eintrittspforte). Sie verursachen nur an dieser Stelle Symptome, ohne sich im Organismus weiter zu verteilen.
  • Generalisierte Infektion : Die Erreger vermehren sich zuerst an der Eintrittspforte und gelangen dann uber das Blut zu ihren eigentlichen Manifestationsorganen (Befallsorganen). Das sind oft die Leber, Milz, lymphatische Organe, die Haut oder das Nervensystem. An der Eintrittspforte sind die Erreger dann nicht mehr nachweisbar.
  • Fokale Infektion (Herdinfektion): eine nach einer lokalen Erregerubertragung durch Bakterien, besonders durch Streptokokken , auftretende nachfolgende (sekundare) Erkrankung. Die Erreger gelangen von einem Ausgangsherd, der durch eine lokale Infektion im Korper entstanden ist, mit Verzogerung durch septische Metastasierung oder schubweise Ausschuttung aus diesem Ausgangsherd uber den Blutkreislauf in entferntere Korperregionen oder Organe und verursachen dort entzundliche oder auch allergische Krankheitsablaufe. Bereits vor dem Aufkommen einer Lehre von der Fokalinfektion hatte Benjamin Rush 1871 den Zusammenhang von Zahnerkrankungen mit anderen Krankheitsherden erkannt; um 1900 begann der Internist [12] Hans Paessler (1868?1938) die von Mundhohle ausgehenden Herdinfektionen zu erforschen. Gefordert haben um 1916 besonders Frank Billings (1854?1832) und Edward Charles Rosenow (* 1875) die Lehre von der Fokalinfektion in der Zahnmedizin und deren elektiven Lokalisation. [13]
  • Systemische Infektion: Die Erreger breiten sich durch Einschwemmung uber die Blutbahn uber ein gesamtes Organsystem (beispielsweise das Zentralnervensystem ) oder den ganzen Organismus aus.

Symptomauffalligkeit bzw. Abwehrkraft des Organismus

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  • Stumme (symptomlose, asymptomatische, inapparente) Infektion: Wenn das Immunsystem gesund und der Erreger an den Menschen angepasst ist, kommt es nach der Erregerubertragung nicht zum Ausbruch der Krankheit (klinisch nicht manifest, symptomlos). Der Mensch dient dann dem Erreger als Reservoirwirt . Es treten keine Krankheitsanzeichen auf, es findet nur eine stille Feiung statt (Immunisierung ohne Impfung und ohne Erkrankung).
    • Subklinische Infektion: Die Abwehrmechanismen uberwiegen und verhindern ein Ausbrechen der Krankheit. Durch Ausbildung einer sterilen Immunitat oder kurzfristige Resistenzsteigerung wird der Erreger eliminiert. Die Infektion ist zeitlich begrenzt .
    • Persistierende Infektion: Der Erreger lebt zeitlich unbegrenzt mit dem Wirt zusammen, die Vermehrung im Organismus ist jedoch begrenzt, Krankheitsanzeichen treten nicht auf. Es gibt mehrere Moglichkeiten: Ausbildung einer Immunitat , Steigerung der erregerunspezifischen Immunabwehr, Bildung von Interferon oder Stimulierung der Lymphozyten . Durch negative Beeinflussung (z. B. Stress) oder Immunsuppression (z. B. mit Medikamenten nach Organtransplantation ) kann die persistierende Infektion zu einer manifesten Infektion werden (klinische Symptome).
      • Latente Infektion: Zwischen Erreger und Abwehr besteht ein Gleichgewicht, zeitlich unbegrenzt oder so lange, bis einer von beiden uberwiegt und entweder die Krankheit ausbricht oder der Erreger abgetotet wird.
      • Tolerierte Infektion: Der meist intrauterin (in der Gebarmutter ) erworbene Erreger kann sich vermehren und anschließend wahrend des ganzen Lebens ausgeschieden werden. Der Wirt erkrankt jedoch nicht, es sei denn, seine Immuntoleranz geht verloren.
      • Okkulte (maskierte) Infektion: Eine Erregerinvasion hat stattgefunden, die Erreger sind jedoch weder direkt noch indirekt nachweisbar. Bei Symptomen ungeklarter Ursache wie Schmerzen und Fieber kann eine solche versteckte Infektion vermutet werden. Ein Virus kann unter Umstanden bei einer Zellteilung auf Tochterzellen ubertragen werden und sein Genom persistiert in der Wirtszelle, ansonsten ist es aber nicht ubertragbar (zeitweilig oder dauerhaft). So wird z. B. eine HBV -Infektion beim Menschen mit nicht nachweisbarem Hepatitis-B- Antigen ( HBsAg ) als okkulte Infektion bezeichnet. [14]
  • Abortive Infektion: Erregerubertragung mit nur leichten Krankheitserscheinungen.
  • Manifeste (apparente, klinische) Infektion: Erregerubertragung mit deutlichem Ausbruch der Infektionskrankheit (klinische Symptome).
  • Opportunistische Infektion: Erregerubertragung bei schon erkrankten Menschen mit Immunschwache, die bei gesunden Menschen mit normalem Immunsystem nicht zu einer Erkrankung fuhren wurde. Die Erreger machen sich die erworbene Abwehrschwache des Korpers zunutze.

