Hochstpersonliche Rechte
sind in der
Rechtswissenschaft
subjektive Rechte
, die einer bestimmten
Person
zustehen und so eng mit der Person des Berechtigten verbunden sind, dass sie ausschließlich fur diese ihre Bestimmung und ihren Sinn haben.
Hochstpersonliche Rechte (
lateinisch
iura personalissima
) sind eine Unterart der subjektiven Rechte. Bei letzteren besitzt ein
Rechtssubjekt
die rechtlich gewahrleistete konkrete Befugnis, etwas zu
tun
(z. B. das
Freiheitsrecht
der
Meinungsfreiheit
auszuuben;
Art. 5
GG
), zu
dulden
(der
Mieter
muss samtliche Maßnahmen dulden, die zur
Instandhaltung
oder
Instandsetzung
der Mietsache erforderlich sind;
§ 555a
BGB
), zu
unterlassen
(
Eigentumsbeeintrachtigung
des fremden
Eigentums
;
§ 1004
BGB) oder zu
verlangen
(eine
Kaufpreiszahlung
zu verlangen). Die meisten subjektiven Rechte ? wie etwa eine
Forderung
? sind dadurch gekennzeichnet, dass sie von ihrem Rechtsinhalt her nicht sehr eng mit ihrem
Rechtsinhaber
(hier dem
Glaubiger
) verbunden sind, so dass der Glaubiger sie an andere Rechtssubjekte ubertragen kann, ohne dass eine Inhaltsanderung erfolgt; sie sind von der Person abtrennbar.
Hochstpersonliche Rechte sind dagegen Rechte, die so eng mit der Person ihres
Rechtstragers
verknupft sind, dass sie nicht
ubertragen
werden konnen und deshalb mit dem Tod des Berechtigten erloschen.
[1]
Hochstpersonlichkeit kann daraus resultieren, dass die Ausubung von subjektiven Rechten sehr eng mit der personlichen Beziehung des Berechtigten zu dem Verpflichteten verbunden ist.
[2]
Den hochstpersonlichen Rechten ist eigen, dass sie so eng mit der Person des Berechtigten oder Verpflichteten verbunden sind, dass sie nur von diesem in Anspruch genommen oder erfullt werden konnen.
[3]
In den verschiedenen
Rechtsgebieten
gibt es eine Vielzahl hochstpersonlicher Rechte.
Zu den hochstpersonlichen Rechten des
Privatrechts
gehoren vor allem:
- Die
Arbeitspflicht
des
Arbeitnehmers
ist nach
§ 613
BGB regelmaßig an die Person des Arbeitnehmers gebunden, so dass er in Person zu leisten hat; das
Arbeitsverhaltnis
endet mit dem Tod des Arbeitnehmers.
- Der
Auftragnehmer
muss den
Auftrag
personlich ausfuhren und darf ihn im Regelfall nicht einem
Dritten
ubertragen (
§ 664
Abs. 1 BGB).
- Dienstbarkeiten
:
Grunddienstbarkeit
(
§ 1018
ff. BGB),
Nießbrauch
(
§ 1030
ff. BGB),
beschrankte personliche Dienstbarkeit
(
§ 1090
ff. BGB) und
Wohnungsrecht
(
§ 1093
BGB) sind einer bestimmten Person als
Nutzungsrechte
eingeraumt und konnen nur von ihr wahrgenommen werden.
- Erbrecht
: Hochstpersonliche Rechte des Erblassers (wie etwa dessen
Vereinsmitgliedschaft
) sind an seine Person gebunden und nicht vererbbar. Der Einsichtsanspruch in die
Krankenakte
des
Erblassers
geht dagegen auf die
Erben
uber.
[4]
- Familienrechte
(wie das
Namensrecht
gemaß
§ 12
BGB, die
Eheschließung
gemaß
§ 1311
, der
Zugewinnausgleich
gemaß
§ 1378
BGB oder der
Pflichtteil
nach
§ 2303
BGB) sind hochstpersonlicher Natur.
