Schematischer Aufbau einer Konzertharfe
Glissando Imprecision
fur zwei Harfen von Tudor Tulok
Die
Harfe
ist ein
Saiteninstrument
und gemaß der Tonproduktion ein
Zupfinstrument
. Unter den drei Grundtypen der Saiteninstrumente, die in der
Hornbostel-Sachs-Systematik
nach der Anordnung der Saiten auf dem Saitentrager in Harfen,
Zithern
und
Lauten
eingeteilt werden, ist die Harfe als ein zusammengesetztes Saiteninstrument definiert, bei dem die Saitenebene senkrecht zur
Resonanzdecke
verlauft. Die
Konzertharfe
als großte Vertreterin ihrer Art ist mit 175?190 cm Hohe und meist 34?42 kg Gewicht eines der großten und schwersten Orchesterinstrumente. Die Harfe ist seit etwa 3000 v. Chr. von Abbildungen aus
Mesopotamien
und
Agypten
bekannt. Der Spieler einer Harfe wird als
Harfenist
oder
Harfenspieler
(fruher auch
Harfenschlager
) bezeichnet.
[1]
Die Harfensaule bildet quasi das Ruckgrat des Instrumentes. Oben ist der Kopf, der kunstvoll verziert sein kann, unten der Fuß. Vom Kopf aus fuhrt der Hals zum Knie als Verbindung zum schrag nach unten verlaufenden Korpus, dem
Resonanzkorper
, der wiederum im Fuß endet.
Den oberen Teil des Resonanzkorpers bildet die Resonanzdecke, auf der sich die Bohrungen fur die Saiten befinden. Die Decke wird bei den Saitendurchfuhrungen oft durch eine Leiste an der Innen- oder Außenseite verstarkt. Die Stimmwirbel der Harfe befinden sich im Hals, je nach Typ der Harfe auch eine Mechanik. Diese Mechanik ist bei Pedalharfen uber Pedalstangen, die entweder in der Saule oder im Korpus verlaufen, mit den Pedalen im Fuß verbunden.
Bei den einfachsten Harfen ist jede Saite fur nur einen Ton zustandig. Bei der Hakenharfe lasst sich jede Saite mittels eines Hakens, haufig auch Halbtonklappe genannt, je nach Bedarf um einen
Halbton
hoherstimmen. Bei der Pedalharfe konnen mit einem Pedal alle gleichnamigen Tone des Instrumentes um einen Halbton erhoht werden, bei der Doppelpedalharfe um einen weiteren Halbton.
Der Ausdruck ?Konzertharfe“ bezeichnet heute immer eine Doppelpedalharfe (Grundstimmung
Ces-Dur
), mit der in allen
Tonarten
gespielt werden kann; die im alpenlandischen Raum gebrauchliche Bezeichnung ?Volksharfe“ bzw. ?Tiroler Volksharfe“ bezeichnet eine Einfachpedalharfe (Grundstimmung
Es-Dur
) fur Tonarten bis zu drei B und vier Kreuzen einschließlich
C-Dur
.
Siehe auch:
Spieltechnik der Harfe
.
Im 18. Jahrhundert wurden zur Einstellung der Tonarten Pedalharfen konstruiert, die noch heute in Gebrauch sind. Bei der Pedalharfe wird die Saitenverkurzung durch eine aufwendige Mechanik mit bis zu 2500 Bauteilen mittels Pedalen, also auch wahrend des Spielens, erreicht.
Ursprunglich war eine Pedalanordnung im Gebrauch, welche die Moglichkeit bot, den Ton einer Saite um einen Halbton hoher zu stimmen. Entsprechend dem Aufwand beim Bau der Harfen waren es wenige, haufig funf, spater sieben Pedale. Die ursprunglich von Hand zu drehenden Haken wurden spater mittels Zug-Seilen mit einem Pedal am unteren Teil des Resonanzkorpers der Harfe verbunden, um durch Treten dieses Pedals den Halbton zu erzeugen.
Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts waren ?Zugkruckenmechaniken“ weit verbreitet: Dieses waren mechanisierte Haken, welche die Saiten auf einen am Hals angebrachten Steg quer zur Saitenebene druckten. (Konstruktion Fa. Naderman Paris). Seltener war eine Mechanik mit mehreren drehbaren Haken. (Fa. Cosineau Paris).
