Henri d’Artois
(vollstandiger Name:
Henri Charles Ferdinand Marie Dieudonne de Bourbon-Artois, duc de Bordeaux, comte de Chambord
; *
29. September
1820
im
Palais des Tuileries
,
Paris
; †
24. August
1883
auf
Schloss Frohsdorf
,
Osterreich
) wurde nach der
Abdankung
seines Großvaters
Karl X.
am 2. August 1830 von den franzosischen
Legitimisten
als
Heinrich V.
zum Konig von
Frankreich
ausgerufen.
Henri de Bourbon-Artois war der
postum
geborene Sohn des 1820 in Paris ermordeten
Charles Ferdinand de Bourbon
, duc de Berry, des zweiten Sohns Konig Karls X. von Frankreich, und der Prinzessin
Maria Karolina von Neapel-Sizilien
.
Da seine Geburt den Fortbestand der legitimen Dynastie der
Bourbonen
sicherte, wurde er als ?ein von Gott geschenktes Wunderkind“ gefeiert. Das Ministerium
Richelieu
wollte fur das ?Kind von Frankreich“ die Domane Chambord ankaufen, gab diesen Plan aber auf Druck der Offentlichkeit wieder auf. Deshalb erwarb ein Verein von Legitimisten die Domane und schenkte sie dem Prinzen am Tag seiner Taufe, dem 1. Mai 1821.
Nach der
Julirevolution
dankten Karl X. und dessen kinderloser Sohn, der
Herzog von Angouleme
, zugunsten des unmundigen Prinzen ab, an dem allein nun die legitimistische Thronfolge hing. Tatsachlich war aber
Louis-Philippe I.
aus dem
Haus Orleans
am 7. August 1830 zum Konig ausgerufen worden. Henri wurde nach
Prag
gebracht. Mit seiner Erziehung wurden
Jesuiten
und die legitimistischen Generale
Alphonse-Henri d’Hautpoul
und
Marie Victor Nicolas de Fay de La Tour-Maubourg
unter Leitung von
Ange Hyacinthe Maxence de Damas
betraut, weswegen die Richtung derselben eine
ultramontane
und absolutistische wurde.
Nach dem Tod Karls X. am 6. November 1836 und dem seines Onkels Ludwig Anton 1844 wurde Chambord von den
Legitimisten
als der rechtmaßige Konig Heinrich V. angesehen. Nach langeren Reisen in verschiedenen Landern Europas, wahrend derer er sich 1841 durch einen Sturz vom Pferd so verletzte, dass er einen hinkenden Gang behielt, und 1843 in
Belgrave Square
in London einen Huldigungsbesuch von 300 Legitimisten aus Frankreich empfing, ließ er sich in
Gorz
nieder und nahm nach dem Tod des Herzogs von Angouleme den Titel eines Grafen von Chambord an.
Das Vermogen von funf Millionen Franc, das ihm der
Herzog von Blacas
hinterlassen hatte, erlaubte ihm eine furstliche Hofhaltung. Am 16. November 1846 vermahlte er sich in der
Minoritenkirche
in
Bruck an der Mur
[1]
mit der Prinzessin
Maria Theresia von Osterreich-Este
und nahm seinen Aufenthalt in
Schloss Frohsdorf
bei Wiener Neustadt. Die Ehe blieb kinderlos.
Sowohl nach der
Februarrevolution 1848
als auch nach dem Ende des
zweiten Kaiserreichs
1870 versuchte die legitimistische Partei,
Chambord als Heinrich V. auf den Thron zu heben
. Um die Unterstutzung der Orleanisten zu gewinnen, wollte man mit diesen fusionieren und der Familie Orleans das Thronfolgerecht sichern. Beide Male scheiterte der Versuch, 1871 letztlich an der Weigerung des Grafen, die
Trikolore
anstatt der weißen Nationalflagge des Konigreichs anzunehmen und sich auf eine Verfassung im Voraus zu verpflichten. Vielmehr stutzte sich Chambord einzig und allein auf die klerikale Partei, wodurch er seine Thronbesteigung unmoglich machte. Daraufhin zog er das Leben eines reichen Landedelmanns dem franzosischen Thron vor.
Er starb am 24. August 1883
[2]
in
Frohsdorf
und wurde am 3. September 1883
[3]
letztwillig
[4]
im
Kloster Kostanjevica
im heute
slowenischen
Teil von
Gorz
(
slowenisch
Nova Gorica
) bestattet.
[Anm. 1]
Seine Gattin, Maria Theresia von Modena-Este, wohnte nach seinem Tod noch drei Jahre im Palazzo der Grafen Lantieri in Gorz, wo sie 1886 verstarb. Da Chambord keine mannlichen Nachkommen hinterließ, erlosch mit ihm die altere Linie der Bourbonen, und seine Thronanspruche wurden fortan von dem Zweig der spanischen Bourbonen beansprucht, deren derzeitiger
Thronpratendent
Louis Alphonse de Bourbon
ist. Das Haus Orleans, das einen eigenen Anspruch von Louis-Philippe herleitet (Orleanismus im engeren Sinn), erhebt ebenfalls zusatzlich den Anspruch, auch von Henri ausgehend legitimer Nachfolger zu sein
[Anm. 2]
, da die andere Linie als spanisch durch den
Vertrag von Utrecht
ausgeschlossen sei (sog.