[5]
Das gilt auch fur das hochstpersonliche Rechtsgeschaft der Eheschließung (
§ 1310
Abs. 1 BGB).
- Gesellschaftsrecht
: Gesellschafteranspruche gegeneinander in der
Gesellschaft burgerlichen Rechts
(
§ 717
BGB) sind hochstpersonlicher Natur. Das trifft auch auf die Ausubung der
Geschaftsfuhrung
einer
GmbH
oder bei
Vorstandsmitgliedern
einer
AG
zu.
- Grundstucksrecht
: Eine zugunsten einer bestimmten Person bestehende
Reallast
kann gemaß
§ 1111
Abs. 2 BGB von dieser nicht
veraußert
oder
belastet
werden, sie ist an den Begunstigten gebunden.
- Mitgliedschaftsrechte
: Die Ausubung der Mitgliedschaftsrechte im
Verein
kann vom Vereinsmitglied nicht einem anderen uberlassen werden (
§ 38
BGB). Im Gegensatz hierzu wurde die hochstpersonliche Natur eines
Facebook
-Accounts vom
Bundesgerichtshof
(BGH) verneint.
[6]
- Rechte an den personlichen
Rechtsgutern
des
§ 823
Abs. 1 BGB (
Leben
,
Korper
,
Gesundheit
,
Freiheit
):
[7]
Diese
allgemeinen Personlichkeitsrechte
konnen nur von der sie innehabenden Person wahrgenommen werden.
- Die
Testamentserrichtung
durch den
Erblasser
kann nur personlich erfolgen (
§ 2064
BGB).
- Der
Unterhaltsanspruch
nach
Scheidung
der Ehe ist hochstpersonlich und erlischt mit der Wiederheirat, der Begrundung einer
Lebenspartnerschaft
oder dem Tode des Berechtigten (
§ 1586
BGB,
§ 1615
BGB). Anspruche auf die Gewahrung von
Unterhalt
sind nur so lange zu erfullen, wie der Unterhaltsberechtigte lebt (
§ 1568
BGB,
§ 1615
BGB).
- Unterlassungsanspruch
: Bereits das
Reichsgericht
(RG) stufte den Unterlassungsanspruch im Juni 1935 als hochstpersonliches Recht ein, weshalb er als solcher unubertragbar ist.
[8]
- Das
Urheberrecht
ist als hochstpersonliches Recht nicht ubertragbar, außer im Wege der
Verfugung von Todes wegen
oder an
Miterben
im Wege der
Erbauseinandersetzung
(
§ 29
Abs. 1 UrhG). Eine Ausnahme bildet das
Nutzungsrecht
hieraus. Ubertragbar sind ? trotz Hochstpersonlichkeit ?
Patente
und
Lizenzen
(
§ 15
PatG
),
Marken
(
§ 27
Abs. 1
MarkenG
) sowie
Geschmacks-
und
Gebrauchsmuster
(§
§ 29
Designgesetz
,
§ 22
GebrMG
), nicht jedoch das
Erfinderpersonlichkeitsrecht
.
- Der Anspruch auf
Urlaub
kann nur dem Arbeitnehmer durch Freistellung von dessen (hochstpersonlicher) Arbeitspflicht gewahrt werden, Inhalt des Urlaubsanspruchs ist deshalb nach §
§ 1
,
§ 3
BUrlG
die Beseitigung der Arbeitspflicht fur die Dauer der Urlaubszeit.
[9]
Allerdings geht der bereits entstandene Urlaubsabgeltungsanspruch als reiner Geldanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers gemaß
§ 1922
BGB auf die Erben uber.
[10]
- Das
Vorkaufsrecht
im
Schuldrecht
aus
§ 463
BGB soll den Interessen eines Einzelnen dienen und daher auch regelmaßig von seiner Person nicht ablosbar sein.
[11]
Diese Rechte sind einer bestimmten Person eingeraumt und konnen nur von dieser wahrgenommen werden.