Ende des 18. Jahrhunderts wurde die bei den heutigen Konzertharfen gebrauchliche Gabelscheibenmechanik entwickelt (Fa. Nadermann Paris und Fa. Erard London). Funktion: Eine drehbare Scheibe, deren Achse quer zum Hals angeordnet ist, war mit zwei kleinen Stiften versehen, zwischen denen die Saite verlauft. Tritt man das Pedal, so dreht sich die Scheibe und die zwei Stifte drucken die Saite so ab, dass sie verkurzt einen Halbton hoher klingt.
Die von den Pedalen betatigten Zugstangen wurden ausschließlich durch die Saule mit einer Umlenkung im Kopf der Verbindung zwischen Saule und Hals gefuhrt. Exotische Konstruktionen wie die Umstimmung der Saiten durch Dehnen mit drehbaren Wirbeln der Fa. Cosineau zur Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert konnten sich nicht durchsetzen. Die Einfach-Pedalharfen erreichen im Gegensatz zur Hakenharfe eine maßgebliche Erweiterung der innerhalb eines Musikstuckes erreichbaren Tonarten.
Tiroler Volksharfen
Eine besondere Art der Einfachpedalharfe ist die im spaten 19. Jahrhundert auftretende Tiroler Volksharfe oder Tiroler Liederharfe, die das erforderliche Umstimmen fur den typischen Tonartenwechsel der
Alpenlandischen Volksmusik
einfach durch Treten der Pedale ermoglicht. Sie wird mit nicht betatigten Pedalen in Es-Dur gestimmt und erreicht damit die
Tonarten
Es- bis E-Dur.
Vermutlich handelt es sich wegen der gebogenen Decke um eine Weiterentwicklung der
bohmischen Harfe
. Die Namensgebung leitet sich aus dem Verbreitungsgebiet des heutigen
Tirol
und
Sudtirol
ab. Es handelt sich dabei um eine recht einfache Konstruktion. Die statischen Teile des Halses inklusive der Lager fur die Umstimmvorrichtungen sind in Holz ausgefuhrt. Die Anordnung der Pedale war je nach Instrumentenmacher verschieden.
Die Instrumente des Harfenbauers Franz Bradl (1882?1963) aus Brixlegg verhalfen der noch heute gultigen Konstruktion zum Durchbruch. Beteiligt war maßgeblich die Volksharfenspielerin Berta Holler (1923?2014) aus
Vocklabruck
in Oberosterreich (Sinngemaßes Zitat:
Da habe ich den Holzkopfen erst einmal klarmachen mussen, dass die Pedale wie bei der Konzertharfe angeordnet werden mussen, damit sich die Harfe durchsetzt
).
Die von Franz Bradl nun nicht mehr verwendeten Drahthaken wurden noch lange vom Harfenbauer Kammel (
Schneizlreuth
, Oberbayern) weiterverwendet. Die von den bekannten Volksharfenbauern (Murnseer,
Kitzbuhel
, Petutschnigg,
Lienz
, Kroll, Zangerle, beide Tirol und Fischer,
Traunstein
in Oberbayern) noch gebauten Instrumente sind mit Gabelscheibenmechaniken ausgerustet. Das Konstruktionsmerkmal mit den Zugstangen im Resonanzboden und Umlenkung im Knie hat sich bei den Volksharfen erhalten. Diese Harfen zeichnen sich durch einen klaren Klang und ein kraftiges Knie aus.
-
Gabelscheiben einer modernen Volksharfe
-
Halbtonmechanik der Bradlharfe
-
Innenansicht der Halbtonmechanik
-
Innenansicht der Halbtonmechanik
Salvi
-Konzertharfe mit
Resonanzdecke
in Birnenform.
Zwei der ublichen sieben Doppelpedale
Am 2. Mai 1810 erhielt
Sebastien Erard
das Patent fur eine Harfe mit Drehscheibenmechanik und doppelter Auflosung, so dass man jedes Pedal um zwei statt nur einer Stufe treten konnte (kleines Bild). Dadurch wurde die Erhohung um je zwei
Halbtone
und somit einen
Ganzton
moglich. 3500 verkaufte Exemplare fuhrten zur Standardisierung der Harfe, die mit 45, 46 oder 47 Saiten bespannt ist und in dieser Form bis heute fast unverandert von den Konzertharfenbauern verwendet wird.