Weitere Unterscheidungen

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Infektionsort (geographisch)

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  • Autochthone Infektion: eine Infektion vor Ort mit dem jeweiligen Erreger
  • Allochthone Infektion: eine von einem anderen Ort eingeschleppte (importierte) Infektion.

Direkte und indirekte Infektion

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  • Direkte Infektion: Erregerubertragung von Mensch zu Mensch ohne Zwischenschritte.
  • Indirekte Infektion: Ubertragung mittels verschiedener Ubertrager. Hierzu zahlen Vektoren wie beispielsweise blutsaugende Insekten sowie Wasser, Nahrung und beliebige Gegenstande.

Horizontale und vertikale Infektion

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  • Horizontale Infektion: Erregerubertragung vom Wirt zu einem anderen Wirt der gleichen Generation .
  • Vertikale Infektion : Erregerubertragung von einem Wirt zu seinen Nachkommen.
    • Pranatale Infektion: Erregerubertragung vor der Geburt in der Gebarmutter (intrauterin) uber den Mutterkuchen (transplazentar).
    • Perinatale Infektion: Erregerubertragung wahrend der Geburt.
    • Postnatale Infektion: Erregerubertragung nach der Geburt, z. B. durch die Muttermilch.

Prapatente und patente Infektion (bei Zoonosen)

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  • Prapatente Infektion: bei einer Parasiteninfektion die Phase von der Aufnahme bzw. dem Eindringen infektionsfahiger Parasitenstadien in den Organismus bis zur Entwicklung ausgewachsener, eierlegender Parasiten. In den Korperausscheidungen des Wirtes sind keine Fortpflanzungsprodukte zu finden.
  • Patente Infektion: die Phase nach der Entwicklung der Eindringlinge zu ausgewachsenen, eierlegenden Parasiten. Ihre Fortpflanzungsprodukte treten nun in den Korperausscheidungen des Wirtes auf.

Diese Begriffe werden in der Humanmedizin bei Zoonosen verwendet, aber auch in der Veterinarmedizin (z. B. bei Infektionen von Kleintieren mit Wurmern ).

Zeitliche Dynamik von Infektion und Erkrankung

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Hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs einer Infektion unterscheidet man den Infektionszeitpunkt, eine eventuell darauffolgende Latenzperiode und schließlich die infektiose Periode (Infektionsperiode) als die Zeitspanne, innerhalb deren der Infizierte, anders als wahrend des latenten Stadiums, ansteckend ist. [15] Der Zeitraum zwischen der Ansteckung und der ersten Ausbildung klinischer Symptome wird Inkubationszeit genannt.

Die uberwiegend hygienischen Maßnahmen der Expositionsprophylaxe verhindern weitgehend eine Ubertragung von Krankheitserregern, die fur Infektionen verantwortlich sind. Außerdem kommen unter Umstanden eine Chemoprophylaxe bzw. Postexpositionsprophylaxe in Betracht. [16]

Vielen Infektionskrankheiten kann außerdem durch gezieltes Bewirken einer Immunitat vorgebeugt werden, vor allem durch Impfung (Infektionsprophylaxe durch aktive Immunisierung), [17] in einigen Fallen auch durch passive Immunisierung .

