Herzogskolleg

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Buchmalerei um 1400. Links: Herzog Albrecht III. ubergibt das Herzogskolleg der Universitat. Rechts: Eine theologische Vorlesung

Das Herzogskolleg ( lateinisch Collegium ducale ) war eine 1384 von Herzog Albrecht III. gegrundete akademische Einrichtung in Wien , die umgebaut und im Jahr darauf eroffnet wurde. Der Begriff ?Herzogskolleg“ bezieht sich sowohl auf das Gebaude als auch auf den damit verbundenen universitaren Betrieb. Das Gebaude war ein wichtiger Teil der Universitat Wien , zwischen 1625 und 1650 wurde an seiner Stelle die bis heute erhaltene Alte Universitat errichtet.

Universitatsgebaude

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Rechts das Jesuitenkloster (Alte Universitat) samt Stocklgebaude und Sternwarteturm, links die Dominikaner­kirche (entlang des alten Dominikaner­platzes, heute Postgasse, gesehen; Bernardo Bellotto vlg. Canaletto, um 1760)

Die Universitat Wien wurde 1365 von Herzog Rudolf IV. (mit dem Beinamen ?der Stifter“) gegrundet. Anfangs fanden die Vorlesungen in der Burgerschule zu St. Stephan statt. Zu einer wesentlichen Starkung und Erweiterung kam es 1384: Rudolfs Bruder, Herzog Albrecht III., berief Professoren von der renommierten Pariser Universitat , wo das durch konkurrierende Papste verursachte Schisma zu Parteiungen innerhalb der Professorenschaft gefuhrt hatte. Albrecht erreichte die papstliche Erlaubnis zur Grundung einer theologischen Fakultat , und er gab der Universitat ihren ersten eigenen Gebaudekomplex, das Herzogskolleg. Dieses lag an der heutigen Adresse Postgasse 7-9 , gegenuber dem Dominikanerkloster .

Die Grundungsurkunde ist 1384 ausgestellt. Es folgte ein Umbau und schließlich die Eroffnung 1385. Die historische Fachliteratur ist bei der Angabe des Beginns des Herzogskollegs nicht einheitlich, sondern nennt entweder die eine oder die andere Jahreszahl. [1] Das Herzogskolleg bestand aus drei dreigeschossigen Hausern mit zwei Hofen und einem Turm , der zur Himmelsbeobachtung verwendet wurde. Im ersten Stock gab es fur festliche Universitatsakte eine Aula . Fur die Artistenfakultat gab es drei Horsale, fur die Mediziner und die Theologen je einen Horsaal. [2]

Eine Miniatur in einer um 1400 angefertigte Abschrift der spatmittelhochdeutschen Ubersetzung des lateinischen Werkes Rationale divinorum officiorum von Guilelmus Durandus von Mende stellt das ursprungliche Herzogskolleg dar (siehe Bild). [3]

Die Universitat erhielt in der Folge weitere Gebaude: die Juristenschule ( Collegium iuristarum , 1385) sowie das Haus der Arzte (1419). Wegen des steigenden Raumbedarfs wurde das Herzogskolleg 1423?1425 um einen Neubau erweitert, die Neue Schul ( Nova structura in der Backerstraße 13 ). Hier gab es eine Aula, eine Bibliothek, Speisesale sowie Horsale fur alle Fakultaten. Um das Herzogskolleg entstanden Studentenhauser ( Bursen ). Die zahlreichen universitaren Gebaude im Wiener Stubenviertel machten dieses zum ?Universitatsviertel“.

An der Stelle des mittelalterlichen Herzogskollegs und mehrerer anderer Hauser entstanden im 17. Jahrhundert fruhbarocke, noch erhaltene Gebaude fur das Jesuitenkolleg, heute als Alte Universitat bezeichnet (Jesuitenkolleg und Universitat waren 1551 vereinigt worden, 1773 wurde der Orden aufgehoben).

Die Lehrer am Herzogskolleg

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Im Herzogskolleg wurden nicht nur Vorlesungen gehalten, dort wohnten auch vierzehn unverheiratete, fest besoldete Lehrer, zwei Doktoren der Theologie und zwolf Magister der Artistenfakultat. Diese Magister unterrichteten zwar an der Artistenfakultat , waren aber zugleich Studenten der Theologie. [4] Der Zolibat erinnert an die klerikalen Wurzeln der Universitat: Bis 1537 waren die besoldeten Artistenmagister zur Ehelosigkeit verpflichtet, ebenso der Universitats- Rektor bis 1534. [5]

Ein Prior stand an der Spitze dieser Gemeinschaft. Die Artistenmagister waren keine Fachlektoren; die Themen der Vorlesungen des jeweils kommenden Semesters wurden ihnen im Rahmen der ?Bucherverteilung“ zugelost, ebenso wie den anderen Magistern, die durch Horergelder bezahlt wurden.

Das Herzogskolleg stand in der Tradition der Scholastik . Das 1501 gegrundete humanistische Poetenkolleg war eine Konkurrenz dazu.

  • Gunther Hamann , Kurt Muhlberger , Franz Skacel (Hrsg.): Das alte Universitatsviertel in Wien, 1385?1985 (= Schriften des Archivs der Universitat Wien ; 2). Wien 1985.
  • Kurt Muhlberger: Wiener Studentenbursen und Kodreien im Wandel vom 15. zum 16. Jahrhundert . In: Kurt Muhlberger, Thomas Maisel (Hrsg.): Aspekte der Bildungs- und Universitatsgeschichte. 16. bis 19. Jahrhundert (Schriften des Archivs der Universitat Wien; 7). Wien 1993, S. 129?190.
  • Kurt Muhlberger: Die Universitat Wien. Kurze Blicke auf eine lange Geschichte. Wien 1996.
  • Paul Uiblein: Die Universitat Wien im Mittelalter. Beitrage und Forschungen (Schriften des Archivs der Universitat Wien; 11), hrsg. von Kurt Muhlberger, Karl Kadletz. Wien 1999.

Einzelnachweise

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  1. 1385 gibt Uiblein: Universitat Wien , 1999, S. 81, fur den Kauf des Gebaudes in der Schonlaterngasse vom Stift Lilienfeld an.
  2. Muhlberger: Universitat Wien , 1996, S. 14.
  3. Beschreibung des Inhalts der Rationale … , der auf CD-ROM zuganglich ist. ( Memento vom 15. Juni 2013 im Internet Archive )
  4. Zu den Lehrern siehe Muhlberger: Studentenbursen , 1993, S. 139?150: Burse oder Kolleg? .
  5. Franz Graf-Stuhlhofer : Humanismus zwischen Hof und Universitat. Georg Tannstetter (Collimitius) und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des fruhen 16. Jahrhunderts (= Schriftenreihe des Universitatsarchivs, Universitat Wien ; 8). Wien 1996, S. 41 f. Dort auch weitere Literatur zum Herzogskolleg.

Koordinaten: 48° 12′ 30,5″  N , 16° 22′ 42,3″  O