Die
Doppelpedalharfe
wurde so zur heute gebrauchlichen
Konzertharfe.
Sie hat 45 bis 47
Saiten
unterschiedlicher Lange (7 bis 150 cm), die
diatonisch
gestimmt sind, und umfasst einen Umfang von sechseinhalb
Oktaven
. Sie besitzt in der Regel sieben Pedale, eines fur jeden
Stammton
. Die Pedale sind durch Metallstangen oder -seile in der Saule der Harfe mit einem Zugmechanismus verbunden, der es mit Hilfe kleiner Gabeln erlaubt, wahrend des Spielens die Lange des vibrierenden Teils der Saiten zu verkurzen und ihre Stimmung um einen halben oder ganzen Ton zu erhohen. In der obersten der drei moglichen Positionen (Anfangsposition) hat jeder Ton ein
♭
-Vorzeichen.
In den 1970er Jahren gelangten Modelle mit verbreiterten Resonanzdecken im Bassbereich auf den Markt. Die Decke erscheint in der Vorderansicht in der Birnenform (großes Bild). Die Doppelpedalharfe erweiterte die Spielmoglichkeiten sehr, zum Beispiel das Spielen eines
Glissandos
uber einen verminderten
Septakkord
. Nach der
Arpa Tripla
(
Arpa Doppia
) des 17. Jahrhunderts wurde die Harfe im 19. Jahrhundert als Doppelpedalharfe erneut fester Bestandteil ?Klassischer Orchester“.
Doppelpedalharfen erreichen aufgrund der Standardisierung relativ einheitlich eine Hohe von bis 1,80 Meter und ein Gewicht bis zu 50 Kilogramm, das je nach Ausfuhrung und verwendeten Materialien auch deutlich geringer sein kann. Die Saitenspannung erhohte sich mit der Weiterentwicklung der Konzertharfe bedeutend und erfordert von Harfenisten ausgepragtes Training zur Kraftbildung, dem Hornhautaufbau und spezielle Techniken zur Entspannung der Hand (nach unten zeigende Finger zupfen die Saiten und werden zum Entspannen der Hand in die Handflache artikuliert).
Haken oder Halbtonklappen einer modernen irischen Harfe
Eine
Hakenharfe
ist ein nach ihren Umstimmvorrichtungen bezeichneter Harfentyp. Die Harfe ist traditionell ein
diatonisches
Instrument, das auf eine Tonart eingestimmt ist (in der Regel
Es-Dur
). Vermutlich mit der Verbreitung der temperierten Stimmung und um schnell die Tonart wechseln zu konnen, wurden ab dem 18. Jahrhundert unterhalb der Stimmwirbel, am oberen Ende der Saite, Haken angebracht, mit denen die einzelnen Saiten verkurzt und so um jeweils einen
Halbton
erhoht werden konnten. Es mussen nicht alle Saiten mit Haken versehen sein. Meistens wird die Tonart vor jedem Stuck eingestellt. Es ist jedoch auch moglich, wahrend des Spiels ublicherweise mit der linken Hand die Umstimmer zu bedienen.
Hakenharfen sind seit dem 17. Jahrhundert bekannt, Anfang des 18. Jahrhunderts wurden Pedalmechaniken zur Steuerung der Haken entwickelt. In der Kunstmusik waren Hakenharfen neben den Pedalharfen noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein verbreitet. Am bekanntesten sind jedoch jene Instrumente, die haufig von bohmischen und thuringischen Wandermusikern bis in die 1950er Jahre hinein gespielt wurden. Diese werden darum als Bohmische Hakenharfen bezeichnet und sind heute wieder in
Franken
und
Suddeutschland
beliebt. Außerdem sind viele der so genannten irischen oder keltischen Harfen Hakenharfen. Bei heute ublichen Hakenharfen sind die ursprunglichen einfachen Haken durch Halbtonklappen (im Englischen ?Levers“) ersetzt, der Name ist jedoch geblieben. Die heute gebrauchlichen Typen sind die
Keltische Harfe
und die
Bohmische Harfe
.
