Heinrich Duntzer

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Heinrich Duntzer

Johannes Heinrich Joseph Duntzer (* 12. Juli 1813 in Koln ; † 16. Dezember 1901 in Koln; Pseudonym: J. H. Blumer) war ein Altphilologe und Literarhistoriker.

Heinrich Duntzer war der vierte Sohn des Kaufmanns Johann Joseph Duntzer und dessen zweiter Ehefrau Maria Cacilia, geb. Seydlitz aus Bruhl . Sein altester Bruder war der Wundarzt und Medizinhistoriker Joseph Ignaz Duntzer . Ursprunglich sollte Heinrich Theologie studieren, doch die Sprachbegabung des Heranwachsenden fuhrten dazu, dass er Philologie studierte. 1821 kam er in die Vorbereitungsklasse des Friedrich-Wilhelm-Kollegs unter Leitung des Padagogen Karl Friedrich August Grashof .

Heinrich Duntzer widmete sich seit 1830 erst in Bonn, dann in Berlin altklassischen und sprachwissenschaftlichen Studien und veroffentlichte als deren erste Fruchte die Schriften: Die Lehre von der lateinischen Wortbildung (Koln 1836) und Die Deklination der indogermanischen Sprachen (Koln 1839). Daneben schrieb er: Jacques-Auguste de Thou ’s Leben, Schriften und historische Kunst (Preisschrift, Darmstadt 1837) und De versu quem vocant Saturnio (mit Laurenz Lersch , Bonn 1838).

Im Sommer 1837 habilitierte er sich in Bonn fur altklassische Literatur und erhielt die Erlaubnis, an der Bonner Universitat Vorlesungen zu halten, in denen er Autoren der Antike wie Homer und Horaz , aber auch Goethes Faust behandelte. Seine fur das Sommersemester 1842 angekundigte Vorlesung uber Goethes Iphigenie mit Beziehung auf das Drama des Euripides wurde ihm mit der Begrundung untersagt, er sei nicht fur deutsche Literatur habilitiert. In einem Schreiben der Fakultat riet man ihm, seine akademische Lehrtatigkeit einzustellen und an ein Gymnasium zu wechseln, da er nicht mit einer Anstellung als Dozent in Bonn rechnen konne. Dennoch blieb Duntzer einige weitere Jahre Privatdozent.

Mit dem Schriftsteller Karl August Varnhagen von Ense unterhielt Duntzer von 1842 bis zu dessen Tod 1858 einen ausgiebigen, vor allem auf Details der Goethe-Philologie konzentrierten Briefwechsel. Auch mit Alexander von Humboldt und mit seinem Lehrer August Boeckh korrespondierte er.

1846 nahm er dann die Stelle eines Bibliothekars am katholischen Gymnasium an Marzellen in seiner Vaterstadt an, seit 1849 mit dem Titel Professor. In der klassischen Philologie ein Schuler Boeckhs und Welckers , veroffentlichte er zahlreiche Arbeiten. Er bemuhte sich um die Vereinigung der Gymnasialbibliothek mit dem stadtischen Archiv, fur das jedoch nicht er, sondern Leonard Ennen berufen wurde. 1885 wurde die von Duntzer betreute Gymnasialbibliothek dennoch mit der stadtischen Bibliothek vereinigt, und Heinrich Duntzer ging in den Ruhestand.

Seit 1841 gehorte Duntzer dem Verein der Altertumsfreunde in Bonn an und wurde 1877 Ehrenmitglied des Vereins.

