Heinrich Wilhelm Matthias Olbers
(*
11. Oktober
1758
in
Arbergen
bei Bremen; †
2. Marz
1840
in
Bremen
) war ein deutscher
Astronom
und
Arzt
. Er entwickelte Methoden zur
Bahnbestimmung
von
Himmelskorpern
, entdeckte die
Asteroiden
Pallas
und
Vesta
sowie sechs
Kometen
und formulierte das
Olberssche Paradoxon
.
Olbers kam als das achte von sechzehn Kindern des in Arbergen wirkenden
Pastors
Johann Georg Olbers
zur Welt. 1760 wurde der Vater an den
Bremer Dom
berufen und die Familie zog in die damals Freie Reichsstadt Bremen. Olbers besuchte dort das
Padagogium
, das
Athenaeum
und ab 1771 das
Gymnasium Illustre
. 1777 nahm er an der
Universitat Gottingen
das Studium der
Medizin
auf.
Bereits als Schuler hatte er sich fur die
Astronomie
interessiert und als Zehnjahriger fasziniert den
Großen Kometen
von 1769 beobachtet. Als Student horte er zusatzlich astronomische Vorlesungen. 1779, wahrend eines medizinischen
Praktikums
, erdachte er eine Methode zur
Bahnbestimmung
eines
Kometen
, den er wahrend der Patientenbetreuung durch ein Fenster beobachtete. Ein Jahr spater schloss er das Studium mit einer
Dissertation
uber das menschliche
Auge
ab. 1781 eroffnete er in der Bremer Sandstraße eine Arztpraxis. Er heiratete 1785 Dorothea Elisabeth Kohne (1767?1786). Sie starb schon im darauf folgenden Jahr bei der Geburt der Tochter Doris (Henriette Marie Dorothea Focke, geb. Olbers, 1786?1818).
[1]
1788 heiratete er Anna Adelheid Lurssen (1765?1820), mit der er einen Sohn hatte, den spateren Bremer
Senator
Georg Heinrich Olbers
(1790?1861). Nach dem fruhen Tod der Tochter und dem seiner zweiten Ehefrau zog sich Olbers im siebenten Lebensjahrzehnt aus dem Berufsleben als Arzt zuruck.
Seine freie Zeit widmete Olbers fast ganz der Astronomie. Da er mit nur vier Stunden Schlaf auskam, konnte er ausgiebige Himmelsbeobachtungen durchfuhren. Er wertete daruber hinaus alle Aufzeichnungen von auffalligen Kometen aus, die seit 1531 erschienen waren. 1797 veroffentlichte er die Schrift
Abhandlung uber die leichteste und bequemste Methode, die Bahn eines Cometen zu berechnen
. Das Werk wurde jeweils 1847 und 1864 wieder aufgelegt. Die darin beschriebene Methode kann auch heute noch angewendet werden. 1797 wurde er zum Mitglied der
Leopoldina
gewahlt.
1800 wurde in der
Sternwarte Lilienthal
bei Bremen auf Anregung von
Franz Xaver von Zach
die
Astronomische Gesellschaft
gegrundet. Erster Prasident wurde
Johann Hieronymus Schroeter
, Grunder und Besitzer der Sternwarte, die seinerzeit als hervorragend ausgestattet galt. Weitere Grundungsmitglieder waren Olbers,
Ferdinand Adolf von Ende
,
Johann Gildemeister
und
Karl Ludwig Harding
.
Daruber hinaus wurden achtzehn weitere fuhrende europaische Astronomen zu Mitgliedern berufen. Ziel der Gesellschaft war die Auffindung noch unbekannter Himmelskorper unseres
Sonnensystems
, insbesondere eines vermuteten Planeten zwischen
Mars
und
Jupiter
. Hierzu wurde der Himmel in 24 Abschnitte unterteilt und in der Nahe der
Ekliptik
intensiv durchgemustert. Am 1. Januar 1801 entdeckte
Giuseppe Piazzi
von
Palermo
aus den ersten
Kleinplaneten
, der spater
(1) Ceres
genannt wurde. Am 28. Marz 1802 entdeckte Olbers
(2) Pallas
und am 29. Marz 1807
(4) Vesta
.
[2]
Der Asteroid
(3) Juno
war am 1. September 1804 von
Harding
in Lilienthal entdeckt worden. 1804 wurde Olbers zum Fellow der
Royal Society
gewahlt.
[3]
Olbers lernte 1804 den jungen
Friedrich Wilhelm Bessel
kennen. Er erkannte dessen mathematisches und astronomisches Talent und empfahl ihn Schroeter als Assistent fur die Lilienthaler Sternwarte zum Nachfolger von Harding. Bessel arbeitete vier Jahre an der Lilienthaler Sternwarte und ging anschließend als Professor fur Astronomie an die
Universitat Konigsberg
.