Paraguayische
Harfe
Andenharfe mit breitem Resonanzkorper und 34 Saiten
Die in Spanien weit verbreitete
Arpa Dos Ordenes
wurde im 16. Jahrhundert durch die Spanier in
Lateinamerika
eingefuhrt ? sie war damals in Europa ein Modeinstrument. Das Instrument verlor im Lauf seiner Entwicklung die
pentatonische
Saitenreihe und ist heute ein
diatonisches
Instrument ohne Umstimmvorrichtungen und mit Nylonsaiten bespannt. Die Harfe ist heute in Sudamerika weit verbreitet und Harfenmusik ist Teil der
Folklore
in verschiedenen Landern Lateinamerikas.
Besondere Beliebtheit genießt dieses Instrument in
Paraguay
und in
Venezuela
. Die typische Paraguay-Harfe hat 36 Saiten und ist etwa 150 cm hoch, der Abstand zwischen den Saiten betragt etwa einen Zentimeter. Die Schalloffnungen befinden sich auf der Ruckseite des Instrumentes. Die venezolanische
Arpa llanera
ist großer, durchschnittlich etwa 160 cm, hat 32 Saiten, die Saitenabstande betragen 1,4 cm und die Schalloffnungen befinden sich auf der Vorderseite des Instrumentes, auf dem Resonanzboden. Die
Arpa llanera
wird ebenso in
Kolumbien
gespielt. Die in den
Anden
, den Bergen Sudamerikas, verbreitete Harfe besitzt einen sehr breiten Resonanzkorper und hat 34 Saiten. Seit mehr als 150 Jahren ist die
Andenharfe
zu einem traditionellen Instrument von
Quechuasprachigen
geworden.
[2]
Die
peruanische
Harfe ist besonders popular in der Region
Ayacucho
. In
Chile
,
Ecuador
und
Bolivien
ist die Harfe nicht unbekannt, verliert aber mehr und mehr an Bedeutung. In
Mexiko
ist die Harfe im Bundesstaat
Veracruz
popular, sie wird dort aber mehr zur Begleitung und nicht als Soloinstrument benutzt. Das beruhmte Lied
La Bamba
ist ursprunglich ein Harfenlied.
Entsprechend der weiten Verbreitung dieses Instruments in Sudamerika gibt es viele Musikstile, die mit der Harfe gespielt werden konnen (z. B. der
Joropo
). Venezolanisch-kolumbianische Harfenmusik ist sehr rhythmisch und vom heißen Klima der tropischen Tiefebenen beeinflusst. Traditionell wird dazu auch gesungen (zum Teil
Sprechgesang
) und die Harfe wird vom
Cuatro
, den
Maracas
(Rumbakugeln) und von einem Bass begleitet. Paraguayische Harfenmusik ist melodios und melancholisch. Sie wird mit
Gitarre
,
Requinto
(Kleine Gitarre) und manchmal mit
Akkordeon
begleitet. Andenmusik fußt auf der
Pentatonik
der
Inkas
, ist oft schwermutig und wird von Europaern mit ihrem standigen Wechsel von
Moll
- zu
Dur
-Klangen als leicht traurig empfunden.
Sudamerikanische Harfen werden mit den Fingernageln gezupft.
Im 15. oder 16. Jahrhundert entstanden in
Spanien
und
Italien
chromatische Harfen
, insbesondere die
Doppelharfen
. Es sind heute folgende Typen der
chromatischen
Harfe bekannt:
Die Experimentierkunst im Harfenbau ist nicht erloschen, so waren 1999 auf dem Harfenkongress in
Prag
moderne Formen der Pleyelharfe und kleinere chromatische Harfen mit zwolf Saiten in einer Reihe zu sehen. Diese Modelle waren in der
Renaissance
und im
Barock
in kleinerem Umfang bereits vorhanden, ohne jemals weitere Verbreitung zu finden.
Um 1900 erfuhr die chromatische Harfe eine kurze Wiederbelebung. Aufgrund der immer chromatischer werdenden Kunstmusik hielten manche die diatonische Pedalharfe fur unbefriedigend bzw. nicht geeignet fur die moderne Musik. Der bekannteste Komponist, der fur dieses Instrument komponiert hat, war
Claude Debussy
.