Duntzer starb 1901 im Alter von 88 Jahren und wurde in der Familiengrabstatte auf dem Kolner Melaten-Friedhof beerdigt. Das Grab wurde nach Ablauf der Nutzungsfrist abgeraumt. [1]

Veroffentlichungen (Auswahl)

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  • Homer und der epische Kyklos (Koln 1839);
  • De Zenodoti studiis Homericis (Gottingen 1848);
  • Kritik und Erklarung der Horazischen Gedichte (Braunschweig 1840?46, 5 Bde.);
  • Die romischen Satiriker (Ubersetzung, Braunschweig 1846);
  • Rettung der Aristotelischen Poetik (das. 1840);
  • Die Fragmente der epischen Poesie der Griechen (Koln 1840?42, 3 Tle.);
  • Die Homerischen Beiworter des Gotter- und Menschengeschlechts (Gottingen 1859); * Homerische Abhandlungen (Leipzig 1872);
  • Kirchhoff , Kochly und die Odyssee (Koln 1872) und
  • Die Homerischen Fragen (Leipzig 1874).

Besonders verdient und in weiten Kreisen bekannt gemacht hat sich Duntzer durch seine eingehenden und vielseitigen Arbeiten uber die klassische deutsche Literatur, insbesondere uber Goethes Leben und Werke. Hierher gehoren besonders die Schriften:

  • Goethes Faust in seiner Einheit und Ganzheit (Koln 1836);
  • Goethe als Dramatiker (Leipzig 1837);
  • Die Sage von Dr. Johannes Faust (Leipzig 1848);
  • Zu Goethes Jubelfeier (Elberfeld. 1849);
  • Goethes Prometheus und Pandora (Leipzig 1850);
  • Goethes Faust (Leipzig 1850?51, 2 Bde.; 2. Aufl. 1857);
  • Frauenbilder aus Goethes Jugendzeit (Leipzig 1852);
  • Freundesbilder aus Goethes Leben (Leipzig 1853);
  • Goethes Gotz und Egmont (Braunschweig. 1854);
  • Goethes Tasso (Leipzig 1854);
  • Goethes lyrische Gedichte. Fur gebildete Leser erlautert (Elberfeld 1858, 2 Bde.);
  • Schiller und Goethe (Stuttgart 1859);
  • Goethe und Karl August (Leipzig 1861?65, 2 Bde.);
  • Neue Goethe-Studien (Nurnberg 1861);
  • Aus Goethes Freundeskreise (Braunschweig 1868);
  • Charlotte von Stein , Goethes Freundin (Stuttgart 1874, 2 Bde.);
  • Charlotte von Stein und Corona Schroter , eine Verteidigung (Stuttgart 1876);
  • Goethes Leben (Leipzig 1880, 2. Aufl. 1883);
  • Goethes Eintritt in Weimar (Leipzig 1883);
  • Goethe und die Bibliotheken zu Weimar und Jena . In: Zentralblatt fur Bibliothekswesen , Jg. 1, 1884, S. 89?104 ( online ).
  • Abhandlungen zu Goethes Leben und Werken (Wartig, Leipzig. 1885, 2 Bde.) ( Digitalisierte Ausgabe der Universitats- und Landesbibliothek Dusseldorf )
  • Goethes Beziehungen zu Koln (Leipzig 1885).
  • Goethes Stammbaume (Gotha 1894) ( Digitalisat )

Fur Hempels Nationalbibliothek sammtlicher deutscher Classiker besorgte Duntzer eine Gesamtausgabe von Herders Schriften:

  • Herder's Werke. Nach den letzten Quellen rev. Ausgabe. Hrsg. u. mit Anm. begleitet nebst einer Biographie des Dichters. 24 Theile in 13 Banden. Hempel, Berlin 1869?1877.

Ferner erschienen: Erlauterungen zu den deutschen Klassikern (Jena u. Leipzig 1855?80, 78 Hefte unter Mitarbeit von Ludwig Eckardt ), die fur das große Publikum bestimmt sind und die außer Goethes und Schillers poetischen Werken Klopstocks Oden , Lessings Dramen, Wielands Oberon , Herders Cid und Legenden, Uhlands Balladen und Romanzen behandeln.