Die Behandlung von Infektionen hangt unter anderem von den auslosenden Erregern ab. Es kommen dabei vor allem die Entfernung des Infektionsherdes sowie eine antimikrobielle Therapie mit Antibiotika in Betracht. [18]

Wiktionary: Infektion  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Werner Kohler : Infektiologie. In: Werner E. Gerabek , Bernhard D. Haage, Gundolf Keil , Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopadie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4 , S. 667.
  2. a b Michael Rolle: Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. Thieme, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8304-1060-7 , S. 12, Kapitel 1.3: Von der Infizierung bis zur Seuche ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Definition des Begriffs ?Infection‘ in mehreren Lexika. (englisch); abgerufen am 15. August 2012.
  4. Charles Singer , Dorothea Waley Singer : The scientific position of Girolamo Fracastoro (1478(?)?1553), with especial reference to the source, character and influence of his theory of infection. In: Annals of Medical History. Band 1, 1917, S. 1 ff.
  5. Walther Schonfeld : Einleitung. In: Girolamo Fracastoro: Syphilidis sive morbi gallici libri tres. in der Ubersetzung von Ernst Alfred Seckendorf (1892?1941), eingeleitet von Walther Schonfeld, Lipsius & Tischer, Kiel 1960 (= Schriftenreihe der Nordwestdeutschen dermatologischen Gesellschaft. Heft 6), S. 5?20, hier: S. 5 f.
  6. Paul Diepgen , Heinz Goerke : Aschoff : Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer-Verlag, Berlin/ Gottingen/ Heidelberg 1960, S. 42.
  7. a b V. J. Torres, D. L. Stauff et al.: A Staphylococcus aureus regulatory system that responds to host heme and modulates virulence. In: Cell host & microbe. 19. April 2007, Band 1, Nr. 2, S. 109?19, PMID 18005689 , PMC 2083280 (freier Volltext).
  8. G. Silvestri: Naturally SIV-infected sooty mangabeys: are we closer to understanding why they do not develop AIDS? In: Journal of Medical Primatology. 2005, Band 24, Nr. 5?6, S. 243?52, PMID 16128919 .
  9. M. J. Pantin-Jackwood, D. E. Swayne: Pathogenesis and pathobiology of avian influenza virus infection in birds. In: Revue scientifique et technique (International Office of Epizootics). 2009, Band 28, Nr. 1, S. 113?36, PMID 19618622 .
  10. K. D. Mir, M. A. Gasper, V. Sundaravaradan, D. L. Sodora: SIV infection in natural hosts: resolution of immune activation during the acute-to-chronic transition phase. In: Microbes and Infection. 2011, Band 13, Nr. 1, S. 14?24, PMID 20951225 , PMC 3022004 (freier Volltext).
  11. Friedrich Wilhelm Gierhake: Asepsis. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang ? Entwicklung ? Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei Munchen 1973, ISBN 3-87185-021-7 , S. 33?42, hier: S. 41.
  12. Sachsische Biografie .
  13. Paul Diepgen , Heinz Goerke : Aschoff /Diepgen/Goerke: Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Gottingen/Heidelberg 1960, S. 32, 55 und 61.
  14. Irene Cacciola, Teresa Pollicino, Giovanni Squadrito et al.: Occult hepatitis B virus infection in patients with chronic hepatitis C liver disease. In: The New England Journal of Medicine . 1. Juli 1999, Band 341, Nr. 1, S. 22?26, doi:10.1056/NEJM199907013410104 .
  15. Alexander Kramer, Ralf Reintjes : Infektionsepidemiologie. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2003, ISBN 978-3-642-62731-6 , S. 41.
  16. Infektionsschutz und Infektionsepidemiologie. Fachworter ? Definitionen ? Interpretationen. (PDF; 1,1 MB) Robert Koch-Institut , 2015, S. 26 und 41; abgerufen am 2. April 2019.
  17. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., uberarbeitete und erweiterte Auflage, Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4 , S. 326?329.
  18. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. 2., uberarbeitete und erweiterte Auflage, Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4 .