Ausgehend von einer im 19. Jahrhundert bereits vorhandenen Konstruktion einer chromatischen Harfe unternahm der Harfenist Christoph Pampuch Ende des 20. Jahrhunderts einen neuen Anlauf. Auf Basis der bohmischen Harfe entwickelte er ein doppelreihig uberkreuztes, dazu handliches Modell, das mit eigener Spieltechnik und ohne fehleranfallige Mechanik das gesamte chromatische Spektrum bietet. Das Besondere ist die Stimmung des Instruments, dabei werden die Saiten einer Saitenreihe immer in großen
Sekunden
(analog dem Salzburger
Hackbrett
) gestimmt, also in zwei parallelen Ganztonleitern. Damit gehort diese Harfe zu den
6-plus-6-Instrumenten
. Der Musiker oder die Musikerin greift fur einen
Dreiklang
zwei Saiten aus einer Ebene und eine Saite aus der zweiten Ebene. Seit 2005 gibt es jahrlich ein Treffen der chromatischen Harfenspieler.
Das Wort
Harfe
(
ahd
.
harpha, harpfa, harfa, harf
,
mhd
.
harpfe, harpfe, herpfe
) ist
gemeingermanisches
Wortgut (germ.
*harp?
) und findet sich ahnlich in allen west- und nordgermanischen Sprachen (
aengl
.
hearpe
,
asachs
.
harpa
, nl. und engl.
harp
;
anord
. und schwed.
harpa
, dan. und norw.
harpe
);
[3]
[4]
im
Gotischen
ist es nicht bezeugt. Zur Zeit der
Volkerwanderung
gelangte das Wort ins
Spatlateinische
(
arpa
, auch
harpa
),
[5]
insbesondere wohl auch in die
vulgarlateinische
Soldatensprache
[6]
und findet sich so von jeher auch in allen
romanischen Sprachen
(
span.
,
kat.
,
prov.
und
it.
arpa
,
port.
harpa
,
frz.
harpe
,
rum.
harp?
), was
Adelung
noch zu der irrigen Vermutung verleitete, dass das Instrument samt seinem Namen aus dem romanischen Raum nach Deutschland gelangt sei.
[7]
Dass das Gegenteil der Fall ist, zeigt sich bei
Venantius Fortunatus
, der die
harpa
in einem der altesten schriftlichen Nachweise uberhaupt (um 580) als ?
barbarisches
“ Instrument glossiert und sie der romischen
Lyra
und der britannischen, also keltischen,
Chrotta
gegenuberstellt.
[8]
[9]
Die
slawischen Sprachen
entlehnten das Wort sehr viel spater aus dem Deutschen. Im Polnischen etwa ist
harfa
erst 1532 nachgewiesen,
[10]
russisch арфа sogar erst 1698.
[11]
Die weitere Herleitung ist umstritten. Die Annahme, dass es sich bei dem germanischen Wort um eine sehr alte Entlehnung oder einen Urverwandten von
griechisch
?ρπη (
arp?
) ?Sichel,
Harpe
“ handelt und sich folglich der Name des Instruments seiner Form verdankt,
[12]
findet nur noch wenige Unterstutzer.
[13]
Eine andere Hypothese, die ausfuhrlich von
Rudolf Meringer
und
Hans Sperber
ausgearbeitet wurde
[14]
und derzeit in der von
Elmar Seebold
verantworteten aktuellen Auflage des
Etymologischen Worterbuchs der deutschen Sprache
als einzige in Erwagung gezogen wird,
[15]
fuhrt die Bezeichnung auf die Art der Klangerzeugung zuruck und deutet sie als Substantivierung eines germ. Verbs
*harpon
?zupfen“, das in dieser Bedeutung zwar in keiner Sprache nachgewiesen ist, sich aber mit
islandisch
harpa
?kneifen“ sowie mit dem aus dem
Altfrankischen
stammenden
altfranzosischen
harper
?greifen, packen“ sowie
harpe
?Kralle, Klaue“ (vgl.
Harpune
) vergleichen lasst, ferner vielleicht auch mit lateinisch
carpere
?pflucken“, das seinerseits wohl mit englisch
harvest
?Erntezeit“ und deutsch
Herbst
urverwandt ist.
[16]
Julius Pokorny
wiederum ordnete die Harfe (nicht aber die griechische ?ρπη) ob ihrer ?hakigen Krummung“ einer
indogermanischen
Wurzel
*(s)kerb, *(s)kreb
?(sich) krummen, drehen“ zu, die demnach auch so unterschiedlichen Wortern wie
schrumpfen, shrimp, Krampf
und
Korb
zugrunde liegt.