Edierte Briefwechsel

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Wertvolle Beitrage zur Kenntnis der klassischen Literaturperiode bilden noch die von ihm herausgegebenen Briefwechsel zwischen Goethe und Staatsrat Schultz (Leipzig 1853); Briefe von Schillers Gattin an einen vertrauten Freund (Leipzig 1856); Aus Herders Nachlaß (Leipzig 1856?57, 3 Bde.); Aus Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette (Jena 1858); Zur deutschen Literatur und Geschichte , Briefe aus Knebels Nachlaß (Nurnberg 1857?58, 2 Bde.); Herders Reise nach Italien (Gießen 1859); Von und an Herder (Leipzig 1861?1862, 3 Bde.); Briefwechsel zwischen Friedrich Jacobs und Franz Goller (Leipzig 1862); Zwei Bekehrte. Zacharias Werner und Sophie v. Schardt (Leipzig 1873); Schillers Leben (Leipzig 1881); Lessings Leben (Leipzig 1882); Christoph Kaufmann , der Apostel der Geniezeit und herrnhutische Arzt (Leipzig 1882).

Als Dichter trat Duntzer anonym auf in Adeline. Liebeslieder vom Rhein (Koln 1860). Zahlreiche Abhandlungen und Aufsatze von ihm finden sich in Zeitschriften; auch schrieb er einen Katalog der Altertumer des Museums Wallraf-Richartz (2. Aufl., Koln 1873) und gab Dido. Ein Trauerspiel von Frau v. Stein (Frankfurt 1867) heraus. Auch als Autobiograph wurde Duntzer aktiv. Zwei Jahre vor seinem Tod veroffentlichte er einen Abriss seines Lebens-, Bildungs- und beruflichen Werdeganges:

  • Mein Beruf als Ausleger. 1835?1868. Wartig's Verl. Hoppe, Leipzig 1899 ( Web-Ressource ).

Duntzer wird die kritische Formulierung ? Hier irrt Goethe “ zugeschrieben; sie wurde in dieser Form bislang in seinen Schriften nicht nachgewiesen.

  • Otto Zaretzky: Duntzer, Johann Heinrich Joseph . In: Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog Bd. 6 (1901), S. 243?247 ( Web-Ressource ).
  • Duntzer, Heinrich ... In: Franz Brummer : Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Sechste vollig neu bearb. u. stark verm. Auflage. Reclam, Leipzig [1913], Bd. 2, S. 77.
  • Hans-Martin Kruckis: Mikrologische Wahrheit. Die Neugermanistik des 19. Jahrhunderts und Heinrich Duntzer. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift N.F. 41 (1991), S. 270?283.
  • Hans-Martin Kruckis: Duntzer, Johann Heinrich Joseph. In: Christoph Konig (Hrsg.), unter Mitarbeit von Birgit Wagenbaur u. a.: Internationales Germanistenlexikon 1800?1950 . Band 1: A?G. de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-015485-4 , S. 411?412.
  • Berndt Tilp (Hrsg.): Karl August Varnhagen von Ense / Heinrich Duntzer: Briefwechsel 1842?1858. 2 Bde. Peter Lang. Frankfurt a. M. u. a. 2002 (Forschungen zum Junghegelianismus, Bd. 7), ISBN 3-631-39894-8 .
  • Claude Haas: ?Was Goethe (...) sagt, trifft wenig zu“. Heinrich Duntzer und die Sakularisierung des philologischen Kommentars. In: Kommentar und Sakularisierung in der Moderne. Vom Umgang mit heiligen und kanonischen Texten. Hrsg. von Yael Almog, Caroline Sauter und Daniel Weidner. Wilhelm Fink, Paderborn 2017, ISBN 978-3-7705-6140-7 , S. 109?122 ( online als PDF).
Wikisource: Heinrich Duntzer  ? Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Heinrich Duntzer in der Datenbank Find a Grave , abgerufen am 20. Februar 2019 (englisch).