Im
Offentlichen Recht
sind hochstpersonliche subjektive offentliche Rechte typisch fur das
Sozialrecht
. Beispielsweise endet der Anspruch auf eine
Rente
aus der
Gesetzlichen Rentenversicherung
mit dem Tod des Versicherten (
§ 102
Abs. 5
SGB VI
). Renten aus der
Gesetzlichen Unfallversicherung
an Hinterbliebene werden bis zu deren Tod geleistet (
§ 73
Abs. 6 SGB VI). Diese Anspruche sichern die Existenz des Einzelnen und konnen daher nicht vererbt werden. Eine besondere praktische Bedeutung hat die personliche Meldepflicht von
Arbeitslosen
, die einen Anspruch auf
Arbeitslosengeld
geltend machen. Sie mussen sich personlich bei der
Behorde
arbeitslos melden (
§ 141
SGB III
).
Verfassungsrechtlich
sind vor allem die
Grundrechte
als hochstpersonliche Rechte ausgestaltet. Nur der jeweilige Grundrechtstrager kann sich daher gegenuber den Grundrechtsadressaten auf seine jeweilige grundrechtlich verburgte Rechtsposition berufen.
[12]
Die Grundrechtstragerschaft ?durfte mit der Befruchtung der Eizelle beginnen“,
[13]
sie endet grundsatzlich mit dem Tod.
[14]
So steht das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung
des
Art. 2
Abs. 1 GG nur dem Grundrechtstrager zu, er alleine darf etwa das
Recht am eigenen Bild
geltend machen. Sieht er sein Grundrecht verletzt, kann er hiergegen
Verfassungsbeschwerde
erheben. Wer die Verletzung eines Grundrechts in einer Verfassungsbeschwerde geltend macht, muss davon unmittelbar und selbst betroffen sein. Das Verfassungsbeschwerdeverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass es ausschließlich der Durchsetzung bestimmter, subjektiver hochstpersonlicher Rechte des Beschwerdefuhrers dient.
[15]
Ob die
Menschenwurde
auch uber den Tod des Betroffenen hinaus geschutzt sei, ist im Einzelnen umstritten.
[13]
Zu den hochstpersonlichen offentlichen Rechten zahlt insbesondere auch das
Wahlrecht
;
[16]
die Staatsburger mussen ihre
Stimme
selbst abgeben (aktives Wahlrecht,
§ 14
BWahlG), und sie konnen auch ihr Recht, sich zur Wahl zu stellen (passives Wahlrecht,
§ 15
BWahlG) ebenfalls nur selbst wahrnehmen. Weder die Wahler noch die Gewahlten konnen sich bei der Ausubung ihrer Rechte vertreten lassen.
Dem
materiellen Recht
folgt das
Verfahrensrecht
. Hochstpersonliche Anspruche mussen von dem Rechtstrager selbst im
Verwaltungsverfahren
oder im
Gerichtsprozess
geltend gemacht werden (
Prozessfuhrungsbefugnis
). Insbesondere eine gewillkurte
Prozessstandschaft
ist bei hochstpersonlichen Anspruchen und Rechten ausgeschlossen, weil sie nicht ubertragbar sind.
Von der hochstpersonlichen Geltendmachung ist die Vertretung im Verfahren zu unterscheiden. Im ersten Fall geht es um die Stellung als
Partei
im Verfahren, im zweiten darum, wer tatsachlich im Prozess oder im Verwaltungsverfahren fur den Klager oder Antragsteller handelt. Der Betroffene kann sich deshalb beispielsweise durch einen
Rechtsanwalt
vertreten lassen.
Hochstpersonliche Rechte sind so eng mit einer bestimmten Person verknupft, dass nur diese sie als Rechtstrager geltend machen kann. Sie verbleiben bei dieser Person bis zu deren Tod. Diese Rechte sind daher weder
abtretbar
,
ubertragbar
,
vererblich
,
[17]
pfandbar
noch
verpfandbar
; dies ergibt sich aus den §
§ 399
,
§ 400
BGB und
§ 851
Abs. 1 ZPO. Sie unterfallen daher nicht dem Begriff des
Rechtsobjekts
.