[17]
Wolfgang Pfeifer
griff in seinem
Etymologischen Worterbuch des Deutschen
diese Herleitung wieder auf, erganzte sie aber um das Benennungsmotiv der ?beim Zupfen gekrummten Finger“.
[18]
Ferner wurde verschiedentlich uber einen vor- oder außerindogermanischen Ursprung spekuliert. So griff in jungerer Zeit
Theo Vennemann
die 1907/1911 von
Hermann Moller
angestellte (und in der Zwischenzeit universell ignorierte) Vermutung
[19]
auf, dass das Wort
semitischen
Ursprungs sei, und mutmaßte ferner, dass ?das Wort mit der Sache“, also dem Instrument, in der
Kupfer-
oder
Bronzezeit
aus dem
Alten Orient
nach Westeuropa gelangte.
[20]
Vennemans Theorien uber die fur diesen Kulturtransfer angeblich verantwortlichen ?
atlantischen Semitiden
“ sind in der Fachwelt allerdings ebenso wie seine Uberlegungen zu einer einst in ganz Europa verbreiteten ?
vaskonischen
“ Sprachfamilie hochst umstritten, seine Herleitung der
Harfe
halt aber etwa das
Etymologisch woordenboek van het Nederlands
fur wahrscheinlich.
[21]
Szene mit Tanzerinnen und Harfenspielerin (Aus der Grabkammer des Nacht,
Theben
, um 1422?1411 v. Chr.)
Konig
David
mit
kinnor
(Folie 20v aus dem
Egbert-Psalter
, um 980 n. Chr.). Die Abbildung der sogenannten Davidsharfe zeigt eine
Leier
.
Es gibt Hinweise auf Harfen im
Alten Agypten
und in
Mesopotamien
seit etwa 3000 v. Chr. Die ersten Abbildungen von Harfen erscheinen in Mesopotamien und im
Alten Agypten
etwa 2400 v. Chr. zeitgleich mit
Leiern
. Die alteste, mit Namen und auf einer Abbildung aus dieser Zeit bekannte agyptische Harfenspielerin hieß Hekenu. Sie begleitete die damals offensichtlich beruhmteste Sangerin Iti. Aus der
Kykladenkultur
haben sich zehn Marmorstatuetten mit sitzenden Harfenspielern erhalten, die von ca. 2600 bis 2200 v. Chr. entstanden sind.
Diese altesten Harfen waren Bogenharfen, denen um 1900 v. Chr. ein neuer Harfentyp nachfolgte, dessen Hals in einem rechten oder spitzen Winkel vom Resonanzkorper abging. Die Zahl der Saiten konnte bei den Winkelharfen deutlich erhoht werden. Unterschieden werden nach der Spielposition des Resonanzkorpers große vertikale Winkelharfen mit teilweise mehr als 20 Saiten von kleineren horizontalen Winkelharfen mit weniger als zehn Saiten. Letztere haben sich im 1. Jahrtausend v. Chr. von den
Assyrern
nach
Zentralasien
verbreitet. Ein gut erhaltenes Fundstuck aus dem
Altai
ist die in das 4. Jahrhundert v. Chr. datierte
Pasyryk-Harfe
. Die vertikalen Winkelharfen
Tschang
wurden im Iran bis zum 17. Jahrhundert und in der osmanischen Turkei bis Anfang 18. Jahrhundert gespielt. Den Nachteil der Winkelharfe, ihre geringe Stabilitat und schlechte Stimmbarkeit, uberwand die Erfindung der dreiseitig geschlossenen Rahmenharfe, die in Europa um 800 n. Chr. erfolgte. Hiervon sind alle modernen Konzertharfen abgeleitet.
Archaologen aus Innsbruck haben eine 2000 Jahre alte, geschnitzte Winkelharfe rekonstruiert. Der aus Hirschgeweih geschnitzte Arm der Harfe ist reich verziert und tragt eine rhatische Inschrift. Im nordlichen Europa (im Gegensatz zum
Mittelmeerraum
) erscheinen die ersten Abbildungen von Harfen in
Irland
um etwa 800 n. Chr. Diese Harfen bilden mit ihren Charakteristika (geschwungener Hals, abgeschragte Saitenanordnung) den Grundtypus aller heute weltweit gebrauchlichen Harfen.