Infolge der napoleonischen Kriege geriet Norddeutschland Anfang des 19. Jahrhunderts unter
franzosische
Herrschaft. Olbers wurde 1811 zum Mitglied des
Corps legislatif
, der gesetzgebenden Versammlung in
Paris
, ernannt. In der Folgezeit reiste Olbers dreimal nach Paris, um das
Departement der Wesermundungen
zu vertreten. Dort machte er die personliche Bekanntschaft von
Napoleon Bonaparte
.
Nachdem die franzosische Herrschaft beendet war, nahm Olbers 1814 seine astronomischen Tatigkeiten wieder auf. In den folgenden Jahren entdeckte er sechs Kometen, darunter den kurzperiodischen
13P/Olbers
, der 2024 wiederkehren wird. 1822 wurde Olbers in die
American Academy of Arts and Sciences
und 1823 in die
Royal Society of Edinburgh
[4]
gewahlt.
Olbers’ umfangreiche Bibliothek wurde 1841 von
Friedrich Georg Wilhelm Struve
fur die
Sternwarte Pulkowa
angekauft. 1997 wurde diese bei einem Brandanschlag stark beschadigt.
[5]
1823 formulierte Olbers das nach ihm benannte Olberssche Paradoxon.
[6]
Er zeigte darin den Widerspruch auf, dass es nachts dunkel wird, obwohl bei Annahme eines unendlichen, transparenten
Weltraumes
mit homogen verteilten
Sternen
an jeder Stelle des Himmels ein Stern stehen musste. Der Himmel musste daher auch nachts bei nicht sichtbarer
Sonne
hell erleuchtet sein.
- Fur seine Leistungen erhielt Olbers zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den
danischen
Danebrog-Orden
, das Ritterkreuz des
Guelphen-Ordens
des Konigshauses Hannover und das Ritterkreuz des preußischen
Roten Adlerordens
.
- Anlasslich seines 50-jahrigen Doktorjubilaums beschloss der Bremer Senat 1830 die Aufstellung einer Buste im dortigen Rathaus.
- 1830 wurde aus dem gleichen Anlass, vermutlich von der Bremer
Gesellschaft Museum
, eine in Gold, Silber und Bronze ausgepragte Medaille mit seinem Profilbild herausgegeben. Medailleur war
Christoph Carl Pfeuffer
in der
Berliner Medaillen-Munze
von
Gottfried Bernhard Loos
. - 1844 folgte vom gleichen Herausgeber eine von
Martin Heinrich Wilkens
gepragte Medaille mit den Kopfen von Olbers und
Gottfried Reinhold Treviranus
als Gabe fur die Teilnehmer der 22. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Arzte
in Bremen.
[7]
- 1844 beschloss der Bremer Senat die Aufstellung des
Olbers-Denkmals
in den Wallanlagen beim fruheren Schauspielhaus. Die vom Bildhauer
Carl Steinhauser
geschaffene Statue wurde 1850 enthullt.
- 1862 wurde die Olbers-Tafel am Olbers-Wohnhaus in der Sandstraße 15 (heute 16) in Bremen-
Mitte
angebracht.
- 1920 wurde in Bremen die
Olbers-Gesellschaft
e. V. mit dem Ziel gegrundet, die Astronomie in der Offentlichkeit zu verbreiten. Die Gesellschaft betreibt heute auf dem Gelande der
Hochschule Bremen
die
Walter-Stein-Sternwarte
und halt Gastvortrage im
Olbers-Planetarium
.
- Zu Olbers’ Gedenken wurden der
Olbers
-
Mondkrater
, der Komet 13P/Olbers und der Asteroid
(1002) Olbersia
nach ihm benannt.
- 11. Oktober 1990
Gottinger Gedenktafel
,
[8]
Weender Straße 48
[9]
- 2007 erfolgte die Namensanderung der
Grundschule Olbersstraße
, Hannover in
Heinrich-Wilhelm-Olbers-Grundschule
.
- Das fruhere Schulzentrum Drebberstraße im Bremer Stadtteil
Hemelingen
tragt seit dem Schuljahr 2007/08 den Namen
Wilhelm-Olbers-Oberschule
.
- Olbersstraßen
in Berlin, Bremen, Hannover, Lilienthal und anderen Orten
Olbers
war außerdem der Name verschiedener Segelschiffe: Eine in Archangelsk gebaute Fregatte wurde 1829 von F. C. Delius & Co. in Bremen erworben und 1837 abgewrackt. Ein 1838 in
Grohn
gebauter Segler des gleichen
Eigners
, das Vollschiff
Olbers (1851)
, havarierte 1848. Spater trug eine
Dreimastbark
der
Kaiserlichen Marine
den Namen des Astronomen.