[18]
Hochstpersonliche Rechte sind auch fur eine
Stellvertretung
nicht zuganglich, sondern mussen durch den Rechtstrager selbst ausgeubt werden. Das ist bei der Eheschließung besonders einsichtig. Auch die stellvertretende Ausubung hochstpersonlicher Rechte durch die
Vertretungsmacht
des
gesetzlichen Vertreters
ist nicht moglich.
Das
Schweizer
Zivilrecht unterscheidet unter anderem zwischen urteilsfahigen und urteilsunfahigen Personen. Urteilsfahig im Sinne des Art. 16
ZGB
ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Storung, Rausch oder ahnlicher Zustande die Fahigkeit mangelt, vernunftgemaß zu handeln. Urteilsfahige, aber
handlungsunfahige
Personen uben hochstpersonliche Rechte selbststandig aus, fur
urteilsunfahige
Personen handelt der gesetzliche Vertreter, sofern nicht ein Recht so eng mit der Personlichkeit verbunden ist, dass jede Vertretung ausgeschlossen ist (Art. 19c ZGB). Aus diesem Grunde unterscheidet in der Schweiz die Rechtswissenschaft zwischen absolut und relativ hochstpersonlichen Rechten.
[19]
Absolute sind besonders eng mit der Personlichkeit des Rechtstragers verbunden und fur eine Stellvertretung nicht zuganglich, sondern mussen durch den Rechtstrager ausgeubt werden. Relative lassen dagegen bei Urteilsunfahigen eine Stellvertretung zu.
[20]
Die familienrechtliche Anfechtungsklage stellt nach Art. 256 ZGB ein hochstpersonliches Rechtsgeschaft dar.
[21]
In
Osterreich
ist die Verfugung uber die dem hochstpersonlichen Lebensbereich zugehorigen Rechte mit einer gesetzlichen Vertretung unvereinbar.
[22]
Fur derartige Verfugungen ist die naturliche Einsichts- und Urteilsfahigkeit erforderlich. Fehlt diese Einsicht, so kann ein hochstpersonliches Recht weder durch den gesetzlichen Vertreter oder Sachwalter noch durch das Pflegschafts- oder Sachwalterschaftsgericht ersetzt werden.
[23]
Das Recht am eigenen Bild ebenso wie das
Datenschutzrecht
sind hochstpersonliche Rechte; eine Zustimmung zur offentlichen Verwertung derartiger Daten oder Bilder ist eine
Willenserklarung
hochstpersonlicher Natur, die nur vom Betroffenen selbst abgegeben werden kann. Auch in Osterreich hat der Arbeitnehmer (?Dienstnehmer“) die Dienste in eigener Person zu leisten, der Anspruch auf die Dienste ist nicht
ubertragbar
(
§ 1153
ABGB
). Gemaß
§ 564
ABGB kann der Erblasser seinen letzten Willen nur selbst erklaren (hochstpersonliche Willenserklarung).
Der
Europaische Gerichtshof
(EuGH) hat im Juni 2014 den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub als ein ?besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts“ anerkannt. Die
Angehorigen
des verstorbenen Arbeitnehmers konnen daher gegenuber dem
Arbeitgeber
einen Abgeltungsanspruch fur den wegen Todes nicht genommenen Urlaub geltend machen.
[24]
- ↑
Carl Creifelds
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Creifelds Rechtsworterbuch
, 21. Aufl. 2014, S. 661,
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- ↑
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, 2003, S. 990
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, 2628
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- ↑
Hans D. Jarass in: Ders. und Bodo Pieroth:
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Absolute Hochstpersonlichkeit der Anfechtungsklage
(
Memento
des
Originals
vom 18. Juli 2018 im
Internet Archive
)
Info:
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Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.appl.so.ch
(PDF; 33 kB). In: Departement des Innern. GER 10/2007. Abgerufen 28. Juli 2012.
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