Das ?biblische Harfe“ oder ?Davidsharfe“ und im Alten Testament
kinnor
genannte Saiteninstrument, mit dem der
hebraische
Konig
David
die bosen Geister seines Vorgangers
Saul
austrieb, war wahrscheinlich eine Leier. Mit den Bezeichnungen
hearpan
in der mittelalterlichen angelsachsischen Dichtung
Beowulf
(8. Jahrhundert) und
harpha
in der deutschen Literatur des 9. Jahrhunderts war eine Harfe, eine Leier oder allgemein ein Saiteninstrument gemeint.
Vier der altesten Harfen haben sich in Europa erhalten: Es sind dies drei
keltische Harfen
aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. Bei der nach dem legendaren irischen Hochkonig
Brian Boru
benannten Harfe mit einem aus einem einzigen Stamm
gebeitelten
Korpus
kam als Resonanzholz
Weidenholz
zum Einsatz. Diese Harfe kann in der
Bibliothek des Trinity College
in
Dublin
besichtigt werden. Die
Brian-Boru-Harfe
ist im
Wappen der Republik Irland
sowie auf der Flagge der irischen Provinz Leinster zu sehen, auch ist sie auf den
irischen Euromunzen
abgebildet, und war davor lange auf allen Munzen des
irischen Pfundes
zu sehen. Zwei sehr ahnliche Exemplare, die
Queen Mary Harp
und die
Lamont Harp
befinden sich im Museum of Scotland in
Edinburgh
. Eine vierte Harfe, die sogenannte ?Wolkenstein-Harfe“ oder ?Eisenach-Harfe“ vom Ende des 14./Anfang des 15. Jahrhunderts, kann man heute auf der
Wartburg
in
Eisenach
besichtigen.
In Mitteleuropa tritt die Harfe als einfache Schoßharfe auf (oft auch als Bogenharfe). Schnarrer waren weit verbreitet, das Instrument klingt dadurch kraftiger. Der schnarrende Klang deutet auf die Verwendung als Begleit- und Rhythmusinstrument hin. Die Pedalharfe mit am Harfenfuß angebrachten Pedalen wurde 1720 von
Jacob Hochbrucker
erfunden.
Die drei folgenden Bilder zeigen Details einer ?Gotischen“ Harfe frei nach der Harfe MI59 im
Germanischen Nationalmuseum
Nurnberg.
-
Nachbau Doppelharfe
-
?Gotische“ Harfe
-
Saiten ohne Stegstifte
-
Schnarrer einer Harfe
-
Jazz-Harfenistin
Hersteller von Konzertharfen sind unter anderem:
Speziell fur Einfachpedalharfen (Tiroler Volksharfen) sind erwahnenswert:
- Antike griechische
Harfen:
Pektis,
Sambyke
(Hackbrett oder Harfe),
Trigonon,
Psalterium
(Leier oder Harfe),
Magadis
und
Nablium
- Adungu
, Bogenharfe im Norden Ugandas
- Ardin
, mauretanische Winkelharfe
- Bin-baja
, seltene Bogenharfe in Zentralindien
- Bolon
, fruhe Form einer westafrikanischen Stegharfe
- Ennanga
, Bogenharfe im Suden Ugandas
- Konghou
, historische chinesische Winkelharfe
- Kora
, westafrikanische Stegharfe
- Kugo
, historische japanische Winkelharfe
- Kundi
, Bogenharfe in Zentralafrika
- Saung gauk
, burmesische Bogenharfe
- Seperewa
,
westafrikanische Stegharfe
- Tschangi
, georgische Winkelharfe
- Waji
, afghanische Bogenharfe
- Yazh
, historische Bogenharfe der Tamilen in Sudindien
Nach der Klassifikation der
Hornbostel-Sachs-Systematik
ist eine Harfe jedes Saiteninstrument, dessen Saitenebene rechtwinklig von der Decke des Resonanzkorpers bis zu einem entfernten Saitentrager verlauft. Demnach gehort auch der am Beginn der Entwicklung der Saiteninstrumente stehende afrikanische
Erdbogen
in diese Gruppe.