- Dissertatio Inavgvralis Physiologica De Ocvli Mvtationibvs Internis.
Dissertation. Dieterich, Gottingen 1780
(Digitalisat)
- Abhandlung uber die leichteste und bequemste Methode die Bahn eines Cometen aus einigen Beobachtungen zu berechnen.
, Industrie-Comptoir, Weimar 1797,
doi
:
10.3931/e-rara-1518
- Ueber die Gefahren, die unsere Erde von den Cometen leiden konnte.
Gotha 1810
(Digitalisat)
.
Gesammelte Werke:
- C. Schilling
(Hrsg.):
Wilhelm Olbers.
Sein Leben und seine Werke. (Im Auftrage der Nachkommen herausgegeben). Julius Springer, Berlin.
Briefe:
Bibliografie:
- Walter Stein (Hrsg.):
Von Bremer Astronomen und Sternfreunden: zur Einweihung der Sternwarte der Olbers-Gesellschaft am 200. Geburtstag von W. Olbers, am 11. Oktober 1958.
Geist, Bremen 1958, S. 57 f.
- Gerd Biegel
, Gunther Oestmann,
Karin Reich
(Hrsg.):
Neue Welten. Wilhelm Olbers und die Naturwissenschaften um 1800
(=
Disquisitiones Historiae Scientiarum. Braunschweiger Beitrage zur Wissenschaftsgeschichte.
Band 1). Braunschweigisches Landesmuseum, Braunschweig 2001,
ISBN 3-927939-60-9
.
- Gunther Oestmann
:
Olbers, Heinrich Wilhelm Matthias.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999,
ISBN 3-428-00200-8
, S. 499 f. (
Digitalisat
).
- Siegmund Gunther
:
Olbers: Heinrich Wilhelm Mathias O.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 236?238.
- [Heinrich Ferdinand] Scherk
:
Wilhelm Olbers.
In:
Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Bremen.
6. Band, Ed. Muller, Bremen 1880, S. 1?9 (
zobodat.at
[PDF]; ebenso
Digitalisat
auf biodiversitylibrary.org).
- G.[Georg] Barkhausen
:
Bruchstucke aus dem Leben von Dr. Heinrich Wilhelm Matthias Olbers.
In: Aerztlicher Verein zu Bremen (Hrsg.):
Biographische Skizzen verstorbener Bremischer Aerzte und Naturforscher. Eine Festgabe fur die zwei und zwanzigste Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte zu Bremen.
Johann Georg Heyse
, Bremen 1844, S. 593 ff.
urn
:
nbn:de:gbv:46:1-479
.
- 2. Wilhelm Olbers
, in
Franz Xaver von Zach
(Hrsg.):
Allgemeine geographische Ephemeriden.
4. Band, September, V. Vermischte Nachrichten, Weimar 1799, S. 283?287 (
Digitalisat
http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DH9YBAAAAYAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA283~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
).
- ↑
Sabine Toppe:
Focke, Henriette Marie Dorothea Focke, geb. Olbers
. In:
Frauen Geschichte(n)
, Bremer Frauenmuseum (Hg.). Edition Falkenberg, Bremen 2016,
ISBN 978-3-95494-095-0
.
- ↑
Clifford Cunningham:
Early Investigations of Ceres and the Discovery of Pallas
. 2016
- ↑
Eintrag zu
Olbers, Heinich Wilhelm Mathias (1758 - 1840)
im Archiv der
Royal Society
, London
- ↑
Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783?2002.
(PDF-Datei) Royal Society of Edinburgh,
abgerufen am 26. Marz 2020
.
- ↑
Gunther Oestmann:
Die Geschichte der Bibliothek von Wilhelm Olbers.
In: Gerd Biegel, Gunther Oestmann, Karin Reich (Hrsg.):
Neue Welten ? Wilhelm Olbers und die Naturwissenschaften um 1800.
Braunschweig 2001, S. 114?133.
- ↑
Johann Elert Bode
(Hrsg.):
Astronomisches Jahrbuch
fur das Jahr 1826.
Berlin 1823,
S. 110.
- ↑
Hermann Jungk:
Die Bremischen Munzen : Munzen und Medaillen des Erzbisthums und der Stadt Bremen
. Bremen 1875, S. 375, Nr. 33, Tafel 36 und S. 379, Nr. 44, S. 39.
(Digitalisat)
- ↑
wegerle-web.de
- ↑
stadtarchiv.goettingen.de