Unionismus
); deren Thronpratendent ist
Jean d’Orleans
.
[5]
Das
Musee des Arts decoratifs et du Design
in Bordeaux besitzt unter anderem eine umfangreiche Sammlung zur
franzosischen Restauration
und zur Person Henri d’Artois, Herzog von Bordeaux. Mittelpunkt der Sammlung ist eine lebensgroße Statue des Prinzen im Alter von sieben Jahren aus
Biskuitporzellan
der Porzellanmanufaktur von
Sevres
, ein Unikat, ursprunglich im Besitz des Konigshauses.
- Der Herzog von Bordeaux in England
. In:
Illustrirte Zeitung
.
Nr.
26
. J. J. Weber, Leipzig 23. Dezember 1843,
S.
401?402
(
Digitalisat
in der Google-Buchsuche).
- Henri comte de Chambord:
Journal (1846?1883). Carnets inedits.
Edite par Philippe Delorme. F.-X. de Guibert, Paris 2009,
ISBN 978-2-7554-0345-9
.
- Guy Auge:
Succession de France et regle nationalite. Le droit royal historique francaise contre l'orleanisme.
DUC, Paris 1979 (Sonderabdruck aus:
La Legitimite.
Nr. spec. 1979,
ISSN
0153-2243
).
- Jean-Francois Chiappe:
Le Comte de Chambord et son mystere.
Perrin, Paris 1999,
ISBN 2-262-01522-8
.
- Emil Regnault:
Ein christlicher Furst. Heinrich von Frankreich, Graf von Chambord. Geboren zu Paris am 29. September 1820, gestorben zu Frohsdorf in Niederosterreich am 24. August 1883.
Verlag Styria, Graz 1885.
- Hugues Trousset:
La legitimite dynastique en France.
Editions Roissard, Grenoble 1987,
ISBN 2-85111-006-3
.
- Gunter Fuhrmann
, Regina Grabenweger:
Das Tal der Konige in Niederosterreich. Der geheime Konigshof der Bourbonen
, KRAL Verlag, Berndorf 2022,
ISBN 978-3-99103-057-7
- ↑
Kleine Chronik. (…) Die Trauung des Grafen Chambord.
In:
Neue Freie Presse
, Abendblatt, 27. August 1883, S. 1, Mitte unten. (online bei
ANNO
).
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- ↑
† Graf Chambord.
In:
Neue Freie Presse
, Abendblatt, 24. August 1883, S. 2 f. (online bei
ANNO
).
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, sowie
† Heinrich V..
In:
Neue Freie Presse
, Morgenblatt, 25. August 1883, S. 1 f. (online bei
ANNO
).
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- ↑
Graf Chambord (…) Gorz.
In:
Neue Freie Presse
, Morgenblatt, 31. August 1883, S. 9, unten links. (online bei
ANNO
).
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- ↑
† Graf Chambord.
In:
Neue Freie Presse
, Morgenblatt, 25. August 1883, S. 4 Mitte. (online bei
ANNO
).
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- ↑
Genealogie der Hauser Bourbon und Orleans.
In:
Neue Freie Presse
, Morgenblatt, 25. August 1883, S. 3 Mitte. (online bei
ANNO
).
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- ↑
Als Vertretung von Kaiser
Franz Joseph I.
war zunachst einer von dessen Brudern,
Erzherzog Karl Ludwig
bzw.
Erzherzog Ludwig Viktor
, vorgesehen. ? Siehe:
Telegramme der ?Neuen Freien Presse“. (…) Triest. (…) Die Leiche des Grafen Chambord (…).
In:
Neue Freie Presse
, Abendblatt, 30. August 1883, S. 3, Mitte. (online bei
ANNO
).
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Letztlich agierte
Oberststallmeister
General der Kavallerie Prinz
Emmerich von Thurn und Taxis
(1820?1900) anstelle des Kaisers. ? Siehe:
Das Leichenbegangniß des Grafen Chambord..
In:
Neue Freie Presse
, Morgenblatt, 4. September 1883, S. 7, Mitte oben. (online bei
ANNO
).
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Die kirchliche Zeremonie bei der
Leichenfeier
besorgte
Fursterzbischof
Alois Zorn
. ? Siehe:
Graf Chambord. (…) Triest.
In:
Neue Freie Presse
, Abendblatt, 1. September 1883, S. 3, Mitte rechts. (online bei
ANNO
).
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- ↑
Die Prinzen von Orleans
, einschließlich des
Grafen von Paris
,
(Louis-)Philippe d’Orleans
, waren zur
Kondolenz
nach
Schloss Frohsdorf
gereist. Gegenuber der Witwe stellte der Graf von Paris den Anspruch, im Gorzer
Trauerkondukt
vor den Hinterbliebenen des letzten franzosischen Bourbonen gereiht zu werden. Da dies von Grafin Chambord in einer sehr heftig gefuhrten Kontroverse abgelehnt wurde, nahmen die Prinzen von Orleans am Leichenbegangnis nicht teil. ? Siehe:
Das Leichenbegangniß des Grafen Chambord..
In:
Neue Freie Presse
, Morgenblatt, 4. September 1883, S. 7, Mitte oben. (online bei
ANNO
).
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