Instrumentenkundlich keine Harfen sind die ?Harfe“ genannte
Aolsharfe
(Windharfe),
Laserharfe
und
Kinderharfe
.
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[abgerufen am 21. November 2023] Lexikoneintrag ?Harfenist, der“).
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H, I, J
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474?476
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woerterbuchnetz.de
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Hier sind außerdem die althochdeutschen Nebenformen
harapha, haraffa, harffa
verzeichnet.
- ↑
Lemma
harpa (arfa)
im
Lexicon musicum Latinum medii aevi.
Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Munchen 1991?, Band 2, Sp. 180.
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Ernst Gamillscheg
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Romania Germanica.
Zweite, neu bearbeitete Auflage, De Gruyter Berlin, 1970, Band 1 (
Zu den altesten Beruhrungen zwischen Romern und Germanen; Die Franken
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Artikel
Die Harfe
in:
Grammatisch-kritisches Worterbuch der Hochdeutschen Mundart.
Wien 1811 (erste Auflage: Leipzig 1774?1776), Band II, Sp. 972 f.
- ↑
Ven. Fort. carm. 7, 8, 63: ?Romanusque Lyra, plaudet tibi Barbarus Harpa, Græcus Achilliaca, Crotta Britanna canat“
- ↑
Curt Sachs
:
The History of Musical Instruments.
Dover, Mineola NY 2006 (Erstausgabe: Norton, New York 1940), S. 261 f.
- ↑
Artikel
harfa
in: Andrzej de Vincenz, Gerd Hentschel:
Worterbuch der deutschen Lehnworter in der polnischen Schrift- und Standardsprache.
Online-Publikation des Bundesinstituts fur Kultur und Geschichte der Deutschen im ostlichen Europa im BIS-Verlag der Universitat Oldenburg, 2010.
- ↑
S. die Anmerkung von Oleg Nikolajewitsch Trubatschow in
Этимологический словарь русского языка.
Band 1, Moskau 1964, Sp. 90 (kommentierte Ubersetzung von
Max Vasmer
:
Russisches etymologisches Worterbuch.
Drei Bande, Heidelberg 1953?1958).
- ↑
So etwa bei
Johann Leonhard Frisch
:
Teutsch-Lateinisches Worter-Buch.
Berlin 1741, S. 417, s. v.
harpfe
nachzulesen.
- ↑
Mit Vorbehalt etwa
Gustav Korting
:
Lateinisch-Romanisches Worterbuch.
Ferdinand Schoningh, Paderborn 1907, Sp. 508.
- ↑
Rudolf Meringer:
Worter und Sachen
.
In:
Indogermanische Forschungen.
Band 16, S. 101?196, zur Harfe S. 128 ff.; Hans Sperber:
Deutsch Harfe und seine Verwandten
. In:
Worter und Sachen. Kulturhistorische Zeitschrift fur Sprach- und Sachforschung.
Band 3, 1909, S. 68?77.
- ↑
Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache.
Bearbeitet von
Elmar Seebold
. 25., aktualisierte und erweiterte Auflage. De Gruyter, Berlin und New York 2012, s. v.
Harfe
und
Harpune
.
- ↑
Vgl.
Anatoly Liberman
:
Make Music and Carpe Diem
, online veroffentlicht am 16. Mai 2007.
- ↑
Julius Pokorny
:
Indogermanisches etymologisches Worterbuch.
Francke, Bern und Munchen 1959, S. 948 f.
- ↑
Etymologisches Worterbuch des Deutschen.
Erarbeitet unter der Leitung von
Wolfgang Pfeifer
. 2. Auflage. Akademie, Berlin 1993, s. v.
Harfe
.
- ↑
Hermann Moller
:
Semitisch und Indogermanisch.
Hagerup, Kopenhagen 1907, S. 231 f.
- ↑
Theo Venneman:
Europa Vasconica ? Europa Semitica.
De Gruyter, Berlin 2003, S. 258 f.
- ↑
Lemma
harp
, in: Marlies Philippa et al.:
Etymologisch Woordenboek van het Nederlands.
Amsterdam University Press, Amsterdam 2003?2009.
- ↑
Beschreibung und Kritiken
(italienisch, spanisch, englisch)
- ↑
Beschreibung auf Verlags-Website
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Buchbeschrieb
auf der Website der
Schola Cantorum Basiliensis